Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend in Einrichtungen des Landes Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind, können bei der Bewältigung der Folgen jetzt Unterstützung erhalten. Wie Sozialministerin Katrin Altpeter mitteilte, stimmte das Kabinett ihrem Vorschlag zu, 10 Millionen Euro bereitzustellen, um Betroffenen etwa psychotherapeutische Hilfen, Beratungs- und Betreuungsangebote oder die Beschaffung von Heilmitteln zu ermöglichen.

„Mit der heutigen Entscheidung übernimmt das Land in seiner Rolle als Arbeitgeber Verantwortung, wenn Kindern und Jugendlichen in diesen Einrichtungen durch Mitarbeitende des Landes Unrecht widerfahren ist. Die Landesregierung will den Betroffenen dabei helfen, ihr Leid zu mildern“, erklärte die Ministerin.

Bis Ende August 2016 können Betroffene bei der auf Bundesebene angesiedelten Geschäftsstelle des Fonds Sexueller Missbrauch einen Antrag auf Hilfe stellen. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Bund („Ergänzendes Hilfesystem“) wird das Land jetzt abschließen.

Antragstellung und Leistungen

Einen Antrag auf Hilfe können Personen stellen, die zwischen 1949 und 2013 als Kinder oder Jugendliche von einem oder mehreren Mitarbeitenden des Landes in einer Institution oder Einrichtung des Landes sexuell missbraucht wurden. Darunter fallen alle Landeseinrichtungen, denen Kinder und Jugendliche anvertraut wurden, zum Beispiel Schulen, Justizvollzugsanstalten, Kliniken und ehemalige psychiatrische Landeskrankenhäuser. Es können Leistungen im Wert von bis zu maximal 10.000 Euro gewährt werden, bei Menschen mit Behinderungen kann zudem ein Mehrbedarf anerkannt werden. Die Hilfen werden ergänzend gewährt, das heißt nur dann, wenn ein gesetzliches Leistungssystem – zum Beispiel Krankenkasse, Deutsche Rentenversicherung oder Jobcenter – die Leistung nicht oder nicht mehr finanziert.

Besonderen Wert legt Ministerin Altpeter darauf, dass der Tätername bei der Antragstellung nicht erfragt wird. „Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Hilfe für die Opfer, nicht auf der Strafverfolgung“, sagte sie.

Ergänzendes Hilfesystem

Als nächsten Schritt kündigte Altpeter an, auch bei den Kommunen im Land für eine Beteiligung am Ergänzenden Hilfesystem zu werben. Sie wies darauf hin, dass Missbrauchsfälle in Landeseinrichtungen, die von kommunalen Bediensteten verübt wurden, nicht unter die bevorstehende Vereinbarung mit dem Bund fallen. „Um auch in solchen Fällen Hilfen gewähren zu können, sollten die Kommunalen Landesverbände dem Beispiel des Landes folgen“, sagte sie.

Die von Baden-Württemberg und dem Bund unterzeichnete Vereinbarung geht zurück auf die Empfehlung des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“, der dem Bund 2011 in seinem Abschlussbericht empfohlen hatte, gemeinsam mit den Ländern und den betroffenen Institutionen ein Ergänzendes Hilfesystem für diejenigen einzurichten, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Gewalt erlitten haben und noch heute an den Folgen leiden.

Quelle: http://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de