netzwerkB Pressemitteilung zum 1. April 2018

Will der Papst die Kopfbedeckung der Bischöfe abschaffen?

Eine Weisung aus Rom löst beim aristokratischen Flügel der römischen Kirche Panik aus

Ein Gastbeitrag von Basilius Krumen

Rom, 01.04.2018: Kardinal Patrick O’Malley OFM cap, Franziskaner und Präsident der Kinderschutzkommission des Vatikans, hat mit einer Pressekonferenz gleichermaßen eine Welle der Zustimmung und einen Sturm des Entsetzens in der römisch-katholischen Weltkirche ausgelöst. Der hochrangige Kirchenmann teilte der Öffentlichkeit heute einen außergewöhnlichen Wunsch des Papstes mit. Demnach sollen die Ortsbischöfe, Weihbischöfe und Äbte in allen Bistümern der Welt, in denen Kinder zu Opfern sexueller Gewalt von Klerikern, Ordensleuten oder kirchlichen Angestellten geworden sind, sieben Jahre lang auf das Tragen der bischöflichen Mitra verzichten. Das Ablegen der erhabenen Kopfbedeckung solle die Scham der Kirche zum Ausdruck bringen und zugleich ein sichtbares Zeichen der Ehrerweisung gegenüber den Opfern sein. Franziskus erwarte von allen papsttreuen Bischöfen, dass sie unter der genannten Voraussetzung seinem Wunsch nachkommen.

Während der nächsten sieben Jahre, so teilte Kardinal O’Malley weiterhin mit, sollen Kirchenhistoriker und Liturgiewissenschaftler außerdem die Geschichte der bischöflichen Kopfbedeckung sowie deren symbolischen Gehalt untersuchen. Es müsse geklärt werden, ob die Mitra überhaupt auf einen christlichen Ursprung zurückgeführt werden kann. Bis heute sei es leider nicht gelungen, auch nur einzigen Nachweis dafür zu erbringen, dass dieser Schmuck der Bischöfe zeichenhaft für einen Inhalt der Botschaft Jesu stehe.

Durch diese Ankündigung im letzten Teil der Pressekonferenz wurden Spekulationen genährt, der Papst betreibe insgeheim eine vollständige Abschaffung der bischöflichen Kopfbedeckung.

Positive Reaktionen aus den Laienverbänden

Positiv reagierten in vielen Ländern die Laienvertretungen sowie das internationale Netzwerk der Kirchenreformbewegung. Hierzulande gab Prof. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, zu bedenken, dass bislang vor allem die einfachen Gläubigen im Alltag herausgefordert würden, gegenüber den Menschen die Scham der kirchlichen Gemeinschaft angesichts der Gewaltverbrechen von Amtsträgern zum Ausdruck zu bringen. Die vom Papst gewünschte Zeichenhandlung sei vor allem ein guter Weg, die Opfer sexualisierter Gewalt auch durch einen anhaltenden symbolischen Akt vom tiefen Ernst der kirchlichen Reue und Buße zu überzeugen.

Christian Weisner erklärte in München für das Bundesteam „Wir sind Kirche“, die vom Papst gewünschte Zeichenhandlung signalisiere eine neue Phase der Aufklärung, die ja in vielen Teilen der Weltkirche überhaupt erst noch bevorstehe. Wenn es in einem Bistum während der siebenjährigen Bußzeit zu neuen Gewaltverbrechen gegen Kinder komme, müsse der Verzicht auf die Mitra allerdings auch nach Ablauf von 7 Jahren zwingend beibehalten werden.

Als weltweit erster Amtsträger erklärte Erzbischof Denis James Hart im australischen Bistum Melbourne, er wolle der Weisung des Papstes dankbar folgen. Der Verzicht auf die Mitra sei für ihn ein hilfreiches Erinnerungszeichen und bekräftige den Vorsatz der Kirche des australischen Kontinents, auf den vollständigen Verlust ihres Ansehens http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/der-kindesmissbrauch-in-australien-hatte-system-15342902.html nicht mit Selbstrechtfertigungen zu reagieren.

Katholischer Adel und ihm verbundene Amtsträger reagieren ablehnend

Widerspruch kam erwartungsgemäß vom aristokratischen Flügel der römischen Weltkirche. Im deutschen Sprachraum orientiert sich dieser am ehemaligen Glaubenspräfekten Gerhard Ludwig Müller, der schon 2014 zum Empfang https://www.wochenblatt.de/news-stream/regensburg/artikel/78438/benedikt-gloria-und-tebartz-van-elst-kamen-muellers-kardinalsernennung-gefeiert anlässlich seiner Kardinalsernennung den damals beurlaubten Limburger Fürstbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und die befreundete römisch-katholische Fürstin Gloria von Thurn und Taxis eingeladen hat.

Kardinal Müller soll gegenüber einer französischen Internetredaktion beklagt haben, ein Verzicht auf die Mitra komme einer Angleichung an die Leitungsämter in den „kirchlichen Gemeinschaften der Reformation“ gleich. Es sei jedoch keineswegs empirisch sicher nachgewiesen, dass die statistische Rate der sexuellen Gewaltverbrechen an Kindern im katholischen Klerus signifikant größer ausfalle als etwa bei protestantischen Pfarrern. Im Rahmen eines Generalangriffs, so hatte dieser deutsche Kardinal schon im letzten Jahr erklärt http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/kardinal-mueller-ueber-missbrauch-seine-entlassung-und-papst-franziskus-a-1158621.html , werde die katholische Kirche „offensichtlich härter angegangen“ als andere.

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, bekannt geworden als selbstbewusste Kritikerin von Opferverbänden https://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/gloria-von-thurn-und-taxis-missbrauch-regensburg-domspatzen-100.html , betont in einem Interview, sie lasse sich nicht von den Glaubenswahrheiten abbringen, die sie seit Kindesbeinen aus dem standesgemäßen Katechismus gelernt habe. Die Menschen wollten zu den geweihten Amtsträgern aufschauen wie die Briten zu ihrer Königin, die ihren Thron trotz aller Wirren der Zeit behaupte. Kirchenleiter, die sich ihrer hohen Würde entäußerten und gleichsam wie Sklaven würden an der Seite von gewöhnlichen Menschen auf der Straße, betrieben einen Verrat an den heiligsten Traditionen. Die Kopfbedeckung der Bischöfe müsse einzig und allein beim Niederknien vor dem obersten Gott im Himmel abgenommen werden, jedoch niemals aus Respekt vor einem anderen Menschen.

Der ehemalige Kirchenfürst Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst vertritt ähnliche Positionen. Ihm wird nachgesagt, er habe sich im Kreis von Gleichgesinnten damit gebrüstet, durch seinen feudalistischen Lebensstil in der Limburger Residenz insgesamt mindestens 200.000 Gläubige aus der Kirche getrieben zu haben und zwar durchweg nur solche Kirchenmitglieder, die den rechten Sinn für die hohe Ehre des Bischofsamtes verloren hätten. Die Bemühungen vieler Dorfpfarrer, Laientheologen und Ehrenamtlichen, die Zahl der Getauften ohne Rücksicht auf eine hinreichende Wertschätzung der bischöflichen Würden zu vermehren, zeugten von einer Verweltlichung der Kirche.

Die aktuelle päpstliche Weisung zum Verzicht auf die Mitra hält Tebartz-van Elst für einen schlechten Aprilscherz. Andernfalls sei ja, ein langes Leben von Franziskus vorausgesetzt, zu befürchten, dass die Nachfolger der Apostel am Ende des gegenwärtigen Pontifikates wieder wie galiläische Wanderprediger umherlaufen. Diese Seite der apostolischen Lebensführung komme aus dogmatischer Sicht aber nur den Bettelmönchen zu, was der gegenwärtige Papst mangels theologischer Bildung allerdings nicht einsehen wolle.

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Für Rückfragen:
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