Die 16. Zivilkammer des Wuppertaler Landgerichts sprach am 5. Februar 2013 einem Vergewaltigungsopfer einen Betrag von 100.000 Euro zu. Das Urteil (Az. 16 O 95/12) ist noch nicht rechtskräftig und wird vom Täter laut der Mitteilung seines Anwaltes angefochten werden.

Das Opfer, eine damals 16jährige, schwangere Schülerin aus Solingen, wurde im Mai 2009 auf dem Schulweg verschleppt, für vier Tage gefangen gehalten, mit dem Tod bedroht und vielfach vergewaltigt. Der Täter hatte die Tat in einer Art Drehbuch geplant. Als das Opfer dem Täter eröffnet hatte, dass sie schwanger sei, drohte der Täter dem Opfer, er wolle das Baby je nachdem später töten oder später ebenso vergewaltigen. Nach vier Tagen konnte das Opfer fliehen.

Auf den ersten Blick wirkt dieses Urteil fortschrittlich und realistisch. Der Vorsitzende Richter erklärte: „Wir sind zwar gehalten, uns an vergleichbaren Fällen zu orientieren. Die bisherigen Zahlungen erscheinen uns aber einfach zu niedrig.“

Norbert Denef, Sprecher des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V., kurz netzwerkB, nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Wir unterstützen grundsätzlich die Meinung des Richters, dass das System für Schmerzensgeld und Schadensersatz in Deutschland für die Opfer zu nachteilig ist.

Wir halten das in Deutschland geltende System für Schmerzensgeld und Schadensersatz für miserabel und menschenunwürdig, weil es gar nicht darauf ausgelegt ist, das Erlittene, die Schäden und Folgeschäden in der Lebenswirklichkeit gerecht zu kompensieren.

Gemessen an dem, was das Opfer erlitt und als Trauma und gesundheitlichen Spätfolgen für den Rest ihres Lebens mit sich herumtragen wird, stellt auch der Betrag in Höhe von 100.000 Euro nur einen teilweisen Ausgleich dar.

Wir halten dieses Urteil für einen ersten Schritt einer dringend notwendigen Reform des Systems von Schmerzengsgeld und Schadensersatz in Gesetzgebung und Rechtsprechung in Deutschland.

Diese Reform für mehr Gerechtigkeit und Hilfe ist notwendig:

  • für Opfer von sexualisierter, aber auch von physischer und psychischer Gewalt
  • für sonstige Fälle, in denen Menschen durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit in ihrer Gesundheit temporär oder dauerhaft geschädigt wurden.

Mehr Informationen über das Urteil erhalten Sie unter:

Richterin am Landgericht
Kerstin Planken
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