Der Gesetzgeber muss seiner Verantwortung endlich gerecht werden.
Ein Mann wurde als Junge am Collegium Josephinum in Bonn im Alter von elf Jahren von vier Ordensbrüdern der römisch-katholischen Kirche sexuell systematisch und schwer missbraucht. Das ist 54 Jahre her. All die Jahrzehnte seines folgenden Lebens hat er gelitten und geschwiegen. Er steht erst heute, 2013, mit 66 Jahren vor dem Landgericht Bonn. Sein Fall ist nicht der einzige. Erst nach langer Zeit fanden einige Opfer die Kraft, eine Selbsthilfegruppe zu gründen.
http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/429947/sexueller-missbrauch-osnabrucker-verklagt-orden
Bis heute ist dieses Collegium auffällig geblieben, etwa mit „Zäpfchenpraktiken“ bei Jugendlichen.
netzwerkB erklärt sich mit den Opfern am Collegium Josephinum in Bonn solidarisch. Hier ist nicht nur die Rechtsprechung, sondern auch der Gesetzgeber gefragt.
Pädosexuelle Täter verharmlosen die Folgen. Sie berufen sich auf ihre Vorbilder in der Antike. So dauern diese Verbrechen schon tausende von Jahren. Das Recht auf eine gesunde Entwicklung und auf eine physische, psychische und soziale Gesundheit der Betroffenen wird gebrochen.
Gewalt, die einem zugefügt wird, schmerzt ein Leben lang. Insbesondere dann, wenn man ein Kind oder ein Jugendlicher war. In diesem Alter entwickelt sich das eigene Weltbild. Dieses ganze Weltbild zerbricht reichlich und es wird niemals mehr ganz zu heilen.
Bis heute bleibt in der Medizin und in der Gesellschaft die Komplexe Postraumatische Belastungsstörung (K-PTBS) weitgehend verdrängt. Betroffene und Angehörige bleiben mit ihren Problemen allein.
Notwendigerweise bedürfen die Menschen auch nach mehreren Lebensjahrzehnten immer noch der Anerkennung, der Hilfe für ihre gesundheitlichen Probleme und der Wiedergutmachung der erlittenen Schäden durch sexuelle und sonstige interpersonelle Gewalt.
Wir benötigen einen Rechtsstaat und eine Solidargemeinschaft.
Den Bedürfnissen nach Hilfe in der Not, nach medizinischer Unterstützung, Anerkennung der Verbrechen und angemessener Entschädigung für erlittene Schäden an der Gesundheit wird dieser Staat nicht gerecht. Die Gesetze müssen nach diesen Bedürfnissen der Betroffenen ausgerichtet werden.
netzwerkB fordert: Die Verjährungsfristen für interpersonelle Gewalt sind im Zivilrecht und im Strafrecht daher ganz aufzuheben.
Insbesondere sind auch die Rechte der Opfer bei der Aufklärung zu stärken. Dazu zählen die Einsichtsrechte in die Akten.
netzwerkB fordert: Die römisch-katholische Kirche auf, endlich ihre Archive zu öffnen und eine Aufklärung zu ermöglichen. Die Kirchen dürfen nicht länger ausserhalb des Rechtsstaat stehen.
netzwerkB fordert: Die Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung für Träger der Kinder- und Jugendarbeit, damit die betreuten Kinder und Jugendlichen im Falle von an ihnen begangener Gewalt im Zuständigkeitsbereich der Träger ausreichend abgesichert sind.
Der Kinderschutz muss in Deutschland für Organisationen als gemeinnütziger Zweck in der Abgabenordnung anerkannt werden.
http://dejure.org/gesetze/AO/52.html
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Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)163 1625091
presse@netzwerkb.org
www.netzwerkB.org
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Pressemeldungen:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/bonn/auerberg/Rentner-verklagt-Orden-54-Jahre-nach-Missbrauch-article1202533.html
http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/430533/missbrauch-im-kloster-opfer-zieht-klage-zuruck
Kirchen dürfen nicht länger ausserhalb des Rechtsstaat stehen!!
Wie notwendig die Öffnung vatikanischer Archive wäre und wer seit 1962 zuständig gewesen ist für die Geheimhaltung beschreibt Paul Haverkamp in seinen Kommentaren vom 21.11. in der NOZ sehr aufschlussreich.
„Ich lebte mit einem Heiligen“ – in seinem Interview-Band behauptet der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz, dass dieser so genannte Heilige (J.P.II), vom pädophilen Missbrauchs-Treiben des Ordensgründers Marcial Maciel Degollado (1920-2008) nichts, ‚absolut nichts‘ gewusst habe. – Wenn das auch „nur“ schwere Kommunikationsmängel der Kurie gewesen sein sollten, wie er einräumt, so hätte der jetzige Papst seinem Vorgänger Ratzinger in diesem Heiligsprechungsverfahren NIEMALS folgen dürfen! Wäre er auf-richtig, würde er dies aus gutem Grund rückgängig machen …
Jorge Bergoglio lässt N.D. seit Mai auf Antwort warten. Wäre er ehrlich, würde er nicht nur schleunigst antworten. Er würde erste – auch materielle! – Konsequenzen ziehen. Er würde mutige Zeichen für die Zukunft setzen. Er würde umgehend mit der päpstlichen Marotte aufhören, kleine Kinder „abzuknutschen“, denn die hat noch keiner gefragt, ob sie das wünschen …
Bei dem Internat „Collegium Josephinum“ handelt es sich um ein Internat der Redemptoristen in Bonn. Das Opfer wohnt heute in Osnabrück.
Den Forderungen, die Norbert Denef hier anschließt, denen ist nichts hinzu zufügen und es ist auch nichts weg zu streichen.
Die Missbrauchsopfer Redemptoristen haben übrigens eine sehr gute Internetpräsenz aufgebaut, informativ, erschütternd… und entlarvend
http://www.missbrauchsopfer-josephinum-redemptoristen.de/
Möchte auch auf deren Seite „Hinsehen und Wegschauen – Chronik einer Aufarbeitung“ als Gesamtrückblick auf über 50 Jahre Missbrauchsgeschichte hinweisen:
http://www.missbrauchsopfer-josephinum-redemptoristen.de/hinsehen-und-wegschauen/
Und damit es nicht untergeht:
Die CDU will die Stelle des UBSKM Rörig downsizen auf den Rang eines/einer Kinderrechtebeauftragten im Familienministerium.
http://glasbrechen.de/2013/11/hier-brennt-der-baum-schon-vor-der-bescherung-der-koalitionaere-naechste-woche/
Inakzeptabel.
In Rom segnet der Papst Knochensplitter. Ich bin mit nicht sicher, was die Knochensplitter davon haben. Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Lehrling einen seiner Meister segnen sollte. Aber das ist wohl ein innerkirchliches Problem.
Fragen wir lieber mal, was derzeit in Berlin passiert. Der Entwurf des Koalitionsvertrages liegt hier im Internet:
http://gruen-digital.de/wp-content/uploads/2013/11/KoaV_2013-11-24-20-00_Gesamtentwurf.pdf
Ab Zeile 4137: Kinderschutz. Ab Zeile 4152: (Sexuelle) Gewalt. Weil man nicht Besseres hat, will man die Ergbnisse des Runden Tischs fortschreiben, an dem die Opfer nicht mitbestimmen durften. Das wird auch so bleiben, wenn sich die Opfer nicht detaillierter artikulieren.
Um die Stelle des Missbrauchsbeauftragten wäre es übrigens nicht schade. Sie hat absolut nichts gebracht.
Ich habe mich nicht so mit dem Missbrauchsbeaufttragten beschäftigt, aber wenn sie die Stelle des Missbrauchsbeauftragten einfach abzuschaffen würden, ohne etwas dafür etwas Neues und Besseres einzurichten, hätte ich schön ein ungutes Gefühl, dass damit der Gesellscahft signalisiert würde, dass es jetzt keiner weiteren Aufarbeitung sowie keiner Anlaufstelle für Erwachsene mehr bedarf.
@ Noch-ein-Leserkommentar
Und welche Argumente haben Sie zu dieser kühnen Behauptung, wenn ich fragen darf?
Der Missbrauchbeauftragte ist sicherlich ein Mensch, der mit seinen Möglichkeiten, innerhalb des zugewiesenen Rahmens etwas Hilfreiches zu tun vermag. Auch die Aktion „X“ gegen den Missbrauch war sicherlich gut gemeint. Nur wenn man genauer hinschaut, was angeboten wird, als Massnahmen, findet man sich sehr enttäuscht wieder. Kampagnen die Kindern abfordern „Nein“ zu sagen, Flyerverteilung (Flyer eignen sich leider sehr gut als Staubunterlage) und Aufforderung an Eltern in Einrichtungen nach Informationen anzufragen KANN nicht wirklich eine sinnvolle Hilfe sein. Es macht den Eindruck hilfloser Versuche, etwas Hilfreiches zu tun, in Unkenntnis der wahren Abläufe von sexualisierter Gewalt. Die sexualisierte Gewalt innerhalb der Familie ist weiterhin ein Tabuthema, man traut sich einfach nicht ran- und sicherlich ist das auch nicht einfach, aber es hilft nichts, man muß da nun einmal endlich dran gehen- und läßt die Eltern/Verwandte als TäterInnen aussen vor, wenn man sich so durchliest, was sich alles so auf der Seite des Beauftragten und der Kampagnen, befindet. Teilweise kratzt man sich am Kopf und fragt sich ob sich wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt wurde oder das alles wiederum von bereits existierenden Flyern abgeschrieben wurde. Das tut weh. Man spürt die Scheu, sich mit Tätern innerhalb der Familie, und den Mechanismen dieser Familien, auseinanderzusetzen. Man bekommt den Eindruck von Schonen und einem Festhalten an einem Familienbild, damit diese Harmonie nur ja nicht ins Schwanken kommt. Nur der Preis, der ist sehr hoch, geht zu Lasten der Schutzbedürftigsten. Man übergibt wo man nur hinsieht den Kindern die Verantwortung, in dem man ihnen ein „nein“ aufbürdet, das sie sowieso immer sagen, ob sie es nun denken, fühlen, im Spiel ausdrücken, ihr Körper es signalisiert… aber die Erwachsenen fordern ein lautes „Nein“(was sogar manchmal lebensgefährlich sein könnte für Kinder!)- es scheint ein Ding der Unmöglichkeit-noch- zu sein, dass man die Perspektive des Kindes einnimmt und merkt: was man da von einem Kind fordert ist eine Illusion, und gleichzeitig macht man das Kind verantwortlich und setzt es einem Druck aus. Erwachsene müssen noch Mal die Schulbank drücken- sie müssen lernen NEin zu sagen, lernen die blinden Flecken aufzulösen, hinzusehen, und solche TäterInnen aus ihrer Familie zu verbannen. In Zusammenarbeit mit Schulen und Kitas, und anderen Einrichtungen müssen Pläne entwickelt werden(siehe Huckeles exzellente Vorschläge in seinem E-Book!)wie man Elternarbeit macht, die Tätern die Verantwortung gibt und zum Schutz des Kindes handlungsfähig wird. Da fehlt es an allen Ecken und Enden. Das ist auch alles nicht einfach, weil es eben um sexualisierte Gewalt geht, welche solche tiefen Wunden in uns Menschen schlägt, und da gilt es viel mehr zu verstehen um welche Konsequenzen es da geht und wie man klug und kindessicher damit umgeht! Ein MIssbrauchsbeauftragter ist ein guter Schritt- aber er hat sich in eine Alibifunktion hinein manövriert, da ist noch sehr viel Potential, das aktiviert werden sollte, sonst bleibt es bei dieser gut gemeinten, aber wenig effektiven Kulisse.
Alles in Bausch und Bogen abzulehnen, finde ich nicht richtig, man muss auch den Weg anerkennen, den andere gehen, und auch brauchen- aber das heißt nicht einem Stillstand und Papmachè zuzustimmen, es muss unbedingt Bewegung in den Prozess hinein. Ob die letztendlich vom Missbrauchsbeauftragten kommt…. läßt sich in Frage stellen, aber vielleicht wird es irgendwann wirklich ein versierter Verbündeter- ich glaube mit der nötigen Klarheit kann man viel voneinander lernen, und in diesem Fall wäre es aus meiner Sicht auch schwer nötig und auch Möglich.
@ Beate … das wäre sehr hilfreich – eine sehr vernünftige Finanzplanung der neuen Merkelregierung vorausgesetzt:
„Erwachsene müssen noch Mal die Schulbank drücken- sie müssen lernen NEin zu sagen, lernen die blinden Flecken aufzulösen, hinzusehen, und solche TäterInnen aus ihrer Familie zu verbannen. In Zusammenarbeit mit Schulen und Kitas, und anderen Einrichtungen müssen Pläne entwickelt werden …“
Bisher fehlt es an Planstellen, Fachleuten, an Förderungen für geschundene und benachteiligte Kinder.
Genug Stoff für weitere Demos …