Zum Umgang mit Gewalt –

Lösungswege durch gesamtgesellschaftliche Verantwortung Rehabilitation, Integration, Prävention

Laut offiziellen Angaben von WHO, EU und deutschen Statistiken wird ein Anstieg der Gewalt verzeichnet.[1] Um die gesamtgesellschaftliche Verantwortung zum Umgang mit Gewalt wahrzunehmen, muss das bisherige System von Aufdeckung und Strafverfolgung dem Bedürfnis nach Schutz aller vor Gewalt angepasst werden. Die derzeit üblichen Strafvollzugsmaßnahmen
in Deutschland sind nicht geeignet, Gewalt zu verhindern bzw. auch nur einzudämmen.

In der Urteilsfindung in Deutschland wird derzeit vielfach noch nicht ausreichend berücksichtigt, warum jemand zur Täterschaft kommt. Verurteilung und Bestrafung von Täter_innen führen kostenintensiv zu Traumatisierungen und zum Teil zu weiterer Kriminalisierung durch andere Inhaftierte, nicht jedoch zur Verhinderung weiterer Gewalttaten.[2] Die Kosten des derzeit bestehenden Systems von Gerichtsbarkeit, Bewährungshilfe und Rehabilitation der Täter_innen übersteigen den Nutzen. [3]

Für erlittene seelische und körperliche Gewalt gibt es keine angemessene Wiedergutmachung. Die Verhinderung von Gewalt ist die Lösung. Wenn Menschen jedoch zu Täter_innen geworden sind, ist es erforderlich, dass sie geeignete Unterstützung bekommen, die sie zu Einsichtsfähigkeit und Reue, Verantwortung und echter Wiedergutmachung an Opfern ihrer Taten und der Gesellschaft als Ganzem befähigen. Dies setzt voraus, das bisherige System von Anklage, Verurteilung und Bestrafung vom Grunde her zu verändern.

Es ist notwendig, gemeinsame Wege für ein sicheres Zusammenleben zu finden.
Um dieser gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nachkommen zu können,
braucht es das regionale und überregionale Zusammenwirken von Menschen verschiedenster Berufe, Organisationen, Behörden und Institutionen in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Wir fordern die Einsetzung von unabhängigen Kommissionen auf Bundes-, Länder- und Kreisebene mit unabhängigen Expert_innen. Ihre Aufgabe ist es:

  1. Eine genaue Bestandsaufnahme des Justizvollzugssystems vorzunehmen
    (Anzahl der Inhaftierten, Rückfallquote, Anzahl des Personals, Kosten).
  2. Kosten, Wirksamkeit und den offenen Bedarf bestehender Rehabilitationsmaßnahmen
    zu erfassen.
  3. Integrationsangebote und deren offenen Bedarf zu ermitteln.
  4. Derzeit vorhandene Präventionsangebote zu analysieren und Verbesserungsmöglichkeiten
    zu empfehlen.
  5. Ein System zu entwickeln, in dem der Schwerpunkt auf Rehabilitation, Integration und Prävention liegt und Haft nur vorübergehend zum Schutz vor Gewalt oder Zerstörung eingesetzt wird.

Es braucht alle Menschen, damit jeder Mensch, die Natur und die Gemeinschaft verlässlich vor
Gewalt und Zerstörung geschützt sind.

[1] Hier: Gewalt gegen Kinder, Europarat: 32facher Anstieg – Quelle angeben

[2] Die Rückfallquote liegt zwischen 20 und 50 %, im Durchschnitt bei 36 %; es gibt Unterschiede bei den Straftaten. Die Anzahl der Straftäter, die mit Raub rückfällig werden, ist höher als die Gesamtrückfallquote. Siehe Statistisches Bundesamt, Mai 2021

[3] Es existieren keine amtlichen Bundesstatistiken, die Kosten im Strafvollzug vollständig und separat erfassen. In Baden-Württemberg z.B. fielen Nettokosten für einen Gefangenen in Höhe von 130,38 €, in Berlin 179 € an, siehe www.finanzen.net; Kosten für Strafvollzug; Dezember 2021

 

Der Text hier als PDF: NBP_22092022_Zum_Umgang_mit_Gewalt

Vielen Dank allen Beteiligten für eine intensive und spannende Diskussion!