netzwerkB 07.02.2012
Frage:
Birgt die Anzeigepflicht z.B. eines Lehrers, Priesters mehr und schwerere Risiken, als der vermeintliche Vorteil einer baldmöglichen Strafverfolgung?
Antwort:
Eine pauschale Antwort wäre diesbezüglich fehl am Platz. Fakt ist jedoch, dass jeder Lehrer oder Priester die gebotene Hilfe rechtswidrig unterlässt, sofern er ihm bekannt gewordene Straftaten nicht zur Anzeige bringt.
Dem gegenüber besteht das Risiko, dass der angezeigte Täter seinerseits Strafanzeige wegen Verleumdung erstattet und / oder auf dem Zivilrechtsweg eine Unterlassungsklage einleitet.
Hierzu ist allerdings auszuführen, dass Strafanzeigen wegen Beleidigung und Verleumdung im Regelfall durch die Staatsanwaltschaften auf den Privatklageweg verwiesen werden und somit meist im Sande verlaufen. Das Risiko, sich einer zivilrechtlichen Klage ausgesetzt zu sehen, ist darüber hinaus dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der KLÄGER, in diesem Fall folglich der Täter – die Beweislast für das tatsächliche Bestehen des von ihm behaupteten Unterlassungsanspruchs trägt.
Im Hinblick auf Priester oder sonstige Geistliche besteht allerdings die Besonderheit, dass diese gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 StPO von dem ihnen gesetzlich eingeräumten Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen können, sofern ihnen Straftaten in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut oder bekannt geworden sind.
Wie jeder Berufsgeheimnisträger kann jedoch auch ein Geistlicher von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden werden, was jedoch nur im seltensten Fall vorkommt, sofern ein Täter sich dem Geistlichen anvertraut hat.
Das betrifft aber nur einen kleinen Ausschnitt der mit einer allgemeinen Anzeigenpflicht verbundenen Probleme. Nur mal ein Beispiel, was erwachsene Betroffene angeht: es kommt es vor, dass Informationen aus den Psychotherapien von Betroffenen vor Gericht gezerrt werden (wobei ich nicht sagen kann, was die Anlässe für diese Prozesse waren, wie weit also Strafanzeigen dabei eine Rolle spielten).
Mir ist auch nicht klar, ob dann zum Beispiel eine Sozialpädagogin, die in ihrer Beratungstätigkeit vom früheren Missbrauch ihrer Clientin erfährt, zur Anzeige verpflichtet wäre. Und wie das dann mit dem Berufsgeheimnis in jenen Berufsgruppen wäre, die klassischerweise von Betroffenen zu ihrer Unterstützung aufgesucht werden (das werden ja eher keine Geistlichen sein 😉 ).
Ganz besonders sorgfältig sollte sich NetzwerkB die gegenwärtige, juristische Situation von betroffenen Kindern ansehen. Dabei will ich nicht den Elan bremsen, hier mal etwas Grundsätzliches zu verändern. In vielen Fällen ist womöglich die Anzeige notwendig, um ein Kind zu schützen, und dann sollen wir sie auch verlangen – sowie Hilfen für diejenigen, die den Prozes durchstehen müssen. Als Informationsbasis, um hier ein ausgereiftes Paket von Forderungen formulieren zu können, könnte ich mir sowohl Eltern, die ihr Kind mvor einem Täter schützen (wollen), als auch Mitarbeiter jener Beratungsstellen vorstellen, die sich schon mal um Schutz von Kindern und gegen die Täterlobby engagiert haben (ich denke, es gibt hier große Unterschiede zwischen den Einrichtungen). Dabei geht es nicht darum, „ihnen alles zu glauben“ oder Bewertungen zu übernehmen, die für unseren Ansatz völlig unvereinbar sind. Aber wir übernehmen große Verantwortung, wenn wir Forderungen formulieren, die die Kinder von heute betreffen, deshalb sollten diesen Forderungen umfassende Informationen zugrunde liegen.
„Hierzu ist allerdings auszuführen, dass Strafanzeigen wegen Beleidigung und Verleumdung im Regelfall durch die Staatsanwaltschaften auf den Privatklageweg verwiesen werden und somit meist im Sande verlaufen.“
Das hat eine Opfer sogar schriftlich von der Generalstaatsanwaltschaft nach Beschwerde erhalten, nachdem ein Täter zusätzlich Angst machendes überwiegend langes beleidigendes nötigendes Brief- und Telefonstalking betrieben hat , das für den „hochaufgehängten Stalkingparagraphen “ nicht ausreicht und einem mißbrauchten Opfer den Rest gegeben hat.