„Wenn du dein Spielzeug nicht mitbringst, machen wir dich tot“

Skandal in einer Mainzer Kita: Kinder wurden gezwungen, in die Puppenecke zu pinkeln. Sie wurden gedemütigt, geschlagen und sexuell missbraucht – von anderen Kindern. Wie konnte es soweit kommen?

Die Mainzer Kindertagesstätte Maria Königin gibt ein trostloses, ja fast unheimliches Bild ab an diesem Tag kurz nach dem Paukenschlag. Hinter den zartgelben Vorhängen regt sich nichts, weit und breit ist kein Kind zu sehen. Und doch stehen und liegen vor dem Eingang wild durcheinander niedliche Dreiräder, rote Tretautos und kleine Schubkarren, mit denen die Kleinen bis vor Kurzem über den Hof gekurvt sein oder „Gärtner“ gespielt haben müssen.

Es sieht aus, als seien die Spielgeräte nur mal eben für eine kurze Trinkpause abgestellt worden – und dann urplötzlich alle Kinder aus unerklärlichem Grund wie vom Erdboden verschwunden. So ähnlich war es eigentlich auch: Die Kita wurde von der katholischen Kirche als ihrem Träger Knall auf Fall dichtgemacht, weil dort schier Unglaubliches aufgedeckt wurde.

Fast alle der 55 betreuten Kinder sollen monatelang mehrfach täglich massiv bedroht, erpresst, bestohlen und sexuell missbraucht worden sein – mit teilweise ausdrücklich sadistischer Note, wie ein Psychologe sagt. Die Kirche selbst spricht von „Perversitäten sexueller Gewalt“. Und zwar nicht begangen von einem Erzieher oder fremden Erwachsenen – sondern von anderen Kindern. Von Knirpsen im Alter zwischen drei und sechs Jahren.

Der Fall ist in seiner Dimension ziemlich einzigartig, sollte die ermittelnde Staatsanwaltschaft die Vorwürfe erhärten. Viele der gequälten Kinder sollen traumatisiert sein, manche wurden wohl auch verletzt. Eltern, Behörden wie das Landesjugendamt und das Bistum sind entsetzt, auch Karl Kardinal Lehmann sei „tief bestürzt“, heißt es bei der katholischen Kirche, die nicht nur die in einem funktionellen Neubau untergebrachte Kita bis September komplett dichtgemacht hat, sondern auch alle Erzieher feuerte.

Sechs Frauen, darunter die Leiterin, und ein Erzieher sind betroffen, sie haben sich noch nicht geäußert. Aber glaubt man dem Mainzer Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann, haben sie auch keine große Betroffenheit gezeigt. Es habe weder eine Erklärung gegeben, wie es dazu kommen konnte, noch eine Entschuldigung. Weiter lesen…