SÜDWEST PRESSE 22.09.2011
Ulm. Die gesellschaftlichen Kosten von Kindesmissbrauch sind immens: In Deutschland betragen sie jährlich 11 Milliarden Euro. Das ist das Resultat einer Studie der Ulmer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
SÜDWEST PRESSE 22.09.2011
Ulm. Die gesellschaftlichen Kosten von Kindesmissbrauch sind immens: In Deutschland betragen sie jährlich 11 Milliarden Euro. Das ist das Resultat einer Studie der Ulmer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
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Ich finde es gut, dass endlich auch diese Frage nach den Kosten aufgegriffen und dargestellt wird. Leider funktioniert unsere Gesellschaft nur so, dass sie sich erst regt, wenn die (immensen) materiellen Kosten erfasst werden; die menschlichen Kosten reichen (leider) nicht.
Dennoch halte ich die genannten Zahlen noch für zu niedrig. Als erste Hinweise sind sie okay, aber ich denke, das ganze Ausmaß sowohl der Verbreitung von sexueller Gewalt gegen Kinder/Jugendliche, als auch der Folgen (vieles wird ja bislang noch gar nicht als Folge erfasst/anerkannt!!) ist da noch nicht annähernd benannt.
Aber für den Anfang ganz gut.
Ich hab jetzt noch mal ein bisschen nachgerechnet (und dabei wieder einmal festgestellt, wie leicht Statistiken zu verfälschen sind):
Die Berechnungsgrundlage von Fegerts Kostenzahlen sind 54 Millionen Menschen. Die Studie hat die Daten von 54 Millionen Menschen bzgl. Kindesmisshandlung, Missbrauch oder Vernachlässigung erhoben. Das sind einerseits nicht wenige – die Ergebnisse können also berechtigterweise auf größere Populationen (wie beispielsweise die Gesamtbevölkerung in Deutschland) angewendet werden. Andererseits sind es aber eben nicht ALLE Bundesbürgerinnen und Bundesbürger, und somit ist die Berechnung der Kosten – wenn ich jetzt nicht falsch schlussfolgere – eben irreführend:
Die Studie hat also festgestellt, dass 14,5 Prozent der erfassten Personen diesbezügliche Erfahrungen gemacht haben. Es wird weiter unterstellt, dass „nur“ jede/r Fünfte (= 20 Prozent) eine Entwicklungsstörung oder Behinderung daraus entwickle (stelle ich infrage*, aber nehme es jetzt mal als Rechengrundlage).
Angewandt auf ALLE BundesbürgerInnen (rund 82 Millionen derzeit geschätzt) würde das heißen, dass rund 12 Millionen Bundesbürger/innen (14,5 % von 82 Mio = 11,89 Mio) in ihrem Leben Kindesmisshandlung, Missbrauch oder Vernachlässigung erfahren haben. „Jede/r Fünfte“ von dieser Gruppe wären immerhin 2,38 Millionen Bundesbürger/innen (und nicht 1,6 Mio, wie Fegert errechnet haben will).
Wenn wir also wie Fegert rund 6.700 Euro Traumafolgekosten pro Fall und Jahr unterstellen, so ergeben sich jährliche gesellschaftliche Kosten von knapp 16 Milliarden Euro (15.946.000.000 Euro) PRO JAHR, und nicht – wie er schlussfolgert – 11 Milliarden.
(Bitte nachrechnen, ich neige in solchen Berechnungen gerne zum Denkfehler)
Nochmals: ich finde es gut, dass endlich auch einmal dieser Aspekt der Folgekosten (da reden wir noch gar nicht von Entschädigung!!) auf den Tisch kommt; auch um die vielen Betroffenen zu entlasten, die sich immer noch als „Sozialschmarotzer“ fühlen und stigmatisieren lassen müssen. Andererseits zeigt schon diese meine Nachberechnung (und dabei gehe ich ja noch grundsätzlich von den Studienannahmen aus), dass selbst die jetzt veröffentlichten Zahlen zu niedrig sind, bzw. das ganze Drama/Ausmaß wieder verschleiern. Deshalb heißt es da: dranbleiben, weiterforschen und transparent machen!
* diese Zahlen zu den Folgen (wer eine Störung entwickelt und wer nicht) stelle ich u.a. deshalb infrage, weil sowohl die Erhebung der Folgestörungen bislang in Deutschland – und anderswo – nicht systematisch erfolgt ist, und weil es zweitens noch immer viel zu viel Verdrängung bei den Betroffenen und Verleugnung bei den „ExpertInnen“ gibt, so dass viele Störungen nicht als Traumafolgenstörung erkannt bzw. diagnostiziert werden.
Ach ja: Die Zahl 6.700 Euro jährliche gesellschaftliche Traumafolgekosten pro Betroffene/r sollte auch nochmals genauer hinterfragt werden:
Selbstverständlich unterscheiden sich die Grade der Traumafolgenstörungen und somit auch ihre Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit, Gesundheit, Therapiebedürftigkeit, Entschädigungsberechtigung (OEG), etc. der/des einzelnen Betroffenen. Doch wenn ich mir allein die Fälle vor Augen führe, die ich kenne, dann gibt es da viele, die Opfer von Gewaltverbrechen waren (OEG), die nicht oder nicht mehr arbeiten können, die chronisch krank sind, die Therapien (Mehrzahl!!) gemacht haben und machen, usw.
Nehmen wir beispielhaft an, ein/e Betroffene/r muss aufgrund der Traumafolgen von Hartz IV leben, leidet unter Depressionen, Angststörungen oder noch komplexeren Traumafolgestörungen und befindet sich deshalb entweder in ambulanter oder gar stationärer Therapie, hat eine (meist jedoch eher mehrere) chronische körperliche Erkrankung und befindet sich deshalb bei diversen Mediziner/innen, usw.
Hartz IV = 364 Euro Regelsatz mal 12 Monate = 4.368 Euro. Da sind die Kosten für Unterkunft noch nicht mal dabei. Und das ist der MINDESTSICHERUNGSBETRAG, den ein/e nicht arbeitsfähige Person in Deutschland erhält; ggfs. EU-Renten etc. können höher ausfallen.
D.h. allein rund 4.400 Euro (von diesen 6.700 Euro) wären damit schon mal erklärt. Jetzt kommen aber die Unterkunftskosten (mit 200 Euro pro Monat wäre der Restbetrag von 2.332 Euro bis zur Folgekostensumme von 6.700 Euro pro Jahr bereits erreicht!), die (immensen) Therapiekosten, die (langen) Aufenthalte in den psychiatrischen und sonstigen Kliniken, die Behandlungskosten, die Medikamente, die Arzthonorare, die (rechtmäßig eigentlich zustehende) OEG-Rente/-Entschädigung), die Gefängnisaufenthalte (Traumafolgestörungen können auch kriminell machen), die Resozialisierungen, die Folgekosten, die durch generational übertragene Folgestörungen bei Kindern von Betroffenen entstehen, usw. usf. NOCH DAZU.
Insofern muss auch diese Zahl (jährliche Traumafolgekosten pro Betroffene/r) auch nochmals deutlich hinterfragt werden, auch wenn ich berücksichtige, dass nicht jede/r gleich schwer betroffen ist, die Traumafolgestörungen sich oft auch erst in höherem Alter zeigen und zu hohen Kosten summieren, und nicht jede/r im Gefängnis landet. Aber mein Beispiel soll zeigen, dass diese Durchschnittssumme noch sehr niedrig gehalten ist.
„Missbrauch kostet Milliarden“
Ich finde diese Überschrift schlecht gewählt. Ich höre schon das Aufstöhnen der Nicht-Betroffenen, die sich fragen, woher denn nun auch noch diese Milliarden genommen werden sollen, wo wir doch Griechenland, Portugal und was weiß ich wen retten, neue Kampfflugzeuge anschaffen und für das Wohl des Papstes sorgen müssen.
„Missbrauch kostet Menschenleben“ hätte mir besser gefallen…
Zudem ist die Bemerkung, dass ja „nur“ jeder Fünfte Missbrauchte wirklich Schaden erleidet, völlig überflüssig und vielleicht sogar falsch, denn man hat ja nur 15 – 64-jährige befragt, was ist mit dem Rest?
Das ist Deutschland. Die Gesellschaft zahlt die Folgen über die Steuern, über die Sozialsysteme einschl. Krankenkassen. Mit wem ist man sozial? Richtig, mit dem Täter, der in Teilen der Gesellschaft eher Thema ist, als die Folgen dessen Verbrechen? So gehört sich das politisch korrekt… Und wenn mal diesbezüglich kritische Fragen gestellt werden, dann heißt es gleich pauschal pro Opfer 5.000 €… Lächerlicher kann es echt nicht mehr sein!
Es müsste eigtl. so sein, das ein Verursacherprinzip bestünde, also Täter neben den bestehenden u. durchaus ausbaufähigen juristischen Konsequenzen – endlich mal – genauso dazu verpflichtet werden sollten, nach Einkommensverhältnissen in einen Hilfsfond einzuzahlen, der die hier aufgeschlüsselten Folgekosten ihrer Taten deckt, statt, das die Allgemeinheit zugunsten der Täter für die finanziellen Folgen der Taten die Zeche zahlen muß. Also, das vor Gericht entschieden wird, das und das ist zu zahlen. Wenn es nicht auf einmal möglich ist, sind auch Ratenzahlungen in Höhe v. soundsoviel Euro pro Monat über beispielsweise 2 Jahre möglich.
Wo wäre da das Problem?
„Den Berechnungen zufolge sind 14,5 Prozent der rund 54 Millionen von der Studie erfassten Deutschen im Laufe ihres Lebens von Kindesmisshandlung, Missbrauch oder Vernachlässigung betroffen (gewesen). Nach einer Studie der deutschen Kinderschutzzentren entwickle jedoch nur jeder Fünfte davon eine Entwicklungsstörung oder Behinderung, sagt Fegert. „Das sind dann aber immer noch 1,6 Millionen Menschen.“
Naja der Bericht ist schon sehr unsauber gearbeitet. Warum sind zum Beispiel nur 54.000.000 Deutsche in der Studie erfasst? Meine Vermutung ist, dass Kinder nicht befragt beziehungsweise nicht in die Studie eingeschlossen worden sind. Dies hätte man wenigstens durch eine Schätzung auf alle Bundesbürger vervollständigen können.
Dann hätte der Bericht die Zahl der Betroffenen durchaus nennen können, die sich aus der ersten Berechnung ergeben: 7.830.000. Warum nämlich nur jeder fünfte Therapie bedürfe wurde nicht genannt.
Dann frage ich mich natürlich: Was bedeutet hier Vernachlässigung? Wie wird diese hineingenommen?
Bedeutet: Ich würde mir gerne die Studie mal näher anschauen.
@Hubert: Letztlich werden die Gesamtkosten volkswirtschaftlich überhaupt nicht finanzierbar sein. Auch die Pfändung von Tätergehältern und Eigentum wird das benötigte Geld nicht in die Kassen spülen. Die Summen, die man sich von Hand ausrechnen kann – auch mit den Berechnungen, die Doro angestellt hat – gehen in die Billionen, wenn wir halbwegs gerechte Entschädigungen ansetzen und alle Folgekosten berücksichtigen. Mir erscheint es so, dass die Berechnung von 11 Milliarden Euro genau der Teilmenge entspricht, die im Endeffekt der Staat solidarisch übernehmen will und über die Kassen des Gesundheitsministerium abdeckt, was dann den Anschein erweckt, dass etwas getan worden ist. Eine ehrlichere Berechnung würde das Ausmaß der Überforderung, das dieses gesamtgesellschaftliche Problem verursacht und jedem Staatsbürger aufbürdet, deutlich machen. Mit der Stimulierung von heruntergerechneten Folgekosten jedenfalls wird sich nichts ändern. Letztlich wäre dann am Ausmaß der tatsächlichen Folgekosten bemessen auch im Mindesten ein eigenes Ministerium nötig.
Norman.
Ich möchte gerne Elkes Frage zu dem einen Fünftel, das angeblich „nur“ Folgestörungen entwickelt, unterstützen und erweitern: Es ärgert mich, dass mit dieser – äußerst fraglichen (wg. hinterfragbarer Datenlage!) – Zahl wieder einmal das Märchen gestreut wird, dass sexuelle Gewalt gegen Kinder selten Folgen hat! Es ärgert mich natürlich umso mehr, als es ein Prof. Fegert, seines Zeichens derzeit DER „Besserwisser“ zum Thema und im Zentrum sitzend, ist, der so leichtfertig mit Zahlen operiert, die seriösen Überprüfungen (m. M. n.) nicht standhalten.
Die Folgen von sexueller Traumatisierung in der Kindheit unterliegen nach wie vor der Abspaltung, Verdrängung und (öffentlichen) Verleugnung, weil noch immer eher die Sicherheit der Täter als der Betroffenen im Vordergrund steht. Über Jahrhunderte hinweg sind Traumafolgen nicht als solche anerkannt (siehe u.a. Psychoanalyse), bzw. nicht so benannt worden. Bis heute müssen Betroffene fürchten, ausgegrenzt und stigmatisiert zu werden, wenn sie sich zu ihren Erlebnissen offen bekennen, und schweigen stattdessen lieber. Bis heute stellen Ärzte viel zu selten einen Zusammenhang zwischen den Symptomen ihrer Patient_innen und evtl. erlebter Gewalt in der Kindheit her. Bis heute wird sexuelle Gewalt gegen Kinder als gesellschaftliches Massenphänomen geleugnet, und deshalb ihre massenweise auftretenden Symptome (die durchaus auch „Diabetes“, „Adipositas“ oder „Rheuma“ heißen können!) nicht als Folgestörung erfasst.
Deshalb ist es schlichtweg nicht möglich, über den Umfang der Folgen von sexueller Gewalt heute korrekte Aussagen zu machen. Schon gar nicht, solange man auf die Verdränger statt auf die Betroffenen hört. Und deshalb ist eine Aussage, „nur“ 20 Prozent aller Betroffenen würden Folgestörungen entwickeln, unseriös, äußerst unwissenschaftlich und schlichtweg eine Lüge.
Haha, 6.700 Euro Traumafolgekosten pro Fall, wieder mal typisch monotraumajünger, diese Summe reicht gerade mal für c. 30 Sitzungen, das mag für monotraumatisierte locker ausreichen, sicherlich aber nicht für komplextraumatisierte.
Bei mir wurde eine Summe von fast 300’000.- genannt für 8 Jahre Therapie inkls. Körpertherapie usw. jedoch ohne 100% Erfolgchance und das war vor ca. 4 Jahren, bekommen habe ich das Geld noch nicht dafür, also hat es bis heute auch noch keine diesbezügliche Therapie gegeben.
Was dann gleich wieder zum weiteren Problem führt, je länger man wartet desto länger dauert es dann auch und desto teurer wird es, mittlerweile interessiert mich Therapie gar nicht mehr, nun ist Rache aktueller geworden…
Nun, auf jedenfall wurde die Erfolgschace sicherlich nicht besser dadurch, dass man mich nun 4 Jahre hocken lässt bzw. alles hinausschiebt wie man nur kann.
Mag sein das 6700.- bei monotraumatisierten genug ist, aber auch nur dann wenn es subito gezahlt wird bzs. die Therepie schnellst möglichst beginnt, ansonsten geht es dann auch da schnell rauf wenn es chronisch wird.
Was solls, hatte heute einer dieser Stabilisierungssitzungen und es wird langsam klar, ich werde wohl erst dann zufrieden sein wenn die ganze Stadt in Flammen steht, ja das Rachebedürfnis wird stetig stärker, was laut Therapeut ziemlich vernichtend ist für etwaige Therapien, sprich Erfolgschance schwindet mit jedem Jahr.
Naja, ist halt wie mit Gefahrengutdeponien um die man sich nicht kümmert, irgendwann sickert alles in das Grundwasser und verseucht das ganze Gebiet, bis sich dnan endlich jemand kümmrt ist es dann zu spät….
Liebe Doro,
Danke, dass du meine gestern in Eile gestellte Frage nochmals aufgegriffen und näher erläutert hast. Sie war das Erste, was mir beim Lesen des Fegert-Artikels durch den Kopf ging. Ich weiß von mir selbst, wie vielfältig meine Beeinträchtigungen sind und wie sehr sie mit meinen Kindheitserlebnissen in Zusammenhang stehen. Das weiß ich aber erst seit wenigen Jahren, diese Erkenntnisse kamen über 40 Jahren nach den Gewalttaten!
Wie auch immer, Prof. Fegert scheint entweder eine Glaskugel befragt zu haben oder er würfelt und pokert – mit wissenschaftlicher Arbeit hat das alles nichts zu tun. Frau Dr. Bergmann wäre mit einem anderen Berater sicher gut beraten.
@ Christoph(ina)
ich muss dir ABSOLUT Recht geben! Und nochmals darauf hinweisen, dass die Herren „Experten“ mit den 6.700 Euro SÄMTLICHE Kosten meinen, die pro Fall pro Jahr im Durchschnitt anfallen sollen. Wenn man also die von dir dargelegten THERAPIE-Kosten für komplexe Traumatisierungen zu den von mir beispielhaft aufgezählten Kosten für den GRUNDLEBENSUNTERHALT rechnet, braucht man nicht viel Phantasie, um zu erkennen, dass die Berechner da noch auf beiden Augen blind sind. Denn die – selbst von Fegert offenbar erkannten – WEITEREN Kosten (die vielleicht auch zunächst noch gar nicht so offen auf der Hand liegen) sind selbst da ja noch gar nicht mit dazu gerechnet…
Was ich dir noch gerne rückmelden wollte, weil ich es von mir so gut kenne, ist Folgendes: Du schreibst: “ ich werde wohl erst dann zufrieden sein wenn die ganze Stadt in Flammen steht, ja das Rachebedürfnis wird stetig stärker (..)“ So geht es mir auch.
Und ein sehr, sehr gutes Bild finde ich deine folgende Beschreibung: „Naja, ist halt wie mit Gefahrengutdeponien um die man sich nicht kümmert, irgendwann sickert alles in das Grundwasser und verseucht das ganze Gebiet, bis sich dnan endlich jemand kümmrt ist es dann zu spät….“ Ich denke, das triffts auf den Punkt.
Sorry, aber ich muss noch einen Kommentar dazu abgeben:
Die Zahl, wer, bzw. wie viele eine Folgestörung entwickeln, sollen von „deutschen Kinderschutzzentren“ stammen. Hier drängt sich mir (neben all dem, was ich oben schon erwähnt habe über die unklare Datenlage) sofort die Frage auf, wieso das Thema „Folgen“ mit Zahlen aus Kinderschutzzentren (allein) dargelegt werden soll?? Ich meine, in „deutschen Kinderschutzzentren“ werden sicherlich nur Fälle erfasst, bei denen die sexuelle Gewalt akut ist, bzw. nur wenige Zeit zurück liegt. Sicherlich können dort auch Folgen zu beobachten sein.
Fakt ist aber, dass solcherart Traumatisierungen VIELFACH erst nach Jahren oder gar Jahrzehnten ihre toxische Wirkung in ihrer ganzen Breite und Dramatik zeigen: Erwerbsunfähigkeit, chronische Erkrankungen, massive psychische Beeinträchtigungen, Suizide, Suchtmittelmissbrauch, Kriminalität, etc. treten doch häufig erst in späteren Jahren auf, wenn die jahrelange Abspaltung und/oder die (krankhaften, aber starken) Überlebensstrategien zusammenbrechen, wenn die Überlebenskraft nicht mehr ausreicht, um sich und anderen vorzumachen, es sei nichts geschehen oder „nicht so schlimm“, wenn der Körper immer stärkere Symptome zeigt und Krankheiten produziert, etc., etc.
Allerdings bekommen „deutsche Kinderschutzzentren“ davon dann natürlich nichts mit!!
Dass eine Studie, die aus dem Umfeld der Missbrauchsbeauftragten kommt, wo man spätestens seit den Tausenden, die sich gemeldet und ihr umfassendes lebenslanges Leid dargelegt haben, wissen kann, dass sich die Folgen erst nach Jahren und Jahrzehnten zeigen, dennoch mit Zahlen aus „deutschen Kinderschutzzentren“ rechnet, ist neuerlich bitter und unverständlich.
Ich habe versucht, Näheres über diese Studie herauszufinden, habe aber bis jetzt nichts gefunden. 14,5 % von 54 Millionen Deutschen sollen von Kindesmisshandlung bzw. sexueller Gewalt betroffen gewesen sein. Nur jeder fünfte davon entwickelt angeblich eine Traumafolgestörung. Untersucht wurde die Altersgruppe von 15 – 64. Hierbei wurden Daten aus der Datensammlung der Barmer Ersatzkasse herangezogen. Jetzt frage ich mich:
Wer bindet seiner Krankenkasse auf die Nase, dass er/sie als Kind missbraucht wurde? Ich nicht. Deshalb ist von daher schon mal ein nur minimaler Bruchteil der Personen erfasst. Hochrechnungen über Traumafolgestörungen könnte man eigentlich eigentlich nur erstellen, wenn eine große Gruppe von Personen nach Abschluss ihres Erwerbslebens befragt würde, also die Altersgruppe ab 65 aufwärts. Diese Gruppe wurde aber gar nicht erfasst.
Mit Personen, die 15, 20, 25 oder 30 Jahre alt sind, kann man eine solche Studie nicht erstellen, denn Traumafolgestörungen stellen sich oft erst nach Jahrzehnten heraus.
Dann kommt noch hinzu, dass noch gar nicht erforscht ist, welche körperlichen Krankheiten im Zusammenhang mit körperlicher und sexueller Gewalt stehen.
Weiter kommt hinzu, dass da ja nur Kosten einbezogen wurden, die der Barmer Ersatzkasse entstanden sind.
Diese schlampige Studie scheint mir absolut unbrauchbar zu sein.
Es sollen Traumafolgekosten von 6700 Euro pro Person und Jahr entstehen. Herr Fegert weiß als Leiter der Kinderpsychiatrie der Uniklinik Ulm, dass bereits ein sechsmonatiger Klinikaufenthalt eines missbrauchten Kindes in der Psychiatrie in die Zehntausende geht.
Ich glaube auch, wie Norman schon sagte, dass da Zahlen künstlich heruntergerechnet wurden, um zu zeigen, es passiert etwas, aber so schlimm ist es doch nicht. Die Wahrheit ist wohl, dass die Folgekosten so gigantisch sind, dass eigentlich ein eigentliches Ministerium geschaffen werden müsste. Eine neue seriöse Studie muss her.
Für eine ernst zu nehmende Studie fehlt mir der LÖSUNGSWEG.
„Die Stadt Hamburg hat Ende des 19. Jahrhunderts erst ein Klärwerk gebaut, nachdem eine Studie die volkswirtschaftlichen Schäden der damals grassierenden Choleraepidemien offenlegte.“ – das war zeitbedingt eine logische Folge nach Berücksichtigung des Kostenfaktors.
Diese Studie wurde 2009 erstellt und meint menschengemachte Gewalt!
Wie kann es sein, dass eine Regierung aus angeblichen liberalen und christlichen Ver-ant-wort-lichen nicht alle Hebel zum psycho- und sozialhygienischen HANDELN in Bewegung setzt?
Das Palavern muss jetzt aufhören, zum Labern ist keine Zeit mehr:
Zum Beenden der Seuche namens ‚macho-istischer Machtmissbrauch‘ braucht es per sofort Maßnahmen, die jedes neu geborene Kind schützt UND Verdachtsfälle jeden Lebensalters unter die Lupe nimmt und auf LEBENSwert überprüft. Jede Menge ABM in Sicht …? – nein, das braucht Fulltimejobs!!!
Lange genug war der „Sumpf“ bekannt.
All unsere bisherigen Familienministerinnen hatten unser Thema auf dem Tisch. Viel wäre gewonnen, wenn wenigstens sie ihre Köpfe nicht länger in den Sand der Geschichte stecken würden …
Den „Wertschöpfungsverlust“ sollte eine eigene Studie zusammen mit unserer Netzwerks-Arbeit heraus finden!
Die Experten sollten sich schon mal auf den zum Himmel stinkenden „Müll“ am Lebensweg der Gewaltopfer einstellen und sich ihre Supervisoren gleich mitbringen …
Und die Finanzierungsvorschläge liegen hier auch schon vor …
Ich sehe das auch so, die Folgekosten liegen sicherlich höher als in den angegebenen Zahlen. Viele Beeinträchtigungen sind verkappt, wie zum Beispiel psychische und psychosomatische Symptome und, wie ich vermute, wird es auch Beiträge zu schweren körperlichen Krankheiten aus frühen Traumata geben. Ganz zu schweigen von Sucht. Solche Fragen zu überprüfen, wird weder von der Pharmalobby noch von einer auf Verdrängen und Beschwichtigen eingestellten Öffentlichkeit befördert. Oder man denke an körperliche Schäden, die unmittelbar als Folge von körperlichen Misshandlungen eintraten und dann lebenslang ihren Tribut fordern.
Wer in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist, muss nicht nur Hilfeleistungen beanspruchen, sondern zahlt auch selbst weniger in die sozialen Kassen ein, auch das sind Folgekosten.
Umgekehrt ließen sich manche Kosten begrenzen, wenn die Umgangsweisen der Gesellschaft intelligenter wären. Abgesehen von den Therapieangeboten denke ich hier an die Situation von Arbeitslosen und im Arbeitsleben, wenn es zum Beispiel für Arbeitslose weniger Drohungen und mehr intelligente Förderung gäbe, und wenn im Arbeitsleben weniger gemobbt würde, wären die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei einigen früh traumatisierten Menschen kürzer.
Vielleicht brauchen wir tatsächlich ein Ministerium für Lebensqualität und Schutz für Kinder. Bzw. man sollte sich mal ansehen, ob diese Ziele im Familienministerium höchste Priorität haben und was dort noch dafür getan werden kann.