netzwerkB Pressemitteilung vom 26. März 2016

Im Bistum Würzburg erhebt eine heute 44-Jährige Frau nach SPIEGEL-Informationen schwere Vorwürfe gegen einen ehemaligen Missbrauchsbeauftragten des Bistums. Er soll sie 1988 zu sexuellen Handlungen gezwungen haben. Der heutige Missbrauchsbeauftragte des Bistums, der Kriminologe Klaus Laubenthal, hält die Vorwürfe für plausibel. Der Beschuldigte weist den Verdacht zurück.

Kirchengerichte tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und urteilen nach eigenen Normen. Bischof Hofmann stärkt seinem beschuldigten Glaubensbruder den Rücken mit den Worten „Ich vertraue Ihnen voll.“.

Sexualisierte Gewalt ist ein Offizialdelikt. Staatliche Ermittlungsbehörden sind verpflichtet zu ermitteln, um gegebenenfalls Anklage zu erheben. Voraussetzung dafür ist, dass die angebliche Tat nicht verjährt ist. Im vorliegenden Fall ist die Tat verjährt.

Politik verhindert die Aufhebung der Verjährungsfristen. Deshalb müssen staatliche Ermittlungsbehörden untätig bleiben und schweigend zuschauen wie Kirche nach eigenen Regeln ermittelt. Hier liegt der Verdacht nahe, das mutmaßliche Gewaltverbrechen werde vertuscht.

Der Sprecher vom netzwerkB, Norbert Denef, nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Die meisten Verbrechen sexualisierter Gewalt finden bekanntlich in den Familien statt. Wenn wegen der Verjährungsfristen nicht ermitteln werden darf, muss das Opfer für den Rest des Lebens schweigen und muss mit Verleumdungsklagen rechnen wenn es darüber spricht.

Die Katholische Kirche ist’s, die nun wieder einmal von den Medien an den Pranger gestellt wird. Das ist gut so, denn viel zu lange wurde alles verschwiegen, verleugnet und unter den Teppich gekehrt. Doch das alleine bringt uns nicht weiter.

Für die ursächliche Katastrophe, dass Kirche hinter unüberwindlichen Mauern ihre Täter schützen kann, ist Politik verantwortlich.

Solange es in Deutschland bei sexualisierter Gewalt keine Anzeige- und Meldepflicht gibt und mutmaßliche Täter wegen der bestehenden Verjährungsfristen geschützt werden, wird sich an der aktuellen Situation nichts ändern.

Wir bitten die Medien sehr, sich auch dieser ursächlichen Zusammenhänge anzunehmen, damit sich für alle Betroffene etwas ändert.

Mit Wut und Hass kommen wir nicht weiter.

Uns geht es um einen „Akt der Versöhnung“ – hier sind Kirche und Staat aufgefordert ihre Hilflosigkeit zu überwinden.

Mehr dazu unter:
„Feinde sollte man besonders lieben“


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