Inzestverbot überholt?
Am 11. April 2012 entschied der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dass die deutsche Strafvorschrift des Beischlafverbot zwischen Verwandten und Geschwistern nicht gegen Europäische Menschenrechte verstößt.
Jerzy Montag, Sprecher für Rechtspolitik bei den GRÜNEN erklärte danach in einer aufgebrachten Presseerklärung vom 12. April 2012: „Moralische Tabus und soziale Anstandsregeln dürfen nicht mit dem Strafrecht durchgesetzt werden. (…) Die Strafvorschrift des Beischlafs unter Verwandten und Geschwistern ist aufzuheben.“
Hans-Christian Ströbele wiederholte die grüne Forderung so: „Ich bin dagegen, dass der Staat da mit Kriminalstrafen eingreift. Das sollen erwachsene Menschen selbstbestimmt, verantwortlich, moralisch, religiös selber entscheiden und nicht der Staat mit Strafen eingreifen.“
So wird hier auf „Einvernehmlichkeit“ und „Selbstbestimmmung“ beim Geschlechtsverkehr zwischen Geschwistern abgestellt.
Wir als Betroffene von sexualisierter Gewalt unter anderem in der Familie gehen davon aus, dass der nicht-einvernehmliche Geschlechtsverkehr zwischen Geschwistern überwiegt. Wir sehen dies nicht als „Tabu“, sondern als Gewalt an.
netzwerkB fordert personelle Konsequenzen bei den GRÜNEN, eine kritische Aufarbeitung und eine Unterstützung der Opfer.
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Fassungslos. Man sollte den Politikern Kinder vorführen, die durch Mißbrauch schwer psychisch krank wurden.
Ich hoffe inständig, dass sich diese Partei verändern wird! Hier muss von Grund auf aufgearbeitet werden. Aber ich habe nicht im Mindesten den Eindruck, dass der ernst genommen wird, im Gegenteil, hier stehen dicke Mauern! Von wegen die lieben, netten Grünen- hier herrscht eiserne Eiszeit des Ver-Schweigens und diese Partei hat viele Mitläufer- das macht wirklich betroffen! Ich kann nur sagen, wenn man sich anschaut, wasGrün alles möchte, sollte man sich nicht wundern, wenn man das dann auch nach der Wahl auch alles bekommt. GANZ viel Selbstbestimmung nämlich- und zwar lediglich für jene die die Macht haben!!!
@Realmenschin:
ehrlich gesagt habe ich da wenig Hoffnung, daß sich die GRÜNEN da ändern werden, denn diese unausgesprochene Sympathie mit Gewalt wird man nicht so einfach los und vielleicht ist gerade sie der Kitt in dieser Partei. Dort scheinen sich vor allem gutbürgerliche Gutmenschen zu treffen (vermehrt mit religiösem Hintergrund), die ihre unterdrückten Gewalterfahrungen ganz schwer mit sich rumtragen und die Doppelmoral ihrer Elternhäuser in der Politik widerspiegeln: „Wir sind die Guten!“ Aber hinter dieser Fassade brodelt Gewalt in den unterschiedlichsten Formen.
Die Haltung gegenüber Kindern (sexualisierte Gewalt, Jungenbeschneidung, Inzestverbot, Sexualisierung der Kinder durch „Sex-Koffer“ im Schulunterricht, …) zeugt davon.
Wußtet ihr übrigens, daß Joschka Fischer ein passionierter Jäger ist?
@Anna M
Ja, das sehe ich auch so, diese Hoffnung bekommt zur Zeit wirklich wenig Nahrung! In der Tat, es ist bezüglich deren Elterngeneration einfach wenig aufgearbeitet worden, Bzw. daran vorbei. In eine Richtung, die Ähnliches, nur in ein anderes „Gewand“ gekleidet, hervorbrachte.
Warum sollen erwachsene Geschwister, die eine einvernehmliche Beziehung eingehen, für etwas bestraft werden, was man anderen Menschen angetan hat? Nur weil Inzest drauf steht, muss nicht immer ein Verbrechen drin sein.
Würde mich jemand aus der Familie- nun ich ebenfalls erwachsen- sexualisiert „anmachen“ hätte ich, wenn es gesetzlich erlaubt wäre
1. das Problem, dass nicht nur das Gesetz mich nicht mehr schützt(der Verwandte kann ja mit noch mehr Rückhalt behaupten, dass es „einvernehmlich“ gewesen sei) sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Grenzüberschreitungen steigen würde.
2. Das Problem, dass ich mich noch weniger wehren könnte, eben weil ich mich- zu Recht- in einem sprachlosen Vakuum fühlen würde, da ich mich ja auch außerhalb der familiären Grenzüberschreitung der Übermacht aus mich verneinender und durch Gesetze gestützten Feld befinden würde.
3. Ich groß würde mit dem Wissen: „aha, es ist also wenn ich groß bin erlaubt, dass der Bruder/die Schwester das und das mit mir macht(vielleicht sogar als Fortsetzung dessen, was diese Verwandten schon als Kind mit mir machen- nur da eben noch illegal).
4. Diese Akzeptanz, herbeigeführt durch solche Gesetze und die auch dadurch steigende Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft, führte dazu, dass ich selbst damit groß werde, dass das ok, selbstbestimmt und in Ordnung ist. So würde ich- entgegen meines auf natürliche Weise ablehnenden Instinktes- lernen, dass mein Instinkt falsch ist.
Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich ein älteres Geschwister(als ich erwachsen war!) als bedrohlich empfunden hatte. Wir standen alleine in einem Hausflur. Hätte er in diesem Moment „die Gunst der Stunde- genutzt, mich –wieder Mal- angefasst, und würden dann schon solche Gesetzte existieren, würde ich mir hundert Mal überlegen, ob ich das irgendjemandem erzähle. Denn WEM würde geglaubt? Noch viel mehr als es jetzt schon der Fall ist, weil oft sofort empathisch auf Täterseite gesprungen wird?
Würde ich meinen, dass das ja alles ganz ok und normal ist, weil ICH dann die Minderheit wäre, weil ICH nicht mehr vom Staat, von der Gesellschaft, in Schutz genommen werden würde(wie man es ja ohnehin schon heute sehr schwer damit zu haben scheint!)
Wenn so ein Gesetz kommt, wandere ich aus Deutschland aus! Ich möchte geschützt werden, und ich möchte auch dass alle Kinder, auch Erwachsene, geschützt sind. Welcher Bruder, welche Schwester kommt auf die Idee, dass man miteinander sexualisierte Nähe hat? Das IST eine Grenzüberschreitung.
Kinder sollen unbefangen miteinander aufwachsen. Für mich als Mutter ist es UNVORSTELLBAR, dass Kinder, wenn sie erwachsene Geschwister sind, Sexualität miteinander haben!
„Wenn wir erwachsen sind, können wir heiraten“. Das wäre ein unbefangenes Spiel mehr, sondern würde Realität werden- und es würden viele weitere Schritte folgen.
Das ist keine Freiheit, das ist sexualisierte Gewalt- vielleicht auch „nur“ als „Nachwehe“ sexualisierter Gewalt in der Familie, denn diese Grenzen sind als natürliche Grenzen verankert, und sie müssen erhalten bleiben, unterstützt von Gesetzen, damit solche zutiefst geschädigten Menschen, auch und vor allem jene, die dies politisch fordern, massiv in ihre Schranken gewiesen werden. Solche Leute dürften auf keinen Fall Verantwortung in der Politik haben!
Hier steckt Strategie dahinter, alle Grenzen aufzulösen! Vorsicht, wir müssen wirklich aufpassen, was da Verantwortung bekommt!
Weil man nicht dem einen was erlauben kann, was dem anderen verboten ist. Beziehung zwischen nicht Verwandten= die Justiz reagiert erst, wenn es zur Anzeige kommt, wenn Gewalt im Spiel ist.
Beziehung zwischen Verwandten = Justiz reagiert bei Bekanntwerden des Inzest. Und das ist gut so.
Schon in nichtinzestuösen Beziehungen ist die versteckte Gewaltrate viel höher als zur Anzeige kommt. Und viele von Gewalt in der Beziehung Betroffene trauen sich nicht was zu sagen aus Angst vor neuer Gewalt. Wenn Inzest legalisiert würde, was glaubst du wohl, wie viele Onkel, Brüder, Cousins, aber auch Tanten, Schwestern oder cousinen ihre Opfer zwingen würden zu sagen, dass das einvernehmlich ist.
Außerdem gilt es ungeborenes Leben zu schützen. Da man weiß, dass Kinder aus inzestuösen Beziehungen sehr häufig nicht gesund zur Welt kommen. Inzest ist im Bauplan der Natur nicht berücksichtigt.
Wie offen sympathisierte die FDP mit Pädophilen? SPIEGEL-Recherchen zeigen, dass die Verbindungen in den achtziger Jahren weitaus enger waren, als die Partei heute zugeben will. Hamburg – Auch die Liberalen haben pädophile Positionen in ihren Reihen geduldet und unterstützt. Das geht nach SPIEGEL-Recherchen aus Unterlagen des FDP-nahen Archivs des Liberalismus hervor. So sorgte die Berliner FDP beispielsweise dafür, dass die Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft Steuergelder erhielt. Dabei forderte deren Arbeitsgruppe Pädophilie öffentlich, Sex zwischen Erwachsenen und Kindern zu entkriminalisieren.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/liberalismus-fdp-war-gegenueber-paedophilen-tolerant-a-919751.html
Liebe Realmenschin,
wenn Dich jemand, mit dem Du nicht verwandt bist, gegen Deinen Willen sexualisiert anmacht, hast Du doch auch das Recht, Nein zu sagen, auch wenn der Sex an sich in dieser Konstellation nicht verboten ist. Für den Schutz Deiner sexuellen Selbstbestimmung gibt es Gesetze, das Inzestverbot gehört allerdings nicht dazu.
Gruß,
Oliver
Hallo Oliver, es existiert einfach eine Grenze und die hat da stehenzubleiben. Punkt.
So lautet der Inzestparagraph:
§ 173
Beischlaf zwischen Verwandten
(1) Wer mit einem leiblichen Abkömmling den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer mit einem leiblichen Verwandten aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft; dies gilt auch dann, wenn das Verwandtschaftsverhältnis erloschen ist. Ebenso werden leibliche Geschwister bestraft, die miteinander den Beischlaf vollziehen.
(3) Abkömmlinge und Geschwister werden nicht nach dieser Vorschrift bestraft, wenn sie zur Zeit der Tat noch nicht achtzehn Jahre alt waren.
Die Abschaffung des § 173 wird vor allem von der grünen Jugend lautstark gefordert. Käme es zu einer Abschaffung dieses Paragraphen, wäre der Geschlechtsverkehr in der Familie vollkommen straffrei. Was aber wären das für Familien, in denen man sich kreuz und quer koitieren könnte? Was für eine zerstörerische Kraft würde da freigesetzt werden? Die ganze Destruktion subtiler familiärer Machtverhältnisse könnte dann ungehindert auch sexuell ausgeübt werden. Nein, die Grünen sind in ihrem Wahn, Sexualität zu enttabuisieren, auch weiterhin zu jeder Schandtat bereit. Schließlich gäbe es dann am Ende auch keine Opfer sexueller Gewalt, sondern nur noch „glückliche sexuell befreite“ Menschenkinder.
Auf Seite 141 ihres Wahlprogrammes zur Bundestagswahl propagieren die Grünen das Recht auf sexuelle Identität für Kinder. Zugleich fordern sie auf dieser Seite die umfassende Aufklärung der Missbrauchsskandale. Den eigenen erwähnen sie dabei nicht. Zudem wird das uneingeschränkte Recht auf sexuelle Identität mehrmals im Wahlprogramm gefordert. – Pädophile meinen, dass ihre sexuelle Neigung Teil ihrer sexuellen Identität ist. Womit sich der Kreis der Grünen mit den Kinderschändern wieder schließt.
Ich vermute, daß Geschwister und später erwachsene Geschwister, die Sex miteinander haben bereits durch ein von sexualisierter Gewalt geprägtes Klima in der Familie so verkorkst sind, daß sie es am Ende noch für normal halten. So war es jedenfalls in meiner „Familie“.
Oder anders gesagt:
Wer sexualisierte Übergriffe von Seiten der Eltern erlebt hat, wird diese an jüngere Geschwister „weitergeben“. Wenn sexuelle Beziehungen zwischen Geschwistern (oder auch unter Cousins und Cousinen) aus solchen Gewaltspiralen entstehen, dann muß das Opfer unbedingt geschützt werden!
Die Ursache von Sexualität zwischen Geschwistern ist noch gar nicht richtig erforscht und ich kann mir vorstellen, daß o.g. Zusammenhänge häufiger vorkommen, als uns allen lieb ist.
Wie es Anna M schon andeutet. Fallbeispiel Kinsky. Ein Täter schickt seine inzwischen volljährige Tochter los, Kondome kaufen. Danach vergeht er sich an ihr. Die Betroffene wagt es erst Jahre nach dem Tod des Vaters, über das Vorgefallene zu schreiben und zu sprechen.
Das sind Dinge, die wir nicht als „einvernehmlich“, „freiwillig“, „unterschiedliche Moralverstellungen“ subsumieren dürfen. Eine Partei, die so etwas vertritt, kann ich auch nicht wählen.
Kinskys Tochter wurde natürlich schon viele Jahre früher sein Opfer.
Da liegt die Wurzel des Übels.
Hier treffen offenbar verschiedene Interessen aufeinander. Auf der einen Seite haben wir die Opfer von sexueller Gewalt in der Familie. Für die ist Inzest ein Verbrechen, ein No-Go, das unbedingt verhindert und verboten werden muss. Für diese Menschen – ich denke mal, für die meisten, die hier mitlesen, ist der Begriff „Inzest“ unverrückbar mit sexueller Gewalt verbunden. Dass es auch andere Ausprägungen von Inzest gibt, die nichts mit Gewalt, Unterdrückung oder Ausnutzung von Abhängigkeiten zu tun haben, ist ein Gedanke, der befremdet und geradezu abwegig wirkt.
Aber es gibt diese Menschen, die sich – aus anderen Gründen, als hier bisher vermutet wurde – in einen nahen Verwandten verlieben und nichts anderes wollen, als diese Beziehung gemeinsam, einvernehmlich und auf Augenhöhe zu leben. Die Gründe dafür liegen nicht in traumatischen Kindheitserfahrungen, nicht in einem Familienhintergrund, der übersexualisiert ist oder von sexueller Gewalt geprägt. Der Grund ist einfach der, dass man sich im Erwachsenenalter kennen lernt, als wildfremde Menschen, die sich vorher noch nie begegnet sind und ineinander verliebt. Man tut nichts anderes, als sich in einen Menschen zu verlieben, dem man vorher noch nie begegnet ist, und man steht vor der Frage, ob man damit eine Grenze überschreitet, die man nicht überschreiten darf. Man steht aber auch vor der Frage, wer einem vorschreiben darf, wo hier die Grenze liegt und ob es wirklich an anderen liegt, wie man sein eigenes persönliches Glück definiert. Verzichte ich ich aus Rücksicht auf die Volksgesundheit, auf Rücksicht auf Opfer von sexueller Gewalt in der Familie darauf, den Menschen zu lieben, den ich liebe? Ergibt das Sinn? Wird durch meinen Verzicht irgend einem Menschen geholfen? Wird die Welt besser, nur weil ich unglücklich bin? Erwarte ich zuviel, wenn ich erwarte, dass man mich nicht dafür bestraft, dass ich glücklich bin? Ist es ein Verbrechen, dass andere Menschen – meine Partnerin – glücklich sind, weil gegen die Regel verstoße? Muss ich immer überlegen, dass Einvernehmlichkeit für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit ist wenn ich sie küsse? Muss ich meine Einvernehmlichkeit hinterfragen, wenn sie mich küsst? Oder darf ein ehrlich gemeinter Kuss auch mal nur ein Kuss sein? Dürfen Menschen selber entscheiden, ob sie einvernehmlich lieben, oder müssen sie das von der Einvernehmlichkeitspolizei absegnen lassen? Rede ich für die hier Mitlesenden überhaupt in ihrer Sprache, wenn ich von einvernehmlicher Liebe spreche, oder ist das ein Fremdwort, ein Begriff aus einer anderen Welt – ein Propagandabegriff derjenigen, die ohnehin nur böse Absichten haben?
Hallo Oliver S., die Ausnahme bestätigt die Regel. Ich bin überzeugt, dass es solche Fälle gibt. Aber das sind wirklich Ausnahmen, vielleicht 1:1000 (einfach mal geschätzt). Für diese Ausnahmen persönlich mag sich das Inzestverbot schlimm anfühlen, aber sind sie wirklich der Meinung, um einzelne Menschen glücklich zu machen sollte man Millionen Betroffener sexueller Gewalt die Rechtsgrundlage entziehen, sich zur Wehr zu setzen? Gar nicht zu sprechen von den vielen Behinderten Kindern, die aus solchen Beziehungen hervorgehen! Was ist mit deren RECHT auf körperliche Unversehrtheit? Sorry, lieber ein paar Menschen die an Liebeskummer Leiden als ein ganzes Land voll traumatisierter Menschen denen dann jegliche Rechte auf Wiedergutmachung entzogen werden.
Hallo Simone,
weiter oben hat jemand den Wortlaut des § 173 gepostet. Wenn man sich das Gesetz und den Teil des StGB, in dem es steht, genauer anschaut, wird schnell ersichtlich, dass § 173 für den Schutz der Opfer sexueller Straftaten in der Familie völlig ungenügend ist. Das Inzestverbot verbietet einzig und allein den vaginalen Geschlechtsverkehr, jeder andere sexuelle wird ger nicht erfasst. Ebensowenig werden Übergriffe von Onkel/Tanten oder Stiefeleltern auf Kinder erfasst, auch gleichgeschlechtliche sexuelle Gewalt fällt nicht unter das Inzestverbot. Du irrst Dich, wenn Du annimmst, das Inzestverbot wäre die Rechtsgrundlage, um sich gegen sexuelle Gewalt wehren zu können.
@Simone u.a.
Ich gebe Oliver völlig recht: das Inzestverbot taugt nicht zum Schutz vor sexueller Gewalt in der Familie. Dafür gibt zutreffendere andere Strafrechtsparagrafen. (In verschiedenen Ländern wird Inzest überhaupt nicht mit Strafe bedroht.) Das Inzestverbot ist ein Moralgebot, welches sich aus Erfahrungen der Erbgesundheit entwickelt hat, aber nicht um innerfamiliäre sexuelle Gewalt an Minderjährigen auszuschließen. Inzest mit Minderjährigen (also Schutzbefohlenen) bedeutet immer eine Gewalttat, erscheint also deckungsgleich mit dieser, doch nicht der Tatort Familie, sondern der sexuelle Übergriff allein macht den Inzest mit Minderjährigen zum Verbrechen. Anders gesagt: inzestuöse Gewalt an Minderjährigen unterscheidet sich von nichtfamiliärer sexueller Gewalt allein durch den Tatort. Beide Fälle stehen aber vom sonstigen Sexualstrafrecht bezüglich Minderjähriger gleichermaßen schon unter Strafandrohung. Der Inzestpragraf zielt deshalb eigentlich nur noch auf Inzestverbot zwischen Erwachsenen ab, wofür es aber schlicht keine rationalen Gründe gibt. Wenn man die Erbgesundheit ins Feld führt, dann müsste auch Paaren mit Erbkrankheiten der Beischlaf verboten werden. Da es hier aber nur um den Aspekt sexueller Gewalt geht, scheint das Missverständnis vieler in der Ansicht zu liegen, dass eine Aufhebung des Inzestverbotes einer Legalisierung inzestuöser Gewalt gleichkomme. Das ist aber wie beschreiben nicht der Fall.
Vor einigen Jahren gab es den Fall Patrick Stübner, welcher wegen wiederholten Beischlaf mit seiner Halbschwester (die er erst als Volljähriger kennengelernt hatte) infolge §173 ins Gefängnis musste. Den Fall hat 2008 auch das BVG bewertet und mit einer widersprüchlichen Argumentation den §173 für rechtens erachtet. Das Erhellenste an diesem Urteil ist allerdings das Minderheitenvotum von Richter Hassemer, dass die ganze Fragwürdigkeit des §173 aufzeigt: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20080226_2bvr039207.html (ab Abs.53)
Viele Grüße.
Ich möchte ergänzen, dass das Beischlafverbot kein Zeugungsverbot ist. Auch wenn es absurd klingt, ist es nach bestehender Gesetzeslage völlig legal, wenn nahe Verwandte miteinander Kinder zeugen, solange das nicht durch Beischlaf geschieht. Andererseits ist der Beischlaf auch dann verboten, wenn dabei die Zeugung eines Kindes ausgeschlossen ist, z.B. wenn einer der Beteiligten nachweislich zeugungsunfähig ist.
Ich kann verstehen, dass Betroffene von sexueller Gewalt Rechtssicherheit wollen. Allerdings ist §173 StGB wirklich der denkbar ungeeignetste Haken, an dem man sein Bedürfnis nach Rechtssicherheit und sein Vertrauen in die Gesetzgebung aufhängen sollte. Wenn es alleinige Aufgabe des Inzestparagraphen wäre, Kinder, Jugendliche sowie psychisch und physisch schwächere Menschen vor sexuellen Übergriffen zu schützen, dann wäre es sehr schlecht um den Schutz sehr vieler Betroffener bestellt. Söhne, die von ihren Vätern missbraucht werden, Mädchen, die von ihren Stiefvätern missbraucht werden, das dreizehnjährige Mädchen, dass von ihrem siebzehnjährigen Bruder missbraucht wird – die wären alle schutzlos den Tätern ausgeliefert, weil diese Konstellationen vom §173 nicht sanktioniert werden. Überhaupt wäre jeder sexuelle Übergriff in der Familie solange straffrei, solange es nicht zum vaginalen Geschlechtsverkehr kommt. Das ist aber nicht der Fall, weil das gar nicht Aufgabe des Inzestverbotes ist. Es lohnt sich wirklich, die von Rainer verlinkte Begründung des Bundesverfassungsgerichtes mal durch zu lesen. Man findet nicht einen stichhaltigen Grund, zur Beibehaltung des Gesetzes in der Begründung, aber sehr viele gute Gründe dagegen im Sondervotum von Hassemer.
Gruß,
Oliver
Berichtigung zu meinem letzten Beitrag
Es muss richtig heißen:
Patrick Stübing (nicht Stübner)
Schwester (statt Halbschwester)
Der Fall offenbart das Unrechtspotential des §173 auf drastische Weise. Über ein Jahr Gefängnis, ohne dass eine sexuelle Gewalttat vorlag.
Wer den für viele innerfamiliäre Sexualstraftaten ohnehin zahnlosen §173 verteidigt, übersieht dessen Unrechtspotential, oder nimmt es billigend in Kauf. Unrecht mit Mitteln bekämpfen, die zu anderem Unrecht führen?
Weiteres z.B. in „Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“: http://udovetter.de/lawblog/KritV_1-2006_S68-80_Web.pdf
Oliver S., Ihre Rede klingt mir wie die Rede der Pädophilen, die ebenso wie Sie mit abstrusen Beispielen die Freiwilligkeit missbräuchlicher Sexualität untermauern. Der § 173 StGB ist ein Baustein in den Strafparagraphen gegen sexuelle Übergriffe. Die Intention des § 173 ist erkennbar das tradierte Inzesttabu. Diesen § 173 herauszubrechen, wäre ein Sieg der Pädophilen in ihrem jahrzehntelangen Bemühen, pädophile Handlungen straffrei zu stellen. Denn ist erst einmal das Inzesttabu gefallen, wären die anderen Paragraphen des Sexualstrafrechts (§§ 174 – 184g) im Visier. Wir hatten diese Diskussion im Zusammenhang mit dem § 175 vor 30 Jahren, wo es einigen nur darum ging, die Pädophilie straffrei zu stellen. Es ist der grüne Geist von vor 30 Jahren, den Sie hier vertreten.
Der Fall Patrick Stübner auf den Sie mit Ihrem Beispiel mit abheben, ist, wenn man die ganze Geschichte kennt, eben nicht dazu geeignet, von der reinen und durch Gesetz verbotenen Geschwisterliebe zu schwärmen. Beide Geschwister sind durch die familiäre Konstellation psychisch schwer geschädigt worden und ihr sexuelles Verhältnis war aus diesem Grund heraus eher ein zwanghaftes als ein Liebesverhältnis. – Es ist vollkommen richtig, wie der EuGH in der Sache entschieden hat.
Der Forderung der Grünen den § 173 StGB aufzuheben, knüpft klandestin an ihre Linie von vor 30 Jahren an. Es ist der grüne Ungeist, der eine enttabuisierte und sexualisierte Gesellschaft anvisiert. – Nicht umsonst erhielt Herr Denef bei den Grünen kein Rederecht für seine Forderung nach Aufhebung der Verjährungsfrist für sexuelle Gewaltdelikte.
Lotosritter
@Rainer:
nur zu folgendem Satz: „Inzest mit Minderjährigen (also Schutzbefohlenen) bedeutet immer eine Gewalttat, erscheint also deckungsgleich mit dieser, doch nicht der Tatort Familie, sondern der sexuelle Übergriff allein macht den Inzest mit Minderjährigen zum Verbrechen“.
Der sexuelle Übergriff unter Familienangehörigen hat häufig für das Opfer noch schwerere Folgen als der an einem völlig familienfremden Ort, da es nach dem Übergriff in der Famile häufig gezwungen ist, mit dem Täter weiterhin zusammenzuleben. In der Famiilie hat ein Kind eigentlich keine Wahl, als zu vertrauen und sich letztlich freundlich und verzeihend zu zeigen, auch wenn es innerlich ganz anders aussieht.
@lotosritter
lotosritter schrieb: –Die Intention des § 173 ist erkennbar das tradierte Inzesttabu. —
Richtig. Das tradierte Inzesttabu zielt aber auf die Erbgesundheit ab. Es hat seinem Inhalt nach nicht den Schutz vor innerfamiliären Sexualstraftaten zum Ziel, weshalb es auch für eine Strafverfolgung in vielen Fällen (Oral-, Analverkehr, selbst für „Betatschen“) vollkommen wirkungslos ist, da es nur auf den Beischlaf abstellt. (Beischlaf ist lt. BVG: Penetration in den Scheidenvorhof.)
lotosritter schrieb: –Denn ist erst einmal das Inzesttabu gefallen, wären die anderen Paragraphen des Sexualstrafrechts (§§ 174 – 184g) im Visier.–
Von wem bitte? Und selbst wenn, beständen im Verfassungsrahmen des GG irgendwelche Aussichten auf Abschaffung des §174ff ? Sie argumentieren mit realtitätsfernen Dammbruchhypothesen.
lotosritter schrieb: –Wir hatten diese Diskussion im Zusammenhang mit dem § 175 vor 30 Jahren, wo es einigen nur darum ging, die Pädophilie straffrei zu stellen.–
Das ist richtig. Allerdings besteht ein entscheidender Unterschied zu heute. Während der Kampf gegen den Homosexuellenparagrafen damals von einigen mit anderen, nämlich pädophilen Forderungen verknüpft/unterwandert wurde, zielt die heutige Kritik an §173 auf seine weitgehende Wirkungslosigkeit gegenüber Sexualstraftaten in der Familie und sein Unrechtspotential ab. Es zeugt daher nicht von Auseinandersetzung mit dem Inhalt des §173, diesen Kritikern ebenfalls propädophile Aktivitäten zu unterstellen.
lotosritter schrieb: –Beide Geschwister sind durch die familiäre Konstellation psychisch schwer geschädigt worden und ihr sexuelles Verhältnis war aus diesem Grund heraus eher ein zwanghaftes als ein Liebesverhältnis.–
Selbst wenn psychische Folgen aus der Kindheit bestanden haben sollten, mit welchem Recht und Wissen stufen Sie deren Verhältnis zu einem Zwangsverhältnis herab? Wurden das Paar entmündigt und Sie von einem Gericht als Gutachter oder Vormund eingesetzt? Abgesehen von dieser unserer Verfassung entgegenstehenden Anmaßung argumentieren Sie ad hominem. Sie versuchen die Verurteilung von Patrick Stübing statt mit rationalen Gründen mit Persönlichkeitsmerkmalen zu verteidigen. Ihre Argumentation läuft letzendlich auf verminderte Schuldfähigkeit hinaus, die einer Verurteilung allerdings gerade entgegengestanden hätte. Aber nochmal, im Fall Stübing ging es überhaupt nicht um erzwungen, sondern einvernehmlichen Inzest, denn das Gericht hat Stübing nicht wegen sexueller Nötigung verurteilt.
lotosritter schrieb: –Es ist vollkommen richtig, wie der EuGH in der Sache entschieden hat.–
Der EGMR hat nicht in der Sache selbst entschieden, sondern infolge der gespaltenen Rechtslage in Europa, und Deutschland den für solche Fälle üblichen großen Ermessensspielraum zugebilligt. Der EMGR hat weder festgestellt, dass §173 mit dem GG vereinbar ist, noch ob die Bestätigung des Stübing-Urteils durch das BVG in sich schlüssig ist.
Darüberhinaus gibt es neben Belgien, Niederlande, Luxemburg, Frankreich, Portugal auch außerhalb Europas Länder, die kein strafbewehrtes Inzestverbot kennen: Japan, Türkei, Japan, Argentinien, Brasilien. Waren/sind dort Pädophileunterstützer am Werk, wie Sie es in Ihrem Beitrag für Deutschland darstellen? Treten dies Länder im Vergleich durch überdurchschnittliche Inzestraten bzw. innerfamiliäre Sexualstraftaten in Erscheinung?
@klaraklara
„Der sexuelle Übergriff unter Familienangehörigen hat häufig für das Opfer noch schwerere Folgen als der an einem völlig familienfremden Ort…“
Ob es sinnvoll ist, eine solche Unterscheidung vorzunehmen, will ich nicht beurteilen. Allerdings, nach den auf netzwerkB geschilderten Schicksale könnte man auch zur gegenteiligen Auffasung kommen, da Kinder bei Verwandten als Täter oft versuchen das Gute hineinzuinterpretieren und, so bizar es klingen mag, den Übergriff gar nicht in der Form als Gewalt erkennen, als wenn dieser von einer fremden Person erfolgt. Viele sind sich ja selbst lange nach Erreichen des Erwachsenenalters eines an ihnen begangenen Unrechts gar nicht bewusst…
§173 bewirkt aber auch bei Ihrer Annahme nicht mehr als §174ff. Schlimmer noch – viel weniger! §173 wird von vielen als besonderer Schutz gegen sexuelle Übergriffe in der Famile gewertet, was aber nicht der Fall ist, wenn man sich die Artikel einfach mal genau durchliest.
Die Argumentation von Oliver S. und Rainer, der Inzestparagraph würde nur den koitalen Verkehr heterosexueller erwachsener Familienmitglieder unter Strafe stellen und sei deshalb, weil er auf überkommene eugenische und moralische Normen abhebt, zu tilgen, ist nicht stichhaltig.
Vielmehr sollte, da dem so ist, der § 173 StGB eher insoweit reformiert werden, als dass er die fehlenden Tatbestände ergänzt, als da ist sexueller Verkehr unter Familienmitgliedern gleich welchen Geschlechts und gleich welcher Praktik. Ebenso sollten wie es Verfassungsrichter Hassemer in seiner Minderheitsbegründung als Abweisungsgrund benennt auch die nicht leiblichen Familienangehörigen in diesen Straftatbestand mit einbezogen werden.
Familie darf nicht der Ort legalisierter Sexualbeziehungen außer von Ehepaaren sein, andernfalls würde dem sexuellen Missbrauch gegenüber Jugendlichen und Kindern eine tabuisierte Schwelle genommen werden. Insofern wirkt auch der nur für Erwachsene geltende § 173 StGB zum Schutz unmündiger Familienangehörigen.
Und was das Argument körperlich ungestillter Liebe angeht, die in grausamer Weise verboten wird (auch Hassemer argumentiert so), kann ich nur sagen, nicht jedes Begehren kann und darf auch gestillt werden.
Im Tagesspiegel vom 24. August 2013 wies der Journalist Harald Martenstein auf die Forderungen Christian Ströbeles hin, die auf dessen Homepage übrigens gar nicht zu finden sind.
http://www.tagesspiegel.de/meinung/forderungen-von-stroebele-wer-am-inzest-tabu-ruettelt/8688314.html
Die Urteile im Fall Patrick S. sprechen in allen Instanzen eine klare Sprache. Das beginnt beim Amtsgericht Leipzig (Urteil vom 10. November 2005 – 253 Ls 430 Js 29620/04) und geht weiter über das Oberlandesgerichts Dresden (Urteil vom 30. Januar 2007 – 3 Ss 91/06) und über das Bundesverfassungsgericht (Beschluss des Zweiten Senats vom 26. Februar 2008 – 2 BvR 392/07) und endete beim Europäischen Gerichtshof (Entscheidung vom 11. April 2012).
Im vorliegenden Fall waren wohl die Eltern dieser beiden Geschwister mit der Erziehung überfordert. Sein alkoholkranker Vater hat den Sohn laut dessen Aussage missbraucht. Das Gericht kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer eine leichte geistige Behinderung hat. Das bedeutet eine gewisse Schuldunfähigkeit. Unter anderem wurde der Beschwerdeführer auch aufgrund eines tätlichen Übergriffs gegen seine Schwester wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. In den Jahren 2001, 2003, 2004 und 2005 brachte seine Schwester vier Kinder zur Welt. Zwei davon sind erkennbar behindert.
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20080226_2bvr039207.html
Dieser Fall soll nun als Exempel herhalten, um das Inzestverbot für Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, abzuschaffen.
Hochgehalten wird hier nun der Beitrag der beiden Jura-Studenten Al-Zand und Siebenhüner, deren Schreiben auf einem Gutachten eines Experten basiert, der nicht genannt wurde. Es wurde 2005 in Auftrag gegeben von einem Leipziger Rechtsanwalt, der nicht genannt wurde.
Mir scheint, dass mit diese Kampagne auch wieder nur den Pädophilen in die Hände gespielt werden soll. Das sollte besser nicht sein.
In der Tat brauchen diese Menschen in diesem Einzelfall viel Hilfe und man sollte Patrick S. helfen statt ihn festzusetzen. Aber es gibt keinen Grund, das Gesetz abzschaffen.
Lotosritter schrieb: „Die Argumentation von Oliver S. und Rainer, der Inzestparagraph würde nur den koitalen Verkehr heterosexueller erwachsener Familienmitglieder unter Strafe stellen und sei deshalb, weil er auf überkommene eugenische und moralische Normen abhebt, zu tilgen, ist nicht stichhaltig.“
Ich vermisse da eine Begründung.
@Lotosritter: Die ‚tabuisierte Schwelle‘ wurde ja längst geschleift!!! Von dieser unheiligen Allianz von Kirche und Staat. Von himmelschreiendem Machtmissbrauch. Von falschen Vorstellungen erstarrter Moralisten. Von verzerrten Wahrnehmungen sogenannter Gesetzeshüter. Geweihte Männer und Verjährungsfristen begünstigten so perfekt wie pervers eine bigotte Gesellschaft, in der ‚Familie‘ über die Jahrzehnte – unter dem blinden Auge des Gesetzes wie unter dem Segen der Kirche! – quasi zum HOrt illegaler, nicht ehelicher Sexualbeziehungen verkam – MILLIONENFACH!!
Leidtragende sind immer Kinder, Jugendliche und andere Abhängige gewesen.
@Rainer:
Zitat: Ob es sinnvoll ist, eine solche Unterscheidung vorzunehmen, will ich nicht beurteilen. Allerdings, nach den auf netzwerkB geschilderten Schicksale könnte man auch zur gegenteiligen Auffasung kommen, da Kinder bei Verwandten als Täter oft versuchen das Gute hineinzuinterpretieren und, so bizar es klingen mag, den Übergriff gar nicht in der Form als Gewalt erkennen, als wenn dieser von einer fremden Person erfolgt. Viele sind sich ja selbst lange nach Erreichen des Erwachsenenalters eines an ihnen begangenen Unrechts gar nicht bewusst… Zitat Ende
Welche Seite vertreten sie hier???
Es ist in meinen Augen eine Verhöhnung der Betroffenen von familiärer sexueller Gewalt, wenn sie dissoziative Reaktionen aufgrund schwerster Traumata, ausgelöst durch Familienangehörige, hier so darstellen als ob die erlittene sexuelle Gewalt, welche dahinter steht ja gar nicht so schlimm gewesen sein kann. Dissoziation ist ein Selbsthilfemechanismus, der es diesen Menschen ermöglicht, trotz des ihnen zugefügten Leids ein halbwegs ( nach außen hin erscheinendes) normales Leben zu führen! Wenn das abgespaltene sich dann irgendwann seinen Weg nach draußen sucht, bleiben häufig zerstörte Existenzen.
Aber nee, kann ja nicht so schlimm gewesen sein, die sind ja nicht von Anfang an so offensichtlich kaputt, dass sie in die Klapse gebracht werden…
Sorry, aber ich bin grad ziemlich sauer…
Eben nicht, Hildegard, die tabuisierte Schwelle vermittelte den Tätern wenigstens noch eine Ahnung von ihren Schandtaten. Kinderschänderei ist zudem weniger ein institutionelles als ein familiäres Verbrechen. Die meisten Schändungen geschehen innerhalb von Familien und Freundeskreisen.
Die tabuisierte Schwelle wurde anders als von den Grünen von den Kirchen – Täter sind und waren in beiden Kirchen – nie in Frage gestellt.
@lotosritter
„Vielmehr sollte, da dem so ist, der § 173 StGB eher insoweit reformiert werden, als dass er die fehlenden Tatbestände ergänzt, als da ist sexueller Verkehr unter Familienmitgliedern gleich welchen Geschlechts und gleich welcher Praktik. Ebenso sollten wie es Verfassungsrichter Hassemer in seiner Minderheitsbegründung als Abweisungsgrund benennt auch die nicht leiblichen Familienangehörigen in diesen Straftatbestand mit einbezogen werden.“
Lieber Lotosritter, was Sie hier als Reformierung des §173 anregen, steht doch schon alles in §174ff. Diese Straftatbestände sind dort bereits alle abgedeckt, und das völlig unaghängig davon, ob Täter zur Familie gehören oder nicht. Nennen Sie doch einfach mal ein Fallbeispiel einer innerfamiliären Sexualstraftat gegenüber Minderjährigen, die Ihrer Meinung nach nicht durch §174ff strafrechtlich geahndet werden könnte und des §173 bedürfte? Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum Sie fortwährend zwischen inner- und außerfamiliär unterscheiden wollen und dafür getrennte Paragrafen für notwendig halten? Nennen Sie bitte konkrete Gründe, die für Ihre Ansicht sprechen.
Die einzige Unklarheit die ich beim Vergleich von §173 und §174ff habe, ist die Ahndung von erzwungenem Inzest mit Beginn der Volljährigkeit des jüngeren Opfers. Dafür käme §177,3 (sexuelle Nötigung) in Betracht: „Wer eine andere Person unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist…“ Allerdings ist hier die Frage, ob „Lage“ nur eine physiche oder auch eine psychische, in Form familiärer Abhängigkeiten beinhaltet. (Dies kann ich als Nichtjurist nicht beantworten, aber vielleicht kann jemand dazu eine Aussage beisteuern.) Im ersten Fall wäre tatsächlich eine Präzisierung für volljährige Opfer nötig, da die Tat bei jetziger Rechtslage nur über den Umweg §173 verfolgbar wäre, aber eben unter allen Einschränkungen die §173 mit sich bringt. Dies wäre die einzige für mich erkennbare Unklarheit bei §174ff. Die überwiegende Mehrzahl der innerfamiliären Sexualdelikte betrifft aber Minderjährige und diese unterliegen mit dem §174ff einer viel umfassenderen Strafandrohung.
§173 ist, vorbehaltlich der von mir genannten evtl. Unklarheit, für die Verfolgung von Sexualdelikten an Minderjährigen überflüssig. Bei seinem Wegfall würde sich an den Bedingungen der Strafverfolgung nichts ändern. §173 ist Überbleibsel des überkommenen Moralrechts. Das Rechtsdenken hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten jedoch vom Moralrecht weg und zum Rechtgüterschutz hin entwickelt. Das Strafrecht soll nicht mehr Moralvorstellungen durchsetzen, sondern nur bei der Verletzung konkreter Rechtsgüter eingreifen. Genau diese Entwicklung kann beim Vergleich von §173 und §174ff abgelesen werden, wie auch an der Geschichte der Streichung des Homosexuellenparagrafen, welcher ja einst unmittelbar auf das Inzestverbot folgte.
Der Inzestparagraf wird eines Tages genauso verschwinden, wie der Homosexuellenparagraf. Aber nicht weil Pädophilenfreunde daran werkeln, sondern das Rechtsdenken sich ändert.
Und-noch-ein-Leserkommentar schreibt am 18.09.2013:
„Dieser Fall soll nun als Exempel herhalten, um das Inzestverbot für Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, abzuschaffen.“
Man sollte – bevor man diesen Fall vorschnell als Aushängeschild für den einvernehmlichen Inzest interpretiert – die Umstände berücksichtigen, die dazu geführt haben, dass ausgerechnet dieser Fall als Exempel betrachtet wird. Da hat ja niemand entschieden, dass die beiden jetzt stellvertretend für alle Betroffenen durch die Instanzen ziehen sollen. Die beiden hatten keine andere Wahl und waren wohl eher den Verfechtern des § 173 StGB ein sehr willkommenes Beispiel, weil sie alle Vorurteile bestätigten, die man so mit Inzest verband: Ein übles Elternhaus, bildungsferne Schicht, prekäre Lebensverhältnisse. Man kommt dann schnell zu dem Schluss, dass auch das die Gründe gewesen sein müssen, die zum Inzest geführt haben. Man muss schon genauer hinschauen, um zu erkennen, dass das vor allem die Gründe dafür waren, dass der Inzest aufgeflogen ist. Dass es einvernehmliche Inzestbeziehungen auch in besseren Kreisen, in der Mitte der Gesellschaft gibt, ist nur deshalb nicht bekannt, weil diese Fälle nicht ans Tageslicht kommen.
@Simone
Die schweren Folgen habe ich mit keinem Wort bestritten, sondern lediglich gefragt, ob die Unterscheidung in „schwer“ und „schwerer“ generell sinnvoll ist, und von betroffenen Kinder zum Tatzeitpunkt (!) genauso wahrgenommen wird, wie es klaralkara beschreibt. Ich habe geschrieben, dass die Kinder „den Übergriff (von Verwandten als Täter oft) gar nicht in der Form als Gewalt erkennen, als wenn dieser von einer fremden Person erfolgt“. Ich rede hier vom Tatzeitpunkt, wobei dieses Nichterkennen des erlittenen Unrechts noch lange anhalten kann. Ich sehe nicht, dass ich mit diesen Worten erlittenes Leid kleinrede.
Lieber Oliver, ich kann hier nichts anderes erkennen als einen Versuch, auf irgendeinem Umweg die Angelegenheit „Sex innerhalb der Familie“ bzw. Sex innerhalb von Blutverwandten gesellschaftlich akzeptabel zu machen.
Lotosritter, jetzt komm ich überhaupt nicht mehr draus. Genau das ist es ja, was Kleriker so schändlich vor Gott und den Menschen an gläubigen Kinderseelen verbrochen haben: sie taten so als ob!! Sie waren es, die mitten im Volk mit ihrem Etikettenschwindel und ihren eigenen Verbrechen den zuvor hörig gemachten Frommen ihr teuflisches VORbild ‚freihaus‘ lieferten. Diese Leute machten doch die besagte Schwelle erst platt, so dass wir nach dem rkk-Mief der verlogenen Nachkriegsjahre nur noch raus wollten an die frische Luft, die uns mit einem Johannes XXIII. um die Nase wehte – jedenfalls empfand ich das damals sehr stark, wurde zur Rebellin und suchte nach anderen Lösungen für mein Problem …
Dass die Revolte sich damals teils so verheerend auswirkte, das gehört mit zu den fatalen Folgen der verfeierlichten Strenge und all der Stränge, die von Rom zu straff gezogen waren. Und nun sollen es allein die Grünen gewesen sein? – Irrtum! – Denen würde ich (dennoch!!) eher die Umkehr von ihrem Holzweg zutrauen als solch selbstgefälligen Gutmenschen, die sich weihrauchvernebelt im „wahren Christentum“ wähnen …
Nein, Familie darf nicht länger Ort für Seelenmord und Refugium für fromme Verbrecher sein! Dagegen hilft nur Anzeigenpflicht und Abschaffung jeder Verjährungsfrist.
A propos Familie und GRÜNE:
Wieviele Opfer wird es wohl in GRÜNEN FAMILIEN geben, die – gestärkt durch die Position der GRÜNEN – ungehindert ihre Verbrechen innerhalb ihrer Familien begehen konnten? Hier dürfte es nicht ein so großes Tabu gegeben haben. Man wird darüber gesprochen haben, weil man ja so fortschrittlich war und Sohn oder Tochter schon so „sexuell aktiv“ (mir gruselt, aber ich kann mir ein solches Szenario sehr gut vorstellen). Und JETZT setzt plötzlich die kollektive Amnesie ein… trotz Verjährungsfrist.
Und-noch-ein-Leserkommentar schreibt am 18.09.2013:
„Lieber Oliver, ich kann hier nichts anderes erkennen als einen Versuch, auf irgendeinem Umweg die Angelegenheit “Sex innerhalb der Familie” bzw. Sex innerhalb von Blutverwandten gesellschaftlich akzeptabel zu machen.“
Das klingt wie die Antwort auf einen Beitrag, den ich zwar geschrieben habe, der aber nicht freigeschaltet wurde. Aber egal. Natürlich geht es mir darum, einvernehmliche Inzestbeziehungen zwischen Erwachsenen zu legalisieren und zu enttabuisieren. Ich wüsste nicht, dass ich daraus jemals einen Hehl gemacht hätte. Es geht mir überhaupt nicht darum, Pädophilen auch nur einen Millimeter mehr Rechte zu geben. Das geht auch eindeutig aus dem Beitrag hervor, der nicht freigeschaltet wurde.
Auch am Verlauf der Diskussion, der hier eingestellten Beiträge wird ersichtlich, dass nach einem Faktenvergleich zwischen §173 und §174ff bezüglich Sexualstraftaten, Befürworter des Inzestverbotes hauptsächlich ein verbleibendes Argument anführen: eine vermeintliche Signalwirkung, Hemmschwelle, die auf die Gesellschaft wirkt und so zu einer Begrenzung innerfamiliärer Sexualstraftaten führen soll.
Ich möchte deshalb darlegen, warum ich diese Ansicht für wenig hilfreich bzw. sogar hinderlich beim Kampf gegen innerfamiliäre Sexualdelikte an Minderjährigen halte.
1. In der öffentlichen Wahrnehmung gelten inzestuöse Täter oft als geistig Verirrte, falsch Veranlagte, was dazu führt, dass bei der Beurteilung einer Tat der sexuelle Aspekt vom Inzest, also „Blutsgedanken“ überlagert wird. Ein Familientäter ist aber kein gesonderter Sexualtäter, der sich von anderen Sexualtätern geistig oder in der Veranlagung unterscheidet, sondern lediglich einer, der für seine Verbrechen den Familienrahmen für einen leichteren und vor allem verdeckteren Zugriff auf seine Opfer ausnutzt. Diesen per Inzestparagrafen zu verfolgen, betont und bedient die in der Öffentlichkeit vorherrschende Ansicht, dass es sich um einen hauptsächlich in „Blutsangelegenheiten“ verirrten Täter handelt, was ja aber nicht der Fall ist. Der Familientäter begeht seine Taten nicht aus einem falschen Hang zum „eigenen Blut“, sondern er nutzt einfach den leichtesten Weg um seine Ziel zu erreichen. Mit §173 wird aber über die eigentliche Sexualstraftat noch eine „Bluttat“ gelegt bzw. beides vermengt, was ich bezüglich einer gesellschaftlichen Ächtung von innerfamiliärer Sexualgewalt für kontraproduktiv halte. Bei Wegfall von §173 würde dagegen klar erkennbar werden, dass es sich nicht vermeintlich hauptsächlich um ein Delikt am „eigenen Blute“, sondern um nicht anderes als eine Sexualstraftat handelt. Die Fixierung auf eine Verbindung von Sexualstraftat und Inzest verschleiert erstere mehr, als es diese hervorhebt.
2. Auch eine vermeintliche direkte Signalwirkung auf die Täter bezweifle ich. Der Antrieb des Täters entspringt ja eben nicht einer „Lust nach dem eigenen Blut“, so dass er sich von einem „Blutsverbot“, wie in §173 formuliert abschrecken ließe, sondern er verfolgt ein ausschließlich sexuelles Ziel. Das gewünschte Drohpotential gegen die Sexualstraftat über den Umweg Inzest aufbauen zu wollen, halte ich daher für wirkungslos. (Ein Täter könnte beim Lesen nur von §173 sogar zu der Auffassung kommen, er übertrete nur ein Inzestverbot, begehe aber keine Sexualstraftat.)
3. Wer nun aber sagt: doppelt hält besser, übersieht oder nimmt bewusst in Kauf, dass §173 gegen andere ein erhebliches Unrechtspotential (Fall Stübing) beinhaltet und die Bestandteile des Strafrechts einem systematischen, widerspruchsfreien Rechtsrahmen unterliegen. Als Aufgabe des Strafrechts gilt heute nicht mehr moralischen Appellen Nachdruck zu verleihen, sondern nur bei der Verletzung von Rechtsgütern sanktionierend einzugreifen. (Dem Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung wird aber §173 durch seinen undifferenzierten und eng eingegrenzten Teilaspekt (Beischlaf in der Familie) nicht gerecht.) Da bei einvernehmlichen Inzest kein konkretes Rechtsgut Dritter verletzt wird, bedarf es weder eines Richters, noch einer Strafandrohung (vgl. Streichung Homosexuellenparagraf). Alles andere ist bloßes Moralrecht, welches von Rechtsgütern losgelöste strafrechtliche Hemmschwellen und Signale für die Gesellschaft formulieren will.
Genauso wenig, wie die Streichung des Homosexuellenparagrafen die Neigung zu Homosexualität erhöhte, wird ein Wegfall von §173 eine Neigung zu Inzesten befördern. Wie bereits erwähnt, gibt es eine Reihe von Länder ohne ein strafrechtsrelevantes Inzestverbot, was auch zeigt, dass der Inzest eine moralische Konstruktion ohne Bezug auf konkrete Rechtsgüter, also ohne Bezug auf mögliche Geschädigte ist. Erzwungener Inzest dagegen verletzt wie jede andere Sexualstraftat das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung und kann mit §174ff verfolgt werden. Der entscheidende Grund für eine solche Strafverfolgung ist dann aber nicht der Aspekt des Inzest, sondern die konkrete Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung des Opfers, was auch völlig ausreichend und der Kern der Tat ist.
An der Diskussion ist abzulesen, wie wichtig das Inzestverbot ist. Manchen Menschen müssen einfach Grenzen gesetzt werden, weil sie diese anscheinend nicht als natürlich in sich verspüren.
Was spricht dagegen, dass jeder sich seine Grenzen selber setzt, solange er damit keinem schadet, Realmenschin?
Oliver S. wir werden in diesem Leben auf keinen Konsens kommen. Inzest ist immer Schaden für einen selbst und andere- und dass man das nicht sehen, spüren kann, IST der Kern. Diskussionen können daran nichts ändern. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!
Vielen Dank für die lieben Wünsche, Realmenschin. Ich werde Sie zum Anlass nehmen, weiterhin Grenzen zu überschreiten und meinen Horizont ständig zu erweitern.
@Realmenschin
Ich erlaube mir mal, mich an diesen recht persönlichen Dialog anzuhängen, weil Sie mit Ihrer Definition des Inzest mein kritisches Interesse geweckt haben:
Bisher ging ich immer davon aus, dass der Kern des tradierten Inzest-Begriffes die sog. Blutschande sei. Aber folgen wir mal Ihrer Aussage: „Inzest ist immer Schaden für einen selbst und andere- und dass man das nicht sehen, spüren kann, IST der Kern.“ Also, die Nicht-Spürbarkeit (sinnliche Unerfahrbarkeit?) des Schadens IST der Kern des Inzest? Wenn der Schaden aber sinnlich nicht feststellbar ist, woher nehmen Sie dann ihre Gewissheit, dass ein solcher vorliegt?
Ihre Aussage erinnert stark an religiöse Argumentationsmuster, bei denen man in Ermangelung nachweisbarer Fakten vom Feld der Empirie in das Nebulöse, nicht Spürbare, Erfahrbare usw. ausweicht. Solche Pauschalaussagen bringen leider niemandem einen Erkenntnisgewinn, weil man sich mit diesen nicht auseinandersetzen kann, da sie logisch nicht nachvollziehbar sind. Auch ist nicht erkennbar, von welchem Schaden Sie genau sprechen: dem der Opfer von Sexualstraftätern, der Beteiligten eines einvernehmlichen Inzests oder einfach nur unbeteiligter Dritter (der Gesellchaft)?
In mehreren Beiträgen werden konkrete Fakten und Argumentationen angeführt, die eine Berechtigung des §173 in Frage stellen. Eine Diskussion kann sich nur ergeben, wenn man sich auf solche konkret bezieht. Sich gegenseitig nur die eigene Meinung mitzuteilen, bringt nichts.
Man könnte z.B. §174,1,3 betrachten:
„Wer sexuelle Handlungen an seinem noch nicht achtzehn Jahre alten leiblichen oder angenommenen Kind vornimmt … wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ (Unter §176 erhöht sich die Strafandrohung auf 10 Jahre.)
Benötigt man Angesichts dieses Strafgesetzes zur Verfolgung innerfamiliärer Sexualstraftaten an Minderjährigen einen Inzestparagrafen? Ich sage nein. M.E. benötigt man den Inzestparagrafen heute nur um dem tradierten Moralbegriff der „Blutschande“ und einer damit zusammenhängenden diffusen Angst vor einer Auflösung der Gesellschaft zu entsprechen. Beides stellt aber keine empirische Fakten mit Schadensbezug, sondern von der Empirie losgelöste Projektionen dar – hart formuliert: Irrationalitäten.
Wenn Sie dem Gesagten nicht zustimmen, dann argumentieren Sie. Aber bitte nicht pauschal, sondern für alle nachvollziehbar und überprüfbar.
Da wir gerade beim Thema sind… Der Deutsche Ethikrat wird vorraussichtlich nächsten Donnerstag eine Stellungnahme zum Thema Inzestverbot veröffentlichen. Die Stellungnahme ist schon länger in Arbeit und wie sie ausfallen wird, hat Michael Wunder vom Ethikrat bereits im März im Deutschlandradio angedeutet:
http://www.dradiowissen.de/nachrichten.59.de.html?drn:news_id=205772
@ Rainer und @ Simone
mit der – relativen – Zuordnung von Schweregrad und sozialer Rahmensituation (Familie oder nicht) habe ich mich auch nicht wohlgefühlt. Das Erlittene ist individuell.
Ansonsten schließe ich mich Simone an, Dissoziation und alles, was Menschen tun, um eine Gewaltsituation zu überleben, und was sie im Moment der Tragik „normal“ erscheinen lässt, darf nicht zur Banalisierung des Schadens verwendet werden!
Psychische Abwehr zum Überleben ist graduell. Im Extremfall wurde jemand bei einem Autounfall schwer verletzt und handelt aber noch einige Minuten sinnvoll, bis der Rettungswagen ankommt. Je früher der Rettungswagen ankommt, desto früher klappt der Verletzte zusammen – macht also seine Überforderung sichtbar – und desto schwächer werden gesundheitliche Folgen des Unfalles ausfallen.
@ Rainer betr. ihre Antwort auf Simone:
in Ihrer Antwort auf mich hatten Sie folgendes geschrieben: „Ob es sinnvoll ist, eine solche Unterscheidung vorzunehmen, will ich nicht beurteilen. Allerdings … könnte man auch zur gegenteiligen Auffasung kommen,…“
Sie hatten die Möglichkeit erwogen, dass der Missbrauch durch einen Famiilenangehörigen für das Kind auf irgeneine Art weniger schlimm sein könnte als der durch Außenstehende.
@klaraklara
Ich hatte den Sachverhalt in meiner Antwort an Simone am 18.9. ausreichend klargestellt: Meine Worte („Allerdings … könnte man auch zur gegenteiligen Auffasung kommen…“) stehen nicht umsonst im Konjunktiv, denn sie sind eine Hinterfragung Ihrer Darstellung von „schwer/schwerer“, welche Sie ohne Anführung konkreter Nachweise in die Diskussion eingebracht haben, und jetzt sogar selbst relativiert haben: „Mit der – relativen – Zuordnung von Schweregrad und sozialer Rahmensituation (Familie oder nicht) habe ich mich auch nicht wohlgefühlt. Das Erlittene ist individuell.“
M.E. geht es an der eigentlichen Problematik des Inzestparagrafen vorbei, wenn zum Nachweis seiner angeblichen Notwendigkeit mit einer Differenzierung des Opferleides argumentiert wird, wie Sie es getan haben. Selbst wenn Ihre Unterscheidung zutreffend wäre, würde es nichts an der Überflüssigkeit des §173 bei der Bekämpfung von innerfamiliären Sexualstraftaten an Minderjährigen ändern, weil ein pauschaler „Blutschande“-Paragraf grundsätzlich nicht dazu taugt. Die entsprechenden Gründe aus meiner Sicht habe ich in meinen Beiträgen ausführlich dargelegt.