netzwerkB Pressemitteilung: Menschen bei Maischberger – Sexparadies für Pädokriminelle (als PDF herunterladen)
Frau Maischberger stellte in ihrer Sendung vom 12. Oktober 2011, „Gefährliche Liebschaft oder wahre Liebe?“, den Fall einer sexuellen Beziehung einer erwachsenen Frau zu einem minderjährigen Jungen aus Österreich dar.
Die Frau war zu Beginn des Verhältnisses 40 Jahre alt, eine Handballtrainerin, sie hat den Jungen im Sport kennengelernt und mit ihm zum ersten Mal geschlafen, als er 13 Jahre alt war. Der Junge empfindet diese Beziehung als seine große Liebe, im Alter von 14 Jahren hat er ihr sogar einen Heiratsantrag gemacht.
Die Trainerin erhielt eine Haftstrafe von 22 Monaten auf Bewährung. Die Familie des Jungen begrüßt die Beziehung. Man wohnt inzwischen im selben Haus. Man grenzt den Stiefvater des Jungen aus, der die Frau angezeigt hatte.
Im Gegensatz zu Deutschland, wo dieses Verhältnis bis zum 16. Lebensjahr des Jungen eine Straftat für den erwachsenen Partner darstellt, beträgt die Grenze in Österreich 14 Jahre.
Ein Jurist stellte in der Sendung dar, dass dieses Verhältnis in Deutschland nach wie vor eine Straftat ist, in Österreich aber nicht mehr. Die übrigen Teilnehmerinnen waren fachlich kaum geeignet, darüber etwas dazu zu sagen. Frau Maischberger und die sonstigen Teilnehmer dieser Sendung wirkten überfordert. Ein Psychologe sprach sich unmissverständlich gegen diese Beziehung aus, weil davon auszugehen ist, dass dieser Junge aufgrund dieses sexuellen Verhältnisses Schäden in seiner Entwicklung erleiden werde.
Aus der Sicht von netzwerkB sind die unterschiedlichen Altersgrenzen in den Strafgesetzbüchern zwischen Deutschland und Österreich ein Widerspruch. In Österreich wird hier eine Liberalität bzw. Toleranz gezeigt, die dem Kinderschutz nicht genügend Rechnung trägt. Das österreichische Jugendschutzrecht ist sogar eine Ländersache, so dass es nicht einmal in Österreich selbst eine einheitliche Handhabung gibt.
Der Jugendschutz darf in Europa nicht so zurückstehen, dass er zu einer Sache der lokalen Gepflogenheiten wird. Leider wurde die Sendung von Frau Maischberger der Darstellung dieser Problematik nur zum Teil gerecht.
Wir brauchen in Europa eine einheitliche Handhabung des Kinder- und Jugendschutzes. Sonst drohen uns nicht nur Steueroasen, sondern auch Sexparadiese für Pädokriminelle im europäischem Raum.
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netzwerkB.org (Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt) ist eine unabhängige Interessenvertretung. Wir setzen uns für die Rechte Betroffener ein, indem wir das gesellschaftliche Schweigen brechen, über Ursachen und Auswirkungen sexualisierter Misshandlung informieren, beraten und uns für konkrete Veränderungen stark machen.
netzwerkB bittet darum an Betroffene die netzwerkB-Kontaktdaten weiterzugeben sowie die Kontakt-Email (info@netzwerkb.org) und Website (www.netzwerkB.org) zu veröffentlichen.
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Für Journalisten-Rückfragen:
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Mehr auf netzwerkB:
Ein 14-Jähriger und die Sex -Künste einer 41-Jährigen
Nun Gesetze sind das eine.Hier in Deutschland gab es eine Anzeige wegen Kindesmissbrauch gegen einen 28-jährigen.Das Verfahren wurde eingestellt-nicht aus Mangel aus Beweisen sondern weil sich das Mädchen hinter ihren „Freund „stellte(sie war 13J.)Die Anzeige ging von den Eltern des Mädchens aus.Das Mädchen ging daraufhin ins Heim für eine Weile-es wollte unter anderem für sich auch diese Beziehung durchkämpfen.Der Mann widersetzte sich dort auch dem Kontaktverbot nahm seinen ganzen Einfluss wahr.Das Mädchen kam dann irgendwann wieder aus dem Heim-bzw war dort nicht tragbar und dann wurde vom Jugendamt gegen den Willen der Eltern durchgesetzt das das Mädchen zukünftig bei dem Missbraucher wohnt.Ich kenne die Eltern persönlich….
Sehr geehrter Herr Denef, die Sendung Maischberger habe ich leider nicht gesehen. Ich will jedoch anmerken, dass die Empfindungen dieses Jungen, es sei seine große Liebe nur zu verständlich ist. Meine ersten Kontakte zu einem kath.Priester waren mit 13 Jahren, mit 14 fing er dann an mich sexuell zu manipulieren. Ich glaubte an seine Liebe und er sprach von Liebe, wie ich sie nie wieder finden werde. Hatte ich eine Chance das nicht zu glauben, da ich es glauben wollte und ein Bedürfnis nach Zärtlichkeit bestand ? …. Ich habe jetzt noch mit den Folgen dieser langjährigen nicht reflektierbaren Beziehung zu tun – und bin jetzt 65.
Gruß, M.Th.
@Maria Thule
Zitat: Meine ersten Kontakte zu einem kath.Priester waren mit 13 Jahren, mit 14 fing er dann an mich sexuell zu manipulieren. Ich glaubte an seine Liebe und er sprach von Liebe, wie ich sie nie wieder finden werde. Hatte ich eine Chance das nicht zu glauben, da ich es glauben wollte und ein Bedürfnis nach Zärtlichkeit bestand ? …. Ich habe jetzt noch mit den Folgen dieser langjährigen nicht reflektierbaren Beziehung zu tun – und bin jetzt 65.
Zitatende.
Gerade deshalb spricht man ja von sex. Missbrauch, weil hier sexualisierte Manipulation vollzogen wird. Und dies vom Täter ganz bewusst. Der Täter nützt die Naivität eines Jugendlichen aus, um einzig und allein SEINE Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn nötig auch mit Gewalt. Gewalt im psychischen Sinne ist es immer, weil es dem Täter nie um eine Beziehung auf gleicher Augenhöhe, auf gleicher Entwicklungsstufe geht, sondern nur um Machtausübung, um – wenn Sie so wollen – die Hörigkeit seines Opfers!!! Solche Täter sind gar nicht fähig, eine ebenbürtige gute Partnerschaft zu führen, sie brauchen einen Unterlegenen, um sich groß und mächtig zu fühlen. Sie kompensieren ihre Minderwertigkeitsgefühle damit, indem sie sich andere gefügig machen. Deshalb: Missbrauch!!! Hier handelte es sich nie um eine unreflektierte Beziehung, wie Sie es beschwichtigt (durchaus verständlich) umschreiben. Wäre es nur dies, hätten Sie nicht nach 5 Jahrzenten immer noch an den Folgen dieser „Beziehung“ zu leiden. Dies ist ein typisches Merkmal von Traumatisierung!!! Unreflektierte Beziehungen gehen nicht mit einer Traumatisierung einher!!!
Sarah M.
@ludmilla, können die Eltern nicht mit einem Anwalt gegen die Entscheidung des JA vorgehen? Wieso unterstützt ein Jugendamt Pädo-Kriminelle und ist sogar deren Handlanger? Die Eltern des Mädchens müssen sich wehren und für ihr Kind kämpfen!
Es ist wohl der Heroismus der Liebe, der hier für die Rechtfertigung dieser Taten gelten soll. Ich habe diese Paarbeziehung schon in verschiedenen Medienberichten verfolgt. Die Übertriebenheit, mit der der 14-Jährigen von seiner Liebe zu der 44-Jährigen berichtet, mag dem ein oder anderen genügen, es verdunkelt aber die Tatsache, dass das Machtgefälle hier nicht stimmt. Der übertriebene Wunsch nach Ergänzung im Anderen ist wohl gerade für Jugendliche in ihrer Phase der ersten Orientierung symptomatisch. Eine Liebe, die sich gerade von dem Verantwortungsbereich freihält und nur auf Erfüllung zielt, charakterisiert auch ihn, damit kann aber Liebe überhaupt nicht getroffen werden. Halten wir es nicht für einen Beweis von Liebe, wenn einer zunächst Widerstände nur zu Gunsten eines Anderen überwindet und Verantwortung übernimmt? Erweist sich „wahre Liebe“ nicht immer erst später, wenn sich beispielsweise eine Frau sich um einen im Koma liegenden Mann sorgt? Sicher nicht die einzige Form von Liebe, aber der Heroismus, mit dem der 14-Jährige seine Liebe in diversen Berichten verteidigt, hat wohl nicht den Erfahrungshintergrund, der für die Angemessenheit seiner Äußerungen nötig wäre. Dieses ist keinesfalls dem 14-Jährigen anzulasten, wohl aber der 44-Jährigen, die diesen Sachverhalt nicht durchdringt.
Traumatisierungen im Bereich der Liebe sind für vielerlei Beziehungen möglich (zwischen Gleichaltrigen und Erwachsenen). Gleichwohl aber sind diese Bereiche schneller „sozial repariert“, weil sie einer geordneten Aufarbeitung in den sozialen Kreisen möglich sind. Hier findet keine Verschleierung statt.
Dies aber ist kein Argument für das Verbot der Beziehung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen generell. Es ist keine Frage der Akzeptanz durch das regional gesellschaftliche Umfeld, ob eine Beziehung zwischen Jugendlichem und Erwachsenem erlaubt sei, sondern eine universale Frage.
Die Argumente gegen solcherlei Beziehungen sind gänzlich unabhängig von einer angeblichen Liebe. Der subtilen Formen der Macht und Kontrolle kann ein Jugendlicher im Machtgefälle zum Älteren nicht gewahr werden. Der Pädokriminalität wäre hiermit Tür und Tor geöffnet. Aber auch dieses Dammbruchargument ist letztlich argumentativ nicht legitim.
Einziges Argument erscheint mir die Berufung auf die Freiheit des Kindes zu sein. Dieses Argument lässt selbst einen angeblichen Heroismus der Liebe nicht stärker sein. Das Berufen auf den Heroismus der Liebe dient vielen Pädokriminellen zur sorglosen Rechtfertigung ihrer Taten, hier müssen wir aufmerksam werden, denn es wiegt nicht die Gefährdung des Kindes auf.
Eine argumentative Auslegung könnte daher wie folg lauten: Eine rückblickende Einordnung des Verhältnisses zwischen Erwachsenem und Betroffenem könnte beim heranwachsendem Betroffenen Scham und Schuldgefühle auslösen, weil der Betroffene erkennt, dass er vieles nicht wollte und sich dem Strom der Ereignisse hingeben musste. Es mögen viele Formen der freiwilligen Einwilligung da gewesen sein, doch dann durchdringt immer wieder die Abhängigkeit von den Erfahrungen des Älteren das gesamte Verhältnis, so dass Freiheit selbst niemals vollständig möglich war. Dies kann eine geordnete Sexualität oder ein geordnetes Leben verunmöglichen. Hinzu kommt, dass die Unerfahrenheit mit sich selbst, nicht durch die angebliche Erfahrung eines Älteren entlastet werden kann. Die Gefahr der Schädigung ist doch wohl enorm: Beim Heranwachsenden ist noch kein Wille geformt, weil der Bereich der Sexualität zu großen Teilen noch überhaupt nicht in der Selbstidentität vorgekommen ist, sondern seine ersten Züge erst entwickelt hat. Wenn dann aber der Strom der Ereignisse den willenlosen Körper übernimmt, der Täter sich des Opfers annimmt, dann kann womöglich der Wille zur Durchbrechung der Ereignisse nicht gefunden werden. Folge sind Angst und Scham in einem Ereigniszyklus, der so niemals gewollt war. [Gleichsam geht es nicht nur um die Frage nach der Sexualität, sondern um die Frage der Freiheit des Heranwachsenden generell. Auch nicht-sexualisierte Gewalt (wenngleich anderer Ursachen entstammend) hat traumatische Folgen, selbst dann, wenn diese „nur“ psychisch geschieht.] Statt der Gewährung von Freiheit greift der Erwachsene in die Freiheit der selbsthervorbringenden Sexualität des Heranwachsenden schamlos ein. Dass dieses dann unter dem Titel „Liebe“ gebracht wird, ist soziologisch leicht erklärt:
Wir haben vor allem in Institution den scheinbar unhintergehbaren Heroismus der Helfenden. Durch Verdrängungs- und Verleumdungsmechanismen kommt hier nicht der „ehrbare Priester“, nicht der „ehrbare Leher“ und auch nicht der „ehrbare Familienvater“ für sexualisierte Gewalt in Frage. Institutionen bedingen damit strukturell Vertuschung, da das durch die Institution gewährte und auch anzuerkennende Hilfspensum zugleich Tätern Schutz liefert. Verstärkend kommt hinzu, dass gerade Täter überproportional diese Machtpositionen suchen, um unter dem Heroismus der Institution Schutz zu finden, um Opfer unbehelligt zu missbrauchen. Die gleiche Schutzhülle legt sich der Pädokriminelle in einer subtileren Form zu (die sicher auch bei kriminellen Familienvätern- oder Müttern greift). Sie sprechen von Liebe. Tatsächlich glauben sie, dass ihre sexuelle Erregung für das Wesen der Liebe herhalten dürfte und solange sich das Kind (wohlgemerkt in seinem noch ungeformten Willen und seiner ungeformten ! Freiheit) hergebe, sei diese Liebe gewährt. Unter dem Deckmantel dieser Insitution der Liebe geht es gar soweit, dass das Unrechtsbewusstsein gänzlich verschwindet. Der Fall bei Maischberger zeigt dieses deutlich. Auch dort zögern wir in unserer Beurteilung und meinen zu urteilen: Wenn er aber sie doch liebt. Tatsächlich vertrete ich die Auffassung, dass die 44-Jährige hier der Gefühle Herr werden muss, um dem Jungen ein Leben mit seiner Freiheit zu gewähren. Es gibt also etwas höheres als sexualisierte Liebe, nämlich Liebe an sich. Nur dieser Verzicht würde einem wirklichen Gefühl der Liebe entsprechen, da sie hier nur seine Freiheit gewährt. Genau diese Liebe ist es doch, die ein Vater seinem Kind zukommen lässt, wobei zu jeder Zeit die eigene Sexualität überhaupt keine Rolle spielt.
Wenn der Pädokriminelle sich hier also sich des Wortes Liebe bedient, dabei aber zugleich die Sexualität miteinbezieht, kommen wir in einen sehr verschwommenen Bereich. Dieser Bereich ist übrigens auch juristisch schwer zu handhaben, deswegen aber nicht unaufkläbar.
Für mich erscheint als evident, dass das Wesen der Liebe eher die Form der Verantwortungsübernahme kennzeichnet als die Form der sexuellen Zuneigung. Zunächst gilt es, wenn ein Erwachsener von Liebe zu Kindern spricht, überhaupt jede Sexualität auszuschließen. Dieses sollte auch der 44-Jährigen gelingen, da angesichts ihres Alters diese Verantwortung zu erwarten ist. Zugleich ist aber der Mechanismus der Liebe in unserer Gesellschaft kein verhandelbares Gut, da sich der Konsens in der Bevölkerung angeblich nicht finden lasse. Allein schon die Überzeugung, dass sich Liebe nicht definieren lasse, hat eine auf Gerechtigkeit basierende Gesellschaft davon abgehalten, in den substantiellen Entscheidungsbereich des Einzelnen zu weit einzugreifen. Unser Rechtssystem hat daher eine falsche Struktur, da es eigentlich substantielle Handhabungen in der Art verbietet, dass hier nur Regionallösungen vorzufinden sind, die eben auf der Kompromissfindung von Parteien basiert. Diese Regionallösungen sind nicht universell, sondern im besten Falle nicht durch Kompromis, sondern konsensuell nach Beratungsentscheidungen festgelegt. Eine klare Schwäche unseres Rechtssystems, zugleich aber eine Mammutaufgabe dieses Rechtssystem für universalistische Argumentationen verfügbar zu machen. Voraussetzung wäre aber in jedem Fall, dass wir die auch die begriffliche Zugänglichkeit des Phänomens „Liebe“ zulassen.
Der einzige Weg, der hierfür in Frage kommen kann, um dann eine einheitliche europäische Gesetzgebung zu erreichen, ist die Aufklärung der Bevölkerung über den Gebrauch des Begriffs „Liebe“ zur Verdeckung der Pädokriminalität. Die universelle Klärung findet nicht auf Ebene der Gesetze statt, sondern im Bewusstsein der Einzelnen über ihre eigenste Form der Liebe. Hier stoßen wir aber auf das grundlegende Problem, nämlich, dass Liebe als „Verantwortungsübernahme für Andere“ in unserer Gesellschaft eher eine geringere Rolle spielt.
Die Lösungen können meines Erachtens nur regional beginnnen, letztlich muss aber dieser Moment eine universelle, zunächst außerjuristische und dann juristische Klärung hervorbringen. Das Konzept der Freiheit ist hier tragender Gedanke. Die Freiheit des Menschen beschließt nicht Brüssel, und so beschließt Brüssel auch nicht die Freiheit der Kinder. Das Recht auf Freiheit ist universal muss aber auf allen gesellschaftlichen Ebenen durchgesetzt werden, dadurch dass es Beachtung von allen erfährt. Dies ist ein weiter Weg, der mit dem eigentlicheren Begriff der Liebe verknüpft ist, insofern es nicht allein die Sexualität bezeichnet, sondern auch die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme. Die doch noch heute notwendigen Institutionen werden erst ersetzt werden können, wenn wir allen Menschen freiwillig das gleiche Maß an Freiheit zukommen lassen. Hier zeigt sich, dass das Problem der sexualisierten Gewalt an das grundlegende Problem unserer Gesellschaft zurückgebunden ist, an die Freiheit des Menschen. Auf empirischer Ebene mag hier ein Teufelskreis entstehen, denn wie soll eine hochtraumatisierte Gesellschaft jemals die Zeit für die Freiheit des anderen finden? Können wir dem anderen Freiheit gewähren, wenn wir sie selbst niemals hatten?
Mir als 28-Jährigen, dem kein Urteil in Sachen Liebe zustehen mag, ist daher unklar, warum die Liebe einer 44-Jährigen auf Sexualität nicht verzichten kann. Sollte nicht die wahrhaftere Liebe zunächst nur um die Freiheit des Heranwachsenden besorgt sein? Kann eine 44-Jährige wirklich an die Liebe eines 14-Jährigen glauben? Das ist erscheint mir als 28-Jährigen lächerlich.
Im Übrigen hätte Maischberger wohl nicht den Schritt gewagt, einen 44 Jährigen und eine 14-Jährige einzuladen. Bei diesem Unterfangen wäre ihr die Absurdität wohl auch aufgefallen. Das Wort Liebe wird hier missbraucht, um Pädokriminalität zu rechtfertigen.
Bravo Norman!
Es scheint mir, wie Norman Schultz beschreibt, nicht nur eine Schwäche des Rechtsystems zu sein, sondern des Menschen insgesamt. Wir sind noch zu wenig geübt in Argumentation.
Gespräche, Aufklärung anhand von Beispielen, Übungen in universaler Argumentation, wirkliches Zuhören sind aus meiner Sicht Wege, die zum Erkennen und Verstehen und damit auch zum Verurteilen Sexualisierter Gewalt, in welcher Gestalt auch immer, führen können. Das ist in der Tat ein sehr mühevoller Weg, der viele kleine und große Schritte benötigt. Hierfür ist Beratung auf allen Ebenen notwendig.
Übernehmen wir als Erwachsene die Verantwortung ggf. auch durch Verzicht, können wir uns selbst übernehmen. Dann kann wirkliche Liebe entstehen.
Im Übrigen ist diese Aufklärungs- und Argumentationsarbeit auf breiter Ebene unverzichtbar, auch um in der Frage der Herangehensweise zur Aufhebung der Verjährungsfristen voran zu kommen. Dies bedarf auch des Zusammenschlusses der Kräfte von Betroffenen und Nichtbetroffenen. Die Stammtische sind ein guter Anfang. Der weitere Weg muss aus meiner Sicht dann noch verstärkter auf der politischen Ebene erfolgen. Von dort erfolgen dann die Signale an die Justiz.
Wenn das Bewusstsein der Richter in Brüssel für die Problematik nicht durch ein gesellschaftlich- diskutiertes Wissen geschärft worden ist, wie sollen sie dann entscheiden. Dann wären ggf. wieder nur die besagten Kompromisslösungen möglich. Norman Schultz hat wichtige universale Argumente für den Konsens dargestellt, vor denen man sich nicht verschließen kann.
Die Übersetzung der Argumentation in juristisches Fachwissen ist dann der zweite Schritt. Auch dort gibt es Mitdenker. Das gibt Hoffnung.
Anka
@ Anka
Ich teile deine Ansicht, was nötig ist, um endlich die Blindheit (und damit Fortsetzung der Gewalt) zu beenden.
Aber: Kennst du die Schriften von Alice Miller? Insbesondere hierzu „Das verbannte Wissen“??? Miller macht darin deutlich, warum beispielsweise „an der Stammtischen“ eben NICHT über die wahren Ursachen und Zusammenhänge in Sachen sexualisierte (und andere) Gewalt gegen Kinder – gerade auch in der Familie! – gesprochen wird:
„…emotionale Blindheit ist nicht angeboren. Sie ist die Folge einer Verdrängung von Gefühlen und Erinnerungen, die den Menschen später für bestimmte Zusammenhänge blind macht. Diese Blindheit ist nicht irreversibel, denn jeder Mensch kann später die Entscheidung treffen, seine Verdrängung aufzuheben. (…) Wie der einzelne diese Chance ergreift, hängt in hohem Maße davon ab, wie seine Kindheit beschaffen war, ob diese einem totalitären Regime glich, in dem außer der Staatspolizei keine anderen Instanzen vorhanden sind, oder ob das ehemalige Kind einmal die Chance hatte, etwas anderes als Grausamkeit zu erleben, und daher als erwachsener aus seiner heutigen Situation heraus auf diese gute Erfahrung zurückgreifen darf.“
A. Miller:
Das irregeleitete Gehirn und die verbannten Emotionen
Die Fakten:
1. Die Entwicklung unseres Gehirns hängt von dem ab, was wir erfahren haben. Das Gehirn bildet sich in den ersten 4 Lebensjahren aus, je nachdem welche Erfahrungen die Umwelt dem Kind bietet. So entwickelt sich das Gehirn eines Kindes, das vor allem Liebe erlebt hat, anders als das eines Kindes, das grausam behandelt wird.
2. So gut wie alle Kinder unseres Planeten werden in ihren ersten Lebensjahren geschlagen. Von Anfang an lernen sie Gewalt, und diese Lektion ist in ihrem Gehirn gespeichert. Kein Kind wird gewalttätig geboren. Gewalt ist NICHT genetisch bedingt. Sie existiert, weil geschlagene Kinder in ihrem Erwachsenenleben von der Lektion Gebrauch machen, die im Gehirn gespeichert ist.
3. Da geschlagene Kinder sich nicht verteidigen dürfen, müssen sie ihren Ärger verdrängen und ihre Wut auf die Eltern, die sie gedemütigt, ihre angeborene Empathie getötet und ihre Würde beleidigt haben. Später als Erwachsene richten sie diese Wut gegen Sündenböcke und vor allem gegen ihre eigenen Kinder. Da sie keine Empathie empfinden können, richten einige ihre Wut gegen sich selbst (in Form von Essstörungen, Drogenabhängigkeit, Depressionen usw.) oder gegen andere Erwachsene (in Form von Kriegen, Terrorismus, Kriminalität usw.).
(Zitatende)
Das heißt: „Ohne korrekte Informationen über die Ursachen und Folgen von Kindesmisshandlungen kann man weder den Eltern noch den Kindern helfen.“ (A. Miller)
Hallo Doro,
danke für Deine Gedanken. Alice Miller ist mir natürlich ein Begriff. Ich habe Interesse mich näher mit ihren Forschungen zu beschäftigen. Bisher habe ich allerdings noch wenig von ihr selbst gelesen. Die mir bekannten Gedanken und Erkenntnisse berühren und sind wichtig in der Argumentation. Viele Menschen haben bereits aus ihrem fast unerschöpflichen Reservoir zitiert und die Erkenntnisse weiter aufgearbeitet und angewendet. Trotzdem müssen wir kritisch bleiben und stets hinterfragen.
Mir ging es allerdings in meinem Kommentar nicht um die sogenannten landläufigen „Stammtischgespräche“, sondern um die Schaffung einer Allianz gegen sexualisierte Gewalt von Betroffenen und Nichtbetroffenen. Ich hoffe, dass die von NetzwerkB angeregte Form der Stammtische eine Gesprächsplattform werden kann, von der aus die notwendige Aufklärung der Menschen über Sexualisierte Gewalt weitergetragen werden kann. Jeder einzelne Beitrag ist wichtig. Gerade auch über die Auswirkungen von Gewalt in frühester Kindheit. Ich bin davon überzeugt, dass Opfer nur überleben konnten, weil auch Gutes in ihrem Leben vorgekommen ist. Auch das müssen wir erinnern, rekapitulieren und verstärken, um zu heilen.
Anka
@ anka
Gutes?
Ich kann nicht sagen dass da etwas gutes war, ich war durch und durch fremdbestimmt, ausser in den momenten wo die mir vom himmel mitgegebene innewohnende explosive dynamik zum tragen kam.
Und das ist auch ncohnichtmal als gut zu bezeichnen, sondern läuft mir bis heute in form von selbstvorwürfen und schuldgefühlen hinterher.
Ich würde wollen gerne wissen wieviele generationen es wohl noch dauern wird, bis kinder ungehemmt und mit freim willen wachsen können.
Ich denke das ist auch wieder soneine taktik und eine art trugschluss dass Überlebende von sexualisierter gewalt hier und da besser klargekommen sind weil sie soetwas wie stärke und liebe erfuhren,,,
Nein,,,nicht in der eigenen dysfunktional gestörten familie, und hat sie nach aussen hin auch nochso gut da gestanden,,
Was einem Kind dann hilft sind andere Menschen in istitutionen wie schule,,,oder freundschaften,,,
Ja,,,da hatte ich glück,,,,
Wo bleibt die Verantwortung?
Die 42-jährige Renata Juras legt die Rechtfertigung ihres Missbrauchs am 13–jährigen Ervin in Buchform vor. Missbrauch unter dem Deckmantel Liebe, würde ich dieses Gesülze nennen. Ein Verlag bringt dieses Buch heraus, Zeitungen stellen es vor, ohne das Verbrechen beim Namen zu nennen, die Mutter akzeptiert den Missbrauch. Geschichte einer modernen Tragödie.
Eins gleich vorweg: Ich kann mir gut vorstellen, dass es um Gefühle geht, dass sich eine erwachsene Frau von einem jungen Mann, bzw. Kind – ein 13-Jähriger ist ein Kind – angezogen fühlen kann, dass ihr sein junger Körper auffällt, seine Lebendigkeit usw. Das alles darf sie zur Kenntnis nehmen und sich über seine Schönheit und Unbeschriebenheit auch freuen. Aber dann müsste sie in ihrem Gehirn die Taste «Verantwortung» betätigen. Das hat sie nicht getan. Im Gegenteil: «Wir konnten uns nicht wehren», wird sie zitiert, oder: «Wenn es ihn gibt, dann hat der Liebesgott uns ausgewählt und getroffen.» Auch der erste Sex ist «einfach passiert.» Na wenn das so ist, kann man tatsächlich nichts machen. Ende gut alles gut?
Nein gar nichts ist gut. Dann der Missbrauch geht weiter. 22 Monate auf Bewährung hat Juras gefasst. Was heisst denn hier Bewährung? Mittlerweile sind die beiden verlobt und sie will Kinder mit ihm. Mittlerweile lebt Juras mit ihrer 15-jährigen Tochter bei der Mutter des Opfers, die den Missbrauch somit unterstützt. Und wie ist es wohl für die Tochter, dass der «Geliebte» ihrer Mutter im gleichen Alter ist wie sie selber? Und für die 20-Jährige Tochter? Und wie ist es zu wissen, dass die eigene Mutter ein anderes Kind missbraucht?
Liebe oder Missbrauch?
Natürlich sieht auch der Junge den Missbrauch nicht als Missbrauch. Wie könnte er? Er bezeugt vor Gericht, dass es sich um Liebe handelt. Dass er freiwillig Sex hatte. Klar, viele Jungen träumen von einer Begegnung mit einer reifen Frau, die sie in die körperliche Liebe einführt. Sie können ja nicht wissen, dass Sexualität mit 13 nicht die selbe ist wie mit 40. Sie sind ja erst dran, ihren eigenen Körper zu erforschen, mit anderen Jungs um die Wette zu wixen, und von weitem Mädchen anzuschwärmen. Sie können ja nicht wissen, dass 13 noch nicht das Alter ist, wo man feste Bindungen mit Zukunftsperspektiven eingeht, denn sie sind erst dran, sich langsam an Mädchen anzunähern, oder aus lauter Verlegenheit nicht zu wissen was sagen und tun, vielleicht tauschen sie erste Zärtlichkeiten aus, sind aufgeregt wenn sie zum ersten Mal ein nacktes Mädchen spüren, das genau so aufgeregt ist wie sie, usw. Solche Begegnungen prägen seine Identität als späterer sexueller Mann mit. Das sind notwendige Entwicklungsschritte.
Aber die 40-Jährige wüsste es. Wenn sie sich zurückerinnert, weiss sie, dass 13 nicht das Alter ist, um mit Menschen die älter sind als die eigenen Eltern Erwachsenensex zu haben. Sie weiss, dass 13 nicht das Alter ist, feste Beziehungen mit Zukunftsaussichten einzugehen. Sie weiss, dass es mit 13 wichtig ist, mit anderen Mädchen zu kichern, stundenlang am Telefon zu quatschen, den eigenen Körper zu erkunden, von Jungs zu schwärmen, erste Zärtlichkeiten zu tauschen, usw. Und trotzdem drückt sie ein Kind in die Schublade eines Erwachsenen. Und redet dabei von Liebe. Sie schwärmt davon, wie reif dieses Kind für sein Alter ist, wie fürsorglich, wie stark, denn dieses Kind beschützt die erwachsene Frau, wenn sie wegen dem Missbrauch an ihm angegriffen wird. Und dieses Kind hat ihr wie ein altmodischer Galan einen Verlobungsring an den Finger gesteckt. Richtig romantisch.
Ich will dich erwachsen sehen, also bist du erwachsen
Da wird einem Kind eine Riesenverantwortung aufgebürdet. Ich will dich erwachsen sehen, also bist du es. So wie es offenbar schon seine Mutter mit ihm gemacht hat: Er ist ihr Beschützer und Berater. Wie viele Mütter es mit ihren Söhnen (und Töchtern) tun. Sie holen sich etwas, wofür das Kind absolut nicht zuständig ist. Das nennt man emotionalen Missbrauch. Kein Wunder, kann er nicht erkennen, was seine «Geliebte» ihm antut, denn es ist ihm wohlbekannt, missbraucht zu werden. Ervin wird also nicht nur sexuell, sondern auch emotionell missbraucht, von der Frau, die behauptet, ihn zu lieben.
Auch die Herren Richter wüssten es. Auch sie mögen sich daran erinnern, wie sie für ihre Lehrerin geschwärmt haben, wie sie vielleicht in sexuellen Fantasien mit eben dieser Lehrerin schwelgten. Das musste so sein, und gehörte mit zur sexuellen Entwicklung. Sie kennen wahrscheinlich auch den Spruch:«Auf alten Pfannen lernt man kochen», und so geistert in vielen Männer- und Knabenköpfen die Vorstellung herum, von einer reifen «Liebesgöttin» in die körperliche Liebe eingeführt zu werden. Und sie sind überzeugt davon, dass das kein Missbrauch ist, denn es geschieht ohne körperliche Gewalt. Und vor allem wären sie geschmeichelt, die Aufmerksamkeit und Bewunderung einer vermeintlich reifen Frau erregt zu haben. Die Herren Richter mögen sich bestimmt an solche Fantasien erinnern.
Schuldgefühle und Beziehungsunfähigkeit
Und sie haben bestimmt auch den Roman «Der Vorleser», vom Bernhard Schlink gelesen. Dort wird ein solcher Missbrauch thematisiert, und vor allem auch seine Auswirkungen auf den erwachsenen Mann: Eine Form der Beziehungsunfähigkeit. Auch Schlink schildert, dass sich der Junge nicht als Opfer sieht, nicht missbraucht fühlt, nein dieses unterschwellige Wissen wird sich erst Jahre später offenbaren. Er schreibt: «…haben mich die alten Fragen gequält, ob ich sie verleugnet und verraten habe, ob ich ihr etwas schuldig geblieben bin, ob ich schuldig geworden bin, indem ich sie geliebt habe, ob ich mich und wie ich mich von ihr hätte lossagen, loslösen müssen. Manchmal habe ich mich gefragt, ob ich für ihren Tod verantwortlich bin. Und manchmal war ich zornig auf sie und über das was sie mir angetan hat.» Und: «Wenn ich jedoch verletzt werde, kommen wieder die damals erfahrenen Verletzungen hoch, wenn ich mich schuldig fühle, die damaligen Schuldgefühle…»
Auch in meiner Praxis sind mir schon solche Männer begegnet. Bei jüngeren Männern, die den Missbrauch noch nicht als solchen wahrhaben können/wollen, ist jeweils eine bestimmte Art der Arroganz zu beobachten, ein sich selbst massloses überhöhen. Sie sehen sich als viel weiser und reifer als alle anderen, oft auch als viel reifer als ihre eigenen Eltern. Denn diesen Jungs wurde schon im zarten Alter von 12 oder 14 oder 17 Jahren von einer verantwortungslosen Geliebten (oder der Mutter) weisgemacht, wie viel reifer, männlicher und erwachsener sie schon sind, als alle in ihrer Umgebung. Und so mussten sie bereits in diesem Alter nur noch gelangweilt sein, ob der Händchenhalterei, Küsserei, Wixerei, Tanzerei der Gleichaltrigen, denn sie hatten ja schon «richtigen» Sex, mit einer «richtigen», sprich erfahrenen Frau, und sie trugen Verantwortung. Verantwortung, die nicht die ihre war.
Gestohlene Erfahrungen
Da ist etwas gründlich durcheinander geraten. Da wurden einfach gute zehn Jahre einer wichtigen psychosexuellen Reifestufe übersprungen. Beziehungsweise, sie wurde ihnen gestohlen. Und meiner Erfahrung nach, hat das Auswirkungen im späteren Leben: Beziehungsunfähigkeit auf einer tieferen Ebene.
Das kann sich jeweils erst verbessern, wenn der Mann bereit ist, sich diese erlittene tiefe Verletzung seiner körperlich/sexuellen, sowie emotionalen Integrität einzugestehen. Wenn er von seinem inneren Konzept «ich bin reifer und stärker als alle anderen, ich brauche niemanden», etc. Abschied nehmen kann.
Auch die Mutter wüsste es. Sie scheint ja zwar selber noch sehr jung gewesen zu sein, als sie ihren Sohn zur Welt brachte. Umso mehr weiss sie wie es ist, plötzlich Erwachsen sein zu müssen, aber eigentlich noch Teenager zu sein. Plötzlich Verantwortung zu haben für einen anderen Menschen. Aber diese Verantwortung trägt sie nicht. Sie selber missbraucht ihren Sohn emotional, so wie es scheint, und lässt zu, dass er auch noch sexuell ausgebeutet wird, dass ihm die Jahre seiner späten Kindheit, der Pubertät, der Adoleszenz gestohlen werden. Vielleicht geistert ja auch in Ihrem Kopf herum, dass Knaben von reifen Frauen in den Sex eingeführt werden möchten, das sei ja nicht weiter schlimm, im Gegenteil beweise es doch was sie für einen tollen Sohn habe: Im jungen Alter schon ein rechter Mann. So war er ja schon immer.
Nur der Adoptivvater des Knaben scheint den Ernst der Lage erkannt zu haben, und hat die ganze Geschichte zur Anzeige gebracht.
Wer macht sich mitschuldig?
• Indem nur eine Bewährungsstrafe ausgesprochen wird, wird impliziert, dass es nicht sooo schlimm ist, ein Kind zu missbrauchen, solange keine Gewalt im Spiel ist. Und Knaben träumen ja sowieso fast alle von so einem Abenteuer.
• Indem die beiden faktisch zusammenleben, wird der Missbrauch weiter geschützt. Das ist ein Verbrechen.
• Indem der Verlag Edition a das Rechtfertigungsgesülze dieser verantwortungslosen Frau herausgibt, wie es wirklich war aus ihrer Sicht, gibt er diesem tolerierten Missbrauch auch zusätzliches Gewicht, es könnte ja schliesslich tatsächlich Liebe sein, und vielleicht konnten sie tatsächlich nichts dagegen tun…
• Indem Zeitungen dieses Buch einfach so vorstellen, oder die beiden wie ein Paar interviewen und porträtieren, ohne zu hinterfragen, ohne das Verbrechen beim Namen zu nennen, einfach aus purer Sensationsgeilheit, machen auch sie sich mitschuldig.
Wenn da Liebe wäre, wäre Verzicht. Wenn da Liebe wäre, wäre Freude, aus der Ferne zu sehen, wie dieser tolle Junge zu einem tollen Mann heranreift. Wenn da Liebe wäre, würde die Frau, eventuelle Avancen das Jungen klar als das benennen was sie sind: «Oh ich sehe, dass du dich für Frauen interessierst. Das ist ganz normal in deinem Alter. Geh rum, und schau dir all die hübschen jungen Mädchen an, du darfst mit ihnen in Kontakt treten und mit ihnen jung und unbeschwert sein. Ich bin eine mütterliche Figur, die dich dabei unterstützt, wenn du das möchtest.»
Aber da ist nichts als Eigennutz, darum ist es Missbrauch.
@ Marlise Santiago
Dank für diese Deutlichkeit!! – lassen Sie sich von Frau Maischberger mit anderen engagierten Experten zum Thema emotionaler Missbrauch einladen. Auch Prof. Thomas Fischer (Revisionsrichter BGH) würde ich gern zu diesem Thema sehen.
Eine solche Runde der Richtigstellung könnte uns alle ein Stück weiter bringen.
@ Marlise Santiago
Ich habe schon aus dem Munde eines betroffenen gehört, dass er es „geil“ fand als seine Tante ihn früher verführte,,,
Unbelehrbar poltert er mit diesen Äusserungen in die Welt ohne Rücksicht auf all die, welche bis heute unter einem ähnlichen Missbrauch leiden weil sie tapfer und mutig genug sind, sich ihren Gefühlen zu stellen und sie näher betrachten.
Jaqhre alt ist,,,,,
Was diese Frau getan hat, ist nichts anderes als sich zu nehmen was sie „braucht“. Rücksichtslos und ergomanisch,,,,
Wäre es echte Liebe, hätte sie gewartet bis der Junge 16 Jahre alt ist, so einfach ist das.
Ich bin auch der Meinung, daß es Missbrauch ist, bzw. genauer: sexualisierte Gewalt. Denn der Junge kann sich aufgrund seines Reifegrades nicht gegen die ältere Frau wehren.
Hinzufügen möchte ich noch, daß es NICHT normal ist, wenn sich eine ältere Frau von einem Knabenkörper angezogen fühlt. Dahinter stecken mit ziemlicher Sicherheit eigene Missbrauchserfahrungen. Daß die vermutlich mit einem Mann waren macht insofern Sinn, daß die nun erwachsene Betroffene ihre frühere Ohnmacht mit der aktuellen Macht über den Jungen zu kompensieren versucht. Und erst hier setzt die Verantwortung an und nicht etwa im Beherrschen eines vermeintlichen Triebes, der eigentlich eine Störung bzw. fehlgeleitet ist.
Die nun erwachsene Betroffene hat die Verantwortung den selbst erlittenen Missbrauch NICHT an die nächste Generation weiterzugeben.
Kann sie das nicht, vermute ich sehr stark, daß sie ihre eigenen Gewalterfahrungen entweder nicht mal erinnert oder aber bagatellisiert.
Jüngerer mann ja-aber einen Knaben????Es ist noch ein Kind !!!Es ist nicht normal wenn sich eine erwachsene Frau für einen 13-jährigen bzw. jetzt 14-jährigen sexuell interessiert.Es kann sein bzw. es gibt es das junge Mädchen oder jungs in der pubertät für ältere frauen/Männer schwärmen und dann von „Verliebt „sein sprechen.Das kann aber niemals dazu führen das eine deutlich erwachsene Frau bzw. Mann an bzw. mit diesem kind unter Ausnützung seinesr unerfahrenheit und der gefühle sexuelle handlungen bis hin zum geschlechtsakt vornimmt.Unverständlich auch das man sich von einem kind sexuell angezogen fühlt.Wäre für eine 40-jährige nicht ein wenigstens 25 jähriger nicht auch noch jung genug gewesen aber eben kein kind mehr sondern ein junger MANN?
Ich sehe auch ganz klar totalen Mangel an Verantwortung. Auch ihre Beteuerungen sich anfangs gegen die Gefühle gewehrt zu haben,
dass der Heiratsantrag von IHM kam, dass sie normalerweise nicht auf ‚jüngere Männer‘ (ein 13 jähriger ist klar ein Kind) steht, und dass er, natürlich, schon viel reifer ist, zeigen wie sie sich versucht reinzuwaschen und dass sie merkt das mit ihr etwas nicht stimmt.
Sie hat eine Grenze überschritten und Menschen nennen das gern Liebe. Klingt besser als: ich bin egoistisch, es geht um mich, meinen eigenen Spaß.
Viele Menschen überhöhen lächerliche Gefühle mit dem Begriff Liebe, eigentlich peinlich.
Ich denke nicht dass sie eigenen Missbrauch erlebt haben muß. Oder hat jeder übergriffige, egoistische Mensch selbst Mißbrauch erlebt?
Defizite hat so ein Mensch bestimmt, sicher auch meistens resultierend aus der eigenen Kindheit, aber es muß nicht gleich sexuelle Gewalt sein.
Wer missbraucht ist IMMER selbst missbraucht worden! Es gibt keinen anderen Grund für missbrauchendes Verhalten!
Hallo Anna M.
du machst eine Allaussage über empirische Sachverhalte. Diese Allaussage hast du auch schon auf mich angewendet (ich sei vermutlich empathielos, weil ich selbst geschlagen worden sei) und ich muss dir leider sagen, dass diese Aussage falsch ist. Ich wurde in meiner Kindheit nicht geschlagen (dies muss ich mal im Sinne meiner Eltern korrigieren).
Korrekt sind deine Äußerungen allerdings nicht, weil sie vielleicht falsch sind (ich glaube in vielen Fällen hast du Recht), sondern weil du einfach verallgemeinerst. Die Frage, was Täter zu ihrem Handeln bewegt ist tatsächlich einfach eine empirische Frage und dies kann nur die Empirie letztgültig bestätigen. Deine theoretische Position dazu mag Hinweise geben, wo wir zu forschen haben, aber erstmal ist es eine Hypothese, die sich in der Praxis bewähren muss und damit meine ich nicht einen Fall (wie wir schnell aus unserer persönlichen Erfahrung bezeugen), sondern damit meine ich viele tausende Fälle.
Wir bedürfen einer weitergehenden Forschung hinsichtlich der Täterprofile mit den modernen Möglichkeiten der Statistik. Ganz simpel gesagt, wenn wir in 1000 Fällen immer genau nachweisen, dass die Täter sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, dann hast du Recht. Wenn auch nur ein Fall deiner Aussage nicht entspricht, dann liegst du falsch. Dein Allaussage ist also schon etwas schwierig. Die Täterprofile können tatsächlich sehr verschiedentlich ausfallen. Ich habe schon einige Täterprofile gelesen, wo keine sexualisierte Gewalt in der Jugend vorlag. Hier bedarf es noch gewisser Forschungsanstrengungen, die noch weitere Daten liefern. Insofern stimme ich aber Levi zu: Es kann sein, dass diese 41-jährige Frau einfach nur egoisitisch ist.
Ich gehe gar noch weiter: Ich behaupte, dass Verantwortung keine Anlage sein muss, die uns natürlich mitgegeben sein muss und dann einfach durch falsche Erziehung aberzogen wird. Der Mensch muss nicht von Natur aus gut sein und wird nur schlecht durch die falsche Gesellschaft gemacht. Um verhaltenstheoretisch zu argumentieren, wir haben ein relativ entwicklungsoffenes Gehirn bekommen, dass verschiedene Programme hochladen kann (so wie Doro es mit Miller argumentiert). Welche Programme sind dann aber die richtigen? Welche sollen wir hochladen? Offenbar bedarf es noch eines anderen Wissens, welches die richtige Erziehung bestimmt, andernfalls könnten wir ja den Zirkel der Gewalt niemals durchbrechen, weil wir immer dazu verdammt wären, zu glauben, dass die Schläge unserer Eltern auch die richtigen Schläge für unsere Kinder wären. Der Durchbruch zur richtigen Erziehung basiert auf etwas anderem.
Verantwortung und altruistische Anerkennung von Gesetzen erlangen wir meiner Meinung nicht, weil wir so oder so erzogen worden sind, sondern weil sie schlicht vernünftig sind. Die vernünftige Einsicht in das Gesetz ist hier das Schlagwort, was auch unsere europäische Moralgeschichte bestimmt hat. Die vernünftige Einsicht in die Gesetze unterliegt aber nicht einer nur sozialen Erziehung, sondern der Freiheit des Menschen. Dieser Grund ist noch wichtiger, wenn wir für die Freiheit der Kinder oder für die Abschaffung der Verjährungsfristen argumentieren. Es handelt sich nicht um regionale Gepflogenheiten, sondern es handelt sich um die Frage nach Gerechtigkeit überhaupt.
Es gibt also ein Vermögen in uns, dass die Anerkennung von Moral ermöglicht. Diese Vermögen ist Freiheit. Diese Freiheit unterstellen wir jedem Menschen und so auch den Tätern. Dementsprechend wäre es auch aus moralischer Sicht problematisch zu behaupten, dass Täter immer zugleich Opfer sind. Meines Erachtens müssen wir immer noch die Waage halten. Jeder Mensch hat zugleich auch immer noch eine freiheitliche Grundverfassung (zumindest ist es sinnvoll, dass wir dies in einem Rechtsstaat, der die Menschenrechte annimmt, voraussetzen), so dass er Unrecht nach Gesetzen schlicht einsehen kann. Demnach ist es nicht so, dass ein Täter einem Kind Gewalt zufügt, nur weil es ihm auch so geschehen ist. Oftmals ist es gar so, dass Täter nach allgemeinen Gesetzen einsehen, dass ihre Taten falsch sind und es dennoch tun. Wie levi es darlegt, versucht die 41-Jährige beispielsweise ihre falschen Taten zu rechtfertigen. Bei ihr ist also auch ein rudimentäres bis vorhandenes Bewusstsein über die Amoralität ihres Verhaltens vorhanden. Sie entscheidet sich aber dagegen und für ihre „Gefühle“.
Dann gibt es Fälle, wo Täter ihr Handeln nicht als falsch einsehen. Diese Fälle gilt es zu unterscheiden. In jedem Fall aber ist die Möglichkeit der Freiheit Bestimmung unseres Rechtsgrundes. Es geht sogar soweit, dass wir diese Freiheit als Rechtsgrund jedem Individuum als Recht zusprechen. Da es nun die Freiheit ist, sich gegen die Gesetze, die für alle sind, zu entscheiden, kann es, ganz wie Levi sagt, sein, dass ein Täter sich rein aus egoistischem Motiv für diese Tat entscheidet.
Ich weiß nicht, ob ich diese 41-Jährige Frau in das klassische Paradigma eines Pädokriminellen einordnen sollte, da sie nach diesem Paradigma am 14-Jährigen langsam ihr Interesse verlieren müsste. Bei Pädokriminellen des ganz klassischen Schemas gibt es zwei Hochphasen des Interesses, mit dem Einsetzen der physisch erkennbaren Pubertät verlieren diese dann zumeist ihr Interesse. Dementsprechend glaube ich, dass das Verständnis von Liebe der 41-Jährigen auf einem zu gewissen Graden egoistischen Interesse nach Anerkennung beruht und weniger auf sexuellen Wünschen eines klassischen Pädokriminellen basiert. Diese Einforderung von Anerkennung von dem 14-Jährigen enthält dann die bereits von Marlice dargelegte Variante des emotionalen Missbrauchs. Über die Gründe ihres Verhaltens können wir nun aber vielfach spekulieren. Was sind die Gründe? Es kann sein, dass sie in ihrer Kindheit niemals verantwortungsbewusste Liebe erfahren hat, es können auch Kränkungen und Verletzungen im Erwachsenenalter gewesen sein. Es kann mangelndes Selbstvertrauen sein durch einschneidende Erlebnisse wann auch immer. Es kann sexualisierte Gewalt sein, es kann Gewalt sein, es kann emotionale Gewalt sein, es kann auch emotionale Vernachlässigung sein. Es kann aber auch einfach Egoismus sein. Es kann auch einfach nur eine pädokriminelle, biologische Verfassung sein. Schwierig hier gleich auf sexualisierte Gewalt als alleinigen Grund zu tippen. Schwierig. Womöglich ist es gar eine multikausale Ursache?
Dass soziale Bedingungen hier einschneidenden Einfluss auf die Ausprägung unserer Einsichten haben, kann sein, ich bestreite es nicht vollends und würde dir, Anna, in vielen Fällen gar Recht geben. Es muss aber nicht der Fall sein und da stimme ich Levi zu.
Da wir diese vielen Optionen nun haben und die Empirie darauf Hinweise gibt, dass es die verschiedensten Täterprofile gibt, würde ich auch raten, Einzelfälle zu prüfen und nicht gleich mit der allgemeinsten Theorie anzusetzen.
[@Doro, danke für deine Wertschätzung, das war sehr nett. Zu dem programmatischen Abriss von Miller, die sicher in dieser Hinsicht viele Horizonte eröffnet hat, würde ich allerdings auch ein empirisches Vorgehen hinzufügen wollen, um die Theorie auch sattelfest zu machen. Der theoretische Rahmen, den sie eröffnet, ist für mich vollkommen nachvollziehbar, dennoch möchte ich diese Hypothesen dann genauer überprüft sehen. Die Schwierigkeit liegt wohl darin, entsprechende Studiendesigns zu kreieren, die mir als sehr kompliziert erscheinen. Zumindest stellt Miller einen Durchbruch in der amerikanischen Sicht der Dinge dar, die gewöhnlich dazu neigen, alles unabhängig von sozialen Entwicklungsfaktoren zu betrachten]
Grundsätzlich allerdings stimme ich dir, Anna, zu, dass wir auch in unsere Sozialkreisläufe hineinfragen müssen, um Täter-Opfer-Kreisläufe, die tatsächlich deinem Schema entsprechen, zu unterbinden. Würden wir dies beherzigen, könnten wir vieles verhindern, allerdings nicht die Fälle, die du mit deiner Allaussage übersiehst. Um dir aber nochmal Recht zu geben, ich glaube auch, dass es in vielen Fällen so ist, wie du es sagst. Allerdings solltest du prinzipiell vorsichtig sein, du könntest falsche Eltern verdächtigen.
Zu Anka: Stammtischgespräche sind ein Anfang (so wie Liza sie mit Sicherheit sehr gut macht), darüberhinaus braucht es die Einsichten von Alice Miller, überhaupt die sozialen Dimensionen theoretisch freizulegen und dann braucht es letzten Endes der Empirie, um unsere bloßen Meinungen in tatsächliches Wissen zu bringen. Dieser letzte Punkt ist ein weiter Weg.
Die möglice Aufhebung der Verjährungsfristen in Österreich könnte ein Signal sein und ein wichtiger Schritt für Betroffene, allerdings sind es dann andere Wege, die die Gesellschaft grundlegend klären muss, so dass die Freiheit der Kinder überall Schutz bekommt und nicht erst Betroffene viele Jahre später ihr Recht geltend machen müssen.
Norman.
@ anna
Was sagen die professionellen dazu? Die Vermutung dass ein eigener missbrauch oder aber ein „vererbtes“ kollektives Familienschicksal zu Kindheits-Ich Störungen führte liegt nahe, das sehe ich ja auch so.
Ich hatte mal ne Bekannte, unsere Söhne waren im selben Alter. Damals vor 25 jahren sinierte sie einmal über die Vorstellung , wie es wäre wenn später ich ihren und sie meinen sohn als Partner hätte. Ich unterbrach damals diesen Gedankengang mit Abwehr und sofortigen Themawechsel.
Aber heute weiss ich ja,,,,,,,aus Gedanken werden worte,,,,,,,aus worten werden Taten.
Viel zu wenig Aufmerksamkeit wird diesem Satz in unserer Gesellschaft zuteil gekommen,,,,
Eine Frau, die in psychosadistischen Kreisen wirkt und sich auch andere Dinge einfach nimmt die sie braucht wird solche gedankengänge natürlich vehement und mit Drohgebärden und Einschüchterungsversuchen zu versuchen im keim zu ersticken.
So funktioniert es,,,,,,
Unsere Gesellschaft ist eine Schande, denn sie schenkt solchen Frauen Aufmerksamkeit anstatt unsere Kinder zu schützen.
Diese frauen haben immer auch zwei Gesichter,,,,,nicht anders als bei einem serienmörder unterliegen auch sie einem freien willen,,,,ganz klar.
Und nur eine therapie würde eventuell nach langer zeit die Empathie hervorbringen, solch eine Beziehung nicht länger als Liebe zu deuten.
Komisch, jeder sagt in der erziehung eines kindes muss es klare grenzen geben,,,kinder brächten dies. Aber zum schutz unserer Kinder gibt es keine,,,,
Wir müssen soweit kommen, dass wir in der Lage sind uns mit solchen frauen zu unterhalten, als wäre es die kleinste Kleinigkeit der welt.Völlig sachlich, cool und selbstbeherscht und auf das ziel gerichtet müssen wir solche menschen lernen zu konfrontieren.
Denkt an die Journalistin in tatort internet. Wie perfekt sie die Gegenüberstellungen abgewickelt hat,,,,so soll es sein. Der welt zeigen, wie die Momente aussehen, in denen Täter vor der Kamara deutlich sagen,,,,dass es freier wille war und dass sie sich nicht einfühlen „wollen“.
Das „nicht können“ darf doch nicht zu einem Freibrief werden, wenn es um kinder geht,,,,
@ Norman
Was hältst du denn davon, wenn wir für dich einen entsprechenden Forschungsauftrag beim Bildungsministerium beantragen, den du dann an deiner Uni bis zur Klärung aller hier entstandenen und weiterhin auftauchenden Fragen behältst? – einen Lehrauftrag für „ETHIK UND WAHRHEIT“.
Du vertrittst aus guten Gründen die bisher von Politikern sträflich vernachlässigten Schwächsten der Gesellschaft.
Forschungsgelder zahlt die gesamte Gesellschaft.
Forschung muss dem Menschen dienen.
Ich unterstütze hildegards Idee ausdrücklich!!
Denn das, lieber Norman, ist mir leider auch klar: Dass es zu den Zusammenhängen und Hintergründen von fortgesetzter krimineller sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre schwerwiegenden Folgen noch viel zu wenig empirisch eindeutiges gibt in Deutschland.
Dessen ungeachtet (und mit einer Ignoranz, die mir manchmal den Atem raubt!) stellt sich so ein Kriminaltechnisches Institut und auch andere hin und behauptet, die Zahl der fortgesetzten kriminellen sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sei rückläufig!!!!
Ja, es braucht dringend empirischer Forschung zu fortgesetzter krimineller sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche !! Aber bis dahin müssen wir uns genauso frech trauen, mit dem zu argumentieren, was wir haben, was einzelne Forscherinnen und Forscher (als solche sehe ich Miller, Herman, Rijnaarts, Trube-Becker, etc.) bislang zusammengetragen haben!
PS:
Das Problem ist doch, dass das bereits Erforschte – weil die Ergebnisse nicht passen ? – systematisch ignoriert wird.
Bekannt ist das Problem schon lange:
1860 (!!!!) deckte Ambroise Auguste Tardieu (1818 – 1879), Professor für Gerichtsmedizin an der Pariser Universität (er galt damals als DIE Koriphäe der franz. Gerichtsmedizin!) „das ganze Spektrum des Missbrauchs kleiner und hilfloser Kinder durch Erwachsene, in vielen Fällen die eigenen Eltern, auf, und er hatte als erster den Mut, es in den präzisen Termini des Gerichtsmediziners zu beschreiben“ (statt in den üblichen lateinischen Umschreibungen). Er sei sich im Klaren darüber gewesen, „dass die Gesellschaft im allgemeinen und die Ärzte im besonderen es vorzogen, die Realität dessen, was er festgestellt hatte, zu leugnen“. Tardieu machte in seinen Büchern regelmäßig darauf aufmerksam, wie häufig Sexualdelikte an Kindern, insbesondere jungen Mädchen, begangen wurden. Zwischen 1858 und 1869 wurden demnach in Frankreich in 11.576 Fällen Menschen wegen Vergew*** oder versuchter Vergew*** angeklagt, davon 9.125 (!!) der versuchten oder vollendeten Vergew*** von Kindern. Tardieu hebt hervor, dass fast alle Opfer Mädchen waren.
Alexandre Lacassagne (1834 – 1924), Professor für Gerichtsmedizin an der Universität Lyon, gründete die Archives d’anthropologie criminelle et des sciences pénales und ermutigte seine Studenten dazu, sexuelle Angriffe auf Kinder zu untersuchen und darüber zu schreiben. Seine wertvolle Literatursammlung, die etwa 12.000 Untersuchungen umfasste, enthält viele Werke zu diesem Thema. In der 1886 erschienenen ersten Nummer seiner Zeitschrift veröffentlichte er den Aufsatz „Attentats à la pudeur sur les petites filles“ (Unzucht mit kleinen Mädchen). In den Gerichten, schrieb er dort, mache die Verhandlung solcher Verbrechen oft ein Drittel aller Strafprozesse aus, und bei „mehr als zwei Drittel dieser Fälle“ handle es sich demnach um „Unzucht mit kleinen Mädchen“. Er betont einen Umstand, den die Gerichte nicht zur Kenntnis nahmen, dass nämlich „unzüchtige Handlungen, auch wenn sie über einen langen Zeitraum häufig stattfinden, nicht unbedingt Spuren hinterlassen müssen.“
Gleichfalls im Jahr 1886 veröffentlichte Paul Bernard (1828 – 1886) ein Buch zum Thema. Darin enthalten sind Tabellen, die zwischen 1827 und 1870 in Frankreich 36.176 AKTENKUNDIG GEWORDENE Fälle von „Vergew*** und Sittlichkeitsvergehen“ an Kindern bis zu fünfzehn Jahren aufweisen (die Zahl der Fälle, in denen Erwachsene solchen Delikten zum Opfer fielen, ist sehr viel niedriger: 9.653). Er stellt u.a. fest, dass Kinder schon im Alter von vier Jahren durch se**** Missbrauch gefährdet sind. Wenn es dazu komme, „bewahren die Eltern lieber Stillschweigen“. „Am erstaunlichsten“ findet es Bernard, dass „die Zahl der Personen mit höherer Schulbildung, die wegen Unzucht mit Kindern angeklagt wurden, bis 1880, wo sie ein Maximum erreicht, regelmäßig gestiegen ist.“ Bernard gelangte zu folgenden Ergebnissen: „Unzucht mit Kindern ist heutzutage ein sehr häufiges Delikt, insbesondere in den dichtbevölkerten Industriegebieten. Bei dieser Art von Verbrechen sind die Angeklagten oft reife oder ältere Männer, und man kann sagen, dass das Alter des Rechtsbrechers meistens umgekehrt proportional zu dem seines Opfers ist.“
(Quelle aller dieser Beispiele/Zitate: Jeffrey M. Masson „Was hat man die, du armes Kind, getan?“, rororo, 1984)
Die Rechtsmedizinerin Elisabeth Trube-Becker veröffentlichte 1992 im Kriminalstatistik Verlag den Band „Missbrauchte Kinder: sexuelle Gewalt und wirtschaftliche Ausbeutung“. Darin führt sie reihenweise Zahlen auf zur Kindesmisshandlung und ihren Folgen. Zahlen, die es GIBT und Befunde, die ebenfalls bereits erhoben wurden.
1992 veröffentlichte Dirk Bange im Volksblatt Verlag die erste Dunkelfeld-Untersuchung im deutschsprachigen Raum („Die dunkle Seite der Kindheit – Sexueller Missbrauch von Mädchen und Jungen, Ausmaß, Hintergründe, Folgen“). Schon damals schrieb er, dass die zahlen „eine Reihe von gängigen Annahmen bestätigen, aber neue Fragen aufwerfen. Sie belegen, dass sexueller Missbrauch häufig vorkommt und bei den Opfern tiefe Verletzungen hinterlässt. Die nun vorliegenden zahlen“, so Bange, „machen deutlich, wie dringend erforderlich weitere Forschungsprojekte und Behandlungsangebote sind.“ (1992!!!!!!)
Heiliger/Engelfried haben 1995 das Ergebnis eines Forschungsprojektes am Deutschen Jugendinstitut in München veröffentlicht, zum Thema „Sexuelle Gewalt: männliche Sozialisation und potentielle Täterschaft“ (Campus).
2000 veröffentlichte Silke-Birgitta Gahleitner im Tectum Verlag ihre Abschlussarbeit, in der sie „Sexuelle(n) Missbrauch und seine geschlechtsspezifischen Auswirkungen“ empirisch untersucht hat.
…und so könnte ich fortfahren!!!
Wie gesagt: Das Problem sehe ich ganz woanders!
@simone-natürlich hätten die eltern gegen das Jugendamt vorgehen können.(bedingt-über das jugendamt wacht nicht wirklich jemand)die frage ist und die haben sie sich berechtigt gestellt,ob sie somit die tochter“wiederbekommen“hätten.Es gibt einen Punkt an dem man aufgibt.fassungslos ist und mit den eigenen gefühlen fertig werden muss.zumal es unterstützung braucht-auch in diesem fall von aussen.in diesem fall von einem amt.dennoch auch hier ist noch nichts verjährt.vielleicht kommt der schritt noch…
@Anna M.
Zitat: Wer missbraucht ist IMMER selbst missbraucht worden! Es gibt keinen anderen Grund für missbrauchendes Verhalten!
Das hieße im Umkehrschluss, dass all diejenigen, die in ihrer Kindheit sex. Gewalt erfahren haben, als Erwachsene zu Täter mutieren.
Dies ist aber nicht der Fall! Oder bist du Täterin? Sind wir hier Täter???
Nein!!!
Warum nicht? Siehe Kommentar von Doro über Alice Millers Erkenntnisse.
Sarah Mohn
@ Norman
Gerald Hüther (Leiter der Abt. für Neurobiologische Grundlagenforschung an der Universität Göttingen)
Traumatische Erinnerungen – zum Stand der neurowissenschaftlichen Forschung
1. Die akuten Auswirkungen von Angst und Stress auf das Gehirn
Immer dann, wenn ein Mensch in eine bedrohliche Situation gerät, wenn Anforderungen an ihn gestellt werden, die er nicht erfüllen kann, wenn er etwas erlebt, das seinen Erwartungen widerspricht, wenn ihm etwas “unter die Haut” geht und sein inneres, emotionales Gleichgewicht bedroht, wird eine neuroendokrine Stressreaktion ausgelöst. Sie beginnt mit einer unspezifischen Aktivierung kortikaler und/oder limbischer assoziativer Netzwerke, breitet sich über die Amygdala auf den Hypothalamus und andere Umschaltstationen autonom-vegetativer Zentren aus und führt u.a. auch zur Stimulation des zentralen und peripheren noradrenergenen Systems. Die vermehrte Noradrenalin-Ausschüttung in Kortex, Amygdala, Hippocampus und Hypothalamus erhöht die Aufmerksamkeit und die Verhaltensbereitschaft. Die Aktivierung des peripheren und sympathischen Systems führt zu den für Stress- und Angstreaktionen typischen Veränderungen von Blutfluss, Herzfrequenz, Atmung und Muskeltonus, zur Mobilisierung von Energiereserven und zu Veränderungen des Immunsystems (akute Notfallreaktionen). Gleichzeitig kommt es bei stärkeren Belastungen durch die Stimulation des Parasympaticus u.a. zu den bekannten Auswirkungen auf die Darm- und Blasentätigkeit. Im weiteren Verlauf erreicht die sich aufschaukelnde unspezifische Erregung auch neuroendokrine Kerngebiete im Hypothalamus. Die daraufhin vermehrt freigesetzten Neuropeptide (CRF, ADH) stimulieren die Bildung und Sekretion von ACTH und Beta-Endorphin in der Adenohypophyse. ACTH gelangt über die systemische Zirkulation zur Nebennierenrinde und stimuliert die Sekretion von Cortisol. Im Verlauf dieser durch Angst und Stress ausgelösten Reaktionskette lassen sich auf der Ebene der zentralnervösen Reaktionen drei Phasen abgrenzen: die initiale Alarmphase (erhöhte und focussierte Aufmerksamkeit und Verhaltensbereitschaft), die Phase des Widerstandes (aktive Bewältigung) und die Phase der Erschöpfung (Ohnmacht, Hilflosigkeit).
Gelingt die Aktivierung einer geeigneten Bewältigungsstrategie, so erlischt die unspezifische Erregung in den kortikalen und limbischen Zentren, und die von dort ausgehende neuroendokrine Reaktionskette kommt zum Stillstand. Gestaltet sich die Suche nach einer geeigneten Bewältigungsstrategie schwierig, so kommt es zu abwechselnden Dominanzen zwischen eher kognitiven Bereichen (präferentielle Aktivierung von Hippocampus und Isocortex) und eher emotionalen Bereichen (präferentielle Aktivierung der Amygdala). Diese wechselseitigen Aktivierungen werden als “hin- und hergerissen sein” zwischen “kühlen Kopf bewahren” (Suche nach Lösungen) und “den kühlen Kopf verlieren” (Aufregung) erlebt.
Bedrohlich wird es, wenn sich eine psychische Belastung subjektiv als nicht bewältigbar erweist. Fortgesetzter Stress führt zur Schrumpfung des Somavolumens von Pyramidenzellen im Hippocampus und deren Dendriten (Kim und Yoon, 1998) und damit zu einer Verschlechterung von Lern- und Gedächtnisleistungen (Newcomer et al., 1999). Allgemein kommt es zu einer Hemmung der noradrenergen Signalübertragung, zu einer Unterdrückung der Produktion von Geschlechtshormonen und neurotrophen Faktoren und damit zu einer Beeinträchtigung von neuronalen Wachstums- und Renerationsprozessen. Ein stressbedingtes Versagen des präfrontalen Kortex und des Hippocampus kann dazu führen, dass die Amygdala gegenüber den Eingängen aus Hippocampus und präfrontalem Kortex Dominanz gewinnt. Die Folge davon wäre, dass neue Lerninhalte verstärkt und resistenter gegen Löschung werden, und dass möglicherweise vorher gelöschte konditionierte Ängste wieder ausbrechen (LeDoux, 1998).
2. Die neuronale Verankerung von psychisch belastenden Erfahrungen
Die das Denken, Fühlen und Handeln des Menschen bestimmenden neuronalen Verschaltungsmuster und synaptischen Verbindungen sind weitaus plastischer, als man lange Zeit angenommen hatte. Die initial angelegten, zunächst noch streng genetisch determinierten Verschaltungen werden im Verlaufe der weiteren Entwicklung in Abhängigkeit von der Art ihrer Nutzung weiterentwickelt, überformt und umgebaut (“experience-dependent plasticity”).
Zwar können sich Nervenzellen im Anschluss an die intrauterine Reifung des Gehirns schon vor der Geburt nicht mehr teilen (bis auf wenige Ausnahmen), sie bleiben jedoch zeitlebens zur adaptiven Reorganisation ihrer neuronalen Verschaltungen befähigt. Im Zuge derartiger Umbauprozesse kommt es zu Veränderungen der Effizienz bereits vorhandener Synapsen, etwa durch Vergrößerung oder Verringerung der synaptischen Kontaktflächen, durch verstärkte oder verminderte Ausbildung prä- und postsynaptischer Spezialisierungen oder durch Veränderungen der Eigenschaften und der Dichte von Transmitterrezeptoren und damit der Effizienz der Signalübertragung. Verstärktes Auswachsen und “collateral sprouting” (Bildung zusätzlicher Seitenäste) von Axonen kann zur Neubildung von Synapsen, terminale retrograde Degeneration zur verstärkten Elimination vorhandener Synapsen führen. Durch plastische Veränderungen des Dendritenbaumes oder durch Änderung der Abschirmung von Neuronen durch Astrozyten kann das Angebot postsynaptischer Kontaktstellen erhöht oder vermindert werden. Unter normalen Bedingungen findet so im Gehirn eine ständige nutzungsabhängige Neubildung und Elimination synaptischer Verbindungen und neuronaler Verschaltungen statt (Hüther et al. 1999a).
Der beim Menschen wichtigste und hinsichtlich seiner Bedeutung für die Nutzung der im Gehirn angelegten neuronalen Netzwerke und synaptischen Verschaltungen am nachhaltigsten wirksame Einfluss ist besonders schlecht operationalisierbar. Er lässt sich am Zutreffendsten mit dem Begriff “Erfahrung” umschreiben. Gemeint ist damit das im Gedächtnis eines Individuums verankerte Wissen über die in seinem bisherigen Leben entweder besonders erfolgreichen oder besonders erfolglos eingesetzten, in dieser Weise immer wieder bestätigt gefundenen und deshalb auch für die Lösung zukünftiger Probleme als entweder besonders geeignet bzw. ungeeignet bewerteter Strategien des Denkens und Handelns.
Solche Erfahrungen sind immer das Resultat der subjektiven Bewertung der eigenen Reaktionen auf eine wahrgenommene und als bedeutend eingeschätzte Veränderung der Außenwelt. Sie unterscheiden sich darin von allen (passiven) Erlebnissen und (passiv) übernommenen Kenntnissen und Fertigkeiten, denen kein oder noch kein Bedeutungsgehalt für die eigene Lebensbewältigung beigemessen wird. Aufgrund der normalerweise bereits während der frühkindlichen Entwicklung stattfindenden und im späteren Leben aktiv vollzogenen Einbettung des Menschen in ein immer komplexer werdendes soziales Beziehungsgefüge sind die wichtigsten Erfahrungen, die ein Mensch im Lauf seines Lebens machen kann, psychosozialer Natur (Hüther et al. 1999b).
Die ersten individuellen Erfahrungen werden sehr wahrscheinlich bereits während der intrauterinen Entwicklung auf der Grundlage der bis dahin genetisch präformierten neuronalen Verschaltungsmuster verankert. Bereits die genetisch determinierten Verschaltungen prädisponieren das sich entwickelnde Gehirn für ganz bestimmte sensorische Wahrnehmungen, für eine bestimmte assoziative Verarbeitung dieser Eindrücke und für die Aktivierung ganz bestimmter Verhaltens- (und Gefühls-)reaktionen.
Sie sind in dieser Hinsicht vergleichbar mit den im späteren Leben (aufgrund individuell gemachter Vorerfahrungen) entstandenen Erwartungen, die in ähnlicher Weise die Aufmerksamkeit, die Verarbeitung, das Denken, Fühlen und Handeln einer Person prädisponieren. Ob diese Erwartungen noch rein genetisch bedingt oder bereits durch eigene Erfahrungen begründet sind, in beiden Fällen lassen sich neue Erfahrungen nur dann machen, wenn es zu einer Diskrepanz zwischen subjektiven Erwartungen und den tatsächlich wahrgenommenen Phänomenen und damit zur Aktivierung einer neuroendokrinen Stress-reaktion kommt (Hüther, 1998).
Der Nachweis von Kortikoidrezeptoren im Gehirn hat den Blick für ein Phänomen geschärft, das bisher in der Stressforschung kaum beachtet wurde: Das Gehirn ist nicht nur der Ausgangspunkt, sondern auch das wichtigste Zielorgan der Stressreaktion. Die durch eine psychische Belastung im ZNS ausgelösten Reaktionen (z.B. verstärkte Katecholaminausschüttung im Zuge der Aktivierung noradrenergener Kerngebiete, vermehrte Ausschüttung von CRF und ADM durch intra- und extrahypothalamische Axone, von ß-Endorphin und adrenocortikotrophen Hormonen durch endokrine Zellen der Adenohypophyse) sind in der Lage, die im Zuge der Stressreaktion ablaufenden zentralnervösen Verarbeitungsprozesse auf vielfältige Weise zu beeinflussen. Auch die stressinduzierte Stimulation des sympathischen Nervensystems und der Ausschüttung von Noradrenalin und Adrenalin aus dem Nebennierenmark hat eine ganze Reihe direkter und indirekter Effekte auf das ZNS. Sie reichen von Änderungen der Hirndurchblutung über die vermehrte Bereitstellung von Substraten für den Energiestoffwechsel bis hin zu Änderungen der Verfügbarkeit von Vorstufen für die Katecholamin- und Serotoninsynthese.
Durch ansteigende Spiegel zirkulierender Glukokortikoide kommt es nicht nur zu einer direkten Aktivierung von Glukokortikoidrezeptoren im ZNS mit weitreichenden und oft langfristigen Konsequenzen für die Funktion der betreffenden Nerven- und Gliazellen. Auch indirekte, Glukokortikoidvermittelte periphere Effekte (Abfall der Sexualhormonspiegel, Suppression der Synthese und Ausschüttung von Mediatoren der intrazellulären Kommunikation wie Prostaglandine und Zytokine, Änderungen der Substratversorgung etc.) können zu langfristigen Veränderungen der Struktur und Funktion neuronaler Verschaltungen im ZNS führen.
Welche dieser Mechanismen im Zuge einer Stressbelastung aktiviert und welche langfristigen Veränderungen dadurch ausgelöst werden, hängt von der Art der Belastung ab, der sich eine bestimmte Person ausgesetzt sieht, also von der individuellen Bewertung der Kontrollierbarkeit des Stressors. Zu einer kontrollierbaren Stressreaktion kommt es immer dann, wenn die bisher angelegten Verschaltungen zwar prinzipiell zur Beseitigung der Störung geeignet, aber einfach noch nicht effizient genug sind, um diese vollständig und gewissermaßen routinemäßig zu beantworten. Eine derartige Stress-Belastung ist besser mit dem Begriff “Herausforderung” zu beschreiben.
Sie beginnt, wie jede Reaktion auf einen psychischen Stressor, mit der bereits beschriebenen unspezifischen Aktivierung kortikaler und limbischer Hirnstrukturen, die zur Stimulation des zentralen und peripheren noradrenergen Systems führt (“arousal”). Kann im Zuge dieser unspezifischen Aktivierung eine Möglichkeit zur Lösung der betreffenden Anforderung gefunden werden, so kommt es mit der Aktivierung der an dieser Verhaltensreaktion beteiligten neuronalen Verschaltungen zum Erlöschen der initialen unspezifischen Aktivierung. Vor allem die verstärkte Ausschüttung von Noradrenalin in den initial aktivierten cortikalen und limbischen Hirnregionen führt zu einer ganzen Reihe von funktionellen und metabolischen Veränderungen in Nerven- und Gliazellen, die direkt oder indirekt zur Stabilisierung und Verbesserung der Effizienz der in die Antwort involvierten neuronalen Verschaltungen beitragen. Wiederholt auftretende, kontrollierbare psychosoziale Belastungen (oder besser: Herausforderungen) führen so zu einer sukzessiven Stabilisierung, Bahnung und verbesserten Effizienz der in die Antwort involvierten neuronalen Netzwerke und Verbindungen. Dieser zentralnervöse Anpassungsprozess ist in gewisser Weise vergleichbar mit peripheren Anpassungen an physische Stressoren, etwa der durch Kältebelastung induzierten Verdichtung des Haarkleides. Sehr komplexe, verschiedenartige und vielseitige kontrollierbare Belastungen sind offenbar notwendig, um die individuellen genetischen Möglichkeiten zur Strukturierung eines entsprechend komplexen Gehirns nutzen zu können (Hüther 1997).
Wenn eine Belastung auftritt, für die eine Person keine Möglichkeit einer Lösung durch ihr eigenes Handeln sieht, an der sie mit all ihren bisher erworbenen Reaktionen und Strategien scheitert, so kommt es zu einer sog. “unkontrollierbaren Stressreaktion”. Sie ist durch eine langanhaltende Aktivierung cortikaler und limbischer Strukturen sowie des zentralen und peripheren noradrenergen Systems gekennzeichnet, die sich wechselseitig so weit aufschaukelt, dass es schließlich auch zur Aktivierung des HPA-Systems mit einer massiven und lang anhaltenden Stimulation der Cortisolausschüttung durch die Nebennierenrinde kommt.
Solche unkontrollierbaren Belastungen haben andere, weitreichendere Konsequenzen auf die im Gehirn angelegten Verschaltungen als die soeben beschriebenen kontrollierbaren Stressreaktionen. Beobachtungen an Versuchstieren deuten darauf hin, dass vor allem die aus unkontrollierbaren Belastungen resultierenden massiven und langanhaltenden Erhöhungen der Glucocorticoid-Spiegel zur Destabilisierung der bereits angelegten synaptischen Verbindungen und neuronalen Netzwerke führt.
Im Zuge unkontrollierbarer Belastungen wird die Noradrenalinausschüttung vermindert, der cerebrale Energieumsatz gehemmt und die Bildung neurotropher Faktoren unterdrückt. Halten derartige Belastungen länger an, so kann es sogar zur Degeneration noradrenerger Axone im Kortex und zum Absterben von Pyramidenzellen im Hippocampus kommen. Verhaltensbiologische Untersuchungen zeigen in diesem Zusammenhang einen sehr interessanten Effekt: Hohe Spiegel von Glucokortikoiden, wie sie physiologischerweise bei unkontrollierbarem Stress erreicht werden, fördern die Auslöschung von erlernten Verhaltensreaktionen und führen zur Elimination vor allem solcher Verhaltensweisen, die für eine erfolgreiche Beendigung des Stress-Reaktionsprozesses ungeeignet sind (Hüther 1996).
Die Aneignung neuer Bewertungs- und Bewältigungsstrategien, grundlegende Veränderungen im Denken, Fühlen und Handeln werden durch die vorangehende Destabilisierung und Auslöschung unbrauchbar gewordener Muster erst ermöglicht. Damit tragen beide Arten von Stressreaktionen, also die kontrollierbaren Herausforderungen wie auch die unkontrollierbaren Belastungen, in jeweils spezifischer Art und Weise, zur Strukturierung des Gehirns, d.h. zur Selbstorganisation neuronaler Verschaltungsmuster im Rahmen der jeweils vorgefundenen äußeren, psychosozialen Bedingungen bei: Herausforderungen stimulieren die Spezialisierung und verbessern die Effizienz bereits bestehender Verschaltungen. Sie sind damit wesentlich an der Weiterentwicklung und Ausprägung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale beteiligt. Schwere, unkontrollierbare Belastungen ermöglichen durch die Destabilisierung einmal entwickelter, aber unbrauchbar gewordener Verschaltungen die Neuorientierung und Reorganisation von bisherigen Verhaltensmustern.
Die von unkontrollierbaren Belastungen getriggerten langanhaltenden neuroendokrinen Reaktionen können offenbar über die von ihnen ausgelöste Destabilisierung neuronaler Verschaltungsmuster in limbischen und kortikalen Hirnregionen zu u.U. sehr grundsätzlichen Veränderungen des Denkens, Fühlens und Handelns einer Person führen. Das Ersetzen eines alten, unter dem Einfluss bisheriger Anforderungen stabilisierten assoziativen Verschaltungsmusters durch ein neues kann bisher unkontrollierbare Belastungen kontrollierbar machen. Ein derartiger Reorganisationsprozess ist jedoch immer mit dem Risiko der Entgleisung und des unkompensierbaren Verlustes bestimmter Fähigkeiten im Bereich des Denkens, Fühlens oder Handelns behaftet (Hüther 1996).
3. Die Auswirkungen psychischer Traumatisierung
Niemand hat bisher die durch ein traumatisches Erlebnis ausgelöste Intensität der neuroendokrinen Stressreaktion gemessen und niemand kann vorhersagen, wie lange die durch ein solches Erlebnis ausgelöste Aktivierung stress-sensitiver neuroendokriner Regelmechanismen bei einem Menschen anhält. Mit Sicherheit aber stellt die psychische Traumatisierung den Extremfall einer unkontrollierbaren Belastung dar, die ein Mensch erleben kann.
Wenn es einem Menschen nach einer solchen traumatischen Erfahrung nicht gelingt, diese unkontrollierbare Stressreaktion irgendwie anzuhalten, so ist er verloren, denn die dadurch ausgelösten Destabilisierungsprozesse können lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Jeder traumatisierte Mensch spürt das, und er wird deshalb mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, die traumatische Erfahrung und die posttraumatisch immer wieder aufflammenden Erinnerungen an das erlebte Trauma unter Kontrolle zu bringen. Bewährte Strategien, die er – so wie andere Menschen – bisher zur Bewältigung seiner Ängste eingesetzt hat, wurden angesichts des erlebten Traumas ad absurdum geführt: Auf psychosoziale Unterstützung kann er sich nicht mehr verlassen. Der Glaube an eine fremde, göttliche Macht ist ihm ebenso verlorengegangen wie der Glaube an seine eigene Kraft. All sein Wissen und Können, sein Einfluss, seine Fähigkeiten und Fertigkeiten haben sich als nutzlos erwiesen. Die einzige Strategie, die ihm nun noch Linderung verschaffen kann, ist die Abkoppelung der traumatischen Erfahrung aus dem Erinnerungsschatz, ihre Ausklammerung durch eine gezielt veränderte Wahrnehmung und assoziative Verarbeitung von Phänomenen der Außenwelt.
Er ist gezwungen, mit diesen Strategien gegen die immer wieder aufflammenden Erinnerungen an das Trauma anzurennen. Falls er eine Strategie findet, die es ihm ermöglicht, die traumatische Erinnerung und die damit einhergehende unkontrollierbare Stressreaktion kontrollierbar zu machen, hört der Destabilisierungsprozess auf, und es werden nun all die neuronalen Verschaltungen gefestigt und gebahnt, die zur “erfolgreichen” Bewältigung seiner durch die traumatischen Erinnerungen ausgelösten Ängste aktiviert werden. Auf diese Weise entstehen zunächst kleine, durch ihre wiederholte “erfolgreiche” Nutzung aber schließlich immer breiter und effektiver werdende zentralnervöse “Umgehungsstraßen” und “Umleitungen”, “Verbotszonen”, “Rastplätze” und die dazugehörigen “verkehrsregelnden Leiteinrichtungen”. Gefunden werden diese Lösungen mehr oder weniger rasch und meist intuitiv, aber bis die dabei benutzten Verschaltungen hinreichend effektiv gebahnt sind, können Monate und Jahre vergehen.
Die dabei ablaufenden Bahnungsprozesse können offenbar so tiefgreifend und weitreichend werden, dass bei manchem traumatisierten Menschen die Erinnerung an das traumatische Erlebnis schließlich nicht mehr abrufbar ist. Bei manchen wird die gesamte emotionale Reaktionsfähigkeit und damit auch die basale Aktivität und die Aktivierbarkeit der HPA-Achse permanent unterdrückt. Bei manchen können bizarr anmutende oder gar selbstgefährdende Bewältigungsstrategien bis zur Zwanghaftigkeit gebahnt werden. Immer ist es die subjektive Erfolgsbewertung einer zunächst meist unbewusst gefundenen Strategie, die zur Aktivierung einer nunmehr kontrollierbaren Stressreaktion und damit zur Bahnung der dabei benutzten Verschaltungen führt. Zwangsläufig sind all diese gebahnten Abwehrstrategien daher individuelle Lösungen, die sich deutlich von den “normalen” Bewältigungsstrategien nicht traumatisierter Menschen unterscheiden. Damit geraten traumatisierte Menschen in ein “soziales Abseits” und werden oft als persönlichkeitsgestört oder antisozial attributiert. So schließt sich ein fataler circulus vitiosus, aus dem der Betroffene aus eigener Kraft nicht mehr herausfindet.
Phänomenologisch zeigen Patienten mit einer derartigen posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) Intrusionen, d.h. wiederkehrende und stark belastende Erinnerungen und Träume, Flashback-Erlebnisse, psychische und physiologische Stressanzeichen bei Konfrontation mit Hinweisreizen, Gedanken- und Gefühlsvermeidung sowie Aktivitäts- und Situationsvermeidung in Hinblick auf das Trauma, Teilamnesie in Hinblick auf das Trauma, Entfremdungsgefühle und Affekteinschränkungen, Übererregbarkeit, Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit und Wutausbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz und verstärkte Schreckhaftigkeit.
Auf der Ebene der hormonellen Regulation lassen sich bei PTSD-Patienten Veränderungen des HPA-Systems, des SAM-Systems sowie des endogenen Opiatsystems nachweisen. Bei PTSD-Patienten mit unterschiedlicher Traumatisierung (Kriegserfahrung, sexueller Missbrauch in der Kindheit etc.) wurde im Vergleich zu Gesunden und anderen psychiatrischen Patienten ein erhöhter CRF-Spiegel in der Zerebrospinalflüssigkeit, eine verringerte ACTH-Freisetzung, eine erhöhte Anzahl von Glucocorticoid-Rezeptoren auf Lymphozyten und eine reduzierte Cortisol-Freisetzung nach Stimulation durch CRF nachgewiesen (Yehuda et al.,1993, Bremmer et al., 2000, Sapolsky, 2000).
Die zentrale und periphere Freisetzung von Katecholaminen (Noradrenalin, Adrenalin) ist erhöht. Gleichzeitig findet sich bei diesen Patienten eine starke Reduktion der Alpha-2-adrenergenen Rezeptoren. Yohimbin, ein alpha-2-Rezeptorantagonist, der eine verstärkte Freisetzung von Katecholaminen hervorruft, löst bei PTSD-Patienten Panikattacken und Flashbacks aus, jedoch nicht bei Gesunden. Mit der erhöhten Freisetzung von CRF und Noradrenalin kommt es auch zu einer vermehrten Bildung und Abgaben von Beta-Endorphinen, die mit einer Minderung der Schmerzempfindungen einhergeht (Julien, 1997).
Bisher durchgeführte PET-Untersuchungen zeigten bei PTSD-Patienten während der Präsentation Trauma-relevanten Materials oder imaginierter traumatischer Geschehnisse eine rechtsseitige Erhöhung des Blutflusses im Gyrus cinguli und der Amygdala, bei gleichzeitig linksseitiger Blutflusserniedrigung besonders in der Gegend des Brocca-Areals (Shin et al., 1997). Hirnstrommessungen bei visuellen und auditorischen Aufgaben ergaben eine verzögerte N2- und eine reduzierte P3-Amplitude, die als Schwierigkeit gedeutet werden, zwischen relevanten und irrelevanten Reizen zu unterscheiden (Ehlert et al., 1999).
Diese bei PTSD-Patienten beobachteten Phänomene beschreiben nur in groben Zügen das Spektrum der nach schweren, unkontrollierbaren Belastungen besonders häufig auftretenden und mit gegenwärtigen Methoden besonders gut messbaren Veränderungen. Es handelt sich hierbei nicht um neurobiologische oder neuroendokrine Ursachen der als PTSD bezeichneten Erkrankung, sondern um Anpassung neurobiologischer Verarbeitungsprozesse und neuroendokriner Regelmechanismen an eine langanhaltende, auf andere Weise nicht bewältigbare Stressreaktion.
4. Individuelle Vulnerabilität und protektive Faktoren
Die Intensität, die Dauer und damit auch die Folgen der durch eine schwere psychische Belastung ausgelösten neuroendokrinen Stressreaktion hängt von der individuellen Bewertung ab. Diese Bewertung wiederum wird ganz entscheidend von den Erfahrungen bestimmt, die die betreffende Person bis zu diesem Zeitpunkt machen konnte. Hier spielen insbesondere frühe Kindheitserfahrungen eine ausschlaggebende Rolle (Bindungssicherheit, Erfahrungen eigener Kompetenz, innere Orientierung, soziale Einbettung, übernommene Grundhaltungen und Grundüberzeugungen, Wertmaßstäbe und Reaktionsmuster). Auch die Art des erlebten Traumas und situative Gegebenheiten sind für die individuelle Bewertung von Bedeutung.
Am schwersten verarbeitbar sind Erfahrungen der eigenen Ohnmacht und des Ausgeliefertseins immer dann, wenn das Trauma durch andere Menschen ausgelöst wird und wenn das Opfer sich zudem emotional mit diesen Menschen verbunden fühlt (z.B. Missbrauch oder Vergewaltigung durch Angehörige, Gewalt, Folter und Vertreibung durch Mitglieder einer bis dahin intakten Lebensgemeinschaft, etwa im Fall von sog. Bürger- und Glaubenskriegen), wenn psychosoziale Unterstützung fehlt (Isolation), wenn die bisherige Sinngebung der eigenen Lebensgestaltung zerstört wird (Glaube, Liebe, Hoffnung) und wenn mehrere traumatische Erfahrungen aufeinander folgen (multiple Traumatisierung).
Besonders groß wird die Gefahr der Ausbildung posttraumatischer Störungen bei solchen Menschen, die nach einer schweren primären Traumatisierung durch Flucht und Vertreibung aus ihrem bisherigen, Sicherheit bietenden Lebenskreis herausgerissen werden und denen anschließend keine Möglichkeit geboten wird, das Trauma zu verarbeiten, eine neue eigene Lebensperspektive zu entwickeln und sich in eine neue soziale Gemeinschaft zu integrieren. Wenn solche Menschen in ihrem neuen Lebenskreis auf Ablehnung und Unverständnis stoßen und womöglich sogar mit erneuter Vertreibung bedroht werden, ist eine sekundäre Traumatisierung mit all ihren destabilisierenden, langfristigen und schwer zu behandelnden Folgen hochwahrscheinlich (vgl. Hüther 2001).
Quelle: Hüther, G.: „Traumatische Erinnerungen“, Asylpraxis Band 9, BAMF, Nürnberg, 2001 (in http://www.sbpm.de)
siehe auch
Hüther, G. „Das Geheimnis der ersten neun Monate“ – Unsere frühesten Prägungen (Beltz 2010)
Hüther, G. „Biologie der Angst“ – Wie aus Steß Gefühle werden“ (Vandenhoeck & Ruprecht 2009)
Vielleicht wird es Tätern einfach leicht gemacht?
Wurde sie denn von irgendjemandem in der Runde attackiert? Am Ende hatte der Zuschauer doch das Gefühl, es sei eine Lapalie.
‚Wo die Liebe hinfällt…‘ Der Psychologe hat zwar einige stimmige Sachen gesagt, aber plötzlich spricht er vom Ödipuskomplex, schlimm…
Ich denke aber daß sehr wohl soziale Bedingungen die Basis für ihr Verhalten bilden. Niemand ist ‚einfach so‘ egoistisch. Aber es muß nicht erlebte sexuelle Gewalt sein! Das war mein Punkt.
Laut Statistik sind die meisten Sexualstraftäter männlich. Von wem wurden all diese Männer sexuell mißbraucht?
In der Familie (Haupttatort) sind meistens Mädchen Opfer männlicher sexueller Gewalt.
Dann müßte man glauben, 50% der Täter sind weiblich, theoretisch müßten es dann überwiegend die Mütter sein…
Viele Mädchen die von Vätern mißbraucht werden, werden auch vom Bruder mißbraucht.
Ich denke daß Brüder sich das schlicht vom Vater abgucken. Sie machen es weil sie es können, es hindert sie niemand, es ist ’normal‘. Sexuelle Gewalt ist normal, klar bei extremen Fällen sind alle empört, das erscheint ‚weit weg‘.
Gewalt, Respektlosigkeit gegen Kinder ist normal, auch wenn Schlagen nicht mehr Konsens ist, aber es gibt ja andere Formen der Gewalt.
Ein unempathischer Mensch konnte oder mußte in seiner Umgebung nicht empathisch werden.
Man darf die negativen Einflüsse nicht negieren, das wird aber oft gemacht, und somit wird es Menschen auch schwerer gemacht die Ursachen für ihre Probleme und Defizite zu erkennen.
Ich erinnere mich an eine Talkshow, wo eine Mutter saß, deren Sohn Frauen vergewaltigt und ermordet hat.
Diese Mutter hat sich die gesamte Sendung über als Opfer stilisiert, als Opfer ihres Sohnes.
Sie hat nicht ein einziges Mal über die tatsächlichen Opfer oder die Hinterbliebenden der Opfer gesprochen, und war sichtlich erleichtert
als der anwesende Psychologe sie jeglicher Schuld entband.
Wem nützt das etwas, außer der Mutter die leichter weiterleben kann?
@ sarah
nein, natürlich sind nicht alle betroffenen täter und ich denke das sieht anna auch so. Aber es entscheidet sich schon im kindesalter. Die eine schützt ihre jüngeren Geschwister und gibt sich selber dem täter hin,,,die anderen reichen die jüngeren weiter um selber nicht herhalten zu müssen.
Warum wieso und weshalb das so ist,,,,,das weiss ich nicht.
Man sagt ja auch, dass eine dysfunktionale familie einen betroffenen braucht der in die opferrolle geht, um dieses krankhafte system aufrecht erhalten zu können,,,
Also ich habe erinnerungen daran, wie ich immer alle lieb haben wollte und alle „retten“ wollte. Ein Kampf gegen Windmühlen,,,,,dem kein mensch auf dauer standhalten kann, weil er eben auch ohne zärtlichkeit, Aufmerksamkeit und liebe sein kann.
Je länger die kinder in diesem system „gefangen“ sind und je mehr menschen da mitmachen und je älter dieses kind wird,,,,,steigt auch die gefahr selber zum täter zu werden,,,,,so sehe ich das.
Jugendamt – Kindeswohl – Eltern mit Randbedeutung.
Heißt ja auch nicht Elternnamt.
Es hat noch niemand die F rage gestellt:
Wird das Kind weitergereicht, wo geht das eingenommene Geld hin?
Welche Netzwerke der Vertuschung sind nötig?
Vater „Alkohol“, Mutter „Schizophrenie“?
@ wannda
Du meinst also dass muter und kind isoliert voneinander gesehen werden sollte wie es bisher war?
Dann frage ich mich ernsthaft warum sie es bei den Tätergegenüberstellungen nicht auch taten, sondern stattdessen das verniedlichen unterstützten und die kinder immer und immer wieder in loyalitätskonflikte stürzten,,,,,,ist das KINDESWOHL????
Es ist immer noch so wie es viel zuoft war,,,,,das Jugendamt ist oft da, wo es nicht gebraucht wird,,,
Mit wenigen projekten für kinder die kinder bekommen ist uns allen nicht geholfen.
Diese projekte dienen nur dazu die Öffentlichkeit ruhigzustellen und die Realitätsfindungsstörungen unserer Politiker zu vertuschen,,,
@Sarah M.
Ja, genau, das schreibt Alice Miller auch: Daß Missbraucher immer selbst missbraucht worden sind.
Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, daß jeder Missbrauchte zum Täter wird. Er/sie wird nur dann zum/zur Täter_in, wenn er/sie den eigenen Missbrauch verdrängt hat oder bagatellisiert. Wenn der Missbrauch aufgearbeitet wird, besteht keine Gefahr der Weitergabe an die nächste Generation.
Die Formulierung „Das hieße im Umkehrschluss, dass all diejenigen, die in ihrer Kindheit sex. Gewalt erfahren haben, als Erwachsene zu Täter mutieren. “ ist Täter-Argumentation. Damit sollen die wahren Ursachen für Kindesmisshandlung verwischt werden.
Ich kann nicht verstehen, warum sich Betroffene bei der wahren Aussage, daß Missbrauch von selbst erlebtem Missbrauch kommt so auf den Schlips getreten fühlen. Der Umkehrschluß, daß alle Betroffenen automatisch zu Tätern würden, ist logisch nicht nachvollziehbar.
Ich bin dagegen, eine Grenze zu ziehen zwischen Uns-Betroffenen und DEN Täter_innen. Die Täter_innen sind auch Betroffene! Und der Unterschied zwischen „uns“ und „denen“ ist lediglich, daß die Täter_innen ihren eigenen Missbrauch nicht aufgearbeitet haben und ihn deshalb weitergegeben haben.
Niemand kriminalisiert hier Betroffene! Aber den Zusammenhang nicht zu sehen bedeutet Täter_innen zu schützen. In erster Linie mal die Täter_innen der Täter_innen. Und da ist wieder eindeutig das 4.Gebot am Start.
Die Kette der Gewalt kann nur durchbrochen werden, wenn genau dieser Zusammenhang klar wird.
@Norman:
Warum diese „Allaussage“ (ich würde sagen, es ist eine natürliche Gesetzmäßigkeit) keinen oder wenig Eingang in das allgemeine Denken findet hat wiederum seine Ursache darin, daß FAST alle Menschen in ihrer Kindheit irgendeine Form von Gewalt erlebt haben. Diese Gewalt erzeugt Denkblockaden. Den später Erwachsenen ist es nicht möglich, die Gewalt als problematisch anzusehen. Sie denken, die Gewalt hätte ihnen nicht geschadet oder sie hätten gar keine Gewalt erlebt. Sie MÜSSEN es denken, weil sie durch die Gewalt gehirngewaschen sind von den Gewalttäter_innen, die behauptet haben, ihr Kind „aus Liebe“ zu schlagen. Weil die Erkenntnis, daß die schlagenden Eltern ihr Kind NICHT geliebt haben sehr schmerzhaft ist, wird die Erkenntnis, daß Gewalt von Gewalt kommt abgewehrt. Dazu kommt die tief seit der Kindheit festsitzende Angst, für die Auflehnung gegen Gewalt bestraft zu werden. Das sind schon die Hauptgründe, sich gegen diese „Allaussage“ zu wehren. Der Weg, die schlichte Wahrheit dieser „Allaussage“ zu begreifen führt durch den Schmerz der Kindheit. Wer dort nicht durchgegangen ist, wird die „Allaussage“ meist abwehren.
Es gibt daher bisher wenige Untersuchungen über die Kindheiten von Gewalttätern. Alice Miller hat viele untersucht (Serienmörder, Diktatoren etc.) und IMMER Grausamkeit in der Kindheit entdeckt. Weil sie bereit war sie zu sehen und weil sie eben diese besagte Denkblockade nicht (mehr) hatte.
Wenn Gewalttäter angeblich eine schöne Kindheit hatten bedeutet das nicht zwangsläufig, daß die Kindheit auch wirklich schön war. Viele Formen von Grausamkeit werden ja noch immer unter „Erziehung“ verbucht, sind aber in Wirklichkeit Misshandlungen (Klapse, Ohrfeigen, Demütigungen etc.).
Entscheidend für die „Täterprägung“ ist, daß durch die erlittene Gewalt in der (frühen!) Kindheit die Gehirnareale, die für Empathie zuständig sind, nachhaltig geschädigt bzw. gar nicht erst entwickelt werden. Das ist von Gehirnforschern bestätigt worden (Martin Teicher, Bruce D. Perry).
Ein anderes Argument für die „Allaussage“ daß Missbrauch immer von selbst erlittenem Missbrauch kommt, ist die Fragestellung: Ja, was denn SONST macht Täter_innen zu Täter_innen?
Wenn es nicht der eigene erlittene Missbrauch ist, kommen nur wenige Möglichkeiten in Betracht:
– „vom Teufel besessen“ (religiöse Interpretation)
– „schlechte Gene“ ist auch wiederlegt, weil es z.B. keine Erklärung dafür gibt, daß Anfang des 20.Jahrhunderts plötzlich Hunderttausende von Menschen mit schlechten Genen die Gräuel des Nationalsozialismus angerichtet hätten.
Die Verleugnung der wahren Ursachen von Gewalttätigkeit und natürlich auch von Kindesmisshandlung dient immer dem Täterschutz, der ganz oft Elternschutz ist. Das 4.Gebot läßt grüßen.
Was will eine Mutter (Vater – Verwandte – Bezugspersonen) wissen?
Jeder hat das Recht, sich selber nicht zu belasten. Er kann / will sich nicht erinnern.
Wie sieht es beim Widerspruch der Aufrechterhaltung der eigenen Beziehung (Mutter – Geld – Vorteil) und dem Kindeswohl aus?
Die Kenntnis ist mindestens in der Nähe von unterlassener Hilfeleistung bzw. Beihilfe. Von weiteren Tatbeständen ganz abgesehen.
Was ist mit den Personensorgerechten? Wer entscheidet über Strafantrag / Strafanzeige, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medikation (gewünschtes Verdrängen und Vergessen)?
Die Mutter? Der Vater? Das Jugendamt? Alle drei?
Gentlement Agreement – Wir biegen das schon hin.
Mit Loyalitätsproblemen liegen Sie richtig. Das ist leider erwünscht. So erleidet das Kind Verlust und bleibt, egal wie es sich entscheidet, wahrscheinlich erheblich gestört.
Politiker wissen, wie es läuft. Machen Sie mal eine Umfrage im Familien- oder Bekanntenkreis.
!. Sind Veergewaltiger sexuell gestört? Ja.
2. Weil Ja – dann krank.
3. Weil krank – dann behandlungsbedürftig.
4. Weil behandlungsbedürftig – dann soziale Akzeptanz.
5. Weil soziale Akzeptanz – dann Minderheitenschutz.
Beliebig erweiterbar.
Die Pharmaindustrie und ihre Lobbyboys and Girls wissen schon, wie man eine härtere Prävention und Gangart in der Gerichtsbarkeit untergräbt.
Mörder sind Verbrecher – Vergewaltiger sind krank.
Was krank ist – kann ja nicht so schlimm sein.
Das ist eine zweckgebundene rethorische Kastration – die wir uns nicht bieten lassen müssen.
@levi
yepp, du triffst den Nagel auf den Kopf!
GENAU von den MÜTTERN haben die männlichen Täter die sexualisierte Gewalt!!!
Missbrauchende Mütter, das ist DAS Tabu-Thema! Es existiert immer noch der Mythos der von Natur aus guten Mutter.
Doch die Mütter rächen sich an ihren Söhnen (und Töchern!) für die von ihren VÄTERN verübte sexualisierte Gewalt. So schließt sich die Kette der Gewalt und wird von Generation zu Generation seit Jahrtausenden weitergegeben.
Daß so wenig Gewalt durch Mütter aufgedeckt wird, liegt einerseits in dem bereits erwähnten Tabu, andererseits darin, daß sehr viele missbrauchte Männer wieder selbst zu Tätern werden und dadurch die selbst erlittene Gewalt noch tiefer verdrängen und sich nicht als Opfer sehen. Überhaupt: der Mythos, daß ein Mann kein Opfer sein kann verhindert natürlich auch die Aufdeckung der Gewalt durch Mütter.
Und dann denke ich, daß die Mütter selbst verhindern, daß die Gewalt durch Mütter aufgedeckt wird. Direkt und indirekt. Indirekt z.B. daß der Fokus auf männliche Gewalttäter gelegt wird (z.B. im feministischen Bereich).
Unter einem weiblichen Pseudonym vulgärmaskulinistisches Gehetze in ein Forum wie dieses zu posten, finde ich unverschämt. Zünden Sie sich ihr Zigarettchen doch bitte an einem anderen Hausbrand an.
Also nur um irgendwelche vielleicht missverständnisse auszuräumen.mit „wiederbekommen“meinte ich das ganz klar das kind nicht weiterhin bei seinem missbraucher wohnen soll sondern lieber zuhause oder wenn das das kind schon so vehemnt ablehnt dann wenigstens in einem heim wo es nicht weiter missbraucht wird.sondern sich einigermassen entwickeln kann mit hinwirkung auf einen guten kontakt zum elternhaus.das der täterfreund das untergraben hat liegt für mich in diesem mir bekannten fall auf der hand.
doch wie reagiert ein auflehnendes wesen in diesem alter auf ein nein der eltern-ein nein zu dem missbrauch und ein ja vom JA?da ging es nicht um einen loyalitätskonflikt.da ging es darum das sich der täter über alles hinweggesetzt hat und keiner einen riegel vorgeschoben hat.-es ist liebe-oder wo die liebe hinfällt?
Passend zum Thema ein Spiegel-Artikel über Frauen als Täterinnen UND über die selbst erlittene Gewalt der Täterinnen (Beobachtung des Diakons aus dem Frauenknast, die Alice Millers Forschungen bestätigt):
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,788332,00.html#ref=rss
@Norman:
ich habe in der Diskussion über körperliche Gewalt nicht behauptet, daß du von deinen Eltern geschlagen worden seist, sondern, daß du vermutlich als Kind Gewalt erlitten hast.
Interessant, wie das bei dir ankam.
@ nadja
lol*,,,,,wen meinen Sie? Kann es sein dass mit der Steuerung Ihres Alphatriebes irgendetwas nicht stimmt? Haben Sie abgeklärt, ob ihr aggressives Verhalten darauf zurückzuführen ist, dass dieser entarete Trieb nun die „Falschen“ beschuldigt????
@Nadja und rasch:
genau das meine ich (weiblich) mit dem Tabu und dem Mythos der „heiligen Mutter“.
Mit Hetze hat das gar nichts zu tun.
Eure Reaktion zeigt nur, wie stark der Glaube an eine „gute Mutter“ in der Gesellschaft verankert ist.
Als Frau verwundert mich immer wieder der Männerhaß aus feministischer Richtung. Er erscheint mir als der verlagerte Vaterhaß von sexuell missbrauchten und verdrängenden Frauen. Weil der Vater geschützt wird, müssen eben „die Männer“ dafür herhalten.
Und umgekehrt ist es natürlich genauso.
Weil die Mutter geschont wird, gibt es diesen enormen Frauenhaß der „Muttersöhnchen“. Und da die Muttersöhnchen unsere Gesellschaft prägen, ist der Frauenhaß allgegenwärtig und gesellschaftlich legitimiert. Und DESHALB ist der Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen immer noch bitter notwendig!
Das ist natürlich die einzig mögliche Antwort, dass Mütter genauso oft missbrauchen, wenn man glaubt, dass sex. Gewalt immer (an sich selbst erlebte) sex. Gewalt als Ursprung hat. Ich finde wahrscheinlicher dass Prägung, nicht nur was man selbst erlebt, sondern auch im Umfeld sieht, ebenso Ursache von Gewalt ist. Jemand der weiß, dass es falsch ist zu schlagen wird mehr Hemmungen haben zu schlagen, als jemand der merkt dass er damit durchkommt, weil es alle machen, oder weil ihn niemand hindert. Und auch beobachtete Gewalt kann traumatisierend sein (ich meine das sogar auch bei Alice Miller gelesen zu haben).
Der Mythos von der guten Mutter hat sich doch spätestens durch die Feministinnen erledigt. Wenn Mütter sich rächen, dann eher an Töchtern, denn sie verachten sich selbst, und das spiegelt nun mal die Tochter. Ich bestreite ja keine sex. Gewalt von Müttern an Söhnen (und Töchtern), aber DAS jetzt als Ursache für männliche sexuelle Gewalt zu sehen, halte ich für weit her geholt. Wie gesagt, das müßten dann schon sehr viele Mütter sein. Ich denke eben nicht, dass der Fokus auf Männer gelegt wird, sondern dass sexuelle Gewalt hauptsächlich männlich IST. Die Aufdeckung dessen ist in einer patriarchalischen Welt auch nicht ganz einfach.
@ Anna M.
Das Buch von Andreas Marquardt habe ich gelesen. Ich fragte mich, was ist die Rolle der Großeltern, wo waren sie die ganze Zeit während des Missbrauchs.Die wohnten ja alle zusammen in einer kleinen Wohnung.Ein Täter kann immer nur handeln wenn das Umfeld es gestattet.Ein Täter wird vom Kind als äußerst perfide (und allmächtig) erlebt, in Wahrheit sind nicht alle Täter übermäßig clever, Täter haben es leicht.
Hallo Doro,
ich bin überrascht welch ausführliche und weitsichtige Forschung es bereits im Frankreich des 19. Jahrhunderts gab. Natürlich, denn Frankreich gilt ja auch mit Durkheim zum Ursprungsland der empirisch-quantitativen Sozialforschung. Leider hat sich diese quantitativ-empirische Sozialforschung damals nicht in der Weise durchgesetzt, so dass eine – vielleicht damals bahnbrechende – Idee der Psychoanalyse ihren Weg antreten konnte. Während natürlich der Durchbruch zur Erforschung des Ichs und seiner verdrängten Vergangenheit eine anzuerkennende Leistung war, siedelten sich im Umfeld dieses nur qualitativ bestätigten Vorgehens einige Pseudo-Wissenschaften an, die dann mit Spekulationen ins Kraut schossen, ohne jemals durch Daten korrigiert zu werden. Freud selbst wurde damit zum Spekulierer über inner-seelische Zusammenhänge, die oftmals einfach nur das Schlimmste bewirkten. Eigene richtige Interpretationen zur sexualisierten Gewalt verwarf er für karrieristisch, um seine Psychoanalyse zu Weltruhm zu bringen.
Jeder, der eine plausible Theorie zur Psyche vorweisen konnte, hatte sich damals auch bald schon einen Doktortitel verdient. Auch heute noch hat die Forderung nach der Beweiskraft durch empirisch-quantitative Studien in diesen Pseudo-Wissenschaften wenig Anklang gefunden, so dass Wissenschaftler wie Kernberg sich mit qualitativ-hypothetischen Wissen an die Beurteilung von Betroffenen machen und dabei immer wieder vollkommenen Humbug produzieren.
Dieses Plausibiltitätsschema einer Praxis, die sich nur das Bestätigende systematisch herauspickt, gilt für viele Bereiche. In der Weise setzen auch Esoteriker ihren Erfolg fort. Was halbwegs plausibel klingt, wird gekauft. „Du bist krank, also bist du schuld“ solche und andere Produkte, die gerade von der Hilfsbedürftigkeit bereits verletzter profitieren, finden Anklang, weil das Wissen, um einen halbwegs gültigen Beweis nicht vorhanden ist. Plausibilität ist leider ein schlechter Garant und bringt uns zu schnell auf falsche Fährten, wenn wir Gesellschaften beurteilen wollen. Dies versuche ich deutlich zu machen.
Solange wir natürlich noch wenig empirisches Wissen vorzuweisen haben, solange müssen wir, ganz wie du es sagst, frech auf bestehende Forschung hinweisen und andere Pseudo-Theorien in Abweis bringen. Dies gerät leider in die Zirkel, der Plausibilitätsargumentationen. In diesem Sinne liefert Miller mit ihren qualitativen Untersuchung zumindest Material, was zur Falsifikation von All-Hypothesen führen kann. Ich warne allerdings davor in einen gänzlich-soziologischen Determinismus zu verfallen. Gleich ob wir nun annehmen, dass wir genetisch völlig bestimmt wären oder sozial, beides entspringt einem rein naturwissenschaftlichen Denkmodell, das gerade die Dimension des Geistes außen vorlässt. Es müsste klar sein, dass eine quantitativ-empirische Bestätigung von Miller (von der ich ausgehe), auch nur Korrelationskoeffizienten vorweisen wird, die kleiner sind als 1. Obwohl wir womöglich starke Zusammenhänge erreichen werden, müssen wir berücksichtigen, dass wir eine doch nur begrenzte Wissenschaft betreiben. Wir werden keine monokausalen Zusammenhänge aufdecken können, dafür ist die Sache des Menschen und seiner Gesellschaft zu komplex. Ob wir dabei nun neurophysiologisch oder soziologisch reduzieren sei für mich dahin gestellt, wir werden für das Gesamtproblem schrittweise nur Teillösungen produzieren (eine andere Ebene ist die ideale Ebene, wo Forderungen nach Aufhebung der Verjährungsfristen Durchbrüche darstellen). Wenn jemand argumentiert, dass bestimmte Formen der Pädokriminalität auf Krankheit zurückgehen werden, so werde ich soziologisch Daten bemühen, die eine zumindest Bikausalität nachweisen. Wenn jemand soziologische Daten benutzt, um Ursachen bemüht, so werde ich auf neurophysiologische Grundlagen verweisen, um die minimale Bikausalität aufzweisen. Was sich allerdings hinter der Dialektik beider deterministisch-naturwissenschaftlichen Denkweisen noch verbirgt, ist die prinzipielle Möglichkeit der Freiheit. Diese sollten wir nicht außen vor lassen, denn diese gibt uns überhaupt erst die Möglichkeit soziale oder neurophysiologische Regelkreise zu durchbrechen. Auch nur nach den Prinzipien der Freiheit wird eine universalistische Rechtfertigung der idealen Forderungen von Betroffenen gelingen. Es ist also einerseits erkenntnistheoretisch nicht zu widerlegen, andererseits gar für unser ideales Denken notwendig.
In diesem Sinne bin ich auch der Meinung, dass gleich welche Rechtfertigungen wir für Täter anbringen, sie sich immer noch als freie Individuen verantworten müssen. Zwar tragen wir ihnen ihre soziologische oder physiologische Bedingtheit in Rechnung, letztlich aber verurteilen wir nicht ihr Gehirn oder ihre soziale Vergangenheit, sondern immer noch diese selbst, denn sie hätten sich anders entscheiden können und nach Maßgabe einer einsehbaren und selbstbestimmbaren Freiheit anders entscheiden müssen.
Ich erwähne dieses auch, da ich Betroffene kenne, die in der Geschichte ihrer Eltern intensiv geforscht haben, aber sich das Ausmaß der Gewalt, die ihnen widerfahren ist, aus diesen Biografien einfach nicht erklären können. Dieses Ausmaß sprengt einfach die Erklärbarkeit durch andere Faktoren und geht meines Erachtens auf eine Freiheit zurück, die auch immer eine Freiheit zum Bösen enthält. Eine Betroffene hat einen Zwillingsonkel, der ihr ganz im Gegensatz zum tatsächlichen Erzeuger immer zugetan war und versuchte sie zu schützen. Die Institutionen versagten ihr Schutz zukommen zu lassen und letztlich konnte auch das Umfeld wenig Einfluss nehmen, nachdem ihr Erzeuger immer wieder aus dem Gefängnis zurückkam. Und so ist es ein Rätsel bei ihr, warum war ihr Erzeuger zu solcher Gewalt im Stande, wenn er doch aus demselben sozialen Hintergrund mit denselben Genen entstammte wie der Mann, der ihr eines der wenigen guten Dinge in ihrem Leben getan hatte (ein Strauß Blumen zum Geburtstag) ?
Versteht mich nicht falsch, ich bin der letzte, der sich gegen eine Aufarbeitung der sozialen Hintergründe einsetzt, möchte allerdings auch die Dimension der wissenschaftlich unerklärbaren Freiheit miteinbezogen sehen. Letztlich wissen wir nicht, ob alles in dieser Welt nach völlig determinierenden-notwendigen Gesetzen, nach Zufall oder nach einer Kausalität aus Freiheit verläuft. In diesem Sinne aber werden wir mit der Unterstellung auch immer Täter mit ihren Taten vor Gericht bringen, die durch nichts zu entschulden sind, denn Täter hätten sich immer auch anders entscheiden können. So bin ich auch der Überzeugung, dass uns empirische Forschung Verbesserungshinweise gibt, wir allerdings immer wieder mit der Abweichung aus verschiedensten Gründen konfrontiert werden werden.
Ach und Danke an dich, Doro, und Hildegard für euer Vertrauen in mich, ich muss allerdings hinzufügen, dass ich zwar sehr gute Ergebnisse in meinen statistischen Bereichen des Soziologiestudiums erlangte, dass dies allerdings nicht mein Forschungsfeld ist und es hier bessere, fähigere Wissenschaftler gibt als mich. Diese müssen gefunden werden. Im Bereich der Ethik (praktischen Philosophie) befinde ich mich noch in einer Bestimmungsphase, so dass ich mich zunächst der theoretischeren Erkenntnistheorie zugewandt habe. Im Übrigen aber frage ich mich mittlerweile, was du beruflich eigentlich machst, Doro. Solltest du nicht versuchen an einem soziologischen Seminar der Universitäten für diesen Bereich ein Seminar anzumelden und vorzubereiten? Mit dem geringen Quellmaterial, was ich mir bisher angelesen habe, würde mir dies sicher nicht gelingen. Du aber greifst bereits auf einen weitreichenden Fundus an Material zurück. Gerade an den Seminaren würden sich sicher einige Studenten finden, die auch für diese Sache langfristig forschen würden, wenn sie denn mal ein Seminar in diesem Bereich bekämen.