Mit Bezug auf das ZDF-Morgenmagazin vom 13.08.2016, erklärte heute Norbert Denef, Vorsitzender von netzwerkB: „Es ist nicht sinnvoll, Schulen zugleich zu Anlaufstellen für Kinder in Not und zugleich zur Gefahrenstelle zu erklären. Um Kindern auch allgemein helfen zu können, bedarf es mehr Lehrer und Sozialarbeiter. Zugleich bedarf es aber weiteren Konzepten. Wir stehen der Politik und dem Gesetzgeber für eine Diskussion gerne zur Verfügung.“
Im ZDF-Morgenmagazin stellte gestern Johannes-Wilhelm Rörig, ehemals als Richter tätig und seit 2011 der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, seine Aktion gegen sexuelle Gewalt vor. Röhrig verlangte, Schulen sollten sich mit dem Problem des sexuellen Missbrauchs mehr auseinandersetzen. Zugleich forderte er, man solle Schulen „nicht unter Generalverdacht“ stellen, aber auch sie seien „gefährliche Orte“. [http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2834440/Roerig-Aktion-gegen-sexuelle-Gewalt#/beitrag/video/2834440/Roerig-Aktion-gegen-sexuelle-Gewalt]
Herr Andrej Priboschek, ehemaliger Pressesprecher des Schulministeriums von Nordhrein-Westfalen und aktuell Herausgeber des Portals News4teachers.de, schreibt in seinem Beitrag vom 14. September 2016 dazu eine Replik [http://www.news4teachers.de/2016/09/lehrer-als-taeter-der-missbrauchsbeauftragte-des-bundes-missbraucht-die-schulen-fuer-billige-pr/].
Priboschek weist darauf hin, dass unter den Tätern häufiger Männer als Frauen zu finden sind, aber schon heute kaum noch männliches Personal unter den Grundschullehrern zu finden sei. Den Kindern werde an den Grundschulen heute schon ein einseitiges Rollenbild vermittelt.
Wenn Rörig mit dieser Bemerkung männliche Lehrer zu möglichen Gefährdern erklärt, wird der Beruf des Lehrers für Männer problematisch und unattraktiv.
Wenn das Problem sexuellen Missbrauchs in unserer Gesellschaft auch bei den Lehrern in den Grundschulen und weiterführenden Schulen zu suchen sei, so wäre es laut Priboschek auch notwendig, dass von den Lehrern regelmäßig erweiterte Führungszeugnisse vorzulegen wären, in denen auch geringfügigere Strafen etwa wegen der Verbreitung von Kinderpornographie oder Exhibitionismus vermerkt sind. Dies stehe jedoch aus. Wenn das Lehrpersonal jedoch dazu aufgerufen sei, Hinweise auf sexuellen Missbrauch der Schüler wahrzunehmen, so sei laut Priboschek dazu auch eine Aufstockung des Personals von Lehrern und Sozialarbeitern an den deutschen Schulen vorzunehmen. Anders sei es nämlich kaum möglich, dass die Lehrer an unseren Schulen alle möglichen Probleme unserer Gesellschaft lösen könnten.
netzwerkB: „Dieser Meinung von Andrej Priboschek schliessen wir uns, das Netzwerk Betroffener von sexualisiert Gewalt, kurz netzwerkB, als bundesweite Interessenvertretung von Opfern sexueller Gewalt und sonstigen Formen der Gewalt vollumfänglich an. Die Schulen können einen Teil der Lösung tragen, wenn sie personell besser ausgestattet werden anstatt nur mit Klischees versehen zu werden. Im Übrigen ist aber auch unsere gesamte Gesellschaft und der Gesetzgeber gefragt. Dies scheint Johannes-Wilhelm Rörig zu verkennen.“
TP
Foto: Norbert Denef, Vorsitzender von netzwerkB am Berliner Reichstag
Quelle: http://tp-presseagentur.de
Man hat leider keinen Zugriff auf den Link, in der ZDF Mediathek lässt sich der Beitrag ebenfalls nicht mehr öffnen. Er wurde gesendet am 12.9. Also am Montag. Sehr seltsam.
Recht hat Herr Priboschek mit den „Welten zwischen „gut gemeint“ und „gut gemacht““, mit der Betonung auf die „Kernaufgabe“ des Bundesmissbrauchsbeauftragten und unbedingt auch mit seiner Antwort auf einen seiner dortigen Kommentare.
Zitat: „Hier geht es ums Grundsätzliche. Gerade das von Ihnen angeführte Zitat von Herrn Rörig: “Dennoch kann es in Schulen Bedenken geben, sich auf einen solchen – anspruchsvollen und arbeitsintensiven – Prozess einzulassen, denn er kostet Zeit, er kostet Geld und er braucht Fachkompetenz” (versehen mit Ihrem Zusatz “Schulen und Bildung sind Ländersache, der UBSKM ist auf Bundesebene tätig.”) zeigt doch das Problem: Herr Rörig möchte es sich offenbar nicht mit den Verantwortlichen in den Ländern verscherzen, und deshalb verzichtet er auf konkrete Forderungen an deren Adresse. Forderungen richtet er dafür an die Lehrkräfte. Die sind aber zum einen eben nicht verantwortlich für die Ressourcenausstattung der Schulen und zum anderen ohnehin schon überlastet mit Inklusion und Integration, individueller Förderung und nebenbei auch noch ein “bisschen” Unterricht.“ Z-ende.
Herr Rörig kämpft offensichtlich gegen die sprichwörtlichen Windmühlen und delegiert an die KollegInnen im anderen Ressort …
… übrigens ist dies genau die deutliche Sprache, die ich mir auch gegen den tödlichen Täterschutz wünschen würde – wer würde wagen uns zu unterstützen, uns einsame Rufer in der Wüste?