Pressemitteilung: Landesarbeitsgemeinschaft der Frauennotrufe Rheinland Pfalz

Die sprachwissenschaftliche Jury der Aktion ‚Unwort des Jahres‘ gab gestern bekannt, dass das Wort ‚Opfer-Abo‘ zum Unwort des Jahres 2012 erklärt wurde. Jörg Kachelmann hatte diesen Begriff in einem Spiegel-Interview verwendet und davon gesprochen, dass Frauen in Vergewaltigungsprozessen ein „Opfer-Abo“ hätten. Die Frauennotrufe in Rheinland Pfalz und ihr Bundesverband Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen bff in Berlin begrüßen ausdrücklich die Begründung der Jury, in der dem diffamierenden Ausdruck ‚Opfer-Abo‘ die statistische Wirklichkeit von Vergewaltigungs-Strafverfahren entgegengesetzt wird.

„Betroffene von Vergewaltigung erleben häufig ein Klima des Misstrauens. Der Ausdruck ‚Opfer-Abo‘ ist dafür ein besonders deutliches Beispiel“ sagt Katja Grieger vom bff. Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit von so genannten Vergewaltigungsmythen. Durch diese Mythen wird Betroffenen unausgesprochen eine Mitschuld gegeben, wenn sie vergewaltigt werden. Das verhindert in vielen Fällen, dass die Frau die Tat anzeigt.

Auch die rheinland-pfälzischen Frauennotrufe weisen seit Jahren auf den Einfluss von Mythen auf das Anzeigeverhalten von Betroffenen hin. Sie mahnen in diesem Zusammenhang auch eine Sorgfalt in der Sprache an: „Sprache bildet die gesellschaftliche Gegenwart ab. Sie spiegelt somit auch das Verhältnis zwischen den Geschlechtern und beeinflusst unsere Wahrnehmung und Meinung. Sie bewertet!“ führt Anette Diehl vom Frauennotruf Mainz aus. „Sprache kann die Verharmlosung und Tabuisierung von sexueller Gewalt unterstützen oder aufdecken, sie wird entweder zum Mittel, die Gewalt an Frauen und Mädchen zu bagatellisieren oder zu negieren – oder sie kann aufklären.“

Das tut sie nun nach Ansicht der Fachfrauen durch die Auswahl der sprachwissenschaftlichen Jury für das Jahr 2012: „Die Wahl zum Unwort des Jahres ist ein wichtiges Signal der Solidarität an alle Frauen, die Gewalt erlebt haben“, so Katja Grieger. „Vielleicht können betroffene Frauen dann leichter über eine Vergewaltigung sprechen,“ erhoffen sich die Mitarbeiterinnen der Fachstellen zum Thema sexualisierte Gewalt in Rheinland Pfalz. Viele finden nicht den Weg in die Beratungseinrichtungen zum Thema.

In Rheinland Pfalz gibt es zwölf Frauennotrufe, die Betroffenen und deren Angehörigen vertraulich, anonym und kostenlos Hilfe anbieten. Gleichzeitig setzen sie sich in der Öffentlichkeit für eine genauere Sichtweise zum Tabu-Thema ein. Nur ca. 5% der Frauen, die vergewaltigt werden, zeigen diese Tat überhaupt an.

„Wir brauchen ein anderes gesellschaftliches Klima im Umgang mit gewaltbetroffenen Frauen. Das Unwort des Jahres kann hoffentlich dazu beitragen, dass eine Sensibilisierung stattfindet,“ so Katja Grieger vom bff.

Anette Diehl / LAG Silvia Zenzen/ bff

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauennotrufe in Rheinland Pfalz ist ein Zusammenschluss von 12 Fachstellen zum Thema sexualisierte Gewalt. Notrufarbeit gibt es seit 1979 in Rheinland Pfalz.

Kontakt: info@frauennotruf-mainz.de 06131-221213

Der bff ist der Dachverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe. Er leistet Aufklärung, Sensibilisierung, Fortbildung und Politikberatung zum Thema Gewalt gegen Frauen und vertritt mehr als 160 ambulante Fachberatungsstellen aus dem gesamten Bundesgebiet.

Kontakt: presse@bv-bff.de; Telefon: 030-32299500
Weitere Informationen zum Thema ‚Streitsache Sexualdelikte“: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/fachliteratur-kopie.html

Link zur Begründung der Jury ‚Unwort des Jahres‘:
http://www.unwortdesjahres.net/fileadmin/unwort/download/pressemitteilung_unwort2012.pdf

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