Offene Fragen

Seit Anfang 2022 beschäftigen wir uns mit Fragestellungen nach dem Erscheinen des im nächsten Absatz benannten Studienberichtes und einiger Artikel zum Thema. Wir wendeten uns an Abgeordnete der FDP im Landtag Baden Württemberg, die sich ihrerseits an den Minister Lucha wandten.  Der Fragen, sind auch nach der Antwort des Ministers offen.

Mit  „Irgendwann muss doch mal Ruhe sein!“ ist der Bericht wegen „Institutionelles Ringen um Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch an einem Institut für analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“ des IPP München Mittwoch, 26. Januar, der Öffentlichkeit vorgestellt worden. vgl. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-35513-5 und https://akjp-hd.de/pressegespraech-zur-aufklaerung-sexualisierter-gewalt/

Der Bericht beschränkt sich auf das „Wirken“ des ärztlichen Therapeuten Dr. H. M. am AKJP von 1975 – 1993, bei dem zahlreiche Mißbrauchsfälle, Grenzverletzungen u. a. Gewaltformen gegenüber Patient*innen und Lehranalysand*innen stattfanden — nun zusammenfassend dargestellt und analysiert. Infolge dieses Ausnutzens von Abhängigkeitsbeziehungen ergaben sich z. T. wiederholte Schwangerschaften, seit 1980 hatte er mit einer Patientin ein Kind, zu Lehranalysandinnen und Ausbildungskandidatinnen wurden sexuelle Beziehungen gepflegt, u. v. m.

Grundsätzliche Fragen sowohl von Patientensicherheit, Patientenschutz und fachinterne Formen der Qualitätssicherung, sowie die von Fach- und Rechtsaufsicht stellen sich/wir uns.

(a) Sind der Landesregierung für den Zeitpunkt an dem der Bericht des IPP-München endet, nach 1993, Beschwerden o. a. von Patient*innen und auszubildenden Therapeut*innen zum ärztlichen Therapeuten H. M. bekannt? Dies gilt insbesondere für die danach folgenden zwanzig Jahre und seine umfassende Tätigkeit als ambulanter Therapeut, Gutachter u. a. in seiner Praxis in „An der Steige 1, 74743 Seckach / Neckar-Odenwald-Kreis“ bis ihm seine Approbation 2013 entzogen wurde – aufgrund der Initiative seiner geschiedenen Ehefrau! Wie erklärt die Landesregierung, daß nach intern bekannten, auch mit „pädokriminell“ zu bezeichnenden Mißbrauchsvorkommnissen jener Arzt 20 Jahre weiterarbeiten konnte?

 

(b) Infolge der Übergriffe in seiner eigenen Familie im Mai/Juni 2016 wurde Dr. H. M. zum Mißbrauch eines Kindes in elf Fällen angeklagt. Zu 18 Monaten Bewährung wurde er Ende März 2017 vom Landgericht Heidelberg  verurteilt.  Am 16. August 2018 schrieb „DIE ZEIT“: „Missbrauch in der Psychotherapie. Das kranke System des Doktor F. Wie ein renommierter Heidelberger Therapeut seine Patientinnen missbrauchte und jahrzehntelang von Kollegen gedeckt wurde. Von Moritz Aisslinger und Stephan Lebertein“.

Wurde die Landesregierung / welche Ministerien der LG wurden als Rechts- und Fachaufsicht aufgrund der in der Presse umfangreich dokumentierten Vorkommnisse und Vorwürfe wie tätig?

 

(c) Sind der Landesregierung ggf. über die Anhörungsbeauftragten der UBSKM für BaWü — Frau Hooper-Wittenbrink, Brigitte / Stuttgart und Frau RAin Willger Claudia / Saarbrücken — „Fälle“ zum Täter H. M. und Tatort AKJP sowie IPP HD-Mannheim oder seiner ambulante Praxis der LG bekannt geworden? Wann? Welchem Ministerium? Was waren Reaktionen?

(d) Als 1. Vorsitzende im Vereinsvorstand AKJP Heidelberg stellt Frau Ondracek, Isabell bei der Pressekonferenz, 26. Januar, fest: „Uns am Institut ist nur eine Betroffene persönlich bekannt. Nach wie vor gibt es jedoch viele, die sich (auch nach dem öffentlichen Aufruf für die Forschungsinterviews) nicht gemeldet haben und von deren Leid wir nichts wissen – wir nur erahnen können.“ Zugleich fordert sie am 26. Januar bisher nicht bekannte Betroffene auf, sich bei den Ethikbeauftragten des AKJP oder beim Institut selbst, zu melden:

Wie gedenkt die Landesregierung betroffene Personen / Opfer und Angehörige, die sich nun melden werden / könnten, durch unabhängige Beratung zu unterstützen und geschützt zu begleiten? Auf welche Beratungsstellen würde die Landesregierung verweisen? vgl. „Es war bis zu den Aufrufen im Rahmen der Studie [Juni 2020] aber auch nicht aktiv und systematisch nach Betroffenen gesucht worden.“ [sic!] S. 11, Anm. 1 im IPP-Bericht. Die Tatsache, daß für den Berichtszeitraum zwei Eltern Strafanzeige wegen sexuellen Mißbrauchs an ihren Kindern erstattet haben, betonen wir jetzt, da eine solide persönliche Begleitung von Betroffenen und Angehörigen uns nötig scheint, angesichts des für Ermittlungsbehörde und Justiz auch heute weiterhin vermeintlich schwer zugänglichen Themas.

 

(e) Mit welchen Verter*innen seitens der Landesregierungen fanden in den letzten 30 Jahren themenspezifische Fachgespräche mit Kammervertreter*innen von Psychotherapie &  und Ärzt*innen statt? Welche Ministerien – Justiz, Gesundheit, Verbraucherschutz o. a. – sind hierbei beteiligt? Was sind bisherige Ergebnisse & welche präventive Maßnahmen zum Schutz von Patient*innen wurden seitens der Landesregierung thematisiert/angemahnt/gefordert?

 

(f) Welche institutionellen Formen an Selbstreinigung und Selbstverantwortung wird in beiden Kammern seitens der Landesregierung angesprochen und seitens des Fachministeriums in Einbeziehung von Betroffenen und deren Angehörigen, sowie von Zivil- und Strafrechtlern unterstützt?

 

(g) Versteht die Landesregierung jenen März 2019 verstorbenen pädokriminellen Arzt als einen Einzeltäter – oder ist sie, zumal der in Berlin verbrachten Lebenszeit des Arztes in Kenntnis von Netzwerken, Verbindungen o. a., die zur Odenwaldschule oder zu anderen Tatorten in D reicht? An dieser Stelle sei auch verwiesen auf den Anfang der 1980er als Oberarzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universität Heidelberg, tätigen Dr. Aschoff, Wulf  – zuletzt Leiter des Albert-Schweitzer-Therapeutikums »Lustiger Bach«, Holzminden? Wie versteht die Landesregierung die Aussage aus 2019 des Gutachters Fegert, Ulm: „Heute weiß man um das Heidelberger psychotherapeutische Institut, um die Liaison-Versorgung der Odenwaldschule durch die Heidelberger Kinder- und Jugendpsychiatrie und vieles mehr über Mitwisser-Netzwerke mit verzerrter Wahrnehmung und Toleranz für scheinbar geniale Täter, sog. „vorbildliche Therapeuten mit kleinen Mängeln“? vgl. Fegert: Empathie statt Klerikalismus, 2019, S. 191.

 

Dokumentationen:

2022-01-19-RNZ-Frau-Lauer-AKJP+

2021-12-30-Steffi-Ball-MM-gesamt

2018-08-15-Missbrauch in Psychotherapie Das kranke System des Doktor F. _ ZEIT ONLINE

Brief nach unserer Anfrage:

2022-02-11_Brief Lucha_Heidelberger Missbrauchsfälle_final

Hier die ANTWORT (?) des Ministers:

Herr Minister Lucha MdL betr. Missbrauchsfälle am Heidelberger Institut für analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie (AKJP) 2022-01-19-RNZ-Frau-Lauer-AKJP