Petition: Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung – Sexueller Missbrauch von volljährigen Schülerinnen und Studierenden durch Lehrende an Bildungseinrichtungen

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=19713

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von volljährigen SchülerInnen und Studierenden durch Lehrende an Bildungsinstitutionen unter Ausnutzung der mit der Bildung verbundenen Abhängigkeit in das StGB aufzunehmen. Ferner möge er Rechtsgrundlagen für ausreichende psychotherapeutische und juristische Hilfen sowie Entschädigung für diese Opfergruppe schaffen.

Begründung

Junge, erwachsene SchülerInnen, BerufsschülerInnen, StudentInnen und DoktorandInnen sind nach aktueller Gesetzgebung unzureichend vor sexueller Gewalt durch ihre DozentInnen oder ProfessorInnen geschützt.

Im Falle eines Sexualdeliktes gegen eine erwachsene Person wird derzeit der §177 StGB angewandt. Da der Gewaltbegriff beim §177 StGB aber sehr eng und täterorientiert ausgelegt wird, wird der sexuelle Übergriff allerdings juristisch meist nicht als eine Vergewaltigung gewertet, insbesondere wenn das Opfer sich nur zaghaft wehren konnte – sei es aufgrund des starken Abhängigkeitsverhältnisses, aus Respekt vor der Autorität oder aber auch wegen der eigenen sexuellen Unerfahrenheit oder ängstlichen Persönlichkeit. Abhilfeparagrafen wie Nötigung oder Körperverletzung greifen hier meistens auch nicht.

Bei einem derart schwerwiegenden Tatvorwurf sieht die Institution aber ohne Ermittlung und Beurteilung der Tat durch Strafverfolgungsbehörden sich kaum in der Lage, eigene Maßnahmen zur Sanktionierung des Täters oder zum Schutz des Opfers zu ergreifen.

Die Opfer befinden sich also meist in einer ausweglosen Situation – entweder schweigen sie über die Tat, oder die Strafverfahren werden aus Mangel an Gewaltnachweis eingestellt und es wird nichts unternommen.

Täter nutzen dieses Dilemma aus. Sie wissen auch, dass die Opfer aus Loyalitätsgründen, aus Angst vor Stigmatisierung, und nicht zuletzt aus Sorge um ihre Bildungschancen und Berufsperspektive sich sehr schwer tun, eine Anzeige zu erstatten. Oft werden Opfer zusätzlich vom Kollegium unter Druck gesetzt, den Vorfall nicht öffentlich zu machen.

Für diese Opfergruppe gilt zudem weder das Kinderschutzgesetz (da nicht mehr minderjährig) noch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (da nicht im Beschäftigungsverhältnis) noch Gewaltschutzgesetz (da keine häusliche Gewalt). Bildung ist Ländersache, und dort ist der Umgang mit Gewalt unzureichend geregelt.

Der Runde Tisch Kindesmissbrauch berät derzeit über besseren Schutz für Minderjährige vor sexuellen Missbrauch an Institutionen. Volljährige Opfer leiden aber unter Folgen eines Sexualdeliktes genauso lebenslang und sie brauchen genauso Schutz und Hilfe.

Im Bildungsbereich ist der Übergang zwischen Missbrauch und Vergewaltigung auch oft fließend. Es kommt beispielweise vor, dass der Täter potenzielle Opfer schon als Minderjährige kennen lernt – an der Schule oder im Rahmen der universitären Begabtenförderung – und mit diesen allmählich ein missbräuchliches Abhängigkeitsverhältnis herstellt, um dann gegen die inzwischen volljährig gewordenen Opfer sexuell übergriffig zu werden.

§177 StGB mit seiner strengen Anforderung nach Gewaltnachweis wird diesen Opfern nicht gerecht.

Der Art. 36 der Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (CAHVIO) fordert ohnehin, dass vorsätzliche nicht-einverständliche sexuelle Handlungen kriminalisiert werden. Dadurch könnte diese Lücke geschlossen werden