Religion Aussagen zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche brachten den Wallfahrtsort Maria Vesperbild im Kreis Günzburg bundesweit in die Schlagzeilen. Nun melden sich zwei Opfer zu Wort – und Pfarrer Meir entschuldigt sich 

VON DANIEL WIRSCHING 

Augsburg Es war die blanke Wut, die in Michael Symolka aufstieg – als er las, was Erwin Reichart, Wallfahrtsdirektor von Maria Vesperbild, und Pfarrer Wilhelm Meir kürzlich bei einer Veranstaltung in Maria Vesperbild im Landkreis Günzburg ge- sagt hatten (wir berichteten mehr- fach). Titel der Veranstaltung: „Kann man den Priestern und der Kirche überhaupt noch trauen?“ 

Es ging um den Missbrauchsskandal innerhalb der katholischen Kirche, dessen Dimensionen eine Ende September vorgestellte Studie erstmals zutage gefördert hatte: Mindestens 1670 Geistliche werden beschuldigt, zwischen 1946 und 2014 3677 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht zu haben. Reichart und Meir machten die Liberalisierung von Gesellschaft und Priesterausbildung mitverantwortlich dafür. Reichart sprach zudem von einer Kampagne gegen die Kirche; Meir betonte, einzelne Priester würden sich schwer versündigen. „Doch die Kirche ist heilig und kann sich nicht versündigen.“ 

Michael Symolka, der im Bistum Augsburg wohnt und nach eigenen Angaben Missbrauchsopfer ist, ärgerte sich maßlos über die Aussagen der beiden Kleriker. In den 50ern sei er von zwei Priestern missbraucht worden; sie leben nicht mehr. In den vergangenen Jahren war er wegen schwerer Depressionen in Behandlung, sein Leben sei „beschädigt“. Die Vorfälle von einst kommen immer wieder in ihm hoch, zuletzt nach den Berichten über die Veranstaltung in Maria Vesperbild. „Wie immer schiebt der Klerus die Schuld auf alles“, suche sie aber nicht bei sich, meint er. Dem Klerus insgesamt wirft er „inhumane Machenschaften“ vor sowie eine „amoralische Haltung“. 

Auch ein anderes Missbrauchsopfer, Norbert Denef, zeigte sich entsetzt. Der Vorsitzende von netzwerkB, einer Interessenvertretung von Betroffenen, sagte unserer Redaktion, dass durch Aussagen wie in Maria Vesperbild Opfer entmutigt werden, ihr Schweigen zu brechen. Derartige Aussagen werde es immer geben, solange es in Deutschland Verjährungsfristen für Straftaten bei sexualisierter Gewalt gebe. 

Weiter lesen Quelle: Augsburger Allgemeine 30.10.2018