10. Juni 2012
Helmut Jacob Am Leiloh 1 58300 Wetter
Offener Brief an:
SPD-Bundestagsfraktion
VORSITZENDER DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Telefax: (0 30) 227-5 60 85
E-Mail: frank-walter.steinmeier@bundestag.de
Forderung nach Aufhebung der Verjährung der Strafverfolgung sexueller Verbrechen
Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier!
Sehr geehrte Damen und Herren der SPD Bundestagsfraktion!
Vor einigen Tagen las ich im Blog eines Pfarrers im Ruhestand, der sich öffentlich und engagiert auf die Seiten der Heimopfer gestellt hat (soviel Zivilcourage und solche Pfarrer gibt es noch):
„Genau der Weber, der sich da feiern lässt, sagte zu einem im Stephansstift sexuell mißbrauchten Mann ‚Na, Herr H….., so schlimm wird’s wohl nicht gewesen sein’. Kann es sein, dass Weber die Gliedgröße des Täters kannte…? (Zynismus aus)“
Der Schreiber erkannte einen Täter wieder.
Genau darum geht es: Da wurden und werden immer noch Kleinkinder, Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen, Körperbehinderte, geistig Behinderte und psychisch Kranke anal und oral vergewaltigt. Man zwingt sie, den/die Täter/in sexuell zu befriedigen. Man vergreift sich im Zuge sexueller Perversionen mit Gegenständen an diesen oft wehrlosen Opfern. Man bedroht sie psychisch und verfolgt sie über Jahre, damit sie über die erlittenen Verbrechen schweigen. Oder man bietet ihnen ein Schweigegeld an, so, wie es die katholische Kirche gelegentlich praktizierte.
Es geht nicht in meinen Kopf, wieso die große damalige Arbeiterpartei SPD nach all den Informationen, die ihr durch Veröffentlichungen im Internet und in den letzten Jahren in den Printmedien und Fernseh- und Rundfunksendern täglich um die Ohren gehauen werden, nicht schon längst von sich aus diesen Verjährungsstop gefordert hat. Da lesen Sie und Ihre Genossen, dass Demonstranten vor dem Gottesdienst noch schnell anal vergewaltigt wurden. In einem Fall soll, nach Schilderung eines Opfers, der Priester mit besudelten Händen die Oblaten ausgegeben haben. Da gehen Kirchenmänner in Internatsschlafsälen morgentlich unter die Bettdecke halber Kinder und Jugendlicher. Ich erspare es mir, all die Schweinereien im Detail hier aufzuführen, weil ich meinen Mitarbeiterinnen in den letzten Jahren eh schon sehr viel zumuten musste. Und Sie, Herr Dr. Steinmeier, die Troika, die Fraktion und die alte Tante SPD ist noch nicht auf die Idee gekommen, schnellstens Nägel mit Köpfen zu machen und einen Gesetzesentwurf zu formulieren?
Sie müssen sich die Frage nach Ihrer Moral, auch nach Ihrer persönlichen, gefallen lassen. Wer angesichts umfangreichen Wissens gegen diese Ungerechtigkeit nichts tut, wer längst weiß, dass manche Opfer ihr Schweigen gar nicht oder erst nach Jahrzehnten brechen können, wer inzwischen weiß, dass sexueller Missbrauch Seelenmord ist, und nichts gegen die Verjährung tut, macht sich schuldig an weiteren Opfern. Er trägt durch sein Nichtstun zur erneuten Demütigung der Opfer bei. Er steckt quasi mit unter der Decke der Täter.
Wenn Sie und Ihre Partei noch moralische Werte vertreten wollen – und da bleiben mir immer noch letzte Hoffnungen -, dann besuchen Sie Norbert Denef, mit einem Gesetzentwurf in der Tasche, solidarisieren sich mit ihm und drängen ihn, seinen Hungerstreik zu beenden, weil Sie jetzt endlich tätig werden.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Jacob
http://netzwerkb.org/2012/06/08/ich-bin-im-hungerstreik-2/
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