Hallo, ich bin recht neu hier, und möchte gerne meine Meinung zur Verjährungsfrist äußern.
Ich selbst, war mit 11 Jahren Opfer von sexualisierter Gewalt, es geschah durch ein enges Familienmitglied. Jetzt bin ich 29 Jahre alt, habe selbst Kinder. In diesem Jahr habe ich den Mut gefunden, mich von einer Anwältin beraten zu lassen, mit dem Ergebnis ich käme ein Jahr zu spät. diese Aussage war wie ein Schlag ins Gesicht für mich. Ich hätte schon früher Anzeige erstattet, war aber aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage. Natürlich bin ich mir bewusst darüber, das man eine Tat die lange zurückliegt, nur schwer ermitteln bzw. verfolgen kann. Aber als Opfer finde ich es eine maßlose Ungerechtigkeit, das diese Verjährungsfrist existiert. Wir, die Opfer leben unser ganzes Leben mit diesem Erlebnis und bei uns verjährt es NIEMALS.
Es ist immer Gegenstand unseres Lebens und sogar das unserer Kinder, denn ich z.B. übertrage meine Angst auf meine Tochter, sie ist dieses Jahr in die Schule gekommen, und es ist für mich immer wieder ein neuer Prozess mit mir selbst, wenn meine Tochter alleine in die Schule gehen möchte, oder alleine draußen vor unserer Haustür spielen möchte, ich hänge die ganze Zeit am Fenster und passe auf. Aber vielleicht “verjährt” dieses Gefühl ja.
Ich bin stocksauer auf diejenigen die sich für eine Verjährungsfrist einigen, denn ich bin sicher die haben einfach keine Ahnung von Opfern.
Ich habe noch eine kurze Frage zum Thema sexualisierter Gewalt. Ich bin seit über einem Jahr verzweifelt auf der Suche nach einer ambulanten Traumatherapie. Ich wurde meistens aus Termingründen abgelehnt.Warum? Habe ich nicht das Recht auf Behandlung? Eine Psychotherapeutin hatte mir gesagt ich solle erstmal in eine Selbsthilfegruppe gehen, ist diese Aussage normal? Ich möchte meine Probleme bzw. mein Erlebnis nicht mit vielen fremden Personen teilen, ich will eine für mich zugeschnittene Therapie. Doch wie? Vielleicht kann mir jemand hier helfen und mir mit Rat zur Seite stehen, denn wenn das so weiter geht, dann gebe ich den Gedanken an Therapie auf.
MamaMoni
@ MamaMoni … „normal“ scheint es zu sein, die größten Probleme auf die längsten Bänke zu schieben. Aus Hilflosigkeit drückt die Gesellschaft sich vor der Mitverantwortung – statt endlich genug Fachleute vorzuhalten, die Beweislast von den Opfern zu nehmen, die Verjährung zu streichen …
Nein, auch ich finde es überhaupt nicht normal in Selbsthilfegruppen geschickt zu werden – das ist nicht für jeden Menschen gleich!!!
Setz dich durch, mach jenen klar, es sei nicht dein Ding, das auf einem „Marktplatz“ abhandeln zulassen.
Sag das einem Arzt, dem du vertraust und bitte ihn, dir JETZT zeitnah eine entsprechende Therapie zu vermitteln, bevor deine Ängste sich noch länger unnötiger Weise auf deine Kinder übertragen (unbeabsichtigt kriegen sie ohnehin viel zu viel ab).
Als Betroffene mit einer Familie und kleinen Kindern wäre auch mir damals eine Selbsthilfegruppe nie in den Sinn gekommen.
Hallo MamaMoni,
gut, dass Du jetzt die Kraft und den Mut gefunden hast für Dich und Deine Bedürfnisse einzustehen! Gib nicht auf, auch wenn es sich manschmal anfühlt wie ein Kampf gegen Windmühlen… Soviel ich weiß kannst Du auch Therapeuten in Anspruch nehmen, die offiziell keine Kassenzulassung haben und trotzdem hervorragend auf dem neuesten Stand im Bereich Trauma arbeiten, jedoch normalerweise aus eigener Tasche bezahlt werden müssen (die haben häufig auch nicht so lange Wartezeiten).
Wenn Du soundsoviele Ablehnungen (ich glaube sechs? Frag mal Deine Krankenkasse) von kassenzugelassenen Therapeuten nachweisen kannst, dann übernimmmt auch die Kasse die Kosten dafür. Eine gute Hausärztin oder eine Psychiaterin können Dich dabei unterstützen.
Du kannst Dich notfalls auch per Akuteinweisung in eine spezialisierte psychosomatische Rehaklinik überweisen lassen. (das hat nichts mit einer Psychiatrie-Einweisung zu tun!)
Leider gibt es auch Psychotherapeuten, die von der Thematik her und von der Empathiefähigkeit sich unmöglich verhalten, vertraue auf Deine innere Stimme und äußere sofort Deine Bedenken, wenn Du so einen Rat wie z. B. einer Selbsthilfegruppe bekommst. Begegne dem/ der Therapeutin immer auf Augenhöhe und schau genau hin, wo Du vertrauen kannst oder ob Deine innere Stimme sagt, dass da was komisch ist und irgendwie nicht passt.
Liebe Grüße und alle nötige Kraft und Hilfe für Deinen weiteren Weg! Monika
Hallo liebe Mama Moni, toll, dass Du für Dich so stark unterwegs bist! Selbsthilfegruppe kann vielleicht für einen Überbrückungszeitraum oder bestimmten Phasen, und nur wenn man das möchte, gut sein- meins wäre das bezüglich Traumata, in bestimmten Zeiträumen auch nicht gewesen. Allerdings gibt es sehr unterschiedliche Selbsthilfegruppen.
Therapie finden ist nicht einfach, nochdazu muss ja dann auch die Chemie stimmen, wenn man das fachlich Passende gefunden hat. Hilfreich ist zu schauen, worin jemand Zusatzausbildungen hat und wo die gemacht wurden, denn auch Traumatherapie ist nicht gleich Traumatherapie… Manchmal hört man auch von Bekannten was. Man kann auch bei bestimmten Ausbildungsinstituten nachfragen, oder bestimmten Traumawebseiten, z.B. http://www.traumatherapie.de/
oder http://www.thzm.de/links.htm oder http://www.psychotraumatologie.de/
Vieles was manche Therapeuten vielleicht auch anbieten würden, ist teilweise leider nicht kassenzugelassen. Man darf hoffen, dass sich da irgendwann Mal mehr verändert. Sehr wichtig ist auch zu wissen, dass es sehr auf die Chemie ankommt, wenn man sich unwohl fühlt, fühlt man sich unwohl mit einer Person. Wenn man merkt, dass das nicht nur auf einen augenblicklichen Trigger zurückzuführen ist, oder weil man einfach logischerweise es schwer hat zu vertrauen- Vertrauensaufbau kann erst Mal lange Zeit der Therapie in Anspruch nehmen- wenn man einfach merkt, man kann das auch nicht ansprechen, oder der andere wirkt deutlich überheblich, oder zweifelt an dem was man erzählt: aufstehen, „auf wiedersehen“, tschüss! Das A und O ist, dass man sich wohl fühlt, ein MIndestmaß, ein Boden muss da sein.
Manchmal lohnt es sich auch, zu sagen, man zahlt privat, als Überbrückung auf der Suche, wenn man z.B. nur einmal im Monat hingeht, wenn das finanziell möglich ist, bis man vielleicht einen festen kassenzugelassenen Ort findet….
Der Anspruch auf Therapie müsste da sein- nur kann man das nicht am Therapeuten festmachen, die auch nur ihren Beruf machen und eine gewisse Kapazität haben.
Wichtig ist auch zu merken, was man möchte, ob man eher der selbständige Typ ist, das ist von Vorteil, denke ich, weil man in einer in meinen Augen guten Therapie sehr davon profitieren kann, dass man nicht glaubt der Therapeut könne irgendwas für einen tun, oder wäre für einen zuständig. Da glaube ich erwartet man zu viel. Andererseits ist es eine schöne Erfahrung zu merken, dass man einen gewissen Halt hat. Augenhöhe und das Gefühl von Freiheit, Eigenständigkeit sind auch sehr wichtig. Ich verstehe Therapie als Hilfe zur Selbsthilfe. Vielleicht noch nicht Mal Hilfe, sondern noch eigenständiger- aber das kommt darauf an, wie man tickt und was man braucht um einen für sich positiven Weg zu gehen.
Wie Monika WIllkomm schon anmerkte, immer auf die innere Stimme hören, egal wo wie wann. Auch gute Therapeuten können nicht wissen was das Beste für einen selbst ist- das weiß man wirklich nur selbst, auch wenn nicht immer sofort und gleich.
Mit den Kindern und auf sie übertragen- ganz wichtig ist, sich selbst liebevoll zu behandeln und stolz darauf zu sein, dass man es schafft und es anders hinkriegt als die bei denen man unter Umständen aufwuchs/und oder das erlebte, was man erlebte. No GO ist Gewalt, das ist klar, da aber da gibt es auch Hilfe und Unterstützung, da musss sofort verändert werden. Alles andere wird besser mit jedem kleinen Schritt. Man kann nicht verhindern, die eigenen Gefühle zu übertragen, und ein bisschen Verständnis für einen selbst tut immer gut! Auch den Kindern! Man ist wer man ist und Kindern tut es gut, liebevolle, authentische Menschen um sich zu haben. Ich finds stark, wie Du das machst und wünsche Dir weiterhin so viel Kraft. Du bist alleine schon darum dass Du so gut für Dich einstehst und für Dich sorgst ein gutes Vorbild, mehr als viele viele andere Menschen!!
Ich habe mich in Bayern in einem Traumahilfezentrum nach einer Traumatherapeutin erkundigt. Die dortige Heilpraktikerin, die mich zu einem halbstündigen Orientierungsgespräch einlud, sagte mir, der Grund, warum Traumatherapeuten alle keine Zeit haben, ist, dass die alle Privatpatienten haben wollen!!!!!!
Ich unterhielt mich kurz mit einer Vorsitzenden der Vereinigung der Bayerischen Vertrags-psychotherapeuten, Frau Dr. Ursula H.,die ebenfalls Mitglied des Hilfezentrums ist. Sie meinte, es wäre unmöglich, dass so etwas nach außen getragen wird. Sie gab also zu, dass das stimmt, sie beanstandete nur, dass das nach außen getragen wird!!! Auf eine Anfrage nach einem Termin meinte sie, sie hätte keine Zeit und würde ihre Stundenzahl sowieso um 50% zurückfahren. Tatsache ist aber, dass sie pro Tag im Internet eine bestimmte Uhrzeit anbietet, ausschließlich für Terminvereinbarung. Dann meinte sie noch, ich käme auf Empfehlung des Ethikvereins, ich wäre also auch noch von Therapeuten geschädigt worden. Diese Leute wären noch kränker als die anderen und dann würde das ja noch länger dauern und so etwas macht sie sowieso nicht. Sie will nur Leute, die eine einzelne Schädigung haben und wo das dann ganz kurz dauert und die dann möglichst schnell wieder gesund sind.
Wenn jetzt ein Privatpatient anruft, hat sie sofort Zeit, schätze ich mal.
Dies nur mal so zur Information.
Hallo Moni,
Du solltest Dich für Dein Recht auf eine Therapie einsetzen und vor allem nicht aufgeben. Es lohnt sich. Eine gute Therapie kann niemals eine Selbsthilfegruppe ersetzen. Leider gibt es auch eine Menge Therapeuten, die sich lieber nicht mit schwierigen Themen auseinandersetzen, die auf Kosten der Patienten verdienen.(das habe ich leider selbst zur Genüge erlebt)Dennoch ist eine Therapeutin, die bereit und willens ist Dich gut zu begleiten, ein absoluter Gewinn. Also gib nicht auf.
Dem Thema mit den Verjährungsfristen stimme ich gern zu und es ist schon bitter, zu wissen, dass die meisten der Täter völlig unbehelligt weiter machen. Und ich frage mich so oft, warum lassen sich Opfer das eigentlich dauerhaft bieten.
@Wilma,
sei froh, dass die Schnepfe ihre kostbaren therapeutischen Dienste jemand anderem anbietet.
Meine Annahme über solche TherapeutInnen ist, dass sie nicht mögen, wenn die Patientin sich schonmal über ihre KOllegen beklagte, und dass sie erst recht nicht mögen, wenn sie behauptet, schon als kind und dann noch komplex traumatisiert worden zu sein, und wenn es dabei womöglich noch zu widerlichen Anschuldigungen gegen die armen Eltern kommen könnte (die es ja sehr schwer gehabt haben mussten mit dem renitenten Charakter ihrer Tochter).
Sorry, wenn ich arg an deiner Situation vorbei interpretiert habe.
@ Wilma – ich möchet noch etwas nachtragen, da ich mich so sarkastisch geäußert hatte.
Ich kann das gut verstehen, dass Sie echte Hilfe suchen und erwarten, an den Stellen, die sich als dafür zuständig erklären, welche zu bekommen. Meine eigene Erfahrung hat mich so sarkastisch werden lassen, aber ich finde weiterhin, dass wir einen Anspruch auf geeignete Hilfen haben und dafür arbeiten sollten, sie zu erhalten – um mit unserer eigenen GEsundheit weiterzukommen oder auch auf politischer Ebene.