The Myth of Forgiveness translation of „Mythos der Vergebung“ by netzwerkB
Again and again, the keyword „forgive the perpetrator“ appears in connection with the processing and healing of traumatic childhood experiences. It is time to put away with different myths, which are entwined around it.
1. Myth
Forgiveness/reconciliation with the perpetrator would have a healing effect for the adult aggrieved party
Many psychotherapy trends, and unfortunately also some trauma therapy movements, consider the victim’s forgiveness of the perpetrator the crowing conclusion of a successful therapy. Often, people also talk about „making peace.“ But what does this forgiveness mean for the victim?
From the perspective of the abused child in the adult, it means that the child, who just began to communicate, must be silent again. This is particularly devastating concerning violence within the family because following forgiveness, contact with the perpetrator takes place again, or continues to take place, which traumatizes the victims all over again.
From the perspective of the adult victims, forgiveness may at first bring some relief because they no longer have to feel guilty for their alleged „inability“ to forgive towards the perpetrators and, sadly, also towards the majority of society. The „ability“ to forgive is presented as a virtue. And maybe, it’s just the opposite: maybe it’s about lacking courage and the ability to resist the pressure of the perpetrator and the environment.
But forgiveness stands in the way of a profound healing because it implies a recurrence of the trauma as forgiveness restores the power structures that existed during the traumatizing deed: a perpetrator that is not prosecuted and that does not have to have to feel a bad conscience – and a powerless, silent victim.
This re-traumatization will be aggravated even more if the perpetrator is unreasonable and does not show remorse. Victims who forgive such a perpetrator suffer enormous damage. They have to shoulder all the blame. And as most child abusers are unreasonable, unwilling to face and admit their crimes and, least of all, show any remorse, it is irresponsible to recommend the „remedy“ of forgiveness to victims who endured violent crimes in their childhood.
2. Myth
Forgiveness/reconciliation would make our world better
The background of the myth of forgiveness are religious traditions (not only of Christianity) that idealize masochism. Despite the enlightenment, attitudes like „vale of tears,“ or „If someone hits you on your cheek, you offer him the other one, too,“ or the admiration of masochistic martyrs have survived all the way into our time.
The myth of forgiveness can also be found in spiritual/esoteric worldviews; it is even an essential element of these worldviews because through forgiveness – especially towards violent parents – the old world order and the existing power structures are restored, respectively sustained. Thus the believers and followers stick with them.
Such religious/spiritual/esoteric worldviews originated at a time when the individual did not yet have the chance to lead a self-contained, self-designed and independent life. Although this has changed dramatically, but there are of course still people in our time who have an interest to use forgiveness in order to keep other people constrained as victims. It is useful for politicians greedy for power, if people remain victims throughout their lives. Victims can be exploited and don’t rebel. In this way, religion benefits politics and vice versa.
In other words:
- forgiveness supports oppressive, exploitative power structures
- forgiveness only benefits the child abusers and damages the victims
This is not an improvement for the world. On the contrary.
Myth 3
forgiveness would lessen rage, hatred and vengeance
Child victims of violence, who are forced to forgive and thus to remain silent, cannot process the feelings that go along with the abuse, feelings like rage, hatred, vengeance; they split them off. Forgiveness is a synonym for repression.
The victims retain these feelings until they have the possibility as adults to inflict violence on children and to thus avenge themselves for the violence of their perpetrators.
Hence, rage, hatred and vengeance are not lessened by forgiveness but only displaced onto the next generation. Thus violence and traumatization are reproduced anew in each generation through forgiveness.
The best example for this are the pedo-criminal priests, who, due to their profession, had to forgive everyone who ever has hurt them. They forgave their perpetrators, and for this, they retaliate upon the children entrusted to them and their care.
Naturally, the transfer of violence from generation to generation happens first and foremost in the family, where it is facilitated by a dense net of cover-ups, hierarchical structures, the lack of empathy towards children and of course with the help of religious myths like the one of forgiveness. So, forgiveness increases all rage, hatred and vengeance after all.
Also this is not an improvement for the world, just as as the reproduction of trauma victims in each generation is not an improvement for our world.
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Quelle: Barbara Rogers
http://www.screamsfromchildhood.com/myth_of_forgiveness
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makes sense – das ist genau das, was ich seit meiner Kindheit immer gefühlt habe. Etwas „wirklich“ Schlimmes ist mir zwar nicht passiert (der Herr Pastor hat mir als Kind NUR eine schallende Ohrfeige verpasst, die ich ihm aber niemals vergeben werde, da ich damals schon ein feines Gespür dafür hatte, was gerecht ist und was nicht), aber die Mechanismen sind für alle Übergriffe auf Körper und Seele wohl die gleichen. Dadurch, dass ich mich zu keiner Zeit und in keiner Situation als legitimes Opfer sehe, bewahre ich meine Integrität.
NIEMAND hat Gewalt verdient, warum sollte dann den Gewalttätern vergeben werden??? Sie sind es, die bereuen sollen und Sühne leisten. Wenn sie dafür schon zu verkorkst sind, ist das doch ihr Problem!
Die Übersetzung dient auch der Völkerverständigung …
Unsere an Banken und Wirtschaft orientierten Gesellschaften brauchen diesen Austausch mehr denn je …
Als sehr lesenswert zu empfehlen auch http://www.screamsfromchildhood.com/Vergebungs-falle.html – u.a. dieses Zitat fiel mir auf:
„Alle anderen Verbrechen kommen vor Gericht, werden angeklagt und bestraft. Doch Verbrechen von Eltern an ihren Kindern müssen im Geheimen und voller Scham in der Therapie bearbeitet und verborgen werden. Dann werden sie mit dem Rat, alles zu vergeben, begraben. Gerechtigkeit erhalten sie nie.“
Liebe, sehr geehrte Freunde!
Als sein Opfer , fing mein eigener Vater an, mich im Alter von 8 Jahren zu seinem „Spiel-kameraden“ zu sehen und wurde tätlich, über Jahre hinweg.
Da ich keine Ahnung hatte, denn es war kiurz nach dem Krieg, wo man mit Sicherheit garnichts wusste, wenn man so jung war, musste ich mich dem Fremdartigen beugen und versuchte, so wenig wie möglich den Vater zu berühren.
Zu einem späteren Zeitpunkt schlug er mich so sehr, dass ich das Bewusstsein verlor. Dadurch noch wütender geworden (Augenzeugenbricht!), hob er mich vom Boden und schlug meinen Kopf gegen eine Eisenmaschine, womit mein Leiden erst richtig begann …
40 Jahre litt ich unter einer von ihm herbeigeführten unheilbaren schweren Krankheit.
Als ich an einem Ort sehr allein wohnte, stand es mir vor Augen: ICH muss ihm vergeben, wenn ich wieder hochkommen und glücklich werden wollte! Es gibt niemanden, der mein Problem kannte!
Das geschah nur, weil ich im Alter von ca. 14 Jahren zu Jesus Christus bekehrt hatte.
Die ARBEIT der Vergebung war sehr schwer und ich verzweifelte fast daran. Nach Wochen mit vielem Weinen und inneren Schmerzen gelang es mir dann doch.
Als ich wieder in der Nähe war, wollte ich ihn besuchen. Ich wollte es wissen, ob es mich triggert, wenn ich das Haus betreten und auf ihn zugehen würde!
Es war für mich ein Wunder – denn ich verspürte keine Trigger oder Ähnliches! Gott hatte gewonnen, bei und in mir! Nun wollte ich möglichst meinem alt gedwordenen Vater heraushelfen…. es ging nicht!
Ich blieb glücklich, er versank mehr und mehr in Krankheiten und er starb schrecklich. Man fand sein Parteibuch, er war Mitglied seit 1933!
Grüße an alle, die mit dem Vergebungsgedanken Probleme haben!
lemuel
Es kommt immer darauf an, aus welcher Motivation Vergebung praktiziert wird. Die Handlung selbst sagt nichts aus und ist genau genommen unwichtig.
Das hat der Autor wohl nicht ganz verstanden.
Wird ein Mensch GEZWUNGEN zu vergeben, dann kommt das einem erneuten Missbrauch gleich, da hat er schon recht, ohne dass ihm dieser Zusammenhang offenbar bewusst ist.
Aus sich selber heraus zu vergeben ist Heilung und be3freit einen Menschen aus seinem Trauma- Käfig. Dabei ist vollkommen unwichtig, ob der Täter davon überhaupt etwas weiß oder es jemals erfährt.
Die positiven Folgen hat Samuel schon sehr treffend beschrieben.
Auch an Sie Eric, meine Frage:
Auf welche wissenschaftliche Erkenntnisse stützen Sie Ihre Theorie, daß Vergebung aus dem „Trauma-Käfig“ befreien würde?
Wem ich nach Jahrzehnten vergeben habe, bin ich selbst. Nie werde ich dem Täter vergeben können. 40 Jahre lang habe ich geglaubt, ich wäre schuld gewesen für etwas, was ich nicht wissen konnte. Und das hat mein ganzes bisheriges Leben geprägt mit Schweigen, Scham und Selbstvorwürfen. Und nur deshalb, weil ich mir selbst, und nur mir selbst nach Jahrzehnten vergeben konnte, kann ich heute diese Zeilen schreiben. Der Täter wird nicht an meine Tür klopfen und mich um Vergebung bitten. Das wäre für ihn ja ein Schuldeingeständnis. Also muss man die Täter zum Schuldeingeständnis zwingen und zwar durch die Aufhebung der Verjährungsfristen.
Ich denke das ist der entscheidende Punkt:
Man muss sich selbst vergeben, bzw. aus den völlig ungerechtfertigten Scham- und Schuldgefühlen rauskommen. Frieden mit sich selbst schließen.
Das ist was ganz anderes als den Tätern verzeihen. In seriösen Traumatherapien wie nach Reddeman oder Huber ist auch wirklich keine Rede davon, dass es nötig wäre dem Täter zu vergeben und mit ihm Frieden zu schließen. Diese Therapeutinnen distanzieren sich auch klar davon und wissen, das wäre Hohn.
Man muss einfach bisschen gucken. Auf dem Psychomarkt gibt es eben zu allen Themen auch unseriöses.
Worüber kaum gesprochen wird, dass Opfer von sexueller Gewalt aber auch nur von Gewalt gar nicht so selten in eine Abwärsspirale geraten, die sich so bemerkbar macht, dass solche Opfer sehr häufig an Menschen geraten, die den Opfern wieder Gewalt antun. Außenstehende könnten daraus schließen, dass Opfer eine „Sucht nach Gewalt“ unbewußt erfahren.
Da nützt ein Vergeben gar nichts.
Ich finde, die Autorin wirft in dem Artikel einiges durcheinander. Fettgedruckte Überschriften und Aussagen im Brustton der Überzeugung machen noch keine Wahrheit.
Zunächst mal stimme ich einem anderen Kommentar zu, dass es überhaupt nicht darum gehen kann, zur Vergebung gezwungen oder genötigt zu werden. Das wäre wieder Gewalt.
Dann gilt es zu unterscheiden zwischen dem innerlichen Vergeben, wie Samuel es beschreibt, und der Vergebung, die dem Täter mitgeteilt wird.
Ich sehe auch nicht, wieso Vergebung – so wie die Autorin es darstellt – bedeuten sollte, dass der Täter nicht bestraft wird. Handlungen haben Konsequenzen.
Ich glaube, man kann das überhaupt nicht über einen Kamm scheren, es ist eine Frage, was wann für wenn in welcher Situation, in welchem Kontext, angemessen ist.
Zu vergeben bedeutet auch nicht zwangsläufig, die Gefühle nicht mehr zu fühlen, die mit dem Missbrauch, der Gewalt, zusammenhängen.
So wie ich Vergebung verstehe und erlebt habe, ist es ein innerlicher Prozess. Mir hat er eine tiefe Erfahrung von Glück, Kraft, Freude, Liebe und Freiheit geschenkt. Er hat dem Hadern damit, dass meine Vergangenheit so war, wie sie war, ein Ende gesetzt.
Das heißt noch lange nicht, dass ich es gut heiße, was der Täter getan hat. Nur, dass ich aufhörte, gegen die Wirklichkeit zu kämpfen, und den Groll loslassen konnte.
Ich habe dahin gefunden – nachdem ich rechtliche Schritte gemacht hatte (straf- und zivilrechtlich), andere Opfer kennen gelernt und mich solidarisiert hatte, eine Beratungsstelle aufgesucht, Unterstützung bei Freund_innen angefragt und erhalten hatte. Und ich bin immer wieder – so gut ich kann – offen dafür, dass diese alten Gefühle Raum brauchen können.
Die letzten Ausführungen von Conny gefallen mir. Sie entsprechen meinem Erleben. Das Schwierige für den Betroffenen ist jeweils zu verstehen, wie es möglich sein konnte, dass dies überhaupt geschah ohne zu schließen zu müssen: Was nicht sein kann auch nicht sein darf (B.B.). Sich selbst verstehen, sich selbst verzeihen, ein langwieriger Prozess, der mit guter Fremdhilfe gelingen kann und den Abstand schafft vom Täter, der notwendig ist, um ein eigenständiges, selbstbestimmtes, mit sich achtsames, liebevolles „neues“ Leben weiter führen zu können.