netzwerkB Pressemitteilung vom 10.01.2018

Zur MeToo-Debatte nimmt netzwerkB wie folgt Stellung:

Hashtag #metoo# ist eine Welle, die die sozialen Medien weltweit ergriffen hat. Viele einzelne (meist Frauen, wenige Männer) sprechen öffentlich aus, was sie aus Scham und Angst vor gesellschaftlichen Folgen für lange Zeit nicht auszusprechen wagten.

Für den einzelnen ist es ein mutiger und authentischer Akt sich verlorene Kontrolle durch ein Brechen des Schweigens zurückzuholen – als Ganzes stellt sich die Bewegung eher als ein Akt der Hilflosigkeit dar.

Die Gegenreaktion ist voll im Gange: Betroffene als Gruppe werden gegeneinander ausgespielt, da es solche gäbe, die wirklich etwas erlitten haben, und andere, die sich nicht so anstellen sollen. Das Recht auf aggressives Flirten wird verteidigt und das alte Argument, dass wer so lange geschwiegen habe, es jetzt auch noch weiter tun könne, ist auch wieder zu hören.

Das eigentliche Problem hier ist, dass im Grunde genommen ein rechtsfreier Raum existiert: Verjährungsfristen bei Taten sexualisierter Gewalt können nicht wirklich gegen den Vorwurf verteidigt werden, dass sie aktiver Täterschutz sind. Argumente von einem Rechtsfrieden, der nach gewisser Zeit eingehalten werden solle, können von Opfern beim besten Willen nicht nachvollzogen werden.

Für sie stellt sich deshalb der hoch gepriesene Rechtsstaat als eine Täterjustiz dar, die ihnen die Erfahrung von Gerechtigkeit und Entschädigung verweigert.

#metoo# ist deshalb ein Aufschrei der Massen, der aber in seiner schieren Wut auch dazu führen kann, dass ein weiteres wichtiges Grundprinzip eines demokratischen Rechtsstaates ausgehebelt wird: die Unschuldsvermutung.

Gerade in den sozialen Medien ist es ein Leichtes das Ansehen und möglicherweise die Karriere und bürgerliche Existenz eines Beschuldigten durch die eigentlich mittelalterliche Praxis eines öffentlichen ‚an den Pranger stellen‘ zu gefährden oder gar zu zerstören.

Hier ist der Staat gefragt, eine klare Situation zu schaffen, die Rechtsstaatlichkeit sowohl für Opfer als auch für unter Verdacht stehende Täter wiederherzustellen: Die Verjährungsfristen müssen endlich abgeschafft werden.

netzwerkB hat dieses seit Jahren schon gefordert.

Durch eine Abschaffung der Verjährungsfristen könnten alle Altfälle, für die eine Beweisführung möglich ist aufgearbeitet werden, und es würde ein klares Signal für die Gesellschaft als Ganzes setzen, dass Gewalt nicht als akzeptierbar gesehen wird und Opfer nicht zum Schweigen gezwungen werden.

Der Fokus muss sich zudem weg bewegen von der Bestrafung der Täter, hin zu einer ehrlichen Aufarbeitung des Geschehenen und einer Entschädigung der Opfer, wenn möglich durch den Täter, oder durch die Gemeinschaft als Ganzes.

Weiterführende Information:

Argumente zur Aufhebung der Verjährungsfristen
Gesetzentwurf Verjährungsfristen aufheben
Rückwirkungsverbot
Verjährungsfristen

Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)160 2131313
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