Streiflichter auf einen noch unaufgeklärten Fall, merkwürdige Grenzbereiche, schmutzige Netze und beherzte Juristen

von Beate Lindemann-Weyand, netzwerkB

Zunächst tröpfelten die Informationen zaghaft: Gegen einen ehemaligen Bundestagsabgeordneten, Sebastian Edathy würden derzeit Ermittlungen laufen. Wie das so ist, wenn die Medien einen Skandal wittern, kulminierte der anfänglich weniger dramatisch erscheinende „Fall“ zu ungeahnten Ausmaßen, dessen Enden bis jetzt noch nicht abzusehen sind.

Das Wort „Kinderpornographie“ rückte ebenso in den Fokus wie die „Unschuldsvermutung“.

Nicht einwandfrei erworbene Fotos eines kaum bekannten „Käseblattes“ von den Innenräumen der Wohnung des Beschuldigten machten die Runde, unerlaubt vom Balkon aus geknipste Bilder von Bildern an den Wänden dieses Mannes, die man so oder so interpretieren kann. Im Zusammenhang mit den derzeitigen Ermittlungen „nur“ moralisch eher be – als entlastend. Hier aber schon die erste „Krux“- denn „eigentlich“ sind wir nicht befugt einen Menschen vorzuverurteilen und in seine intimen Räume Einblick zu nehmen. Rechtlos sollte niemand in diesem Land sein- denn wo ist die Grenze, wo ist das, woran sich jeder Mensch halten können sollte? Andererseits begehrt in vielen Fällen die durchaus berechtigte Frage in uns auf: was, wenn hier wirklich jemand Kinderfolterdokumente (Kinderpornographie kann es nicht sein, da Kinder nicht pornographisch agieren KÖNNEN!) konsumiert hat? Wo sind da die Rechte des Kindes geblieben? Ist es dann nicht unser aller Recht Einblick zu nehmen in dessen intimsten Raum? Ich meine nicht, denn Rechtsstaatlichkeit muss bleiben- allerdings zu Gunsten unserer betroffenen Kinder und der erwachsenen Betroffenen, ausgebaut und vor allem auch beherzt angewandt werden.

Die Aktion „Spade“

Ende 2013 wurde die kanadische Aktion „Spade“ bekannt- http://www.welt.de/politik/ausland/article124763770/Was-die-Kanadier-mit-dem-Projekt-Spade-aufdeckten.html

Hier ist die Rede von hunderten „befreiten Jungen“, was impliziert, dass es sich um sexualisierte Gewalt gehandelt hat.

Laut des Welt-Artikels entstand ein Teil der Bilder z.B. auf diese Weise: ein vorbestrafter Deutscher, Namens Marcus Roth, setzte Jungen ab acht Jahren- die ihm von Eltern für eine angebliche Karate-Freizeit anvertraut waren- unter Alkohol und Drogen. Daraufhin wurden sie von ihm zu sexueller Gewalt gezwungen. (in dem Artikel heißt es, die Kinder wären beim „Sex“ gefilmt worden- was aber nicht möglich ist, da Kinder keinen Sex machen- denn es handelt sich dabei immer und grundsätzlich um sexualisierte Gewalt.).

Der Betreiber der Filmfirma Azovfilms.com, tauchte unter, nachdem ihm als Betreiber der Filmfirma keine relevante strafbare Handlung nachgewiesen werden konnte.

Als anonymem Händler konnte ihm aber schließlich der Vertrieb von Kinderfolterdokumenten der Kategorie eins, in großem Stil, nachgewiesen werden.

In einem Artikel des „Toronto Star“ sprach Joanna Beavan- Desjardins, Chefin der Abteilung Sexualverbrechen bei der Kriminalpolizei von „einigen der entsetzlichsten Taten gegen sehr kleine Kinder, die meine Beamten je gesehen haben“ (http://www.welt.de)

Dieser Satz verdeutlicht, um welche Verbrechen es geht und was hier vertuscht wird, wenn Ermittlungen behindert werden!

Die vertriebenen „Produkte“, gehören entweder der sogenannte Kategorie eins(strafbare Kinderfolterdokumente) oder zu Kategorie zwei (weniger eindeutige, Kinderfolterdokumente“). Letztere ist Diejenige, die man Sebastian Edathy bis zum jetzigen Zeitpunkt nachweisen konnte.

Eine Spur führte im Laufe der Ermittlungen von Aktion „Spade“ neben anderen deutschen „Nutznießern“, zu Sebastian Edathy.  Dessen Anwalt wurde- laut Staatsanwaltschaft Hannover- kurz nachdem bekannt wurde, dass der beschuldigte kanadische Händler „aufgeflogen“ war, schon im November 2013 bei der Staatsanwaltschaft vorstellig, um zu erfahren, ob sein Mandant wegen etwas beschuldigt würde. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass der Zeitraum von November 2013 bis Februar 2014 ausreicht, um weitere- möglicherweise inzwischen erfolgreich vertuschte- Beweise für eine – ich spekuliere- Kategorie eins, verschwinden zu lassen, bis es zur eigentlichen Ermittlung gegen Herrn Edathy gekommen war.

Weitergabe von Ermittlungsinhalten

Die zuständige Staatsanwaltschaft Hannover, hat heute eine Pressekonferenz abgehalten. http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/hannover/edathy133.html

Staatsanwalt Jörg Fröhlich hinterließ einen alles andere als glücklichen Eindruck, er wirkte, als müsste er an sich halten, während er die empörenden Vorgänge der Weitergabe von hoch brisanten Ermittlungsinhalten während der zurückliegenden Monate beschreibt. Es wird deutlich, dass hier wohl bei Weitem nicht an einem Strang gezogen wurde. Von Informationsweitergabe von Ermittlerseite, auf Seiten der Polizei ist die Rede. Was vereinzelte, andere Staatsanwaltschaften und das BKA angeht, hört man hier mit etwas Feingefühl  heraus, dass man auch bei der Bewertung des Bildmaterials der Kategorie zwei, nicht die gleiche Sprache spricht.

Bei mir drängte sich während seiner Ausführungen auf einmal eine vage Erinnerung  an die Skandale im Jahr 2013 auf, als z.B. auf der Seite des BKA eine merkwürdige Studie https://netzwerkb.org/2013/09/10/kinder-konnen-zu-wenig-sexuelle-erfahrung-sammeln/ aufgefallen war, die des früheren wissenschaftlichen Direktor des BKA, Herrn Michael C. Baurmann, der bis 1990 Mitglied in der „Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität“ war, die laut „FOCUS, „einvernehmliche sexuelle Handlungen mit Kindern legalisieren will.“ (http://www.focus.de/politik/deutschland/schriftenreihe-soll-extern-begutachtet-werden-bka-nimmt-studie-wegen-paedophilen-vorwuerfen-offline_aid_1094642.html)

Ob hier wirklich gründlich aufgeräumt wurde? Wir kennen doch inzwischen die Wirklichkeit, haben wir nicht oft genug in den letzten Jahren feststellen müssen, dass ein Jahrzehnt keine Zeit ist, oft genug noch nicht einmal um Verantwortliche für das Leid von Kindern verantwortlich zu machen?

Zurück zum gegenwärtigen Fall, dessen Zusammenhänge im Moment erst einmal nur ansatzweise beleuchtet werden können, so viele noch nicht aufgeklärte Details und Zusammenhänge rücken beinahe stündlich nach und nach ins Licht der Öffentlichkeit.

Staatsanwalt Fröhlich konnte heute noch nicht eindeutig bestätigen, dass an den Computern manipuliert oder Festplatten gelöscht wurden. An denen, die in Wohnung und Büros  Edathys gefunden wurden. An denen, die nicht mehr da waren, und wohl in einem üblich ausgestatteten Büro eigentlich hätten vorhanden sein müssen- und aller Vermutung nach verschwunden sind- kann man es natürlich auch nicht feststellen. Wer zwischen den Zeilen liest, ahnt fettgedruckt, was hier passiert …wurde!

Kinderschutz- eine Frage der Einstellung?

Durch diese Pressekonferenz wurde mir klar, wie wenig Zusammenhalt und Einheit es auf den verschiedenen Ebenen unseres Staates zu geben scheint. Man kann sich in Verschwörungstheorien ergehen, man kann aber auch mit gesundem Menschenverstand eins und eins zusammenzählen, und hier einen beherzt arbeitenden und mit voller Berechtigung wütenden Staatsanwalt und andere Mitziehende sehen, die den Schutz der Kinder und Jugendlichen im Blick haben. Und auf der anderen Seite leider die Prominenz anderer, die an höchster Stelle ihren Teil tun- warum auch immer-, um Ermittlungen, die Seelenmorde verhindern können und Täter in die Schranken weisen, zu ersticken!

Noch auf ein Wort zu Kategorie eins und zwei der Kinderfolterdokumente: auch hier mein Dank an den Staatsanwalt und laut seiner Ausführungen an viele- leider nicht alle anderen- Behörden, die den Eindruck hinterlassen, dass in ihren Augen auch Bildmaterial der Kategorie zwei als ein Kinderfolterdokument zu bewerten ist. Hier scheint es genügend Erfahrung zu geben- wie man ja auch von Forschungen über Pädophile weiß, die zuerst Mal mit dem Gedanken spielen, einem Kind sexualisierte Gewalt anzutun, dann werden Bilder angeschafft, dann wird man aktiver…..

Die Staatsanwaltschaft hätte also nicht ermitteln müssen- sie tat es nur, weil hier Menschen zum Glück der Meinung sind, dass es sich bei angeblich weniger offensichtlicher Kinderfolterung schon um einen Wert handelt, der zu Ermittlungen veranlasst.

Gut möglich, dass andere Staatsanwaltschaften anders entschieden hätten?

Zeigen uns diese Abwägungsmöglichkeiten also, dass es von der Persönlichkeit, der Einstellung von Amtsträgern abhängt, ob ermittelt wird oder nicht? Kann das richtig sein im Sinne des staatlichen Schutzes unserer Kinder und Jugendlichen, die von Erwachsenen erst dazu manipuliert wurden, etwas zu tun, dem kein Kind zustimmen kann, um dann in jeder erdenklichen Form von Tausenden auf einem Bild oder Film beschmutzt, beschämt und menschenunwürdig herumgereicht zu werden?

Dass ich mir als Betroffene, als Mutter und fühlender Mensch ohne Not vorstellen kann, dass auch „Kinder-Posing“ nichts anderes ist als sexualisierte Gewalt, zählt also strafrechtlich nicht?

Auf prominente Fürsprecher im Fall „Edathy“ muss man nicht lange warten, denn z.B. Prof. Dr. Monika Frommel, eine bekannte Befürworterin der Verjährungsfristen http://netzwerkb.org/2010/02/27/opfer-wehren-sich-gegen-die-verjahrungsfrist-bei-sexualverbrechen-politik-direkt/ und Mitglied einschlägiger Versammlungsorte für Ultra-Liberale, wie die Humanistische Union, meldete sich umgehend zu Wort http://www.hna.de/nachrichten/politik/grenzbereich-rechtsbeugung-3366570.html .

Denjenigen, die sich derzeit in der Öffentlichkeit, in unsäglichen Leserbriefen oder anderen Medien über die angebliche Harmlosigkeit der Kategorie zwei auslassen, möchte ich empfehlen, sich nur eine Minute lang vorzustellen, dass das eigene Kind, das Patenkind, die Kinder der Nachbarn, oder irgendein Kind, irgendwo auf einem Foto posiert, und als Vorlage für den Schmutz zig Tausender Nutznießer dient!

Viele Fragen sind offen, was den aktuellen Fall angeht- und ob wir wirklich klärende Antworten erhalten steht in den Sternen. Ein Lichtblick immerhin, bei allem, was es zu bemängeln, anzuklagen und zu verändern gibt, ist ein neues Bild, das man durch die ehrliche Empörung und das sichtbare Engagement der Staatsanwaltschaft Hannover gewinnen konnte. Das gibt mir Hoffnung, Hoffnung darauf, dass es zu den offensichtlich negativen Vernetzungen in unserem Land und darüber hinaus, auch die anderen gibt, die „Guten“ und von diesem Glauben leben wir doch auch und vor allem unzählige Kinderseelen!

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