netzwerkB fordert die Aufhebung der zivilrechtlichen Fristen für Schadensersatz für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt

In Schifferstadt, Rheinland-Pfalz, fertigte ein heute 58 Jahre alter Gynäkologe laut den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft in seiner Praxis von Mai 2008 bis August 2011 von 1484 Patientinnen heimlich Aufnahmen; Er blieb dabei lange unentdeckt. Es wurden 36.146 Lichtbilder und 62 Videodateien sichergestellt. Der Fall wird nun vor dem Landgericht Frankenthal verhandelt.

Viele der Betroffenen dieser Arztpraxis sind nun in Therapie, insbesondere Frauen, die bereits sexualisierte Gewalt erfahren haben, wurden noch mehr in ein Trauma gestürzt. Der Spiegel berichtete darüber am 5. September 2013.[1]

Ein Teil der Betroffenen hat auch jetzt schon keine Möglichkeit mehr, Schmerzensgeld und einen Ausgleich für erlittene Schäden, etwa durch Einschränkung oder Ausfall der Arbeitsfähigkeit und Kosten für Therapien, einzufordern, weil diese Möglichkeit nach der aktuellen Gesetzgebung bereits verjährt ist.

netzwerkB verlangt vom deutschen Bundestag eine gesetzliche Nachbesserung für die Möglichkeit, Schadensersatz für zurückliegende Taten einfordern zu können. Wir verlangen eine Rückwirkungsfrist von mindestens 30 Jahren; besser noch wären die Verjährungsfristen für zivilrechtliche Fristen auch rückwirkend ganz aufzuheben.

Unterstützend sind auch die Fristen im Strafrecht zu verlängern oder abzuschaffen.

Wir begrüßen die Information der Öffentlichkeit über diesen Fall.
In anderen Fällen, in denen zehntausende von Fotos und Filmen mit nackten Kindern und Betroffenen und sexuellen Handlungen gefunden wurden, schwieg sich die Mehrheit der Presse leider aus.

Im Fall George Reardon, USA, fand man 2007 bei Renovierungsarbeiten Diamagazine von Reardon mit insgesamt 50.000 Aufnahmen im Format 35 mm und mehr als 100 Videos im Format 8 mm mit Kinderpornografie, die er von mindestens 300 Kindern und Jugendlichen im Krankenhaus aufgenommen hat. Reardon verging sich auch an diesen Kindern. Viele der Betroffenen haben in den aktuell stattfindenden Prozessen keine Möglichkeit mehr, Schadensersatz einzufordern.[2]

Der Pfarrer Hans-Dieter I. in der römisch-katholischen Gemeinde St. Josef in Krefeld, flog 1993 mit  58.000 Kinderporno-Bildern und 300 Videokassetten im Pfarrhaus auf. Er war Mitglied eines pädokriminellen Zirkels dem auch ein Hausmeister, ein Erzieher im Kirchendienst, ein Kirchenmusiker und ein bekennendes Mitglied der „Studiengemeinschaft Pädophile“ angehörten. Er wurde 1994 wegen sexueller Gewalt gegen Jugendliche verurteilt, aber noch jahrelang im Kirchendienst belassen.[3][4]

Im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes hat man es mit Serientätern zu tun, die oftmals jahrzehntelang ihre Verbrechen betreiben, vernetzt sind und von Vorgesetzten oftmals gedeckt werden. Wir fordern zudem eine Anzeigepflicht, damit das Schweigen und Vertuschen durchbrochen werden und den Opfern rechtzeitig Hilfe zuteil werden kann.

Über die Täter wird oftmals mehr berichtet als über das Los der Betroffenen. Die Betroffenen dürfen nicht länger im Regen stehen bleiben.

[1] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/frauenarzt-in-schifferstadt-joachim-k-vor-gericht-a-920422.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/George_Reardon
[3] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-23215434.html
[4] http://www.dgfpi.de/tl_files/bundesverein/praevention/2001_05.pdf


Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)163 1625091
presse@netzwerkb.org
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