Ich wurde 1978 geboren. Heute bin ich 33 Jahre alt.

In meiner Familie war Gewalt der Normalzustand.
Meine Eltern haben mich verprügelt und für Stunden im Keller eingesperrt.
Noch heute kann ich mich erinnern, wie meine Mutter mit einer Nachttischlampe auf mich einschlug.

Missbraucht wurde ich vom Bruder meines Vaters.
Einmal kam er in mein Zimmer, küsste und berührte mich und gab mir dann 50 Mark.
Darüber habe ich mit meinen Eltern gesprochen, die jedoch alles bagatellisierten.
Am Schluss musste ich mich beim Täter, der jetzt natürlich wußte, das ihm nichts passiert, entschuldigen.
Weiteren Taten war somit Tür und Tor geöffnet.

Jahre später wurde ich auf einem Pferdehof von dem Besitzer vergewaltigt.

Mein Psyche war jahrelang kapputt.
Ich lebte als Kind hinter zugezogenen Vorhängen, weil ich Tageslicht nicht ertragen konnte.
Ich konnte keine Freude empfinden.
Keine Trauer. Ich war emotional taub.
Bei  einem späteren Besuch beim Frauenarzt, erfuhr ich, das mein Unterleib durch die ständigen Vergewaltigungen nur noch aus Narbengewebe besteht.
Ich wurde heroinabhängig, lebte auf der Strasse.
Jetzt bin ich clean, habe eine feste Beziehung und eine Wohnung.

Ich mache eine Verhaltenstherapie, bin nicht arbeitsfähig und verzweifelt auf der Suche nach Unterstützung.

Niemand will uns hören.
Wer übernimmt die Verantwortung, für das, was mir und sovielen anderen angetan wurde?
Es wird immer auf uns abgewälzt.
Reiß dich zusammen, anderen passieren auch schlimme Dinge.
Ich habs satt.
Es werden immer schöne Reden geschwungen, die am Ende nichts weiter sind als Lügen.

Ich hatte mich schließlich an den Weißen Ring gewandt, die Mitarbeiter erschienen am Anfang auch sehr nett und kompetent.
Und heute?
Heute ist der Hr. K. telefonisch nicht mehr zu erreichen und reagiert nicht auf E-Mails.
Als Überlebende stehst du allein.
Niemand hilft dir.
Wenn du nicht die Kraft hast, dich allein aus dem Sumpf zu holen, wirst du darin versinken!

Cynthia