Das Kabinett billigte am 17.09.2014 folgenden Gesetzentwurf:
„Die strafrechtliche Verjährung beim sexuellen Kindesmissbrauch soll erst mit Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers beginnen. Damit können alle schweren Sexualdelikte zukünftig nicht mehr vor der Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren.“
Norbert Denef, Sprecher des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V., kurz netzwerkB, nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Die Bundesregierung verschärft ein bisschen Gesetze, was den Betroffenen nicht wirklich weiterhilft.
Wir fordern die komplette Aufhebung der Verjährungsfristen – alles andere ist Verrat gegenüber den Opfern und dient nur dazu, die Täter zu schützen.
Weiterführende Informationen:
Gesetzentwurf Verjährungsfristen aufheben
Argumente zur Aufhebung der Verjährungsfristen
Also ich bin jetzt 45 Jahre alt, und immer noch kann ich mich nur schemenhaft an den Missbrauch erinnern!
Es ist also gut denkbar, dass man mindestens 50 Jahre alt ist, bevor representative Erinnerungen überhaupt auftauchen. Geschweige denn, dass man bereit ist sie anzuzeigen.
Je schwerer der Missbrauch war, umso schwieriger ist es ihn an die Oberfläche zu holen, und bei mir gibt es Grund zu der Annahme, dass er schon im Alter von 2 Jahren begann…
Daher müssen die Verjährungsfristen unbedingt KOMPLETT aufgehoben werden!!
Auch, weil es ja denkbar wäre, dass nach Jahrzehnten neue Methoden der Beweisführung bekannt geworden sind.
Ausserdem ist es notwendig das Aussageverweigerungsrecht für Familienmitglieder aufzuheben, die meisten Verbrechen werden ja im familiären Zusammenhang begangen. Ich war zu jung, um mich ordentlich erinnern zu können, wer weiss, ob die Erinnerungen überhaupt jemals zutage treten werden, aber meine Mutter muss auf jeden Fall alles wissen. Wenn also Familienmitglieder nicht auszusagen brauchen, hat man sogar mit einer Anzeige kaum eine Chance.
Ich seh es schonmal als Anfang in die richtige Richtung, auch wenn sich noch vieles ändern muss. Ab wann tritt der Gesetzesentwurf denn in Kraft?
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Anmerkung vom netzwerkB Team:
Das Gesetz tritt voraussichtlich Anfang nächsten Jahres in Kraft.
Jedoch ist zu bemerken, nicht rückwirkend!
Wenn dieses neue Gesetz nicht rückwirkend gilt, ist es doch für die Opfer wieder erfolgslos. Wieso kann man nicht sagen, wir heben die Verjährungsfristen auf, und das gilt dann für alle Fälle? Ich verstehs einfach nicht.
Vielleicht seh ich das auch zu verbissen, weil ich selber Betroffene bin, aber irgentwo muss es doch auch für uns Gerechtigkeit geben
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Anmerkung vom netzwerkB Team:
Die Forderung von netzwerkB ist eindeutig:
Verjährungsfristen aufheben – auch rückwirkend!
Weiterführende Informationen:
Gesetzentwurf Verjährungsfristen aufheben:
http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2014/09/netzwerkB_Positionspapier_Gesetzentwurf_30.07.1014.pdf
Rückwirkungsverbot:
http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2014/09/netzwerkB_Positionspapier_Rückwirkungsverbot_30.07.2014.pdf
Argumente zur Aufhebung der Verjährungsfristen:
http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2012/11/netzwerkB_Positionspapier_Argumente-zur-Aufhebung-der-Verjährungsfristen_A4.pdf
Mal unabhängig von den Verjährungsfristen hat Heiko Maas noch eine wichtige Chane vertan. den „einfachen“ sexuellen Missbrauch (§176 StGB) endlich als Verbrechenstatbestand zu deklarieren, damit auch im Strafrecht die Zweiklassen – Opferkultur aufhört.
http://www.gegen-missbrauch.de/news,241,versch%C3%A4rfung_des_sexualstrafrechts_verabschiedet_trotz_vieler_verbesserungen_wichtige_chance_vertan.htm
Ich komme aufgrund dieses neuen Gesetzes, dass nur beiläufig in den Medien im Anhang erwähnt wurde, zu folgender Erkenntnis:
1. Für Heiko Maas ist Kindesmissbrauch nicht das schlimmste Vergehen überhaupt.
2. Für Heiko Maas, Vater von 2 Kindern, darf es sein, dass so ein widerliches grausames Verbrechen wieder verjährt.
3. Für Heiko Maas darf es sein, dass Täter ungeschoren davon kommen.
4. Für Heiko Maas darf es sein, dass Täter mit Verjährungsfristen geschützt werden.
5. Für Heiko Maas sind Verjährungsfristen nicht grotesk.
6. Für Heiko Maas darf es sein, dass Täter nicht strafrechtlich verfolgt werden.
7. Für Heiko Maas darf es sein, dass Täter nicht für solche abscheulichen Taten auch bestraft werden.
http://netzwerkb.org/wp-content/uploads/2010/03/HM_Denef_Verj%C3%A4hrung_.pdf
UND: Heiko Maas ist FALSCH informiert!!
In den Nachrichten hörte ich ihn sagen, dass es bisher so war, dass die Verjährungsfrist mit einsetzen des 21. Lebensjahres begann. Dies ist nicht korrekt.
Mir hat man bei meiner Anzeige mitgeteilt, dass die Verjährungsfrist mit dem 18. Lebensjahr beginnt! Sonst wäre mein Fall nicht verjährt gewesen, da ich zu dem Zeitpunkt 38 Jahre alt war…
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Anmerkung vom netzwerkB Team:
von 18 auf 21 Jahre ist erst kürzlich geändert worden, jedoch auch nicht rückwirkend.
Diese Maßnahme war im Gepäck als noch Frau Leuthäuser-Schnarrenberger B-Justizministerin war, aber es wurde der Vorschlag vom Runden Tisch (Rörig) als Gesetz verabschiedet, fragt man sich – warum nun nicht gleich Nägel mit Köpfen machen, Verjährungsfristen aufheben und rückwirkend, damit auch die älteren Opfer endlich eine Entschädigung (Schmerzengeld) bekommen, eine humane Lösung finden, Pauschalbetrag, da ja sonst etliche Gerichtsverfahren jahrzehnte dauern, das könnte über OEG laufen, wo Täter noch leben, zur Kasse bitten. Denn wer sehr früh Erwerbsunfähigkeitsrente bekommt, ist finanziell benachteiligt.
Oh, das habe ich tatsächlich nicht mitbekommen…
Aber trotzdem: Was kommt denn als Nächstes??
Dass die Verjährungsfrist erst mit Einsetzen des 40. Lebensjahres beginnt??
Wo ist da der Sinn???
Gibt es noch ein anderes Land, in dem dermassen herumgeeiert wird…?
@Lili, nein – soetwas gibt es nur hier in Deutschland….und alle halten still!