Berliner Zeitung 03.06.2012

Von Julia Haak

Berlin –
Mitte der Neunziger wurde ein 16-Jähriger von einem Berliner Kaplan missbraucht. An diesem Wochenende wollte die katholische Kirche den Fall nun mit einer dürren Erklärung vor der St.-Marien-Gemeinde in Reinickendorf abschließen. Doch niemand hatte damit gerechnet, dass das Opfer den Gottesdienst besuchen würde.

Es ist zehn Uhr am Morgen, als Peter Beyer* vor der Kirche in seinen roten Schuhen von einem Bein aufs andere tritt. Gemeindemitglieder, vor allem ältere Leute, gehen an ihm vorbei in das große Backsteingebäude. Es ist die St.-Marien-Gemeinde in Reinickendorf. Und es ist nur scheinbar ein ganz normaler Sonntag. Die Gläubigen wissen nicht, dass der Gottesdienst in ihrer Kirche an diesem Tag mit einem Knall enden wird.

Der Mann in den roten Schuhen wird dafür sorgen. Peter Beyer hat am Vorabend eine E-Mail bekommen. Es ist 20.21 Uhr, als er erfährt, dass am kommenden Tag in der Reinickendorfer Kirche unter einen Fall von sexuellem Missbrauch eines Minderjährigen durch einen Geistlichen ein Schlussstrich gezogen werden soll.

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