netzwerkB Pressemitteilung vom 27.06.2016

Ein neues Forschungsprojekt der Deutschen Bischofskonferenz mit Prof. Dr. Dieter Dölling vom Kriminologischen Institut der Universität Heidelberg zum sexuellen Missbrauch durch Geistliche soll das aufgekündigte Projekt mit Herrn Pfeiffer ersetzen. Das kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen, geleitet von dem ehemaligen Landesjustizminister Prof. Dr. Christian Pfeiffer, war im Januar 2013 gescheitert. Prof. Pfeiffer warf der römisch-katholischen Kirche in Deutschland danach unter anderem Zensur vor.

Als bundesweite Interessenvertretung nehmen wir dazu wie folgt Stellung:

  • Die Beträge, die in den Fällen der Antragsstellung von der Deutschen Bischofskonferenz an die sich meldenden Betroffenen vermittelt werden, stellen keinen Ausgleich für das erlittene Leid und den erlittenen Schaden dar.
  • Nach unserer Erfahrung melden sich weniger als 1 Prozent der Opfer. Zu den Gründen zählen Scham, Angst, Furcht vor Retraumatisierung und Resignation. Bei 1.700 Antragstellungen müssen wir von mindestens 170.000 Betroffenen ausgehen, die noch leben. Nicht eingeschlossen sind in dieser Zahl diejeningen, die von seelischer und körperlicher Gewalt durch Angehörige der römisch-katholischen Kirche betroffen sind.
  • Die aktuellen Medienberichte weisen darauf hin, dass 18 der 27 Bistümer der römisch-katholischen Kirche in Deutschland auch noch nicht mal an einer wissenschaftlichen Einsichtnahme interessiert sind.
  • Die in der Deutschen Bischofskonferenz vertretenen Bistümer stehlen sich derzeit vollständig aus ihrer Verantwortung.

Als bundesweiter Betroffenerverband verlangen wir von der römisch-katholischen Kirche die Mitwirkung an einer vollständigen Aufklärung und eine wirksame Entschädigung für erlittenes Leid und gesundheitliche Schäden. Die Betroffenen benötigen auch heute noch Anerkennung, Entschädigung und Hilfe.

Eine Volkskirche ist als moralische Instanz sogar doppelt gefragt, sich ihrer Verantwortung für die Taten und das Wegsehen im eigenen Hause und für die Wiederherstellung der Würde der Opfer zu stellen.

Für Rückfragen:

netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)160 2131313
presse [at] netzwerkb.org
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netzwerkB Pressemitteilung vom 08.01.2013:
Kirchliche Aufarbeitung gescheitert