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WDR 5 Morgenecho 7. Juli 2014

Der Papst trifft heute in Rom zum ersten Mal mit Menschen zusammen denen von katholischen Geistlichen sexuelle Gewalt angetan wurde. Gemeinsam mit sechs Opfern wird Franziskus eine Messe feiern und ein Gespräch mit ihnen führen. Der Papst selbst hatte dieses Treffen Ende Mai angekündigt. Norbert Denef ist Vorsitzender von netzwerkB, einer Selbsthilfeorganisation von Opfern sexueller Gewalt. Herr Denef, guten Morgen.

Denef: Hallo guten Morgen.

Sprecher: Ist das eine gute Geste des Papstes?

Denef: Die Aktion von Papst Franziskus ist ein weiteres Stück Symbolismus, nichts weiter als eine PR-Veranstaltung. Er schart strenggläubige ‘Missbrauchsopfer‘ um sich, die ihm treu ergeben sind. Ungläubige missachtet er, grenzt sie aus, schweigt sie tot – spaltet so die Überlebenden, polarisiert. Anstatt die Händler aus dem Tempel zu werfen und die Verbrechen seiner Amtsvorgänger aufzuklären, beweihräuchert Franziskus den ‘‘Heiligen Stuhl‘ und setzt sich dadurch selbst in den Mittelpunkt des Geschehens – von Versöhnung will er nichts wissen.

Sprecher: Gilt aus Ihre Sicht bisher für die katholische Kirche generell, viel geredet, wenig konkret getan für die Opfer?

Denef: Unterm Strich kann man erkennen was getan wurde und bisher können die Betroffenen nichts erkennen. Es ist also nichts passiert, leeres Gerede.

Sprecher: Immerhin wurden Entschädigungen gezahlt?

Denef: Das sind keine Entschädigungen, sondern das ist nur eine Anerkennung des Leids, so heißt es ja offiziell. Und wenn man davon ausgeht, mit 5000 Euro meint, ein Menschenleben damit zu entschädigen, in irgendeiner Weise, das ist eine Verhöhnung.

Sprecher: Wie ist es mit der Übernahme von Therapiekosten und der Gleichen?

Denef: Das ist ähnlich, da müssen Sie als Bittsteller auftreten und das ist sehr undurchsichtig. In meinem Fall zum Beispiel hatte ich um Therapiekosten gebeten und da ist gar nichts passiert – ich wurde genauso abgefunden und abgespeist.

Sprecher: Der Papst hat eine neue Kinderschutzkommission gegründet. Die tagte gestern zum zweiten Mal, soll Vorschläge zum besseren Schutz von Kindern und besser Vorbeugung gegen sexuelle Gewalt erarbeiten. Was erhoffen Sie sich davon?

Denef: Da erhoffe ich mir genauso wenig wie von einem Runden Tisch. Es ist in der Vergangenheit nichts passiert und wenn man meint, in eigenen Reihen die Verbrechen aufklären zu können, das ist ein Irrglaube. Das wäre das Gleiche, als wenn die Mafia ihre Verbrechen selbst aufarbeiten würde und daran glaubt ja wohl auch niemand.

Sprecher: Was fordern Sie konkret?

Denef: Ich fordere konkret eine Aufklärung von extern, von außen. Und ich fordere von Papst Franziskus, dass er eben nicht, wie jetzt in diesem Fall, sich mit strenggläubigen Missbrauchsopfern trifft, sondern über den Tellerrand hinausschaut und sich auf Augenhöhe mit den Betroffenen trifft. Das hat mit Glauben nichts mehr zu tun. Es gibt so viele Betroffene und Opfer, die eben nicht mehr glauben, die muss man achten und das tut er nicht. Er grenzt sie aus und schweigt sie tot, spaltet, polarisiert.

Sprecher: Was die Durchleuchtung diese Skandals innerhalb der katholischen Kirche angeht, so ist vergangenes Jahr ein erster Versuch unter Federführung des kriminologischen Institutes Niedersachsen gescheitert, dessen Leiter Prof. Pfeffer warf der Kirche Zensur vor. Nun soll es einen zweiten Versuch mit anderen Wissenschaftlern geben. Halten Sie den Aufklärungs- und Aufarbeitungswillen der katholischen Kirche in Deutschland für ernsthaft?

Denef: Nein. Wenn man jetzt meint, nach fünf Jahren seien noch irgendwo, irgendwelche Akten noch vorhanden, das ist genauso ein Irrglaube. Da glaubt doch auch wirklich niemand mehr daran. Nach fünf Jahren will man wiederum aufklären und drei Jahre gehen da wieder ins Land und es passiert nichts. Wer daran glaubt, der glaubt irgendwie, glaube ich, noch an den Weihnachtsmann.

Sprecher: Der Papst trifft heute zum ersten Mal mit Opfern sexueller Gewalt durch katholische Geistliche zusammen. Im WDR 5 Morgenecho war das der Vorsitzende der Selbsthilfeorganisation netzwerkB, Norbert Denef, ich danke Ihnen.