W-Lab-Onlineforschung zwischen Sommer 2002 und Sommer 2003

Ergebnisse aus vier Internetstudien

In einer Untersuchungsreihe mit insgesamt vier Online-Studien im Zeitraum zwischen Sommer 2002 und Sommer 2003 interessierten wir uns für die Wahrnehmung und Bewertung von sexuellem Missbrauch durch Dritte und für die Verbreitung und die Natur sogenannter „Missbrauchsmythen“.

Missbrauchsmythen sind in Anlehnung an Bohners (1998) Definition von Vergewaltigungsmythen Überzeugungen, die dazu dienen, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu leugnen, zu verharmlosen oder zu rechtfertigen. Bisherige Untersuchungen zum Thema beschrieben das Konstrukt stets als unidimensional (z.B. Collings, 1997). In unseren Untersuchungen mit einer umfassenderen Itemsammlung an insgesamt 488 ProbandInnen fanden wir im Gegensatz dazu zwei sehr deutlich getrennte und nahezu unkorrelierte Typen von Mythen. Typ-1-Mythen haben Verharmlosung des Missbrauchs sowie täterent- und opferbelastende Überzeugungen zum Inhalt.

Beispiele für Typ-1-Mythen sind:

  • Mädchen, die missbraucht werden, verhalten sich vorher meist in irgendeiner Weise verführerisch.
  • Ein Mann in starker sexueller Erregung ist nur vermindert schuldfähig
  • Sex kann für Kinder auch reizvoll und schön sein

Typ-2-Mythen bestehen dagegen aus naiven Stereotypisierungen von Taten und Tätern, mit der Tendenz, die Komplexität und Vielgestaltigkeit von sexuellem Missbrauch zu verkennen und Missbrauch als ein Phänomen wahrzunehmen, das vorwiegend am Rande der Gesellschaft stattfindet.

Beispiele von Typ-2-Mythen sind:

  • Meistens erfolgt der Missbrauch überfallartig und mit Gewaltanwendung
  • Schreien und massive Gegenwehr ist meistens die spontane erste Reaktion der Opfer
  • Sexuelle Missbraucher sind größtenteils krankhafte Triebtäter

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