netzwerkB Pressemitteilung vom 29.02.2016
Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich, hat für den 2. und 3. März 2016 zur Fortbildungstagung nach Köln eingeladen. Gedacht ist die Tagung für Generalvikare, Personalverantwortliche, Präventionsbeauftragte und Ansprechpersonen für Hinweise auf sexuellen Missbrauch.
Unter dem Titel „‘Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen‘ (Offb 21,4) – Chancen und Risiken von Spiritualität. Pastorale Herausforderungen und Heilungsaspekte in der Missbrauchsthematik“, soll die Frage zum Umgang mit Schuld und Vergebung aber auch die Möglichkeit einer Heilung durch Glauben und Spiritualität, geklärt werden. In drei Workshops werden die unterschiedlichen Aspekte von Spiritualität im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch in den Blick genommen.
netzwerkB bittet die katholische Kirche seit 2013 um einen „Akt der Versöhnung“. Der Vorsitzende von netzwerkB, Norbert Denef, hatte dies am 6. November 2013 auf dem Petersplatz in Rom öffentlich gemacht (Akt der Versöhnung – N. 555.086).
Bei diesem „Akt der Versöhnung“ soll es um die Gründung einer Stiftung gehen, die Personen auszeichnet, die sich in der Öffentlichkeit gegen das Verschweigen, Verleugnen und Vertuschen von sexualisierter Gewalt und Misshandlung von Kindern einsetzen.
Pater Klaus Mertes und Norbert Denef haben am 16. Januar 2016 in St. Blasien einen gemeinsamen Versöhnungsweg gefunden – die Gründung der Stiftung zu ermöglichen (https://youtu.be/j8zZNT6-fUE).
Pater Klaus Mertes meint:
„Es ist von Kirchenseite her nicht unproblematisch, in den Prozess mit dem Betroffenen den Aspekt der „Versöhnung“ einzubringen. Ich verstehe die Gründe, warum Betroffene sich dagegen wehren. Andererseits habe ich – vom Evangelium her – immer im Blick gehabt, dass das Ziel des Prozesses zwischen Kirche und Missbrauchsopfern Versöhnung sein muss, oder um es von Kirchenseite her zu formulieren: Einen Beitrag dazu zu leisten, dass Versöhnung möglich bleibt, wenn sie vom Gegenüber ebenfalls gewünscht und dann auch – wodurch auch immer – geschenkt wird.“
netzwerkB bittet Bischof Stephan Ackermann, Pater Klaus Mertes zu dieser Tagung einzuladen, um unser gemeinsames Projekt „Versöhnung“ dort vorzustellen.
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Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)160 2131313
presse@netzwerkb.org
www.netzwerkB.org
Chancen und Risiken von Spiritualität – also auch Chance und Risiko von Versöhnung, Herr Ackermann!
Der Heilungsaspekt von Versöhnung dürfte – anders als „Vergebung“ – jedem Christenmenschen einleuchten. ‚Unfehlbar‘ ist noch kein Mensch gewesen – auch kein Papst.
Ohne Vergebung lässt es sich überleben – ohne Versöhnung nicht!
Pater Mertes meint vermutlich, der Aspekt der „Versöhnung“ dürfe nicht von der Kirche her dem Betroffenen angetragen werden, weil das wiederum als (erneuter) „Unterwerfungs-Versuch“ verstanden werden könnte. Unter den derzeitigen Umständen eine unvermeidliche Reaktion für viele Betroffene.
Das Misstrauen der Gläubigen sitzt zu tief.
Es wächst um so mehr, je länger vertuscht wird (statt aktiv aufzudecken).
Die Amts-Kirche konnte bis heute nicht den eigenen Umgang mit Macht und Machtmissbrauch, und auch nicht die Glaubensinhalte (geschweige denn die Haltung Frauen und Kindern gegenüber) von Klerikern selbst-/kritisch betrachten.
Hier aber bietet sich eine gute Gelegenheit der Wahrheit näher zu kommen.
Wieder einmal ein Beispiel für Transparenz, Offenheit und Unabhängigkeit der wissenschaftlicher Forschung ^^
– Pfeiffer lässt grüßen!
Es geht um das Monitoring:
„Der Beauftragte der deutschen Bischofskonferenz ….. wird den UBSKM und das beauftragte Deutsche Jugendinstitut dabei unterstützen, das Monitoring zum Stand der Prävention vor sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Deutschland 2015-2018 durchzuführen……“
„Der UBSKM sichert Anonymität der Datenerhebung, Auswertung und Ergebnisdarstellung zu. Die Ergebnisse des Monitoring werden vor Veröffentlichung der Deutschen Bischofskonferenz zur Kenntnisnahme übermittelt und in der AG-Schutzkonzepte diskutiert und interpretiert. Nach der Veröffentlichung werden die Daten in aggregierter Form zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt. Es können weitere Absprachen zur besonderen organisationsbezogenen Ergebnisauswertung getroffen werden.“
http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2016/2016-Vereinbarung_DBK_UBSKM.pdf
Ich wünsche den Gläubigen die sich mit der Kirche verbunden fühlen, sowohl Betroffenen als auch Nichtbetroffenen, dass eines Tages ein ehrliches Eingeständnis und Aufarbeiten erfolgt.
Eine jährliche Preisverleihung wäre immerhin ein winziger, abgespaltener Ameisenschritt am äußersten Rand, dieses riesigen Gebäudes der menschgemachten „Kirche“ um etwas wirklich Hilfreiches, Aufarbeitendes einzubringen.
Der Grundstein für einen Gedanken an etwas wie „Heilung“ (der Institution, der Gesellschaft, der Familie) ist und bleibt flächendeckende bis in die Wurzeln hineingehende Aufarbeitung. Ob es sich dabei um die Kirche, oder um eine andere Institution oder um Familie handelt, die Regeln nach denen vergiftete Erde wieder zu fruchtbarer Erde werden bleiben die Gleichen. Ausnahmen gibt es nicht. Es geht ja nicht „nur“ um Betroffene, es geht darum, wie der Schutz von Kindern funktioniert, und die Weitergabe von sexueller Gewalt. Es geht darum ob eine Institution, Gesellschaft oder Familie ihren Boden klärt, oder ob sie den Teppich darüber legt- darunter bleibt es giftig und für Kinder höchst gefährlich. Die Kirche hinterlässt ständig den Eindruck, als sei sexuelle Gewalt Privatsache einiger unruhiger Betroffener. Doch hier geht es um uns alle, um unser aller Kinder, um unser aller Wohl. Nichtbetroffene wünschen sich auch eine gesunde Erde, Sicherheit, und Aufarbeitung. Aufarbeitung IST Versöhnung, Aufarbeitung und echte Konsequenz IST Trost, IST der einzige Weg um Vorraussetzungen für einen guten Boden zu schaffen auf dem wieder etwas wachsen kann. Nicht die Kirche bestimmt diese Regeln- diese Regeln ergeben sich aus der menschlichen Natur heraus. Darüber kann und darf sich eine Kirche nicht hinwegsetzen. Wie lange wird die Kirche noch kämpfen gegen ihre eigenen Heilung?
So lange eine Kirche die Gläubigen mit eigenen Erfahrungen von Innerlichkeit und Spiritualität abweist, also an der äußeren Macht festhält, so lange setzt sie sich über die normal menschliche Natur hinweg und kämpf gegen die eigene Heilung.
Die vergifteten Böden hinterließen uns kirchenstaatliche Buchstabentreue und schöngefärbte Rechtsstaatsbürokratie – Entgiftung ist notwendige Voraussetzung für Besserung!
Nicht anders als jene Beamten und Institutionen funktionieren auch unsere Familien [fast] nur noch ohne Herz und Hirn – auch in der Demokratie.
Der Profit steuert, wann und wie wir Gemüt und Verstand einsetzen oder zwischenschalten dürfen.
WIR KÖNNEN aber gegensteuern (s. Zitat v. Getrud, 7.3.): „… die Funktion des Außenseiters ins Positive […] wenden und sich dadurch die Möglichkeit des inneren Abstands zu den Dingen, den „freien“ Sinn zu bewahren [durch] bewußte Distanz und eine sich verstärkende Tendenz zu entschiedenem Nonkonformismus“ (Hannah Arendt) – eine echte Konsequenz für unser Dilemma!
KIRCHE könnte dasselbe tun, hätte sie nicht jeder Vernunft abgeschworen, gegen die Wahrheit entschieden und sich einer zweifelhaften Angst um Machtverlust verschrieben …