Norbert Denef, Sprecher des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V. mit Sitz in Scharbeutz, befindet sich seit dem 8. Juni 2012 im unbefristeten Hungerstreik.
Ihm schlossen sich eine Reihe von Unterstützern an, darunter Christiane Kieburg, Katharina M., Anette W., Alwin Michel, Wilfried Fesselmann und Brigitte Lunzer Rieder aus Österreich.
Das Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V., kurz netzwerkB, ist eine Vereinigung von und für Menschen, denen sexualisierter Gewalt, oftmals verbunden mit Formen von psychischer und physischer Gewalt angetan wurde, einmalig, mehrmalig bis hin zu jahrelang systematisch, im Säuglings-, Kindes-, Jugendlichen oder Erwachsenenalter. Sie wurde 2010 in Scharbeutz gegründet.
Die Vereinigung arbeitet bundesweit, sie besteht aus einem Bundesvorstand, Landesgruppen und der Mitgliederversammlung. Sie versteht sich als Interessenvertretung der Opfer und ihrer Angehörigen. Sie setzt sich für die Aufklärung und Prävention ein.
Ihr Sprecher, Norbert Denef, ist wie unzählige anderer Mitglieder der Vereinigung in seiner Kindheit und Jugend über zehn Jahre lang Opfer sexualisierter Gewalt geworden, in diesem Falle durch zwei Mitglieder einer kirchlichen Organisation. Ihm gelang es wie vielen Opfern lange Zeit nicht, sich aus den Strukturen zu lösen. Er ließ sich von einem der Täter sogar trauen. Er brauchte ein halbes Leben, um überhaupt im Kreise seiner engsten Familie über das ihm zugefügte Leid erstmals sprechen zu können. Beide Täter gestanden ihre Taten schriftlich. Beide Täter können nicht mehr belangt werden.
Die Opfer sexualisierter Gewalt leiden lebenslang. Ihre Vereinigung netzwerkB setzt sich für die Aufhebung der zivilrechtlichen Fristen ein, damit Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche zum Beispiel vor dem Hintergrund der hohen Therapiekosten den Opfern möglich bleiben und nicht sämtliche Kosten auf die Gesellschaft abgewiesen werden.
netzwerkB fordert die Aufhebung der Fristen im Strafrecht, weil eine Reihe von Fällen beweisen, dass anhand der Forensik, Zeugenaussagen, Funde von Tagebüchern, Dias, Filmen und nicht zuletzt auch oftmals Geständnissen der Täter selbst eine Feststellung der Verbrechen vor Gericht möglich ist. Oftmals gelingt es den Opfern erst Jahrzehnten nach der Tat, die Mauern von Scham, Angst und tatsächlicher Isolation im eigenen Umfeld zu durchbrechen. Letzteres gilt insbesondere für Kinder und Jugendlich, die jahrelang in den Verbrechensstrukturen systematischen Missbrauchs gefangen waren.
In der jetzigen Form bedeuten die Verjährungsfristen bei sexualisierter Gewalt (und auch anderen Formen der Gewalt, bei denen Menschen langfristig zu Schaden oder sogar ums Leben kommen) einen staatlichen Täterschutz. Sogar Serientäter, denen dutzende oder sogar hunderte Taten nachgewiesen werden können, bleiben unbelangt und werden in keiner Weise in Verantwortung gezogen. Die Opfer werden unter Androhungen rechtlicher Schritte durch die Täter oder durch die Institutionen, bei denen sie beschäftigt sind oder waren, zum Schweigen gezwungen.
Eine Abschaffung der Verjährungsfristen würde den Betroffenen das Recht auf Anerkennung sichern und den Anspruch auf Unterstützung erhalten. In der Gesellschaft wäre es ein Signal, die Taten nicht länger juristisch als eine Bagatelle zu behandeln.
Am 6. Dezember 2011 gab die Sozialdemokratische Partei Deutschlands dem Sprecher von netzwerkB, Norbert Denef, auf dem Bundesparteitag die Gelegenheit über sein eigenes Schicksal zu sprechen und das Anliegen von netzwerkB bezüglich der strafrechtlichen Fristen darzustellen [Link: http://youtu.be/j3sUibSUnu0]. Die Anwesenden stimmten im Anschluss einstimmig dafür, ihre abwehrende Haltung gegenüber einer Aufhebung der strafrechtlichen Fristen aufzugeben und die Forderung nach einer völligen Aufhebung zu unterstützen. Für die Opfer stellte sich dieser Beschluss wie ein aufrichtiges Ehrenwort dar.
Norbert Denef bot danach vielen Mitgliedern der Bundestagsfraktion der SPD das Gespräch und die Unterstützung an, den Beschluss des Bundesparteitags vom 6. Dezember 2011 umzusetzen. Nach nunmehr sechs Monaten waren keine Anstrengungen und keine Fortschritte bei der SPD zu verzeichnen. Man habe keine Mehrheit, sagte zum Beispiel Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin, SPD.
Seit dem 8. Juni 2012 befindet sich Norbert Denef im Hungerstreik, ein Signal an alle Parteien und die gesamte Politik. Er geht den Weg des Hungerstreiks, weil den Betroffenen kein anderer Weg bleibt, um auf die Not der Betroffenen aufmerksam zu machen.
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Für Journalisten-Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Norbert Denef, Vorsitzender
Telefon: +49 (0)4503 892782
Mobil: +49 (0)163 1625091
norbert.denef@netzwerkb.org
www.netzwerkB.org
http://twitter.com/#!/NorbertDenef
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Lieber Norbert Denef,
jeden Tag denke ich an Sie und die Menschen, die sich Ihnen in Ihrem Hungerstreik angeschlossen haben. Ihre erste Email habe ich übersetzt, im Forum „our-childhood-international“ geposted und auf meiner Website verlinkt:
http://www.screamsfromchildhood.com/hunger_strike_networkB.html
Es ist eine Schande, dass Verbrecher, die sexualle Gewalt gegen Kinder begehen oder begangen haben, nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, und wie schockierend sie das Gesetzt beschützt. Wie Sie es so wahr beschreiben, weiß ich sehr gut, dass kindliche Opfer sexueller Gewalt meistens erst viele Jahre später dieses schwere Trauma bearbeiten können, oder es dann wagen, anderen davon zu berichten, geschweige denn eine Klage vor Gericht anzugehen.
In den USA hat sich etwas Wichtiges für die Opfer sexueller Gewalt getan. Sie wissen sicherlich, dass in der vergangenen Woche in Pennsilvania der Football Trainer Jerry Sandusky und Monsignore William Lynn in ihren Gerichtsverfahren schuldig gesprochen worden. Die Gerichtsjury urteilte, dass der Ex-Football-Trainer in 45 Fällen sexuelle Gewalt an Jungen begangen hat, und dass der Kirchenvertreter Lynn sexuelle Gewalt gegen Kinder vertuscht hat. Das sind äußerst wichtige Urteile, die auch zu Kommentaren in der Presse führten, die Verjährungsfristen zu verlängern oder ganz abzuschaffen. Wobei es schrecklich ist, dass die katholische Kirche sich aktiv dagegen engagiert. In der deutschen Presse fand ich erschreckend wenig dazu, doch hier sind zwei Links:
http://www.focus.de/panorama/welt/kindesmissbrauch-in-45-faellen-ex-footballtrainer-in-usa-schuldig-gesprochen_aid_771774.html
http://www.blick.ch/news/ausland/kirchenvertreter-hat-sexuellen-missbrauch-vertuscht-in-den-usa-id1936122.html
Ich unterstütze voll und ganz Ihren Kampf für die Abschaffung der Verjährungsfristen und sende Ihnen meine allerbesten Wünsche, dass Sie und Ihre Gesundheit den Hungerstreik gut überstehen – und dass sich politisch nun etwas bewegt, damit die Gesellschaft nicht mehr auf der Seite der Täter steht, sondern endlich auf der Seite der Opfer diesen beisteht, wenigstens eine Form von juristischer Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erlangen.
Mit meinen allerbesten Wünschen und herzlichen Grüßen an Sie und Ihre aktiven Unterstützer im Hungerstreik,
Barbara Rogers
An alle Betroffenen, ich kann es kaum glauben, dass alle Parteien in Namen aller damaligen Opfer und Mitstreiter mit Unterschiedlicher politischer Parteizugehörigkeit keine Einigung erzielten. Die Politische Handlungsunfähigkeit ist eine Spiegelbild der Gesellschaft. Unzählige Opfer sind das Resultat und von einer Obrigkeit-Hofhörigkeit erlernten Hilflosigkeit und daraus resultierenden Handlungsunfähigkeit. Wurde Empathie gelebt und verstanden? Ist es so, dass die politische Uneinigkeit-Handlungsunfähigkeit einen großen Mangel an Mitmenschlichkeit und Empathie sichtbar werden lässt. Was ist mit den Übertragungen aus der Nazizeit. Ich empfinde tiefe Schmerzen über eine gelenkte Politische Ohnmacht. Die mir meine damalige Ohnmacht verständlich werden lässt. Für mich, ist die Handlungsunfähigkeit ein deutliches Zeichen einer unmündigen Gesellschaft. Alles beruht auf wirtschaftliches Interesse. Ist der misshandelte Mensch unwirtschaftlich? Meine Großeltern berichteten mir (von 1936) das alle Erkrankten und Misshandelten unwirtschaftlich waren, getötet wurden oder weiter misshandelt wurden. Ich verstehe nicht warum die Verjährungsfristen nicht Aufgehoben werden. Was ist mit der Würde des Menschen? Es ist genug Leid und Tod in Deutschland entstanden. Die Stimme aller Politiker möchte ich als Bürger bezüglich der Aufhebung der Verjährungsfristen erfahren. Ich hoffe auf eine Gesetzesänderung. Hoffnungsvolle Grüße aus Berlin, Monica
Daß unsere Polkitiker nicht reagieren überrascht mich in keiner Weise. Wer in den letzten Jahrzehnten Gerichtsurteile verfolgt hat wird zu dem Schluß kommen, daß in Deutschland Täterschutz gilt und nicht Opferschutz. Es gibt sogar Fälle, wo Helfer kriminalisiert und bestaft wurden (vor Jahren u. a. Hamburg)!
Eduard Zimmermann hat nicht umsonst den Weißen Ring gegründet, der Opfern hilft, weil die Bundesregierungen versagt haben und immer noch versagt! Meine konkreten Gedanken dazu möchte ich hier nicht kundtun!
Mord verjährt nicht! Sexuelle Gewalt ist seelischer Mord, deshalb ist die Forderung berechtigt: AUFHEBUNG DER VERJÄHRUNGSFRISTEN FÜR SEXUELLE GEWALT! UND DAS SOFORT UND OHNE SCHUTZ FÜR DIE TÄTER!!!!!!!!!
Ja, leider leben wir in einer Tätergesellschaft, wo die Opfer teilweise immer noch beschuldigt werden und die Täter geschützt. Ich habe das sowohl in meiner Kindheit als auch als Erwachsene am eigenen Leib erleben müssen. Polizei und Ärzte standen auf der Seite der Täter. Auch als ich misshandelten Kindern helfen wollte, habe ich das so erlebt.
Das darf nicht so bleiben. Die Opfer müssen endlich geschützt werden, wie sie es verdienen, und dazu gehört auch die Aufhebung der Verjährungsfrist.
Leider wollen viele Opfer ihre eigene Geschichte nicht anschauen und haben daher Angst die Täter zu beschuldigen, weil sie sonst an ihr eigenes Opfersein erinnert würden. Das ist eine der Ursachen, aber keine Entschuldigung, dass die Täter weiter von vielen geschützt werden.
Wer für die Verjährungsfrist ist, muss sich auch die Frage gefallen lassen, ob er vielleicht selbst Täter ist und etwas zu vertuschen hat.
Hallo Herr Denef,
ich bin froh, dass es noch Menschen wie Sie gibt, die es auch als unerträglichen Zustand empfinden, dass diese Gesellschaft sexualisierte Gewalt gegen Kinder toleriert und tatenlos zuläßt, dass unzählige Täter ungestraft ihr Leben leben können.
Ich empfinde es auch als unerträglich, den Rest meines Lebens aushalten zu sollen, dass die gegen mich ausgeübte Gewalt keinerlei Folgen für den noch lebenden Täter, seine HelfershelferInnen und Vertuscher, und für die vertuschenden Institutionen hat. Dass ich nicht einmal öffentlich über die Taten, die an mir verübt wurden, sprechen darf, ohne von Gegenklagen bedroht zu sein. Nicht einmal die Wahrheit darf man sagen. Eine Rechtsanwältin riet mir, in von mir erstellten Schreiben von „meinen Erinnerungen“ zu sprechen, da das Aussprechen der Taten als tatsächliche Realität mir angelastet werden könnte. Wieder bin ich diejenige, dem etwas angelastet werden kann. Ich, die schon mein Leben lang von anderen, den Verbrechern, beschuldigt wurde. Die sich gegenüber ihrer gesamten Umwelt auch noch als „Gläubige“ und „Gutmenschen“ darstellen.
Ich fühle mich ein Stück mehr auf dieser Welt zu Hause, da es mit mir noch andere Menschen gibt, die den Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt (und damit auch zukünftigen potentiellen Opfern) als himmelschreiende Ungerechtigkeit empfinden.
Ich danke Ihnen für Ihren Mut und ihre Kraft, sich von keinen banalen Hindernissen wie angeblicher Notwendigkeit zum langsamen Gang durch Instituation abhalten zu lassen. Nach dem dritten Reich wurde auch die Verjährung aufgehoben, weil es eine Einsicht darin gab, was einfach UNMENSCHLICH war und bestraft gehörte.
Ich bin froh, diese Einsicht in Bezug auf sexualisierte Gewalt mit anderen Menschen teilen zu können, die am eigenen Leib die Folgen dieser Gewalt jeden Tag aushalten müssen.
Ich empfinde Ihr Handeln als wohltuende Ermutigung für mein Leben und wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft für Ihren Weg und danke Ihnen aufrichtig,
Susanne
Hallo Herr Denef,
wenn Sie Interesse haben, schauen sie sich mal
die Site: „http://www.hannah-stiftung.de/index.php?id=14“ an.
Vielleicht können Sie ja kooperieren …
Schöne Grüsse aus Pech.
ToM
Hannah-Stiftung:
Wo war sie 2010?
Saß davon jemand am runden Tisch?
Wieder nur teure unnütze Präventionsprojekte. Damit wird doch wieder den KINDERN die Verantwortung aufgebürdet.
Ich finde das Engagement von Netzwerkb sehr sehr mutig. Es ist wichtig, dass den Opfern, denen Schweres Leid in der Vergangenheit widerfahren ist, nun hoffentlich endlich Recht widerfahren kann durch die Aufhebung der Verjährungsfristen.
Wenn es um die Beteiligung am Runden Tisch geht, ist es sehr wichtig an die Zukunft zu denken. Unsere Gesellschaft darf es sich nicht mehr leisten, Tätermentalität und Täterstrategien an Kinder über das Umgangsrecht weiterzugeben. Es darf kein legales Umgangsrecht mehr für Täter häuslicher/sexualisierter Gewalt geben ohne eine gesetzlich verankerte Auflage zur Gewalt/Sexualtherapie. Viele Opfer befinden sich in der verzweifelten Situation, dass sie aus Angst schweigen und keine Anzeige erstatten, gerade weil sie nicht nur vor dem den Täter Angst haben, sondern dass man ihnen das Sorgerecht entzieht.
Jeden Tag neu werden auf diesem Weg Schutz grob vernachlässigt, nicht gewährt, schweres Leid verursacht, Familien zerstört,
(Re) Traumatisierungen der Opfer bewusst in Kauf genommen.
Ich wünsche Norbert Denef und seinen Mitstreitern viel Kraft!
Ich kann das Anliegen nur unterstützen und wünsche allen Betroffenen viel Kraft!
Dringende Bitte: Dieser ohne Zweifel gesetzliche Mißstand betrifft nicht nur Menschen, die als Kind sexuell mißbraucht wurden, sondern ebenfalls alle, die als Kind psychisch und physisch mit anderen Mitteln als sexueller Gewalt mißhandelt oder extrem vernachlässigt wurden.
Nicht zuletzt: Da es vielen Betroffenen wegen der ebenfalls zu kurzen Aufbewahrungspflicht von Unterlagen aus Sorgerechts-/Amtsgerichtsverfahren passieren kann, daß ihre ehemaligen Peiniger erneut über sie verfügen können, wenn sie sich z.B. im Krankheitsfall nicht mehr selbst äußern können, hoffe ich in diesem Sinne, daß ALLE Betroffenen sich diesbzgl. mit einer entspr. Patientenverfügung und Betreuungsvorsorge-Erklärung absichern bzw. die Hungerstreikenden dies bereits getan haben !!
Jedenfalls möchte ich DRINGEND dafür werben, daß diese Initiative auf ehemals mißhandelte/vernachlässigte Kinder ausgedehnt wird und hoffe, daß sich hier noch weitere Betroffene entspr. ihren Erfahrungen dazu äußern …
In diesem Sinne:
Wir alle benötigen eine Gesetzeslage, die der Lebenswirklichkeit der Betroffenen gerecht wird!
Herzliche Grüße
😉