Offener Brief an
den Orden der Missionare von der Heiligen Familie,
die Diözese Würzburg
die Konferenz der Deutschen Ordensoberen
die Deutsche Bischofskonferenz.
Die Vorgänge im das Canisius Kolleg in Berlin geben Anlass mich laut und deutlich zu Wort zu melden. Mit Pater Mertes übernimmt endlich jemand vernehmlich Verantwortung nicht nur für den Missbrauch und das Vertuschen, sondern auch für die Folgen dieser Taten. Endlich werden einmal die Strukturen die den Missbrauch über Jahre ermöglichten benannt und die Kultur des Schweigens und Wegschauens gebrandmarkt. Pater Mertes ist ein Glücksfall für die Diskussion um den Kindesmissbrauch im Raum der Kirche! Er hat meine unbedingte Hochachtung und meinen Respekt.
Gleichzeitig mischt sich bei mir Verzweiflung mit Wut und Entsetzen. Was ist so anders am Canisius als in Lebenhan? An dem Ort an dem ich und andere emotionaler, körperlicher und sexueller Gewalt ausgeliefert waren? Wir waren kein Eliteinternat, der Orden kein Eliteorden. Missbrauch in Lebenhan heißt: Der für uns verantwortliche Orden, die „Missionare von der Heiligen Familie“ (welch Ironie) weigern sich bis heute Verantwortung für uns zu übernehmen, ja leugnen, dass sie je Verantwortung für uns hatten. Meine Anzeige des Missbrauchs führte nur zu einem neuerlichen Missbrauch. Keines der Opfer wurde von der Untersuchungskommission gehört. Die Bitten von Opfern um ein Treffen der Opfer wurde abgelehnt. Meine Bitte und Forderung alle anzusprechen die damals im Internat waren: abgelehnt. Trotz der Aussage der Opfer, dass es andere Beteiligte gab, dass der Orden von den Verbrechen wusste: der Täter ist geständig, wir sind nicht verantwortlich, wir haben nichts gewusst. Meine Anfragen um Kenntnis des Auftrages an die Untersuchungskommission: abgelehnt, meine Bitte um die Übersendung des Untersuchungsberichtes: abgelehnt aus Gründen des Opferschutzes. Was ist mit den anderen; Herr I., der Kinder nachdem sie von Herrn B. zusammengeschlagen wurden zum Arzt brachte und anschließend wieder in die Hände des Schlägers gab. Was ist mit J.W., welche Rolle spielte er bei dem Missbrauch? Was ist mit Herrn L., der im Religionsunterricht übergriffig war, und was ist damit, dass ein Arbeiter dem Rektor den Missbrauch meldete, dieser aber nichts tat? Bei diesem Arbeiter hat sich ich bis heute niemand vom Orden, auch nicht die Untersuchungskommission gemeldet.
Der Missbrauch in Lebenhan ging über mähr als 10 Jahre, er war systematisch und er war systematisch, Teil des Systems Lebenhan, von der Ordensleitung gewollt. Der Orden selbst ist hier zum Täter geworden, spätestens nachdem er das erste Kind nach Schlägen zum Arzt brachte und dann in die Hände des Schlägers zurückbrachte. Missbrauch wird immer wieder geschehen, und dieser ist schlimm genug. Was aber nicht geschehen durfte, nie geschehen darf ist, dass die Verbrechen und die Verbrecher den Schutz des Ordens geniessen. Der Orden hat mit seinemHandeln die Verjährung bewusst herbeiführt. Wider besseren Wissens wird weiterhin die beliebte These des Einzeltäters zur Vertuschen der eigenen Verstrickung angeführt. Gemeinhin nenne ich solches nicht Orden, erst recht nicht „Heilige Familie“ sondern eine „kriminelle Vereinigung“! An keinem Punkt kann ich erkennen, dass es sich um Männer handelt, um eine Organisation handelt die sich den Worten und dem Leben des Mannes aus Nazareth verpflichtet fühlt.
Meine Bitte an den Bischof von Würzburg um ein Wort und um Seelsorge: abgelehnt, wir haben damit nichts zu tun und sind nicht verantwortlich. Meine Beschwerden bei der Konferenz der Ordensoberen mit Hinweis auf die Leitlinien zum Umgang bei sexuellem Missbrauch: der Orden macht alles korrekt. Meine Bitte an die Diözese Würzburg nach Seelsorge: abgelehnt. Versuche bei mehreren Offizialaten deutscher Bistümer Kenntnis der rechtlichen Situation zu erlangen führten dazu, dass ich von einem die Leitlinien erhielt, von einem anderen wurde mir gesagt, dass ich in einem Verfahren einen Beistand haben kann (aber natürlich nur einen Priester) von einem anderen die Telefonnummer einer Rota-Anwältin in Rom. Kurz: keine Hilfen für Opfer, niemand ist interessiert zu helfen. Dass in der Diözese Würzburg ausgerechte der Personalchef Ansprechpartner für Missbrauchsopfer ist, der wissentlich Täter weiter agieren lies, wenn auch in anderen Diözesen ist schlicht der Inbegriff der Inkompetenz und des Nicht-Sehen-Wollens.
In den Leitlinien die die Bischofskonferenz verabschiedet haben und die die Orden sich zu eigen machten spielen die Opfer keine Rolle. Die Opfer müssen von niemanden gehört werden werden. Einspruchsmöglichkeiten für Opfer gibt es nicht , die Verfahren können in Gänze ohne die Beteiligung von Opfern durchgeführt und abgeschlossen werden. Die Absicht der Leitlinien wird am besten daran deutlich, dass ausgeführt wird, dass auf Antrag der Opfer ein Zuschuss zu Therapiekosten gewährt werden kann. Für Missbrauch der im kirchlichen Raum stattfindet tragen nur die Opfer und die Gesellschaft alle Konsequenzen.
Ich habe bis dato an keinem einzigen Punkt erfahren, dass ich es hier mit Kirche, mit Männern und Organisationen zu tun habe die sich auf Botschaft und Leben des Mannes aus Nazareth berufen, an keinem Punkt. Es hat mich kalt erwischt, als der bekennend verantwortungslose Bischof von Regensburg, der sich weigerte mit den Betroffenen zusammen zu treffen wegen seiner „besonderen theologischen Kompetenz“ zu höheren Weihen nach Rom berufen wurde. Dies war und ist ein Schlag in die Gesichter der Opfer. Wenn Kirche sich nicht klar und entschieden auf die Seite der Opfer stellt und die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit des Mannes aus Nazareth nicht zur eigenen Handlungsmaxime macht ist sie nicht Kirche! Sondern bestenfalls eine Versicherungsgesellschaft mit einem sehr hohen Restrisiko.
Meine Forderungen sind:
an den Orden:
- Bestellung eines Beauftragten der weder aus dem Orden noch dem Umfeld des Ordens oder anderer
- kirchlicher Einrichtungen entstammt, sondern klar parteilich für die Opfer eintreten kann.
- Endlich die Untersuchung und die Aufklärung des Systems Lebenhan und nicht nur die Schuldzuweisung an einen einzigen Täter.
- Dass der Orden endlich die Verantwortung übernimmt für die unter seinem Dach und mit seinem Wissen begangenen Verbrechen.
- Übernahme der Kosten die den öffentlichen Kassen durch die Behandlung der Opfer entstehen.
- Ein Täter-Opfer Ausgleich, der den Orden als Täter mit einschließt.
- Veröffentlichung aller relevanter Berichte
an die Diözese Würzburg:
- Rücktritt des Ansprechpartners für sexuellen Missbrauch
- Benennung eines Beauftragten der klar, entschieden und parteilich auf Seiten der Opfer steht und nicht im Dienst der Kirche oder einer kirchlichen Organisation steht
- Endlich klare und entschiedene Pastoral in meiner Heimat um die Leiden der Opfer und das falsche Handeln der Diözese zum Thema zu machen
- Mit Druck ausüben auf den Orden, damit dieser sich endlich der Verantwortung stellt, dass unter seinem Dach Kindern der Diözese Würzburg Gewalt angetan wurde.
an die Bischofskonferenz und die Konferenz der Ordensoberen:
- Einstampfen der Leitlinien.
- Neue Leitlinien müssen die klare und eindeutige Parteinahme für die Opfer nicht nur in der Präambel verbalisieren sondern in konkretes Handeln münden.
- Grundsätzliche Übernahme aller entstehenden Behandlungskosten der Opfer, ohne Antrag.
- Ein Täter-Opfer Ausgleich.
- Opfer müssen zum Subjekt des Handelns werden, das heißt, sie müssen gehört werden, sie müssen Teil des Verfahrens werden.
- Einspruchsmöglichkeiten für die Opfer im Verfahren.
- Die Verpflichtung der Diözesen und Orden den Opfern bei alle rechtlichen und kirchenrechtlichen Schritte zur Seite zu stehen.
- Keine Beförderung von Personen die sich durch Schweigen, Ignorieren, Vertuschen oder mehr an Menschen schuldig gemacht haben.
- Die Pflicht zu transparenten, öffentlichen Verfahren, die aber auch die Opfer nicht diskreditieren.
- Die grundsätzliche Pflicht zur Information der Opfer.
- Es muss aufhören, dass ständig von „Einzeltätern“ gesprochen wird, was fast immer fern jeder Realität ist. Es muss klar und deutlich benannt werden, dass es hier um „strukturelle Sünde“ geht, in der die ganze Kirche verwoben ist. Alle „Einzeltäter“ wurden von ein einer Vielzahl von Mittätern gestützt und geschützt.
- Es muss aufhören, dass darauf verwiesen wird, dass die der Missbrauch in der Kirche nicht viel anders ist als anderswo.
In meiner Bibel geht Jesus dem verlorenen Schaf nach und verweist nicht darauf, dass in anderen Herden auch Tieren verloren gehen.
Die Kirche muss sich auf ihre Grundlagen besinnen. Wer in der Diskussion um Kindesmissbrauch in der Kirche glaubt eine angeblich angegriffene Kirche verteidigen zu müssen, wer glaubt sich gegen „Pauschalurteile“ wehren zu müssen, nimmt den Missbrauch und die Opfer nicht ernst, hat aufgehört sich mit der Botschaft selbst zu beschäftigen und betreibt im besten Sinn des Wortes Blasphemie. Würde die Kirche ein ähnliches finanzielles und personelles Engagement beim „Missbrauch des geborenen Lebens“ zeigen wie sie glaubt beim „Schutz des ungeborenen Lebens“ zeigen zu müssen hätte sie weit weniger Glaubwürdigkeitsprobleme.
Bernhard Rasche, Neumarkt
Diplom-Theologe
BRAVO!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Sehr geehrter Herr Rasche,
falls Sie irgendwelchen Kontakt zu ehemaligen Mitschülern haben – nutzen Sie ihn, um möglichst viele miteinander ins Gespräch zu bringen.
Ihre Argumentation ist schlüssig, einleuchtend, sachlich und überzeugend.
Hier in Berlin hat Johnny Hauesler über seinen Blog „Spreeblick“ als Ansprechpartner für ehemalige Canisius-MitschülerInnen fungiert, dadurch kam schnell eine sehr fundierte, aufschlußreiche und wirkungsvolle öffentliche Diskussion in Gang.
Der Jesuitenorden geriet so in eine defensive Position. Das Einzige, was offenbar Wirkung zeigt.
Vorher hat er agiert – nämlich dann, wenn Betroffene um Hilfe baten. Indem er ihnen die Unterstützung verweigerte.
Aus der Analyse von psychologischen Täterprofilen wissen wir, daß Täter nichts so sehr scheuen wie Öffentlichkeit. Weil Sie Ihnen die Möglichkeit der Kontrolle nimmt.
Das gilt ganz besonders für institutionelle Täterschaft („strukturelle Sünde“ ist ein passender Begriff, werde ich mir merken).
Erst wenn Sie möglichst viel Öffentlichkeit herstellen, können Sie damit rechnen, daß die Diözese Würzburg (soweit ich informiert bin eine der rückständigsten Deutschlands) reagiert.
Ich als Atheistin kann Ihre Frustration darüber, daß der „Ritualdienstleister Kirche“ die Botschaft von Jesus Christus, so wie sie im Kern überliefert ist, ins Gegenteil verkehrt hat sehr gut nachvollziehen. Für mich ist Jesus Christus ein vorbildlicher Humanist, dessen Name, Lebenswerk und Engagement von einer menschenverachtenden Institution mißbraucht wird.
Ich gehe davon aus, daß es viele gläubige Menschen gibt, die so wie Sie und ich damit nicht einverstanden sind.
Diese Menschen haben bislang kein Sprachrohr. Aber vielleicht schaffen wir ja mit unseren Initiativen eins.
Ihnen viel Erfolg mit Ihrem Projekt
wünscht
Angelika Oetken, Berlin
Hallo Hr. Rasche,
dieser Brief gehört in die Medien (Spiegel, Spiegel online, Panorama, Ortspresse von Lebenhan). Da muss durch die Öffentlichkeit und der Reaktion der Leser Druck ausgeübt werden. Andernfalls wage ich zu bezweifeln, dass die Adressaten reagieren. Vermutlich wird ihr Schreiben, wie so vieles andere auch einfach mal wieder ad akta gelegt.
Danke für diese klare und präzise Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Sarah
Sehr geehrter Herr Rasche,
ich bin tief erschüttert und wütend. Konnte man bisher nur vermuten, dass hinter dem Vertuschen sexueller Straftaten im Dunstkreis der katholischen Kirche System steckt, so weiß man das jetzt definitiv. Empörend ist, dass sich oberste kirchliche Würdenträger(Mixa u.a.) auch heute noch vor die Kameras stellen und mit süffisantem Lächeln behaupten, sie helfen den Opfern und tun alles für die Aufklärung. Wer die Diskussion verfolgt, fragt sich, was die Staatsanwaltschaften in der Vergangenheit getan haben, um ihrem gesetzmäßigen Auftrag zur Aufklärung von Verbrechen gerecht zu werden. Und vor allem, was sie heute tun? Da rücken SEK’s aus, um bei einem bundesweit bekannten Mann (Zumwinkel) Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen und vorläufige Festnahmen vor laufenden TV-Kameras durchzuführen wegen Steuerhinterziehung (schlimm genug!, aber „nur“ finanzieller Schaden), im massenhaften Fall sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen aber gehen die Staatsanwaltschaften ganz offensichtlich auf Tauchstation (rühmliche Ausnahme: Bayern, Durchsuchung Kloster Ettal), und das bei physischen und psyschichen Beschädigungen von Kindern! Begeht man einen Fehler, wenn man Kumpanei dahinter vermutet?
Was mir besonders an der öffentlichen Diskussion auffällt, ist, dass bisher immer nur von Fällen berichtet wird, die schon lange, teilweise Jahrzehnte, zurückliegen. In einem Klima der Vertuschung und Verharmlosung, wie wir es bis heute haben, bereiten die kirchlichen Würdenträger den Boden, auf dem diese Verbrechen trefflich gedeihen können und machen sich mitschuldig. Dies veranlasst mich zu befürchten, dass wir bisher nur die Spiotze des Eisberges kennen. Wann werden wir von aktuellen Fällen erfahren?
Ich wünsche Ihnen, sehr geehrter Herr Rasche, stellvertretend für alle anderen Opfer, das Stehvermögen und die menschliche Größe, diese Aufarbeitung im Interesse der jetzigen und zukünftigen Schüler durchzustehen.
Herzlichen Gruß
Peter Schröder
Hallo Herr Rasche,
ich sollte als Jugendlicher auch eventuell ins Internat nach Lebenhan. Da ich Sie auch persönlich kenne, bin ich schon sehr erschrocken über diese Vorgänge.
Wenn Sie möchten, würde ich Ihren offenen Brief und Ihre Forderungen auf meiner Homepage verlinken.
Beste Grüße aus Bischofsheim
Thomas Rahm
Hallo Thomas!
Klar darfst Du verlinken. Wenn Du willst, maile mich mal an
Bernhard Rasche
„Christliche Botschaft“, Zölibat und sexualisierte Gewalt – diese Machtspielchen würde Jesus heute klar anprangern. Wir befinden uns also in guter Gesellschaft und sollten Drewermann ins Boot holen, Autor von „Kleriker“, Theologe und Psychotherapeut, der nach dem Maulkorb durch die röm. Kirche am Ende wegen solcher Unvereinbarkeiten austrat. Als Kriegskind halte ich kausale Zusammenhänge in allen christlich-sozialisierten „Fällen“ für zumindest unterschwellig wirksam – gleich, ob geistige, geistliche oder biologische „Väter“ zu Tätern wurden – und werden …
Hallo, Bernhard,
auch über diesen Weg will ich Dir mitteilen, wie tief ich Deine Schritte in die Öffentlichkeit achte, bewundere. Deinen und den Schritten jedes Opfers – und jedes Angehörigen von Opfern – an die Öffentlichkeit zu gehen gebührt Hochachtung.
Diese kriminellen Handlungen aufzudecken ist ein unvorstellbar starker Kraftakt. Zu wenig wird diese Kraft, diesen Mut benannt, geschweige denn anerkannt.
Im Gegenteil,da wo Unrecht, Missbrauch, kriminelle Handlungen aufgedeckt werden,wird von „Angriff auf Kirche“ gesprochen…
Für Deinen Mut – noch mal – meine Hochachtung. Er gibt Würde wieder einen Raum.
Du zeigst in Deinem Brief die Zusammenhänge in den Institutionen so deutlich, so klar.
Danke.
In Verbundenheit,
Isabelle
Naja,
in den 70ern gab es diese Heimmentalität.
„Wenn du nicht gehorsam bist kommst du ins Heim“
Und es scheint so als ob man die Böcke zum Gärtner macht.
in diesen Heimen.
Erschütterung oder Jesus, hin oder her, dem nächsten Bock/Gärtner würde ich gerne die E… amputieren
Thomas
von 1966 bis 1969 war ich als total freiwiliger Schüler (meine Eltern mußten noch bezahlen, was ihnen damals schwer fiel) auch in Lebenhan als Klosterschüler.Mir hat das Klosterleben viel Kraft für meine erfolgreiche Zukunft gegeben.Sicherlich mußte auch ich mich an die Regeln des Klosters halten,was nicht immer leicht war.
In diesen 3 Jahren (es war die Zeit des Heranwachsen)habe ich nichts ,ja gar nichts von sexuellen Übergriffen ,persönlich oder bei anderen Mitschüler gemerkt.Auch eine ungerecht gefertigte Züchtigung gab es nicht.
Vielmehr habe ich den Glauben an Gerechtigkeit und Kraft für mein gesamtes Leben gefunden.
Mein Präfekt,Pater B. ,ist noch heute mein Vorbild .
Durch ihn bin ich gut ausgebildet in Gerechtigkeit und Glaubensfragen in die Welt gegangen.
Gehorsam und Disziplin (was heute nicht mehr „in“ ist) finde ich war ausgewogen und richtig.
Für Vergehen wurde ich auch bestraft.Aber ich wußte dann warum und habe es akzeptiert.
Ich verstehe nicht warum „alle Mißbrauchten“ sich erst nach so vielen Jahren melden. Ich habe meine Probleme und Sorgen immer sofort geklärt und bin damit gut gefahren.
Ich kann nur für mich und meine Zeit sprechen und versichere nochmals :von solchen Übergriffen nichts bemerkt noch selbst etwas erfahren zu haben.
Hoffentlich Herr Rasche nehmen sie meinen Brief nicht persönlich, sondern veröffentlichen ihn auch.
Mit Kraft für die Wahrheit stehe ich zu meiner Interpretation vom Leben in Lebenhan.
Ich bin kein Theologe geworden ,sondern nur ein guter Bürger mit einer netten Familie.Freuen würde ich mich über ein persönliches Treffen und ein Gespräch über die Zeit in der Klosterschule Lebenhan mit ihnen und allen Schüler,die mich noch aus dieser Zeit kennen.
mit freundlichen Grüßen
Dieter Kessler
Sehr geehrter Hr. Kessler,
es freut mich, zu lesen, dass Sie in Lebenhan gute Erfahrungen gemacht haben, und für Ihr Leben vieles mitnehmen konnten.
Leider durften diese positiven Erlebnisse nicht alle in dieser Klosterschule machen. Auch wenn Sie persönlich von dieser anderen „Seite“ des Internatlebens nicht bemerkt haben, fanden trotz alledem die Missbräuche statt. Zitat v. Hr. Rasche: der Täter ist geständig! Glauben Sie wirklich, dass jemand die Tat eines sex. Missbrauchs gestehen würde, wenn dem nicht so gewesen war?
Sie schreiben: „Ich verstehe nicht warum “alle Mißbrauchten” sich erst nach so vielen Jahren melden. Ich habe meine Probleme und Sorgen immer sofort geklärt und bin damit gut gefahren.sie könnten es nicht verstehen“.
1. ist sex. Missbrauch nicht ein „Problem oder eine Sorge“ sondern ein schweres Vergehen, dass bei den Opfern ein schweres Trauma auslöst! Dadurch kann eine Teilamnesie entstehen, die meist Jahrzehnte anhält und oft erst mit 30, 40 Jahren aufbricht!
Wenn Sie das Thema wirklich interessieren sollten, dann lesen sie hier die coming outs, die Auswirkungen auf die Opfer unter der Ruprik „Kommentare“.
2. sex. Misshandlungen sind immer mit Gewalt, Demütigung und Drohungen verknüpft. Das Opfer wird extrem eingeschüchtert, erpresst, der eigene Wille gebrochen. Hier geht es um sadistische Machtausübung, wo sich der Täter an dem Leid des Kindes ergötzt. Diese Thema ist schambesetzt, da kann sich ein Nicht – Betroffener kaum hineinfühlen.
Ihr Satz müsste lauten: Ich verstehe nicht warum “alle MITWISSER und jahrelanger VERTUSCHER” sich erst nach so vielen Jahren melden. Ich habe meine Probleme und Sorgen immer sofort geklärt und bin damit gut gefahren.“
Sarah M.
Sehr geehrter Herr Kessler,
zum Thema „Klosterschule“ kann ich nichts sagen – ich war auf einer öffentlichen (auf der „hinter vorgehaltener Hand“ über Übergriffe geredet wurde), Grenzüberschreitungen seitens der Lehrer waren an der Tagesordnung.
Ich entnehme Ihren Schilderungen, daß Sie nie Adressat sexueller Demütigung oder Misshandlung waren. Insofern kann ich Ihr Unverständnis „Ich verstehe nicht, warum alle Missbrauchten, sich erst nach so vielen Jahren melden“ zum Teil nachvollziehen.
Vielleicht helfen Ihnen folgende kleine Anregungen:
Stellen Sie sich bitte die peinlichste Situation Ihres Lebens vor. Wem haben Sie schon davon berichtet – und wann?
Stellen Sie sich bitte das entwürdigendste Erlebnis Ihres Lebens vor. Wie oft erzählen Sie davon in der Öffentlichkeit?
Stellen Sie sich bitte vor, daß Sie in großer Not sind, krank oder unverschuldet verarmt. Wer würde Ihnen sofort ohne groß nachzufragen helfen, auch auf die Gefahr hin, selbst in große Schwierigkeiten zu geraten?
Fakt ist (statistisch erfaßt, höchste Stufe der Evidenz), daß mind. 5 Prozent aller weiblichen Erwachsenen schwere sexuelle Misshandlungen in Ihrer Kindheit und Jugend erlebt haben (gemeint ist gewaltsame Penetration). Die 5 Prozent ergeben sich aus Studien, die die engsten Kriterien angelegt haben, andere kommen auf über 10 Prozent.
Bei Männern ist die Zahl ähnlich hoch, weil Übergriffe auf Jungen im Allgemeinen gewalttätiger verlaufen als auf Mädchen, d.h. Körperverletzungen durch Penetration häufiger sind.
Nun überlegen Sie mal : in Ihrem Umfeld gibt es sicherlich etwa 40 erwachsene Frauen und Männer. Mindestens zwei davon sind in ihrer Kindheit gewaltsamer Penetration ausgesetzt gewesen. Wissen Sie davon? Wenn nein, warum nicht?
Etwa, weil das kein schönes Thema für den Kaffeetisch ist?
Wie würden Sie reagieren, wenn die Betroffenen Ihnen davon erzählen? Zugewandt, mitfühlend?
Oder möglicherweise abweisend und skeptisch, vielleicht so peinlich berührt, daß Sie den Kontakt zu diesem Menschen fortan meiden?
Die letztere ist die übliche Reaktion. Jedenfalls bisher. Einer der Gründe, warum einige „Missbrauchte“ so lange schwiegen. Andere sind psychisch so destabilisiert, daß sie es nicht über sich bringen, auch nächsten Angehörigen von diesen Erlebnissen zu berichten.
Es ist nur einigen wenigen besonders unbeirrbaren Menschen zu verdanken, daß jetzt erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte das Ausmaß und die Tragik der ganz alltäglichen sexuellen Übergriffe auf Kinder öffentlich diskutiert wird und sich Betroffene „outen“ können, ohne sofortige Diffamierung und Ausgrenzung befürchten zu müssen.
Und auch für die kleine Gruppe von Betroffenen, die es schon als Kinder oder Jugendliche wagen, Erwachsene einzuweihen und um Hilfe zu bitten gilt: Durchschnittlich muß ein Kind 8 Erwachsenen ansprechen, bis einer hilft. Auskunft darüber gibt u.a. Frau Guttenberg, die Ehefrau unseres Verteidigungsministers.
Hätten Sie als Kind das durchgehalten? Noch dazu in den 60er Jahren in einem katholischen Umfeld?
Ich kenne Menschen, die als Kinder wegen sowas (nämlich berichten, was Ihnen angetan wurde) in der Psychiatrie oder im „Werkhof“ (JugendKZ) gelandet sind.
Weil doch die Erwachsenen alle so „lieb“ waren….
Fragen Sie doch mal in Ihrem Umfeld, was die anderen Menschen darüber denken und was sie erlebt oder gehört haben in Bezug auf sexuelle Übergriffe.
Vielleicht erleben Sie so manche Überraschung.
Mit freundlichen Grüßen,
Angelika Oetken, Berlin
Sehr geehrter Herr Kessler,
wenn ich zur damaligen Zeit meine „Probleme“sofort angesprochen hätte,wäre ich heute nicht mehr am Leben.Warum wir „Opfer“erst jetzt reden-erst jetzt reden können,weil das Urvertrauen welches jedes Kind schon bei der Geburt besitzt im Keim erstickt wurde.
„du sollst Vater und Mutter ehren“-heißt es-hätte ich wirklich gern getan,aber man gab mir nicht die Möglichkeit diese Worte „Vater und Mutter“auch nur verbal zu formulieren und was heißt ungerecht gefertigte Züchtung gab es nicht-dann vielleicht gerechtfertigte Züchtung und das hat wohl nichts mit Gewalt zu tun ? Wir „Opfer“mußten verdrängen um überhaupt lebensfähig zu sein-um unser Sein zu spüren-positiv zu spüren.
Solange die Medien Kindesmisshandelte nicht als Opfer bezeichnen,Institutionen die Aussagen der Misshandelten in Frage stellen,das Grundgesetz nicht eingehalten wird,
wird das begangene Unrecht der Vergangenheit-
das Unrecht von Heute.
Sehr gern beantworte ich weitere Fragen und lade Sie hiermit zu meiner Lesung am 29.April ein.
Merzedes
Mich packte am Abend der „heilige Zorn“, als ich um 21.30h ARD einschaltete. Kein Wunder, dass geleugnet, verleugnet, getuschelt, vertuscht, gedroht, bedroht wird:
Offenbar gibt es in diesem Staat kaum Fachleute, die mit menschlichen Tragödien angemessen umzugehen gelernt haben.
In Deutschland ist eine einzige Uni für den forensischen Bereich zuständig?
Da werden also eher zufällig für Jura-, Psychologie-, Psychiatrie- und Medizinstudenten Vorlesungen gehalten.
Und wir wundern uns, wenn jede/r einzelne Betroffene „vor die Wand läuft“!
Gibt es denn überhaupt kompetente Juristen und Mediziner, die den Ernst der Lage eines Gewaltopfers erkennen können? oder die in der Lage sind, ein „sauberes“ Gutachten zu erstellen?
Gibt es Opferschutz, wo Gefälligkeitsgutachten üblich sind?
Mir scheint es an der Zeit, dass wieder jemand kommt, der die Tische der Krämer im Tempel umstürzt.
Mein Fazit:
Ignoranz auf staatlicher Seite bedingt die Arroganz auf der kirchlichen – oder sehe ich das falsch?
Liebe Hildegard,
„Mir scheint es an der Zeit, dass wieder jemand kommt, der die Tische der Krämer im Tempel umstürzt“
Stimme Ihnen zu. Und – diesmal muß das nicht einer allein machen, sondern viele Betroffene schließen sich zusammen.
„Krämerseelen“ taugen nämlich als spirituelle Anführer nicht.
Herzliche Grüße von
Angelika Oetken
hallo zusammen,
auch ich habe die Dokumentation „Sexobjekt Kind“ mir heute im Internet angesehen.
Wer immer noch nicht verstehen kann, warum Opfer so lange schweigen, dem ist diese Dokumentation zu empfehlen!
Ein Hr. Bayer, der seit 5 Jahren 100 Täter behandelt hat, einen ganzen Stab für seine Arbeit zur Verfügung bekommt.
Landesweit für zig 100000 tausende Opfer ein kleines Team, das sich durch den Wulst von einem ganzem Arsenal von Akten kämpfen muss, um die Taten dingfest machen zu können.
Eine täterfreundliche Gesellschaft, die schweigt, wegsieht, die Gutachter , Ärzte, Staatsanwälte, Therapeuten usw. unzureichend ausbildet, eine Gesetzgebung, die opferfeindlich ist…
Die Liste hört nicht auf!!!
hier der Link zu dieser Dokumentation: Das ist die Realität!!!
http://www3.ndr.de/sendungen/45_min/missbrauch128.html
Ich habe die Sendung auch gesehen. Danach werden sich alle Täter gesagt haben: Holldrio, wir sind sicher. Der Film hinterließ ein Gefühl von Ohnmacht. Wir haben eine schwerfällige Bundesregierung, die sich kaum für das Leid von Kindern interessiert. Die einzig nennenswerte Initiative stammt von Frau von der Leyen, die sich für die Sperrung kinderpornografischer Internetseiten einsetzt. Sie wird mit rotem Stoppschild gezeigt. Anmerkung des Kommentators: Was bedeutet ein Stopp-Schild? Es bedeutet, einmal nach links schauen, einmal nach rechts schauen, weiterfahren. Die Kinderbeauftragte der SPD, Marlene Rupprecht sagt: Wir sind gescheitert. Uns fehlt die Strategie.
220000 Pädosexuelle in Deutschland. Wer von ihnen Hilfe sucht, findet keine. Wirklich hilfreiche Initiativen stammen nur von Vereinen (z.B. Ecpat und Dunkelziffer).
Diejenigen, die wirklich wissen, was es heißt, missbraucht worden zu sein, und welche Schäden das hinterläßt, müssen so schnell wie möglich eine große Gruppe werden und unbequem werden, groß , laut und unbequem.
Politiker interessieren sich vor allem für ihre Wiederwahl und falls die nicht zu Stande kommt, für einen einträglichen anderweitigen Posten.
So schade und befremdlich ich das persönlich finde, aber mit ethischen Argumenten wird man bei ihnen nicht weit kommen.
Das mit der „Wiederwahl“ und den „Posten“ birgt aber auch eine Chance.
Je mehr Menschen den Politikern klar machen, daß Betroffene und ihre Angehörigen auch Wähler sind und daß Täter auch den Politikern das Leben schwerer machen (z.B. indem sie Personenschäden und damit Kosten verursachen), desto besser.
Das ist eine Sprache, die von den Politikern gut verstanden wird.
Angelika Oetken, Berlin
Ein Puplikviewing dieser Dokumentation sollte zu jedem Beginn der Treffen des Runden Tisches zur Pflicht werden, damit den Beteiligten deutlich wird, was sie ändern müssen, und warum sie hier sitzen!
Ich habe mir die Mühe gemacht, beide Sendungen anzusehen. Merkwürdiges fiel mir dabei auf! Die Dokumentation vom Januar im NDR, die ich auch als link vier Kommentare weiter oben eingestellt habe, berichtet über die Gründe, warum Opfer so lange schweigen. Dies ist in der ARD Sendung komplett rausgeschnitten worden. Da stellt sich automatisch die Frage: Seit Ende Januar werden Tag für Tag neue Skandale bekannt, die angeblich verjährt sind. Will die Politik die Öffentlichkeit blenden, indem Sie solche Sendungen zensiert, um die Diskussion der bestehenden Verjährungsfrist im Zivilrecht nicht erneut zum berechtigten Thema werden zu lassen.
Manipulation, wohin das Auge reicht!!!
Danke Deutschland!!!!
Wir leben in einem kinderfreundlichen Land! Selten so gelacht!
Sarah M.
Sehr geehrter Herr Rasche,
ich bin Anfang der siebziger Jahre in der Klosterschule in Lebenhan gewesen und dort selbst Opfer von massiver Gewalt von Priestern (sogenannten Missionaren der Heiligen Familie) gewesen.
Deshalb kann ich Ihre Forderungen nur unterstützen.
Ich bin erschüttert, zu hören ,was einiegen meiner Schulkameraden(Meine Schulzeit in Lebenhan 1975- 1978) wiederfahren ist.Körperliche „Gewalt“,ist die eine,“ Sexuelle“ die andere. Die brutalste Waffe ist aber die Psychologische!
Anerkennung und Sympati !!!!
Wen Du weder das Eine noch das Andera hast und labiel bist?….
Tatsache ist ,das KEINER darüber gesprochen hat!!!!
@Martin: verzeih mir, aber Dein erster Satz klingt so überrascht. Oder verstehe ich Dich da nur falsch ? Ich habe in meinen zwei Jahren dort (76-78) genug erlebt, um für den Rest meiner Tage daran zu denken.
Aber Du hast Recht. Selbst bei unseren späteren Treffen war das Thema ein „no go“. Wie das halt so war, im unterfränkischen outback.
…auch ich war in Lebenhan von 1975 – 1978. und den Kollegen Martin E. kenne ich sehr wohl… auch ich habe es sehr ordentlich von Pater B. abgekriegt, in jeder Hinsicht.
Ich kann mich heute noch an seine Alkoholfahne erinnern, die er nachts mit sich trug, wenn er durch die Zimmer schlich, um einen Mitschüler im Zimmer zu befummeln…ich kann mich heute noch an die Schläge von Pater B. erinnern, an die Stichwunden von seinem Schlüsselbund im Rücken, die geblutet haben… ja warum kommt das alles jetzt erst öffentlich zur Sprache…ich habe bereits darüber gesprochen sei es in er Familie, bei Freunden oder in Therapie…aber irgendwie verfolgt es mich immer noch…seit über 35 Jahren…und ich kann sehr wohl sagen, dass ich in Lebenhan ein Opfer körperlicher, sexueller und vor allem psychischer Gewalt bin…Angst hatte, dort zu sein, immer auf der Hut zu sein, ob Pater B. nicht wieder getrunken hatte, und sich dann gehen ließ…aber es war ja Pater B. nicht ganz allein; gewalttätig waren ja auch noch andere Patres, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie Pater B.. Zu jeder Zeit war das ja wohl okay, geschlagen zu werden, wenn man nicht so gespurt hat wie das sein sollte… bekannt waren der Alkoholkonsum des Pater B. der Diozöse mit Sicherheit; und warum hat man diesen Mann dann als Präfekten bei gerade so pubertierenden Jungs eingesetzt ?!
ich denke, ich habe lange genug den Deckel drauf gehalten…auch wenn es rein juristisch verjährt ist, in meinem Kopf und in meiner Selle schwelt es weiter…und belastet mich tatsächlich. Die “ Heilige Familie “ hat sehr wohl eine Verantwortung, und den Präfekten Pater B. zu bestrafen, der sich nach der Verjährungsfrist geoutet hat, reicht einfach nicht… was ist mit uns, die ihn haben ertragen müssen ??? Ich hätte mir mein Leben als 11 bis 14 – jähriger auch glücklicher vorstellen können als in Lebenhan ständig Prügel zu beziehen oder zu irgendwas gezwungen zu werden, etwas, was einem niemand glaubt, wenn man es Erwachsenen in einem katholischen Milieu erzählt. Das glaubt einem niemand…und wenn es jemand glaubt, hat es denn jemand zur Anzeige gebracht, damals…? Oder auch heute…Ich finde den Schritt, den sexuellen Mißbrauch in Lebenhan zur Anzeige zu bringen genau richtig… ich muss mich auch jeden Tag Verantwortungen stellen… ich bin es einfach Leid als Opfer links liegen gelassen zu werden…