Stellungnahme von netzwerkB zur „Pille danach“

Im Dezember 2012 war nach dem Bericht des Kölner Stadtanzeigers vom 16. Januar 2013 eine 25-jährige Kölnerin nach einer Attacke mit K.O.-Tropfen und einer vermutlichen Vergewaltigung von zwei katholischen Kliniken im Erzbistum Köln  abgelehnt worden, die sie zwecks Spurensicherung aufgesucht hatte. Hintergrund sei das Verbot der Notfallkontrazeption.

pro familia Nordrhein-Westfalen hat nunmehr eine Petition gestartet, die eine Versorgung mit der Notfallkontrazeption in allen deutschen Kliniken sicherstellen soll:

Notfallverhütung für vergewaltigte Frauen in ALLEN deutschen Krankenhäusern

Norbert Denef, Sprecher des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt (netzwerkB) nimmt hier zu wie folgt Stellung:

Die „Pille danach“ verhindert den Eisprung und erschwert die Einnistung einer befruchteten Eizelle in der Gebärmutter. Sie ist rezeptpflichtig und in der Apotheke erhältlich. Das Privatrezept kann vom Hausarzt, Frauenarzt oder vom ärztlichen Notdienst ausgestellt werden. Die Präparate kosten zwischen 17 und 35 €. Bis zum 20. Lebensjahr werden die Kosten bei gesetzlich versicherten Frauen von der Krankenkasse übernommen. Sie sollte möglichst bald eingenommen werden; das Zeitfenster beträgt je nach Wirkstoff (Levonorgestrel oder Ulipristal) bis zu 72 bzw. bis zu 120 Stunden, also drei bzw. fünf Tage.

Nach unserer Auffassung sollten auch weltanschaulich geprägte ÄrztInnen und Einrichtungen die medizinisch angemessene Beratung und Behandlung von Frauen in Notlagen sicherstellen. Auch die notwendige Sicherung von Beweismitteln und die damit einhergehende Chance zur angemessenen Strafverfolgung von Verbrechen gehört dazu. Die Verweigerung von derartiger Hilfeleistung ist ethisch und auch angesichts der fast 100 %tigen staatlichen Finanzierung solcher Einrichtungen nicht akzeptabel.

Das Fazit von netzwerkB lautet:

1. Wir brauchen eine Positivliste für Kliniken.

Es macht wenig Sinn, Gespräche mit Kliniken zu führen, deren Leitungen an einem reaktionären und repressivem Weltbild haften. Die Politik sollte eine Positivliste von Kliniken einführen, die bereit sind, Betroffenen von sexualisierter Gewalt vorbehaltlos Unterstützung zu gewähren. Dazu sollte auch der Nachweis von besonders geschultem Personal und einer hausinternen Richtlinie im verantwortungsvollen zählen. Solange es nicht eine verbindliche Positivliste gibt, muss man Betroffenen von sexualisierter Gewalt davon abraten, römisch-katholisch geführte Häuser im Notfall aufzusuchen.

2. Die „Pille danach“ muss rezeptfrei erhältlich sein:

Zudem verlangt netzwerkB: Die „Pille danach“ mit Levonorgestrel sollte in Deutschland generell rezeptfrei erhältlich sein, wie das die deutsche Abteilung Arzneimittelsicherheit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt. Auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt die Rezeptfreiheit.

In 28 europäischen Ländern ist die Pille danach ohne ärztliche Verschreibung erhältlich, in der Schweiz beispielsweise seit 2002 und auch in Irland seit 2011. In den USA setzten 2009 die Gerichte die Freigabe durch.

Für uns ist kein Grund erkennbar, warum die Frauen in Deutschland noch immer bevormundet werden.

Für Journalisten-Rückfragen:
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