netzwerkB 14.11.2011
Filmkritik „I’m not a f**king princess“
von Petra Forberger
Nachdem ich den Film „I’m not a f**cking princess“ der Regisseurin und Betroffenen Eva Ionesco gesehen habe, frage ich mich, WAS um alles in der Welt diese Frau sich dabei gedacht hat?????? Hat sie etwas gedacht?? Oder setzt sie – emotional noch immer abgespalten von ihrem eigenen Leid – lediglich den Missbrauch fort. Ich habe den Eindruck Letzteres.
Ich hatte mir eine kritische und reflektierte Auseinandersetzung einer Betroffener mit ihrer Geschichte erwartet – stattdessen bekomme ich einen Film geboten, der die Trigger so genannter „Pädophiler“ bedient: Die junge Darstellerin der Violetta/Eva läuft praktisch den ganzen Film über mit lasziv-rot geschminkten Lippen, verrucht geschminkten Augen, blonder lockiger Wallemähne, knappen Shorts, langen nackten oder netzbestrumpften Beinen und hochhackigen Stilettos herum, gerne auch mit kleinen Büstenhaltern und irgendwelchen durchsichtigen Spitzenteilchen oder Bustiers, die die (noch fast nicht vorhandenen) Brüste betonen (beispielsweise auch in Szenen in der Schule oder im Jugendheim). Die Kamera-Einstellungen sind nicht nur während der Darstellung der Fotosessions eindeutig pädo-bedienend (Violetta/Eva lasziv liegend von hinten unten gefilmt, so dass vor allem der durch die knappen Shorts so gut wie nicht verdeckte Hintern zur Geltung kommt; Violetta/Eva in der Schulbank mit „unschuldig-laszivem“ von-unten-Blick; Violetta/Eva in der Schule ein Gedicht vortragend in enganliegendem Satinkleid und entsprechend provokanter Körperhaltung; selbst schlafend wird sie erotisch-verführerisch inszeniert und wenn sie eine Kindersendung anschaut liegt sie lasziv-aufreizend auf dem Sofa, etc. ).
Eva Ionesco macht mit ihrer jungen Darstellerin nichts anderes als was ihre Mutter mit ihr gemacht hat: sie missbraucht sie. Sie erotisiert den kindlichen Körper für Erwachsenenblicke und setzt dabei auf die Trigger, die sie gelernt hat. Eva Ionesco stellt ihre junge Hauptdarstellerin ebenso aus und benutzt sie ebenso, wie sie einst von ihrer Mutter ausgestellt und benutzt wurde. Eine Wiederholung des Traumas also. Die Idee, den Film als „Märchen“ zu inszenieren, kann als noch immer wirksame Abwehr des eigenen Kindheitstraumas verstanden werden: Das tatsächlich in ihrer Familie seit Generationen vererbte schwere Leid durch sexualisierte Gewalt muss sie noch immer in Traum- oder Märchenform packen. Wie viele (kindliche) Betroffene kann sie sich offenbar nur über Inszenierungen ihrem Leid nähern.
Die Tragik dabei ist, dass Eva Ionesco wie in einer Art „Stockholm-Syndrom“ wieder diejenigen bedient, von denen sie selbst viele Jahre lang benutzt wurde: die geifernden, lüsternen Täter. Diejenigen, die gerne kleine Mädchen in erotischen Posen als Erregungsobjekte hernehmen. Der Film ist noch immer mit dem Blick von außen auf das erotisierte Kind gedreht. Als könnte auch die Regisseurin sich selbst und ihre Geschichte nur ertragen, wenn sie sie und sich durch die Augen anderer – hier leider sogar der Missbraucher – betrachtet. Mir scheint, dass Eva Ionesco nach wie vor in ihrer Gewaltgeschichte gefangen ist, und der Film eine Reinszenierung der Gewalt ist. Eine nicht unübliche „Aufarbeitung“ von erlebter Gewalt. Aber eben – wie auch schon bei ihrer Mutter – wieder eine Form des Missbrauchs. Eva Ionesco reinszeniert ihre Geschichte und missbraucht dabei ihre junge Hauptdarstellerin, indem sie die Phantasien derer bedient, die einmal Mittäter ihrer Mutter waren. Deshalb sitzen im Kino auch schmierige, alte Männer, denen die vielfach eingestreuten Trigger mindestens feuchte Augen machen. Auch gesetztere Paare sind anzutreffen, bei denen man sich fragt, was die wohl an so einem Film interessiert – wo man als Betroffene doch weiß, dass die meisten Nichtbetroffene von der Thematik nichts wissen wollen. Meist trifft man ja eher auf Abwehr statt auf Interesse. Warum also diese Paare in der Vorstellung? Paare, die es sich mit einem Cappuccino und etwas Popcorn gemütlich machen. Paare, bei denen die Frau ab und an etwas verlegen kichert und sich unsicher zu ihrem Nebensitzer umsieht. Ich denke, wir haben es hier mit Paaren zu tun, bei denen wieder „ach so aufgeklärte“ (aber eigentlich blinde) Frauen ihren entsprechend einschlägig interessierten Männern etwas „gönnen“ wollen. Natürlich alles unter dem Deckmantel der „Kunst“.
Auch dieser Film wird als „Kunst“ verkauft – so wie die Fotos von Irina Ionesco als „Kunst“ verkauft wurden und werden. Und die Presse lobt wie immer. Ebenso wie die sich aufgeklärt und modern gebende, in Wahrheit aber „pädophil“ verkorkste Subkultur. Eine Subkultur, die seit Jahrzehnten ihren sexuellen Missbrauch von Kindern als „Aufklärung“ und „Liebe“ und „Modernität“ verkaufen kann. Dabei ist es Missbrauch und Porno und eine Straftat. Nichts anderes.
Ich weiß nicht, was Eva Ionesco mit diesem Film bezwecken will – aufklärerisch im Sinne einer Aufarbeitung ist er nicht. Er bietet keine Reflektion – weder der sexualisierten Gewalt und ihrer verheerenden und menschenzerstörenden Folgen, noch der tatsächlichen Geschichte, die hinter allem steckt. Das Einzige, was der Film deutlich zeigt, ist, wie sehr Eva Ionesco selbst noch immer in ihrer Abspaltung feststeckt, wie sehr sie selbst das große dunkle Familiengeheimnis noch unausgesprochen lassen muss. Wie sehr sie sich bis heute vor der wirklich schrecklichen Wahrheit ihrer Kindheit, ja, ihres Lebens schützen muss, und deshalb ihre Geschichte noch immer nur als eine Art bösen Traum (sie nennt es „Märchen“) wiedergeben kann.
Die wirklich schreckliche Wahrheit von Eva Ionescos Kindheit ist nämlich, dass sie die Tochter eines Inzestkinds ist. Irina Ionesco, die exzentrische Fotografin, Mutter und Missbraucherin von Eva, entstammt einem Inzest: Ihr Großvater/Vater hat seine eigene Tochter missbraucht und dabei Irina Ionesco gezeugt. Nein, das ist keine Entschuldigung für den Missbrauch von Eva durch ihre Mutter. Aber eine Erklärung für das, was Eva Ionesco mit dem Film abliefert: Nämlich das Zeugnis eines generationalen Inzests, der bis heute wirkt.
Die Regisseurin Eva Ionesco kratzt mit ihrem Film gerade mal an der Oberfläche ihrer tragischen Geschichte. Sie inszeniert nur den (vorerst) letzten Teil einer langen und lange verschwiegenen Geschichte, an deren Beginn mindestens der Urgroßvater/Großvater von Eva Ionesco steht, der seine eigene Tochter missbraucht und mit ihr ein Kind gezeugt hat. Zur Geschichte gehört auch eine Urgroßmutter, die dies alles offenbar hingenommen und sich ins Religiöse geflüchtet hat (oder schon immer dort gewesen ist). Diese Urgroßmutter wird von Eva Ionesco zwar als ihre einzige stabile Bezugsperson wahrgenommen und dargestellt, gleichzeitig wird deren Distanz und Abwehr gegenüber Irina (Fotografin/Inzestkind) deutlich spürbar. Was sie allerdings nicht daran hindert, Irinas Geld anzunehmen. Es wirkt, als müsste Irina auch noch bezahlen für ihr Gelittensein.
Das Inzestkind Irina ist also bereits aufgrund seiner Zeugung eine Ausgestoßene, ein „Alien“ in dieser kaputten rumänischen Auswandererfamilie. Irina Ionesco, Evas Mutter, ist selbst Opfer (und „Ergebnis“) einer schweren Straftat, ebenso wie ihre Mutter, die tragischerweise auch noch bei ihrer Geburt verstarb. Dieses Erbe hat sie „verrückt“ gemacht. Dieses Erbe hat sie bereits mit ihrer Geburt aus der „normalen“ Welt hinauskatapultiert. Ihre Exzentrik ist in Wahrheit eine (offensichtlich unerkannte) Posttraumatische Belastungsreaktion, eine unbewusste Darstellung ihres grausamen und verdrängten Schicksals. Nochmals: Das ist keine Entschuldigung für ihren Missbrauch an ihrer Tochter Eva. Aber es zeigt, dass Eva Ionescos Vorwurf allein nur an ihre Mutter gerichtet zu kurz greift.
Der wahre Täter in Eva Ionescos Geschichte ist mindestens der Urgroßvater/Großvater (der aber noch nicht das letzte Glied in der Kette sein muss). DAS aufzudecken wäre die wirklich wichtige Geschichte gewesen. Aufzudecken, dass sexualisierte Gewalt häufig eine lange aber verschwiegene/verdrängte generationale Geschichte hat. Dass sich sexualisierte Gewalt häufig über Generationen fortsetzt und ganze Familienlinien vergiftet, in jeder neuen Generation Opfer erzeugt und ihnen ein Leben in Kälte aufzwingt, abgeschnitten von Gefühlen, vom Leben selbst, häufig in „Verrücktheit“ und manchmal auch in Reinszenierungen (durch erneute sexualisierte Gewalt gegen Kinder) ihrer eigenen traumatischen Geschichte endend.
Die familiäre Dysfunktionalität über Generationen hinweg, der generational fortgesetzte Inzest und die daraus resultierenden schweren Folgen sowohl für die einzelnen Familienmitglieder wie auch für ganze Gesellschaften aufzudecken – DAS wäre die eigentliche dringend zu erzählende Geschichte gewesen und wert, verfilmt zu werden. Und das wäre auch die notwendige Aufarbeitungsleistung, die Eva Ionesco leisten muss, wenn sie sich wirklich über ihre Mutter und deren Missbrauch an ihr erheben möchte. Doch noch ist Eva Ionesco und damit auch der Film überlagert vom großen dunklen Familiengeheimnis. Auch sie kann das dunkle Familiengeheimnis nur als kurze Tonbandaufnahme (also quasi „über Bande“, jedenfalls nicht direkt durch ein Familienmitglied ausgesprochen) wiedergeben. Auch sie reagiert auf das Familiengeheimnis noch immer lediglich mit Reinszenierung und Vernebelung („Märchen“). Und deshalb ist der Film auch nur eine Fortsetzung des generationalen Missbrauchs. Und Eva Ionesco noch immer das verstrickte Opfer, das weiter Pädos bedient.
„Er bietet keine Reflektion – weder der sexualisierten Gewalt und ihrer verheerenden und menschenzerstörenden Folgen, noch der tatsächlichen Geschichte, die hinter allem steckt.“ – Das würde einmal mehr vorführen:
Kein Mensch versteht wirklich, was beim Machtmissbrauch psychisch passiert, wie die sexualisierte Gewalt ganze Generationen verseucht, wie einstige Opfer mit ihrer „subkutanen Infektion“ unbewusst sich selbst und andere Menschen erneut gefährden (können) …
Wozu gibt’s eigentlich Psychologen, wenn sie nicht einmal im Vorfeld eines solchen Films diesen Teufelskreis enttarnen und rechtzeitig vor Defiziten und Folgen warnen warnen?
Man könnte ernsthaft an Verschwörung mit der Absicht denken, die Pädokriminalität zynisch „auf salonfähig zu frisieren“ – wahrhaft diabolisch!
Also in den film muss ich nicht gehen, da ist die kritik weeeeitaus besser!!!
Hut ab vor der Schreiberin.
Das Schlimmste und erschreckenste was ich selber einmal hörte von einer Frau, die wie ich dachte aufgeschlossen und NICHT emotional blind ist, war:
„Auch ich bin ein Inszest Kind, von dem Vater meiner Mutter. Ich habe es immer schon gespürt, auch als Kind. Auch meine Geschwister liessen es mich spüren indem sie sagten, ich sei ja nicht wie sie. Aber mein Grossvater war ja nciht krank, er bekam damals Parkinsonmittel, es war nach dem krieg. Und diese Mittel damals hatten eben einen gesteigerten Trieb als Nebenwirkung“
Das wars. Sie ist wohl bis heute nicht in der Lage die dysfunktionale Störung ansich zu „beäugen“, denn sie verdrängt vieles was sie selber falsch machte in ihrer Erziehung,,,,schlimmer noch,,,,sie ist in der Politik tätig und predigt „Missbrauch hat es immer schon gegeben und es gibt auch noch andere wichtige dinge “
Es hat mir fast den Boden unter den Füssen weggezogen, denn gerade diese Frau hat mich nach Aufbrechen meines eigenen Traumas vor drei jahren „getragen“ und dafür gesorgt, dass ich wieder aufstehe,,,,
Sehr tiefgründig beleuchtet.
Interessant finde ich auch die Beschreibung der Kinobesucher.
Eva Ionesco hat diesen Film als Rache an ihrer Mutter gedreht. Das alleine bestätigt Petras Analyse, dass Eva ihr Trauma noch lange nicht verarbeitet hat.
Um so schlimmer, dass sie selbst durch die Rollenbesetzung Violetta dieses Darstellerin / ein Kind für ihre eigenen Zwecke missbrauchte.
Der generationsübergreifende Missbrauch erhielt mit diesem Film eine Fortsetzung. Und alle Pädorasten dürfen sich erneut die Hände reiben und sich an diesem Film ergötzen. Grauenvoll!!!
Eva Ionesco hat damit lediglich die Werbetrommel für ihre Mutter gerührt, und erheblichen Schaden dem Thema sex. Missbrauch zugefügt.
Die Bagatellisierung, die derzeit wieder überhand wird, wurde mit diesem Film erneut etabliiert.
Man kann nur hoffen, das Eva die eingespielten Gelder für eine vernünftige Therapie und den Rest für Prävention s. M. investiert.
Danke Petra für diese scharf analysierte Filmkritik!!!
Lieben Gruß von Sarah
Vielen Dank für diese Filmkritik!
So kann ich mir einen Trigger-Film ersparen.
@Anna Ich denke ich werde mir den Film auch ersparen. Habe so schon genug mit Zwangsgedanken zu tun. Jetzt da auch noch den erotisierenden Blick den Petra da beschreibt eingeimpft zu bekommen ist sicherlich nicht schön.
Dieser Film ist eine Unverschämtheit der kleinen Schauspielerin gegenüber. Betroffenen ebenfalls und unserer Gesellschaft im Allgemeinen gegenüber so wie so. Ich bin fassungslos und erwarte, dass dieser Film ganz schnell aus den Kinos und dem Netz (Trailer etc) verschwindet.
Wie viele Menschen sind an der Entstehung dieses Films beteiligt?
Wer hat diesen Film öffentlich zugelassen? Wie kommen diese Personen dazu, ihn ab 12 Jahren frei zu geben?
Warum erdreisten sich die Verantwortlichen, dies unter dem Thema Kunst laufen zu lassen?
Astreines Täter_innenverhalten. Ich denke über eine SammelAnzeige (gibt es so etwas?) nach; ein wohl legitimes Mittel, wenn einem der Kragen platzt.
Immerhin fällt das Problem auch Menschen auf, die vernutlich nicht näher mit der Thematik sexualisierte Gewalt befasst sind:
http://www.backview.eu/kultur/kultur-filmundfernsehen/1703-wo-hoert-kunst-auf.html
Folgende Begründung findet mensch bei der FSK (Freiwillige Selbstkotrolle der Filmwirtschaft) :
Im Frankreich der 70er Jahre angesiedeltes Drama über ein junges Mädchen, das von seiner Mutter, einer exzentrischen Fotografin, als Modell für immer freizügigere Fotos missbraucht wird. Auf der Bildebene findet die Behandlung des Themenkomplexes Kindesmissbrauch und Kinderpornographie sehr zurückhaltend statt. Zugleich bezieht der Film sehr klar Stellung gegen die „glamouröse“ Vermarktung des Mädchens, sodass eine moralisch desorientierende Wirkung bei Kindern ab 12 Jahren ausgeschlossen werden kann. Auch die Darstellung der schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung und die damit einhergehende bedrückende Stimmung bewegt sich in einem Rahmen, der ab 12-Jährigen zumutbar ist. Zuschauer dieser Altersstufe sind in der Lage, die Zusammenhänge der Geschehnisse zu erfassen und zu abstrahieren. Eine emotionale Überforderung steht nicht zu befürchten.
FSK ab 12 freigegeben, feiertagsfrei
Ich habe dort angerufen und werde von der ständigen Vertretung der Landesjugendbehörde eine ausfühliche Stellungnahme zu der Begründung/Entscheidung per Mail erhalten.
Des Weiteren werde ich Schritte Richtung Politiker und Rechtsanwälte unternehmen. Ich freue mich, wenn sich hier Menschen finden, die sich anschließen. Es ist sicher besser, wenn wir mehrere sind, als wenn eine Einzelperson irgendwo vorspricht.