Mannheimer Morgen 10.06.2010
„Seele wurde zerstört“
Von unserem Redaktionsmitglied Michaela Roßner
„Es wird viel zu viel über die Täter gesprochen. Es sind die Opfer, die ein Leben lang mit den Folgen sexueller Übergriffe fertig werden müssen“: Werner T., heute 65 Jahre, ist als Jugendlicher von einer Vertrauensperson unter Medikamente gesetzt und sexuell misshandelt worden. Viele Jahre lang vertraute er sich niemandem an. Mit etwas Genugtuung erlebt er, dass das Thema Missbrauch in den vergangenen Wochen verstärkt ans Licht geholt wird. Auch er möchte dazu beitragen, dass Opfer wieder Worte finden: Werner T. gründet in Heidelberg eine Selbsthilfegruppe „Sexualisierte Gewalt“ und sucht Betroffene, die sich in Gesprächen öffnen möchten. Den Kontakt stellt das Heidelberger Selbsthilfebüro her.
Den Dreck zwischen die Deckel eines Aktenordners abgeben!
Eine treffende Wortwahl! Meine Gewaltverbrecher werden am Montag aktenkundig!
Ich hätte nie gedacht, dass die Vorbereitung (Recherchen) dazu derart retraumitisierend und kräfteraubend sind. Vielmehr glaubte ich, es würde einer Festgestaltung gleichkommen, es würde mich – je näher der Tag anrückt – erleichtern, befreien.
Dem ist leider so ganz und gar nicht.
Hiermit möchte ich allen Betroffenen, die diesen schweren – aber unabdingbaren Schritt gegangen sind, oder dies noch erwägen, meine tiefsten Respekt aussprechen!
Schon die Recherchen sind Schwerstarbeit für Körper und Seele, für die sich Betroffene ein Bundesverdienstkreuz verdient hätten. Denn immerhin wäre dies Aufgabe des Staates, seine Gewaltverbrecher hinter Schl0ß und Riegel zu bringen und die Taten aufzuklären.
Aber was kann man von einem Staat erwarten, der nicht einmal zum Schutze seiner Bürger die Einführung einer Anzeigepflicht für nötig hält.
Diese Fehlentscheidung werden wir Betroffene dem Staat nur deutlich machen können, indem wir alle unsere Gewaltverbrecher anzeigen! Denn nur diese „Sprache“ ist deutlich und spürbar für unsere Politiker. Tja, da werden sie demnächst wohl bei der Kripo aufstocken müssen!
Euch allen weiterhin viel Mut und Kraft!
Liebe Grüße von
Sarah M.
Am Donnerstag 1. Juli 2010, findet um 18.00 Uhr das erste Treffen der Heidelberger Selbsthilfe-Gruppe „Gegen Sexualisierte Gewalt“ statt.
Ort: Heidelberger Selbsthilfebüro, Alte Eppelheimer Straße 38, 69115 Heidelberg (Hinterhaus 1.OG) Tel.06221-18 42 90 Sprechzeiten: Mo + Mi 10-13, Di 14-16, Do 14-18
E-mail: info@selbsthilfe-heidelberg.de Web: http://www.selbsthilfe-heidelberg.de/
Falls jemand in der Pfalz an der Gründung einer Selbsthilfegruppe interessiert ist, bitte Mail an richardtill@web.de