Interview mit den Frauen von Aguas Bravas Nicaragua, einer Initiative für die Selbsthilfe von sexuellem Missbrauch betroffener Frauen

Sexueller Missbrauch ist in Nicaragua kein Einzelfall. Viele Frauen schweigen ihr Leben lang und die Täter werden niemals zur Rechenschaft gezogen.Aguas Bravas Nicaragua (ABN) gründete sich, um betroffene Frauen in Selbsthilfegruppen zusammenzubringen, das Erlebte zu verarbeiten und um sich gegen die patriarchalen Strukturen des Landes stark zu machen. Die Lateinamerika Nachrichten sprachen mit den Frauen von ABN über ihre Arbeit, über die gesellschaftliche Rolle der Mädchen und über die weiterhin vorherrschende Meinung, das Thema sexueller Missbrauch sei eine Privatangelegenheit.

Sie haben im Juni dieses Jahres den „Franco-deutschen Menschenrechtspreis in Nicaragua“ für Ihre Arbeit von der französischen und deutschen Botschaft in Nicaragua verliehen bekommen. Wird sich durch die Verleihung etwas ändern?

…Welche Möglichkeiten haben wir in Deutschland Sie in Ihrer Arbeit zu unterstützen?

Brigitte: Ich glaube, die wichtigste Aufgabe in Deutschland und Nicaragua ist es, das Thema weiter zu enttabuisieren. Wenn wir unsere Erfahrungen austauschen, stellen wir fest, dass es sowohl Bereiche gibt, in denen Deutschland fortschrittlicher ist, als auch solche, in denen Nicaragua weiter vorne steht. So können wir in Nicaragua einmal wöchentlich einen Artikel über sexuellen Missbrauch in einer Zeitung veröffentlichen. Von so etwas ist Deutschland noch weit entfernt. Andererseits gibt es in Deutschland eine wesentlich bessere Infrastruktur für Opfer und Überlebende von sexuellem Missbrauch. Insgesamt haben wir auf unserer Reise gemerkt, dass hier wie dort noch viel zu tun ist. Es ist weiterhin so, dass häufig der „innere Kreis der Mitwisser“ bei einem Fall von sexuellem Missbrauch schweigt. Wir haben es in unserer fünfjährigen Arbeit nur einmal erlebt, dass ein Mann gesagt hat: „Ich schäme mich dafür, Teil einer Gruppe zu sein, die so viel Schmerz und Trauer bewirkt.“ Aber solche Worte sind auch in Deutschland selten. Von einem wirklichen gesellschaftlichen Umdenken sind wir leider weit entfernt. Und dennoch machen wir weiter – um Frauen zu stärken und für ihre Rechte zu kämpfen.
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Brigitte Hauschild, Zoraida Soza und Nora Rugama arbeiten bei der OrganisationAguas Bravas Nicaragua (ABN), die sich vor fünf Jahren mit dem Ziel gründete, Selbsthilfegruppen für Frauen aufzubauen, die in ihrer Kindheit sexuellen Missbrauch erfahren haben. Bis heute sind 18 Gruppen im ganzen Land gegründet worden. Mittlerweile organisieren sie neben den Treffen für die Betroffenen auch Fortbildungen an Universitäten, die sich speziell an Studierende der Psychologie richten, da das Thema sexueller Missbrauch in der Kindheit bisher kein fester Bestandteil des Studiums ist. Außerdem führen sie viertägige Fortbildungsveranstaltungen für Psychologen durch, die in der Einzelberatung tätig sind. Es gibt drei hauptamtlich Angestellte und eine Freiwillige. Im November reisten sie durch Europa, um auf die patriarchale Kultur in Nicaragua aufmerksam zu machen und sich mit anderen Organisationen zu vernetzen.

Interview gesamt unter:
http://amerika21.de/analyse/72763/sexueller-missbrauch