Diplom-Psychologe Klaus Schlagmann
Scheidter Str. 62, 66123 Saarbrücken
KlausSchlagmann@t-online.de
http://www.oedipus-online.de

Seit 1996 melde ich mich mit Publikationen zu Wort, in denen ich einen Missstand innerhalb meiner Zunft von PsychotherapeutInnen beklage: Dort werden z.T. systematisch die Opfer von Gewalt – gerade auch kindliche Opfer sexualisierter Gewalt – zu Tätern erklärt.

Der für viele Menschen relativ harmlos klingende, dabei jedoch für diese Opferbeschuldigung zentrale Schlüsselbegriff ist der sog. „Ödipuskomplex“: Sigmund Freud, der Erfinder dieses Begriffes, verbindet damit die groteske Behauptung, dass jedes Kind eigentlich von Geburt an mit Anlagen zu „perversem“ Verhalten ausgestattet sei: Es hätte z.B. das Bedürfnis nach einer sexuell-inzestuösen Beziehung mit einem Elternteil, steigere sich im Alter zwischen 2 und 8 Jahren immer mehr hinein in die Phantasie, ein sexuelles Verhältnisses mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil haben zu wollen. Damit ein Kind sich nun zu einem gesunden Erwachsenen entwickeln könne, müsse es irgendwann diese Hirngespinste aufgeben. Es sei jedoch möglich, dass ein Kind diesen perversen Trieb nur verdränge. Innerlich (= „unbewusst“) halte es aber noch an seiner Perversion fest, ohne selbst davon zu wissen. Die Psychoanalytiker behaupten von sich, dass sie (z.B. anhand von neurotischen Symptomen, freien Assoziationen oder Träumen) erkennen können, ob und in welchem Ausmaß diese perversen Impulse in Menschen noch vorhanden sind. Das Vorhandensein solch verdrängter perverser Phantasien sei für die Entwicklung neurotischer Symptome verantwortlich. (Menschen, die in der Lage wären, ihre Perversionen auszuleben, hätten den Vorteil, nicht an neurotischen Symptomen zu leiden.)

Für mich stammt einer der Schlüsselsätze für diese Opferbeschuldigung aus dem Beitrag Otto Kernbergs für eine Fachzeitschrift von 1999. In der Erläuterung eines Fallbeispiels behauptet er, dass seine Patientin als Grundschülerin (unkonkret: „unter 10 Jahre alt“) die sexualisierte Gewalt ihres Vaters „in typischer Weise … als einen sexuell erregenden Triumph über ihre Mutter“ erlebt habe, und dass sie „ihre Schuld tolerieren“ können müsse. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von „ödipaler Schuld“. (Der 10-seitige Artikel enthält darüber hinaus weitere ungeheuerliche Opferbeschuldigungen und geradezu sadistisch anmutende Empfehlungen für das therapeutische Vorgehen.)

Seit über 15 Jahren habe ich innerhalb meiner Zunft versucht, eine kritische Diskussion über Kernbergs Thesen anzuzetteln. Die dominierende Reaktion ist ein erbärmliches Schweigen oder sogar verständnislose Diffamierungen meiner Kritik. Gegen dieses Schweigen und gegen diese Anfeindungen argumentiere ich nun seit über 15 Jahre an. (Inzwischen bezeichne ich mich geradezu als „whistle blower“.)

Nach vielen Jahren fruchtlosen Bemühens um Diskussion innerhalb der „Fachwelt“ bin ich verstärkt an die Öffentlichkeit gegangen. So bin ich auch seit 2011 Mitglied bei NetzwerkB geworden und habe hier auf der Webseite verschiedene Beiträge verfasst. Daneben habe ich verstärkt – jeweils zu aktuellen Anlässen – Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Rundfunkanstalten u.s.w. auf Kernberg und seine Positionen hingewiesen. Diese Bemühungen sind i.d.R. erfolglos geblieben. (Stattdessen war nun z.B. im SPIEGEL Nr. 7 vom 07.02.2014 ein langes Interview mit Otto Kernberg abgedruckt: „Messfühler ins Unbewusste“.)

Schon vor Jahren hatte ich sämtliche Mitglieder des „Runden Tisch sexueller Kindesmissbrauch“ angeschrieben. Ergebnis: So gut wie keinerlei vernünftige Resonanz. Überwiegend Schweigen, ansonsten Vertröstungen.

In den letzten Monaten hatte ich auch Kontakt zu den VertreterInnen sämtlicher Parteien aufgenommen. Auch hier so gut wie keinerlei Resonanz. Die Skandale der letzten Tage lassen m.E. erkennen, wie leicht die über die Parteigrenzen hinweg verfilzten, um Machterhalt bangenden „Politiker“– um z.B. die „große Koalition“ nicht zu gefährden – skrupellos die Interessen der Geschädigten verraten!

Schon seit Jahren habe ich zunehmend von „Politikern“ die Nase voll. Sie versprechen viel, wenn der Tag lang ist. Ihren schönen Reden folgen in der Regel keine Taten. Auch sind sie meist bedacht, es sich mit möglichst keiner potentiellen Wählergruppe zu verscherzen. (Auch Psychoanalytiker und Pädokriminelle sind „Wählergruppen“.)

Mir scheint, dass es einer ganz grundsätzlichen Umorientierung in der Politik bedarf: Die Bevölkerung selbst sollte sich Gehör und Respekt verschaffen können. Elemente der direkten Demokratie sollten gestärkt werden! Warum nicht z.B. eine Volksabstimmung über die Verjährungsfristen bei Fällen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder initiieren?

Wenn wir das ganze Elend nicht ein paar selbstherrlichen Machern überlassen wollen, dann sollten wir uns darauf besinnen, was der Begriff „Politiker“ eigentlich bedeutet. Er leitet sich ab von dem griechischen Begriff „polites“ = „Staatsbürger“. Also jeder Staatsbürger ist in einer Demokratie eigentlich automatisch ein „Politiker“. Und wir „Politiker“ sollten uns die „Politik“ wieder aneignen, die wir uns allzu leicht haben aus der Hand nehmen lassen.

Vor einigen Wochen bin ich nun erstmals in meinem Leben einer Partei beigetreten, von der ich mir eine Unterstützung in diesem Anliegen erhoffe: Es ist die „Partei der Nichtwähler“. Diese Partei um den Kölner Dr. Werner Peters hat zu ihrem zentralen Ziel erklärt, ein anderes „Politikverständnis“ zu entwickeln. Der Selbstherrlichkeit und Abgehobenheit von Parteien soll sehr grundsätzlich Einhalt geboten werden. Vor allem sollen die Anliegen der Bevölkerung in Bürgerbegehren und Volksentscheiden zur Debatte und zur Abstimmung gestellt werden können. Ich selbst kandidiere nun auf der Liste dieser Partei für das Europaparlament. (Zu den Einzelheiten des Parteiprogramms vgl. www.parteidernichtwaehler.de).

Ein Flyer, den ich für den Landesverband Saarland formuliert habe, findet sich unter:
http://www.oedipus-online.de/Flyer_saar_1-3.pdf (Datei ist relativ groß, deshalb Geduld beim Öffnen).

Um bei der Europawahl überhaupt antreten zu dürfen, benötigt die Partei jedoch noch 4000 sogenannte „Unterstützerunterschriften“, und zwar noch bis Ende Februar. Wer also dafür ist, dass diese Partei bei der Europawahl antreten kann, möge bitte möglichst schnell das spezielle Formular herunterladen (http://www.parteidernichtwaehler.de/media/UnterstuetzungsformularEuropawahl.pdf) und ausgefüllt und unterschrieben an die Zentrale der Partei nach Köln schicken.
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Wäre schön, wenn sich möglichst viele Menschen für diese Idee interessieren und sich motivieren lassen, vielleicht auch noch bei dem einen oder anderen Werbung dafür zu machen. (Familie? FreundInnen? KollegInnen? … ) Es ist nicht erforderlich, uns auch zu wählen – nur zuzustimmen, dass wir gewählt werden dürfen. (Man darf solch ein Formular vor einer Wahl allerdings nur für eine einzige Partei unterzeichnen.)

Wenn sich die heutigen Berufspolitiker nicht zu einer Aufhebung der Verjährungsfristen in Fällen von sexualisierter Gewalt aufraffen können, dann könnte es Anlass für eine Gemeinschaft von freien Staatsbürgern sein, eine solche Entscheidung in die eigene Hand zu nehmen und einen Volksentscheid zu dieser Frage einzuleiten.