Mehr als 7.000 Heimkinder wurden zwischen 1947 und 1967 von Großbritannien nach Australien gebracht und dort in staatlichen und kirchlichen Heimen schwer misshandelt. Von der Untersuchungskommission, die jetzt eingesetzt wurde, erwarten einige der Überlebenden, dass die Namen der Täter endlich ans Licht kommen.

Packen für eine Reise in die Vergangenheit. In seinem Reihenhaus in Sydney füllt David Hill zwei bauchige Koffer mit Akten voller abgegriffener Dokumente und vergilbter Fotos. „Beweismaterial“, sagt der 70-Jährige. Was Hill in jahrelanger, mühsamer Kleinarbeit zusammengetragen hat, wird er in London einer Untersuchungskommission vorlegen.

Organisiertes Kinder-Verschickungsprogramm

In den Koffern ist die Chronik seiner verlorenen Kindheit und die anderer „vergessener Australier“. David Hill ist eines von zehntausenden Kindern, die vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg von Großbritannien nach Australien gebracht wurden. Hellhäutiger Nachwuchs für die Kolonie am anderen Ende der Welt. Hilflose Opfer eines organisierten Kinder-Verschickungsprogramms des Empires, ihren Familien weggenommen, ihrer Jugend, ihrer Heimat und ihrer Unschuld beraubt.

John Hennessy aus Bristol war vier, als er abgeschoben wurde. Seine Mutter war bettelarm, sie dachte, im Heim hätte er es besser. Doch eines Nachts wurden John und die anderen Kinder zum Hafen und auf ein Schiff gebracht. Nächster Halt: Westaustralien. Seiner Mutter wurde gesagt eine reiche Familie hätte John adoptiert, dem Jungen wurde erzählt, seine Mutter sei tot. John war nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Er und die anderen britischen Kinder, die damals nach Australien gebracht wurden, waren mutterseelenallein.

Statt einer Schulbildung gab es Prügel und Demütigungen

„Ich höre die Schreie der Kinder noch heute. Wir dachten, Australien wäre nur um die Ecke. Wie sollten wir wissen, dass man uns ans andere Ende der Welt schickte?“

Die englischen Kinder wurden in ganz Australien auf staatliche und kirchliche Heime verteilt. Doch statt einer Schulbildung gab es Prügel und Demütigungen. John und die anderen Kinder hatten keine Namen mehr, nur noch Nummern. Schwere, körperliche Arbeit und sexueller Missbrauch waren Alltag. Weiter lesen…