Zur Bundestagswahl 2021 fragte das Netzwerk Abolutionismus zum Strafrecht

Siehe hier: https://strafvollzugsarchiv.de/wahlpruefsteine-antworten-der-parteien-auf-fragen-des-netzwerks-abolitionismus

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von strafvollzugsarchiv.de zu laden.

Inhalt laden


Die Antworten reichen uns nicht.
Wir stellen das System der Strafen generell in Frage und wünschen uns Verbündete bei der Suche nach Alternativen.


Antwort FDP:

Ihre Fragen beantworten wir gerne im Zusammenhang wie folgt:

Wir Freie Demokraten stehen zu unserem Rechtsstaat. Für uns sind die Bürgerrechte nicht verhandelbar. Um Freiheit zu wahren, muss der Staat aber auch das Recht konsequent durchsetzen. Wir wollen eine Expertinnen- und Expertenkommission einsetzen, die die Straftatbestände auf Praktikabilität, Bedeutung und auch auf Wertungswidersprüche prüft.

Abgeschafft werden sollten Delikte, welche die Behörden aufgrund ihrer großen Zahl besonders belasten, aber einen geringen Schaden verursachen und eher zivilrechtlicher Natur sind, aber auch opferlose Straftatbestände (wie zum Beispiel der Besitz geringer Mengen weitverbreiteter weicher Drogen zum Eigenkonsum). Ebenso Delikte, die manchmal nur moralischen Unwert bestrafen. Denn das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Rechtsstaates und darf nur als Ultima Ratio eingesetzt werden.

Darüber hinaus fordern wir einen moderneren Ansatz bei der Aufgabenbewältigung der Resozialisierung von Strafgefangenen. Grundsätzlich setzten wir aber auf Prävention. Bessere Bildungsangebote können dafür sorgen, dass Menschen nicht kriminell werden. Wir wollen mehr Geld in Bildung investieren. Wir Freie Demokraten wollen in ganz Deutschland Talentschulen mit modernster Pädagogik und bester Ausstattung aufbauen – insbesondere in kinderreichen Stadtteilen und in Regionen mit großen sozialen Herausforderungen.

 


 

Antworten der Partei Die Grünen

Entkriminalisierung

1) Wie steht Ihre Partei zur Entrümpelung des Strafrechts im Allgemeinen sowie zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens und des Umgangs mit Drogen im Besonderen?

Wir wollen das Sanktionensystem reformieren mit dem Ziel von Prävention und Resozialisierung, Verzicht auf nutzlose Ersatzfreiheitsstrafen, größerer Wirksamkeit von Bewährungsauflagen, Stärkung ambulanter Sanktionsmöglichkeiten, Entkriminalisieren von Bagatelldelikten wie Schwarzfahren, Containern, Cannabiskonsum (regulierter Zugang).

 

Alternativen zur Strafjustiz

2) Wie steht Ihre Partei zur Förderung von Alternativen zur Strafjustiz unter besonderer Berücksichtigung von Restorative und Transformative Justice?

Wir wollen die Wirkungen der Straf- und Strafverfahrensrechtsänderungen der letzten Jahre anhand des Maßstabs rationaler, faktenbasierter Kriminalpolitik überprüfen.

Abbau von Massenvollzug in festungsartigen Anstalten

 

3) Wie steht Ihre Partei zur Ersetzung großer Strafanstalten durch kleine Hafthäuser mit Zimmern statt Zellen und Integration dieser Häuser in normale Wohnviertel?

Wir unterstützen, was Resozialisierung fördern kann, ohne den nötigen Schutz der Gesellschaft zu beeinträchtigen.

Sofortige Abschaffung obsoleter Formen des Freiheitsentzuges

 

4) Wie steht Ihre Partei zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe,  der Jugendstrafe bei Minderjährigen und des Jugendarrests?

Nutzlose Ersatzfreiheitsstrafen wollen wir abschaffen. Bei der Jugendstrafe kommt es auf Differenzierung an, auf Tat und Täter*innen, auf am Erziehungsgedanken ausgerichtete Instrumente wie der Diversion, um Verfahren möglichst durch spezialpräventive Maßnahmen im Vorfeld zu erledigen.

 

Angleichung der Gefangenenarbeit an normale Arbeitsverhältnisse

5) Wie steht Ihre Partei zur Einbeziehung von inhaftierten Menschen in die Geltung von Mindestlohn, Sozialversicherung und Krankenversicherung?

Wir sind grundsätzlich für die Einbeziehung Strafgefangener in Mindestlohn, Sozial- und Krankenversicherung (letzteres aber abhängig von der Heilfürsorge).

 


 

Antworten der Partei Die Linke:

Wie steht Ihre Partei zur Entrümpelung des Strafrechts im Allgemeinen sowie im Besonderen zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens und zum Umgang mit Drogen?

DIE LINKE fordert seit Jahren eine Evaluation der bisherigen Strafrechtsverschärfungen, einer Verschlankung des Strafrechts auf wesentliche Delikte. Unsere Bundestagsfraktion hat in der aktuellen Wahlperiode im Speziellen die Entkriminalisierung von Cannabis,

der Praxis des Containerns, des sog. „Schwarzfahrens“ und die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe beantragt.

 

Wie steht Ihre Partei zur Förderung von Alternativen zur Strafjustiz unter besonderer Berücksichtigung von Restorative und Transformative Justice?

Im Rahmen einer Verschlankung des Strafrechts, sind aus unserer Sicht solche Alternativen zu entwickeln.

 

Wie steht Ihre Partei Ersetzung großer Strafanstalten durch kleine Hafthäuser mit Zimmern statt Zellen und Integration in normale Wohnviertel?

Wir wollen den offenen Vollzug ausbauen, hierfür ist auch eine Umgestaltung der Vollzugsanstalten erforderlich.

 

Wie steht Ihre Partei zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe, der Jugendstrafe bei Minderjährigen und des Jugendarrest?

DIE LINKE will die Ersatzfreiheitsstrafe abschaffen und hat dazu auch einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht (Dr. 19/1689). Ersatzfreiheitsstrafe im deutschen Strafrecht (§ 43 des Strafgesetzbuchs) ist in ihrer aktuellen Konzeption und ihrer praktischen Anwendung ein Instrument der Diskriminierung von einkommens- und vermögenschwachen Menschen, die häufig am Existenzminimum leben.

Der Jugendstrafe stehe wir generell kritisch gegenüber und wollen sie einschränken, den Jugendarrest lehnen wir ab.

 

Wie steht Ihre Partei zur Einbeziehung von inhaftierten Menschen in die Geltung von Mindestlohn, Sozialversicherung und Krankenversicherung?

Die Arbeit von Häflingen muss aus unserer Sicht nach Mindestlohn vergütet werden und in die Versicherungen mit einbezogen werden.

 


SPD

Ihre Frage / Unsere Antwort (en)

Entkriminalisierung

Wie steht Ihre Partei zur Entrümpelung des Strafrechts im Allgemeinen sowie im Besonderen zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens und zum Umgang mit Drogen?

Die SPD tritt bei der Frage Cannabis als Genussmittel für eine konsequente Entkriminalisierung der Endkonsument*innen ein und will den Besitz von Cannabis als Genussmittel in Zukunft nur als Ordnungswidrigkeit behandeln. Deshalb wollen wir auch Modellprojekte zur Abgabe von Cannabis als Genussmittel an Erwachsene in Modellen erproben, um im Nachgang die Frage eines langfristigen Umgangs bzw. einer generellen Legalisierung zu entscheiden. Die Frage der Auswirkungen von Modellen auf Cannabispatient*innen gehört dabei zwingend in ein Modelldesign.

Zum Thema „Entkriminalisierung des Schwarzfahrens“: Wir wissen um die Diskussion über die „Herabstufung“ der hier sanktionierten Handlung. Ein abschließendes Meinungsbild hierzu liegt allerdings noch nicht vor. In unserem Zukunftsprogramm setzen wir vielmehr darauf, den ÖPNV günstiger zu machen, z.B. durch die Einführung von 365-Euro-Tickets.

Realitätsferne der Strafjustiz

Wie steht Ihre Partei zur Förderung von Alternativen zur Srtrafjustiz unter Besonderer Berücksichtigung von Restorative und Transformative Justice?

Von jeher betont die SPD, dass der Strafvollzug immer auch die Resozialisierung der Straffälliggewordenen zum Ziel haben muss. Dabei ist klar, dass die Zuständigkeit hierfür nicht beim Bund liegt, sondern bei den Ländern. Wir wollen aber, dass der Bund seinen Beitrag für eine gut funktionierende Justiz leisten soll. Deshalb werden wir den in der 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags geschlossenen „Pakt für den Rechtsstaat“ fortsetzen.

Massenunterbringung in festungsartigen Strafanstalten

Wie steht Ihre Partei Ersetzung großer Strafanstalten durch kleine Hafthäuser mit Zimmern statt Zellen und Integration in normale Wohnviertel?

Wir begrüßen moderne, nachhaltige innovative Justizvollzugskonzepte. Grundsätzlich sei aber hier auf die Ausführungen oben verwiesen.

Sofortige Abschaffung überholter Formen des Freiheitsentzuges

Wie steht Ihre Partei zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe, der Jugendstrafe bei Mindesjährigen und des Jugenarrest?

siehe oben

Angleichung der Gefangenenarbeit an normale Arbeitsverhältnisse

Wie steht Ihre Partei zur Einbeziehung von inhaftierten Menschen in die Geltung von Mindestlohn, Sozialversicherung und Krankenversicherung?

Aufgrund der Zuständigkeit müssten die Bundesländer die hier in Frage gestellten Beiträge für die einer Tätigkeit nachgehenden Inhaftierten abführen. Ob dies geschehen soll, darüber gab es in der Vergangenheit bereits Diskussionen innerhalb der Justiz-, Sozial- und Finanzministerkonferenzen. Auch in der SPD wurde diese Änderungen diskutiert. Allerdings haben wir noch kein abgeschlossenes Meinungsbild hierzu.

 


CDU / CSU

  1. Entkriminalisierung

Wie stehen Ihre Parteien zur Entrümpelung des Strafrechts im Allgemeinen sowie zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens und des Umgangs mit Drogen im Besonderen?

Antwort:

CDU und CSU stehen für einen starken Rechtsstaat. Wir wollen gut ausgestattete, unabhängige Gerichte und leistungsfähige Staatsanwaltschaften und damit vor allem schnellere Verfahren. Wir treten für eine konsequente Verfolgung des Handels mit illegalen Betäubungsmitteln ein, von den internationalen Handelswegen über die Vermarktung im Clear- und Darknet bis zum Straßenhandel. Eine Legalisierung illegaler Drogen, auch von Cannabis, lehnen wir ab. Zu groß sind die gesundheitlichen Folgen für den Einzelnen und der Auswirkungen auf Familie und Umfeld. Auch die in vielen Ländern verbreitete Praxis der „de facto-Legalisierung“ von Cannabis-Eigenbedarfsdelikten durch eine regelhafte Einstellung von Ermittlungsverfahren lehnen wir entschieden ab. Was wir aber brauchen sind massentauglichere Sanktionen, die der Tat auf dem Fuße folgen und unmittelbar zur Wahrnehmung von Beratungs- und Therapieangeboten veranlassen, sowie eine flächendeckende Suchtprävention.

  1. Alternativen zur Strafjustiz

Wie stehen Ihre Parteien zur Förderung von Alternativen zur Strafjustiz unter besonderer Berücksichtigung von Restorative und Transformative Justice?

Antwort:

CDU und CSU stehen für eine bürgernahe und effiziente Justiz, die schnell und effektiv Recht spricht. Auch wenn wir außergerichtliche alternative Konfliktlösungsmöglichkeiten bei privaten Rechtsstreitigkeiten, wie Mediation und Schiedsverfahren, fördern wollen, so halten wir an unserem bewährten Modell der Strafjustiz fest.

  1. Alternativen zum Massenvollzug in festungsartigen Strafanstalten

Wie stehen Ihre Parteien zur Ersetzung großer Strafanstalten durch kleine Hafthäuser mit Zimmern statt Zellen und Integration in normale Wohnviertel?

3. Antwort:

Zu einer funktionierenden Justiz gehört ein funktionierender Strafvollzug. Dieser ist auch ein Garant für die Innere Sicherheit. CDU und CSU setzen sich weiterhin für einen flächendeckenden und modernen Strafvollzug ein. Moderner Strafvollzug bedeutet für uns: Hohes Sicherheitsniveau, gute Arbeitsbedingungen für die Justizvollzugsbediensteten sowie Haftplätze, die sich an den Bedürfnissen und Maßgaben des Strafvollzuges orientierten.

  1. Sofortige Abschaffung einzelner Formen des Freiheitsentzuges

Wie stehen Ihre Parteien zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe, der Jugendstrafe bei Minderjährigen und des Jugendarrests?

Antwort:

CDU und CSU wollen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe, die Jugendstrafe bei Minderjährigen und der Jugendarrest als letzte Maßnahme auch weiterhin möglich ist. Im Vordergrund des Jugendstrafrechts steht der Gedanke, Jugendliche und Heranwachsende mit geeigneten Maßnahmen zu erziehen und damit zu verhindern, dass sie weitere Straftaten begehen. Allerdings muss bei schweren oder wiederholten Straftaten die Schwere der Schuld auch in der Sanktion widerspiegeln.

  1. Angleichung der Gefangenenarbeit an normale Arbeitsverhältnisse

Wie stehen Ihre Parteien zur Einbeziehung von inhaftierten Menschen in die Geltung von Mindestlohn, Sozialversicherung und Krankenversicherung?

Antwort:

Zwischen inhaftierten Menschen und der Haftanstalt wird kein Arbeitsvertrag geschlossen, damit gelten sie nicht als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer im eigentlichen Sinne, sondern es gilt ein Sonderrechtsverhältnis. CDU und CSU halten an dieser Einordnung fest. Die Arbeit im Vollzug dient der Struktur und der Resozialisierung der Inhaftierten.