Der Missbrauchsskandal ist für die katholische Kirche nicht vorbei. Jede Woche gibt es neue Nachrichten zum Thema. Norbert Denef, selbst Missbrauchsopfer und Sprecher der Betroffenen-Organisation netzwerkB, fordert nun: Es muss einen Akt der Versöhnung mit der Kirche geben.
Norbert Denef und Klaus Mertes im Gespräch mit Christiane Florin
Protokoll als PDF herunterladen…
Aber geht das: Versöhnung, wenn vertuscht wird? Wollen die meisten Opfer das überhaupt? Will es die Kirche?
Eine Diskussion zwischen Norbert Denef und dem Jesuitenpater Klaus Mertes, der 2010 die Missbrauchsfälle am Berliner Canisius Kolleg bekannt machte.
Quelle: Deutschlandfunk ‘Tag für Tag‘ 14.03.2016
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Mehr auf netzwerkB:
Versöhnungsakt in St. Blasien
Akt der Versöhnung – N. 555.086
Bravo!
Da geht ja nun wirklich etwas in die richtige Richtung.
Hervorragendes Interview. Dank an alle Beteiligten.
Ich finde es begeisternd, dass netzwerkB – von ‚Opfer‘ Seite aus – versucht neue Wege zu gehen.
Versöhnung, Akt der Versöhnung – nicht zu verwechseln mit Vergebung (was zudem auch immer wieder von Opfern/ Betroffenen eingefordert wird: ‚du musst‘- mit manchmal grossen Schäden).
Es ist wichtig einen neuen Weg zu finden, weg von den Verletzungen, weg von der Wut, Hass, Enttäuschung, Opfermentalität, etc. etc.
Hier geht es darum eine Basis zu schaffen, für die nächsten Generationen, die Kinder von heute und die in der Zukunft.
Eine Stiftung schaffen – in die eben auch Täter-Institutionen einzahlen, die dann daran arbeitet, dass das Schweigen nicht wieder über alles sich ausbreitet, was Täter nur wieder stark machen würde.
So können sich auch Täter-Institutionen so einbringen, dass sie sich als Institution deutlich von den Tätern in ihren Reihen distanzieren. Damit ist ihnen auch gedient. Und sie zeigen dadurch, dass sie aus dem ganzen Drama auch etwas gelernt haben – wirklich gelernt, und verstanden – was tiefer geht, als das, was jede auch noch so geschickte PR Abteilung bewirken kann.
Weiter so – auf diesem neuen Weg. Ich hoffe, dass sich einige, die sie offensichtlich schon kontaktiert haben, auch wirklich einen Ruck geben.
Eine Versöhnung mit dem Täter setzt meines Erachtens Folgendes voraus: 1) Der Täter muss seine Taten umfassend und ohne Beschönigung einräumen und die Verantwortung dafür übernehmen, moralisch, straf- und zivilrechtlich. 2) Er muss die Verletzungen und Nachteile, die er seinen früheren Opfern verursacht hat, in vollem Umfang anerkennen. 3) Er muss sich entschuldigen. 4) Er muss tätige Wiedergutmachung leisten, diese wenigstens anbieten. 5) Und gerade bei einem kirchlichen Täter würde ich sagen: Er muss Reue zeigen. 6) Letztlich liegt es allein beim ehemaligen Opfer, ob es eine Versöhnung akzeptieren kann und will.
Liegen diese Bedingungen vor?
Lieber Thomas Knorra,
ich meine, die Bedingungen, die sie in ihrem Kommentar darlegen passen eher für einen persönlichen Vergebungsprozess.
Hier geht es aber um etwas anderes – einen Akt der Versöhnung – der auch eine Basis für die Zukunft schaffen will.
Vergebung für eine Institution ist ohnehin nicht möglich – die kann man nicht vorschreiben und nicht kollektiv erledigen.
Ein Versöhnungsprozess ist in Deutschland etwas neues. Deswegen ist es wichtig, dass alle Beteiligten offen an diesen Prozess herangehen. Dieser Weg muss erst gefunden und gebaut werden. Ohne Vorbedingungen. Ausser dem Willen sich darauf mit ehrlichem Herzen einzulassen.
Diese „Versühnung“ sollte ebenso für die Evangelische Kirche gelten und andere betroffene/betreffende weltanschauliche Organisationen als Etwas,was über eine Wiedergutmachung im Einzelfall hinausgeht. Nicht nur die „Opfer“ müssen die Untaten in ihr Lebens- und Selbstbild integrieren sondern ebenso die Täter-/-Organisation.Das erst ermöglicht Begegnung auf Augenhöhe.
Ich empfinde es zum Beispiel als wichtig,ehrlich und berührend,daß in nahezu jeder Ausgabe der Vierteljahressschrift „JESUITEN“ der Misstand von „Missbrauch“ in irgendeinem Beitrag thematisiert ist – als einbezogenes Anliegen.Obwohl kein Mitglied,kann ich das als glaubhaft annehmen.
Es kann nicht beim einmaligen Versöhnungsakt bleiben sondern muß ein dauerhafter vorgelebter Prozeß sein.
guter Beitrag und trotz der Live-Schaltung und aller möglichen Aufregung gut verständlich. Ich finde gut, dass dargestellt wird, was Versöhnung sein kann und wie das gehen kann. Das ist auch für mich aufschlussreich.
Auch gute Argumentation, wofür die Stiftung stehen soll.
Von Hrn. Mertens gut beschrieben, dass der Impuls von der Opferseite etwas wertvolles ist und darauf hingewiesen, dass die Kirche in Frage steht, ob sie „weit genug“ ist, darauf einzugehen.
Interessante Erwähnung, dass einige ihren Hass behalten wollen und dass dies nicht von iregndeiner Seite kritisiert wird sondern okay ist und andererseits, dass möglicherweise eine Mehrheit der Betroffenen diesem Projekt offen gegenüberstehen.
Stark von Mertens, dass es um echte Strukturprobleme in der Kirche geht.
Sehr lehrreich.
Ja, allen Beteiligten Dank! Es braucht den Akt der Versöhnung. Die „Preisverleihungsfrage“ kam übrigens auf, nachdem Stillschweigen und Ignoranz die Problematik versenken sollten.
Die alten Strukturen tragen nicht mehr und verführen zu endlosen Verzögerungen; ein Schillebeeckx würde die Aufklärungsversuche der DBK unter besagter ‚Scheinweisheit‘ verbuchen: http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/kirche-kommt-bei-missbrauchsaufklarung-voran – oder müssen wir hier von „Zählsorge“ statt von Seelsorge reden?
Wer hält die erwähnten Bischöfe zurück vom Weg nach Rom, um Franziskus einzubeziehen, ihn an offene Fragen zu erinnern und von der Notwendigkeit dieser Versöhnung zu überzeugen?
Wo drückt sie der Schuh?
Vielleicht muss Rom zuerst seine geächteten Befreiungstheologen zurück holen und sich mit ihnen über die Frage der urchristentümlichen Freiheit beraten, denn sie sind so wenig wie Pater Mertes ‚Nestbeschmutzer‘.
Wie soll je wieder Ostern werden, wenn schon Kleriker nicht offen zu Fehlern, Feigheiten und ihrem falschen Stolz stehen können?
Die Irreführung mit sexualisierter Gewalt durch kirchliche Autoritäten geschah in voller Absicht – im Verschleiern und Verschweigen – und sie fand Nachahmung im Volk, mit seuchenartiger Verbreitung.
Kann eine Welt voller vertrauensmissbrauchter Kinder dann anders als in Hass, Hetze und Gewalt erstarren, wenn die lebenslange Folge der Schrecken dieser Gewalt sich in jeder Folgegeneration manifestieren?
Kirche/Religion muss schlussendlich vom eigenen Selbstverständnis die Versöhnung herleiten wollen und muss nun Machtverzicht – und nicht nur Barmherzigkeit angesagen!
Braucht’s dazu noch ein „Awakening“?
Wem nützt es, wenn nur Papst Franziskus „deutlich weniger unterleibs- und oberhaupt-fixiert“ [http://www.deutschlandfunk.de/papst-franziskus-mitten-in-der-trotzphase.720.de.html?dram:article_id=348218] bleibt als der Rest der Kurie und der übrigen Menschheit?
@ Hildegard
Meinen Sie, diese Irreführung wäre beendet?
Möchte auf ein Interview von Claudia Keller, einer Journalistin, welche noch „Biss“ hat, mit Bischof Ackermann hinweisen.
Ein Lehrstück……
http://www.eckiger-tisch.de/wp-content/uploads/2016/03/2016-03-13_small.pdf
… nö!! Aber ich gehöre auch zu den letzten, die die Hoffnung aufgeben würden.
Schlimm sieht es ebenso beim Staat aus:
„Aktuell wird die quantitative Erhebung in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen vorbereitet. Die vorgestellten Ergebnisse der qualitativen Studien und deren Reflektion in der Fachöffentlichkeit werden bei der Konzipierung der repräsentativen Befragung von Kitas, Scßhulen, Internaten und Heimen Berücksichtigung finden. Diese wird im dritten Quartal 2016 beginnen. Der Bericht dazu wird Ende 2017 vorliegen.“ https://beauftragter-missbrauch.de/presse-service/meldungen/detail/news/fachtagung-schutzkonzepte-in-erziehungs-und-bildungseinrichtungen-bieten-wirksamen-schutz-von-kind/ – der Bericht über das Schutzkonzept vom 15.3.2016 wird dann nach fast acht Jahren vorliegen.
Sehr viel pädagogisches und sozial-päd. Zusatz-Personal müsste Herr Schäuble finanzieren ohne Schönrechnerei. Er müsste sozial voraus-denken können. Gerade hier ist richtiges Rechnen nötig. Seine bisherigen Berechnungen in Sachen Menschlichkeit endeten bei nahezu NULL.
Die lange Bank also ist angesagt – für das allerwichtigste Ausgabenpaket einer humanen Zukunft-Vorsorge! Der Weg dahin wird emsig gepflastert mit Stolpersteinen, vorhersehbaren Hürden und fehlendem Willen …
Kirche und Staat hätten ganz dicke Bretter zu bohren.
Es ist zum Verzweifeln.
Liebe Lisbeth,
Herr Knorra hat einige Bedingungen für die Voraussetzungen genannt für einen Versöhnungsprozess. Sie weisen demgegenüber daraus hin, dass ein Versöhnungsprozess ohne Vorbedingungen stattfinden muss, außer dem Willen `sich ehrlich darauf einzulassen´. Damit fordern Sie selbst eine Bedingung, dessen Vorliegen zu prüfen ist. Sind aber nicht die Bedingungen, die Herr Knorra formuliert, tatsächlich Kriterien dafür, ob die Kirche ehrlich einen Versöhnungsprozess will? Schauen wir in aller Kürze genauer hin: Die Institution Kirche hat eine schonungslose externe Aufklärungsarbeit versprochen. Geschehen ist bis heute nichts mit der Ausnahme, dass der ursprünglich Beauftragte geschasst wurde, offenbar, weil er seinen Auftrag zu wörtlich nahm. Und ich denke, ich gehe nicht zu weit, wenn ich prognostiziere: Es wird auch nichts geschehen. Ehrlichkeit: Nein!! Die Institution Kirche hat `Anerkennung´ versprochen; und bietet dafür Beträge von 3000,- € und vielleicht ein bisschen mehr. Große Beträge liegen auf Konten brach und werden, wenn denn ausgezahlt, an Psychiater oder Psychotherapeuten ausbezahlt, die der Kirche nahestehen. Auf den Punkt gebracht: Wenn wir schon zahlen müssen, dann bitte in die eigene Tasche. Ehrlichkeit: nein! Zur Frage der Moral: Die Institution Kirche beschreibt die Taten und deren Folgen gern als `nicht wieder gut zu machen´ und begründet damit den Betrag, den sie zur `Anerkennung´ zahlen will. Andererseits beansprucht die Kirche seit 200 Jahren Leitungen vom Staat für Güter, die ihr im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses entzogen worden sind.(Die Frage der Herkunft bzw. der Aneignung dieser Güter ist dabei eine nicht gestellte, aber dennoch interessante Frage). Diese sind bereits hundertfache entschädigt, und die Kirche findet nichts dabei, weiterhin Leistungen zu beanspruchen. Das Fazit ist also: Wenn schon Verbrechen, dann so große, dass sie nicht entschädigt werden können, dann kosten sie nichts. Anders gesagt: Die Institution Kirche ist nicht bereit, das zu erfüllen, was sie von Anderen selbstverständlich verlangt. Das entspricht eher dem Verhalten eines Gangstersyndikates als das einer Kirche; es sei denn, die Institution Kirche ist ein Gangstersyndikat.
Paul