netzwerkB 05.05.2012

Ein Gastbeitrag

Prävention! Prävention!

oder: „Wir tun alles, was in unserer Macht steht“

Wir schreiben den Januar 2010. An einer Berliner Jesuitenschule werden Fälle von jahrelangem sexuellem Kindesmissbrauch bekannt. In einer Art Dominoeffekt kommen innerhalb weniger Wochen zahlreiche weitere Fälle an die Öffentlichkeit. Wie konnte das nur geschehen?, fragen jetzt alle. Wie konnte das so lange Zeit verborgen bleiben? die anderen. Skandal! Skandal! rauscht es durch den Blätterwald. Kinder sind unser wertvollstes Gut und müssen geschützt werden! kräht es quer durch die Parteien. Prävention! Prävention! blökt es plötzlich von allen Seiten. Forschung! Forschung! Vernetzung! Vernetzung! Wir müssen! Wir müssen!

Als hätte es nie zuvor auch nur den Hauch einer Ahnung gegeben.

Die Wahrheit sieht u.a. so aus:

1999 wurde an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München, Abteilung Benediktbeuren, das eigenständige Forschungsprojekt „Zentrale Informationsstelle Sexuelle Gewalt (ZISSG)“ ins Leben gerufen.

Die Aufgaben von ZISSG:

Flächendeckende und systematische Erfassung möglichst aller Einrichtungen in Bayern, die zu diesem Thema arbeiten, um sie über Internet Fachexpert_innen und Betroffenen zur Verfügung zu stellen.

Förderung der Vernetzung der zuständigen Einrichtungen innerhalb einer Stadt, eines Landkreises, einer Region im Falle von sexueller Gewalt sowie Prävention von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen;

Entwicklung, Förderung und Bereitstellung von Präventions-Konzepten einschl. Konzepte für die MultiplikatorInnen-Fortbildung in Zusammenarbeit mit den betreffenden Einrichtungen in der Praxis und den Verbänden der Jugendhilfe;

Fortführung der Forschungstätigkeit z. B. in Bezug auf Qualitätskriterien präventiver Arbeit.

Ziel der Arbeit war die Primärprävention, d. h. es wurden Angebote entwickelt und bereit gestellt, die Fachleute unterstützen sollen, sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen vorzubeugen.

Das Forschungsprojekt erreichte Beachtliches (sic!): Informationen zur Definition von sexuellem Kindesmissbrauch und Erklärungsansätze, wie es dazu kommt; Formen, Folgen und Symptome sexueller Gewalt, die Häufigkeit von sexuellem Missbrauch, Besonderheiten und Merkmale im Hinblick auf die Täter und ihre Strategien; Präventionsansätze und -modelle werden dargestellt und Bewältigungskonzepte für Betroffene. Zusammengefasst: Wer Augen hat zu lesen und Ohren zu hören, der konnte wissen. Und handeln.

Finanziell gefördert wurde das Forschungsprojekt durch das Bayerische Sozialministerium.

Am 30.09.2001 endete der Forschungsstatus von ZISSG.

Vom 01.10.2001 bis 31.12.2004 war ZISSG Teil des Referats der Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern e. V. „Prävention gegen sexuelle Gewalt / Sexualpädagogik“.

Aufgrund fehlender Finanzmittel konnte die Arbeit anschließend in dieser Form nicht mehr weitergeführt werden.

Dann kommt das Jahr 2010. An einer Berliner Jesuitenschule werden Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch bekannt. In einer Art Dominoeffekt kommen innerhalb weniger Wochen zahlreiche weitere Fälle an die Öffentlichkeit. Wie konnte das nur geschehen?, fragen jetzt alle. Wie konnte das so lange Zeit verborgen bleiben? die anderen. Skandal! Skandal! rauscht es durch den Blätterwald. Kinder sind unser wertvollstes Gut und müssen geschützt werden! kräht es quer durch die Parteien. Prävention! Prävention! blökt es plötzlich von allen Seiten. Forschung! Forschung! Vernetzung! Vernetzung! Wir müssen! Wir müssen!

(Für Interessierte: www.zissg.de)