Deutsche Kinderhilfe 6.04.2011

Die Ankündigung der Regierung, das bereits vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zum Sperren sog. „kinderpornographischer“ Seiten im Internet zurückzunehmen, zeigt aus Sicht der Deutschen Kinderhilfe, wie hilf- und offenkundig willenlos die Bundesregierung im Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern ist. Nicht nur, dass sich Deutschland damit in Europa weiter isoliert, denn jüngst haben sich die EU-Mitglieder darauf verständigt, das Accessblocking europaweit einzuführen, mit der Rücknahme wird ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Krake der Pädokriminalität im Internet aufgegeben. Es geht nicht um die vereinfachte Formel „Löschen oder Sperren“, es geht um den Vorrang des Löschens bei gleichzeitiger Nutzung des Sperrens bis zur Löschung und dort, wo Löschen nicht möglich ist. Das Sperren ist nicht das alleinige Mittel, aber es ist ein wichtiges Mittel, die Würde der Opfer zu wahren und denjenigen, die im Netz auf solche Seiten stoßen, unmissverständlich klar zu machen, dass es hier um eine Straftat geht.  Derjenige, der die Sperren umgeht, was technisch machbar ist, offenbart seine kriminelle Energie und kann dann auch konsequent verfolgt werden.

„Der Hinweis der Justizministerin auf Löschungserfolge nach zwei bis vier Wochen ist ein Argument für das Beibehalten der Sperren und verhöhnt die Opfer. Experten sagen, dass gerade Pädokriminelle im schnelllebigen Internet die Adressen einfach wechseln und aus Verfolgungsdruck die Seiten in den ersten drei bis fünf Tagen abrufen“, so Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe heute in Berlin. „Einen echten Erfolg des Löschens kann man nur erkennen, wenn es gelingt, alle gemeldeten und festgestellten Seiten innerhalb von längstens zwei Tagen vom Netz zu bekommen. Das gelingt aber kaum und deshalb müssen Anbieter, die „kinderpornographische“ Inhalte über ihre Server zulassen, gesperrt werden!“

Das nun gekippte Zugangserschwerungsgesetz war der erste Schritt der Politik, etwas auf diesem Gebiet zu tun. Die Deutsche Kinderhilfe fordert seit zwei Jahren die Einrichtung eines Runden Tisches mit Vertretern der Internetindustrie, Experten, Internetbeschwerdestellen, Opferschutzverbänden, Polizeibehörden und den Gegnern dieses Gesetzes, um die besten, effektivsten und aktuellsten technischen Sperr- und Löschmöglichkeiten zu erarbeiten. Die Politik hat hier den Interessen der Internetindustrielobby nachgegeben, die die in der Tat erheblichen Kosten, die für das Accesblocking anfallen werden, aus Profitinteresse nicht aufwenden will.

Die Rücknahme des Gesetzes verdeutlicht, dass die als euphemistisch verharmloste sog. „Kinderpornographie“, die den realen Missbrauch, das Quälen bis hin zum Töten von Kleinkindern und Säuglingen zeigt, für die Regierung weiterhin nur ein Kavaliersdelikt ist. Immer noch ist das Herunterladen von Hollywoodfilmen mit drei Jahren Haft belegt, während derjenige, der durch das Bezahlen und Tauschen der Seiten den realen Missbrauch ermöglicht, als Täter hinter den Tätern nur bis zu zwei Jahre Haft erhält. Immer noch ist der sexuelle Missbrauch von Kindern nur ein Vergehen, die sexuelle Nötigung Erwachsener, Raub und Drogenhandel aber ein Verbrechen.

Es fehlt insgesamt ein Konzept der Regierung, wie mit dem Thema sexuelle Gewalt im Internet umgegangen wird, auch der Runde Tisch hat dieses Thema ausgeklammert.

„Ohne Sperren der Angebote, ohne konsequentes Löschen, ohne mehr Schwerpunktabteilungen, ohne bessere internationale Zusammenarbeit, ohne eine Verschärfung des Strafgesetzbuches und ein ganzheitliches Konzept der Regierung wird es keine nennenswerten Veränderungen geben,“ kritisiert Georg Ehrmann. „Es ist offensichtlich, dass hier auf dem Rücken der Opfer sexualisierter Gewalt und unter dem Mantel eines in diesem Zusammenhang fragwürdigen Freiheitsbegriffs reine Partei- und Klientelpolitik betrieben wird. Hier von einem Sieg zu sprechen, zeigt das ganze Ausmaß politischer Ignoranz den Opfern gegenüber.“

Für Rückfragen und Informationen steht ihnen der Vorstandsvorsitzende, Georg Ehrmann, unter 0160 3645685 und der Vorstandsprecher, Rolf Stöckel, unter 0173 2993729 zur Verfügung.

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Quelle: www.kinderhilfe.de