Der Vergewaltiger einer schwangeren Schülerin muss seinem Opfer vier Jahre nach der Tat ein Schmerzensgeld in Rekordhöhe zahlen. Das Landgericht Wuppertal entschied zugunsten der heute 20 Jahre alten Frau – und ging bei der Summe sogar über deren Forderung hinaus.
Wuppertal – Das Wuppertaler Landgericht hat einer jungen Frau, die vor vier Jahren vergewaltigt wurde, ein Rekord-Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro zugesprochen. Es ist nach Gerichtsangaben das höchste bislang in Deutschland verhängte Schmerzensgeld für ein Vergewaltigungsopfer. Der Anwalt des Vergewaltigers will die Entscheidung anfechten (Az.: 16 O 95/12). Weiter lesen…
Vielen Dank, Herr Vorsitzender Richter Siegfried Mielke. Sie haben mehr für unsere Anliegen getan als bisher die Bundesregierung. Mögen noch viele viele Richter in Deutschland den von Ihnen eingeschlagenen neuen Weg weitergehen.
Auch wenn der Gegenanwalt bis zum Bundesgerichtshof gehen will, hauptsächlich wohl, weil er daran verdient. Charakterlich gesehen, ist es unterirdisch. Er hat keine Chance. Bis dahin sind weitere Richter dem Beispiel von Richter Mielke gefolgt.
Hier noch ein Interview mit dem Anwalt des Opfers, Hendrik Pahl, über die zukunftsweisende Bedeutung des Urteils:
http://www1.wdr.de/themen/panorama/schmerzensgeldrekordsumme102.html
Danke, Wilma, für den Link. Das Interview ist wirklich lesenswert und aufschlussreich!
Der Anwalt des Opfers, Hendrik Prahl, macht ein paar bemerkenswerte Aussagen:
Das Schmerzensgeld „drückt aus, dass das Erlittene nicht gering geschätzt wird“. (!!!) Damit hat er genau den Punkt getroffen, um den es geht: Eine Summe festzulegen, die in tatsächlicher Relation zur Schwere der Taten und vor allem ihrer Folgen für das gesamte weitere Leben der Betroffenen steht.
Zitat: „Beim Schmerzensgeld geht es um einen immateriellen Schadensersatzanspruch, also um etwas, das in Geld eigentlich nicht ersetzt werden kann.“
Das stimmt, doch darf das nicht dazu führen, dass dann auf eine monetäre Entschädigung verzichtet wird oder diese aufgrund ihrer Unverhältnismäßigkeit zur Schwere der Taten und ihrer Folgen die Betroffenen erneut verhöhnt.
Zitat: „Der Vorsitzende des Wuppertaler Landgerichts hat einen besseren Vergleich gezogen, nämlich den Vergleich zum Presserecht. Denn dort werden teils exorbitante Schmerzensgeldbeträge ausgeurteilt für Opfer von ungerechtfertigten Presseveröffentlichungen, etwa Fotos von Paparazzi. Die Geschädigten haben mit solchen Veröffentlichungen nicht einen ansatzweise vergleichbaren Schaden für ihre Psyche erlitten wie im Fall der vergewaltigten Schülerin. Wenn etwa Prinzessin Beatrix beim Baden im Swimmingpool fotografiert wird, kommt es zu Schmerzensgeldbeträgen, die deutlich im sechsstelligen Bereich liegen, ohne dass auch nur annähernd die Folgen auf Opferseite eingetreten sind, wie in unserem Fall.“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer: Danke, dass hier endlich mal ein Gericht die richtigen Vergleichsmaßstäbe bzw. Relationen beigezogen hat.
Prahl denkt, dass das Urteil einen Nachahmungseffekt haben wird: „Viele Gerichte haben darauf gewartet, dass jemand vorprescht und der Auffassung ist, dass 50.000 Euro zu wenig für eine Tat ist, die das Opfer sein Leben lang nicht los wird.“
Wenn das so ist, dass „viele Gerichte darauf gewartet haben, dass jemand vorprescht“, dann müsste sich das jetzt ja in den nächsten Urteilen auch zeigen…
Man sollte schon zwei Begriffe unterscheiden: Schmerzensgeld und Schadensersatz. Im vorliegenden Fall hat das Opfer auch einen Schaden erlitten, nämlich einen Gesundheitsschaden. Hier kommt dann noch mehr dazu: Einschränkung der Arbeitsfähigkeit oder sogar kompletter Ausfall. Es ist schwer zu sagen, welche Spätfolgen gesundheitlich später noch auftreten werden. Insofern ist es auch wichtig, die Verjährungsfristen für zivilrechtliche Ansprüche aufzuheben.
Endlich mal positive Nachrichten! Auch, wenn das Geld das Leid nicht ungeschehen macht – es ist ein Signal, dass der Schmerz des Opfers anerkannt wird. Und vielleicht ist es auch wenigstens eine kleine Abschreckung für potentielle TäterInnen!