taz.de 7.07.2011
Kann die Aussage mutmaßlicher Opfer durch ältere Videoaufnahmen ersetzt werden? Die Regierung ist dafür – Strafverteidigerin Anke Müller-Jacobsen protestiert.
taz.de 7.07.2011
Kann die Aussage mutmaßlicher Opfer durch ältere Videoaufnahmen ersetzt werden? Die Regierung ist dafür – Strafverteidigerin Anke Müller-Jacobsen protestiert.
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Man sieht hieran, wenn die Bundesregierung einen Schritt will, dass sofort Kritik da ist.
Dass Traumatisierte bzw. psychisch Krankgemachte durch sexuelle Gewalt, häufig bei mehreren Zeugenaussagen zum Teil zeitweise Gedächtnislücken haben, will man anscheinend nicht wahrhaben.
Mann braucht nur oft genug ein Opfer zu einer Aussage „zwingen“ und schon ist die Glaubwürdigkeit hin !
Wenn dann ein mutmaßlicher Beschuldigter freigesprochen wird und dann wieder eine Tat macht, werden Juristen nicht zur Rechenschaft gezogen.
Viele Sexualtäter sind mehrfache Täter und nicht therapierbar.
Im Ermittlungsverfahren gegen meinen Doktorvater war ich in einer Videovernehmung bei der Polizei. Obwohl ich sehr oft über die Vorteile dieser Art der Vernehmung lese, fand ich es ganz schlimm. Das schriftliche Protokoll der Videoaufnahme enthielt zahlreiche Fehler und Stellen, die als „unverständlich“ markiert wurden. Deswegen gehe ich davon aus, dass der Ton nicht so richtig zu verstehen ist. Würde es etwas bringen, in einer Gerichtsverhandlung eine solche Aufnahme zu zeigen? Das Verfahren wurde eingestellt, aber wenn es zur Anklage gekommen wäre, hätte ich lieber persönlich wieder ausgesagt – obwohl es so belastend ist –, um alle Punkte zu erklären, als meine Aussage durch diese Videoaufnahme ersetzen zu lassen.
Schlimmer finde ich einerseits die persönliche Konfrontation mit dem Täter in einem Gerichtssaal, weil dies das Opfer einschüchtern kann und andererseits die respektlose und subjektive Weise in der eine Person vernommen wird, wo man oft unterbrochen wird, wo die vernehmende Person davon ausgeht, dass man lügt, bevor man ein Wort gesagt hat und die Schwierigkeiten des Opfers über diese traumatischen Erfahrungen zu sprechen nicht beachtet werden.
Vielleicht sollten die Opfer die Wahl haben, ob sie wieder durch eine Vernehmung gehen oder eine frühere Videoaufnahme benutzen lassen wollen. Die Beschuldigten haben doch die Wahl, ob sie aussagen wollen oder nicht.
Hallo Lucrezia,
vielleicht wollte jemand den Täter „Doktorvater“ schützen und hat deshalb ein verdrehtes u. zweideutiges Vernehmungsprotokoll geschrieben. Es wurde das Verfahren wohl auch aus diesem Grund eingestellt.Soetwas kenne ich aus eigener Erfahrung. Mein Sohn hat bei der polizeilichen Vernehmung Aussagen gemacht, die im Protokoll nicht aufgeführt wurden bzw. falsch wiedergegeben. Auch unterstellte der zuständige Polizist meinem Sohn, er würde lügen oder „die Sachverhalte waren vorgegeben“. In unserem Fall wollte die zuständige Staatsanwältin dennoch Anklage erheben, wurde dann aber „ganz plötzlich“ innerhalb einer Woche zum Oberlandesgericht nach Zweibrücken versetzt u. sagte mir, sie könne nichts mehr in unserem Fall tun. Die folgende Staatsanwältin, die unseren „Fall“ übernahm, stellte das Verfahren ganz schnell ein. In unserer Kleinstadt L. in der Südpfalz kommt es schon seit mehreren Jahren zu keiner Verurteilung von Sexualstraftätern. dDie Täter werden freigesprochen oder die Verfahren werden eingestellt, erst recht wenn der Täter ein Akademiker ist. Konntet ihr keine Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens einlegen?
Hallo Simone,
bei diesen Strafverfahren gibt es so viele komische Sachen, dass man nicht sicher ist, ob es um Täterschutz, Vorurteile oder „nur“ Inkompetenz seitens der Strafverfolgungsbehörden geht. Ich habe Beschwerde gegen die Einstellung einlegt und da habe ich unter anderen Aspekten Bezug auf die Fehler des Vernehmungsprotokolls genommen. Der Generalstaatsanwalt hat jedoch nur nach seiner Sicht „entlastende“ Indizien betrachtet. Ich habe auch gehört, dass Hamburg für milde Urteile oder Verfahrenseinstellungen bekannt ist.
Ich glaube, das Problem liegt nicht darin, ob die Möglichkeit der Videoaufnahme besteht oder nicht, sondern bei der Art der Vernehmung, die keinesfalls objektiv ist.