„Zeit“-Autorin Heike Faller mag den Nannen-Preis für ihre Pädophilenporträts verdient haben. Für den Gegenstand ihres Stücks ist er ein Skandal

VON CHRISTIAN FÜLLER
BERLIN taz | Heike Faller hat eine großartige, bis ins Detail durchkomponierte Fallstudie eines Pädophilen geschrieben. Die Reporterin hat am Freitag für „Der Getriebene“ den Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage 2013 bekommen. Es wäre ganz falsch, aus journalistischer Perspektive daran herumzukritteln. Sieben Seiten Zeit-Magazin hat Faller virtuos mit einem brennenden und ungelösten Thema bespielt. Gratulation!

Die Nannen-Jury freilich hat keinen Preis verdient, im Gegenteil, sie muss sich fragen lassen, wie sie darauf kommt, Empathie für einen Pädophilen auszuzeichnen. Die Reporterin hatte ein halbes Jahr einen Pädophilen begleitet, der versucht, seine sexuelle Neigung nicht auszuleben. Der Mann hat sich mit Tausenden Kinderpornos vorgeglüht. Ehe er sich auch an echten Knaben vergeht, hat er in Berlin bei „Kein Täter werden“ angerufen, um sich therapieren zu lassen.

Die Autorin protokolliere kühl, ohne ihre Einstellung zu Pädophilie erkennen zu lassen, laudatiert die Jury. „Vielleicht ist es gerade diese Haltung, die es möglich macht, dass ein Leser irgendwann ungewollt beginnt Anteil zu nehmen, vielleicht sogar so etwas wie Verständnis zu empfinden.“

Dieser Satz ist eine Geschmacklosigkeit. Und ein Schlag ins Gesicht der Opfer.
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