Berliner Zeitung 22.09.2011
…Pariser Platz, 12 Uhr: Norbert Denef hat einen Ball mitgebracht. Er ist riesig und trägt die Worte: „Verjährungsfristen aufheben!“ Denef würde den Ball gerne dem Papst zuwerfen. Was wären das für Bilder: Zwei Stellvertreter, die miteinander Ball spielen – auf der einen Seite der Mann der Kirche, auf der anderen der Mann, der in der Kirche missbraucht wurde. „Das würde um die Welt gehen“, sagt Denef. Aber sein Ball bleibt liegen. Der Papst lässt sich nicht blicken, an diesem Ort, der knapp außerhalb des befriedeten Bezirks um den Bundestag liegt….
Auch wenn der Papst sich (erwartungsgemäß) nicht bei den Demonstrant_innen hat blicken lassen, war es gut und wichtig, vor Ort in Berlin präsent zu sein und die Gegenposition zum allgemeinen „Friede-Freude-Eierkuchen“ zu demonstrieren. Und immerhin hat es der netzwerkB-Ballon in die ARD-Tagesschau geschafft!
Was ich im Zusammenhang mit der Demo aber noch persönlich loswerden will: MIR persönlich ist es fast nicht möglich, die Teilnahme eines Volker Beck (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) an einer gemeinsamen Demo mit Missbrauchsopfern zu ertragen. Volker Beck war in den 1980er Jahren des vorigen Jahrhunderts einer DER Befürworter von Legalisierung von Pädosexualität. Wäre es nach ihm und seinen „Freunden“ gegangen, dann wären entsprechende Gesetze, die Sexualität mit Kindern/Minderjährigen verbieten, heute nicht mehr vorhanden! Natürlich hat er mittlerweile unter dem Eindruck dieser (DERZEIT!) nicht mehr so opportunen Haltung sein Fähnchen umgeschwenkt – schließlich will er weiter sein Pöstchen und das damit verbundene auskömmliche Einkommen sichern. Aber abnehmen kann ich ihm den Umschwenk nicht (ebensowenig, wie ich Daniel Cohn-Bendit sein Verteidigungsgelaber abnehme!). Wer einmal solcherart Handlungen (Erwachsene leben IHRE sexuellen Bedürfnisse nach Kindern aus) gut heißen kann, hat in meinen Augen ein grundsätzlich falsches Bild von Kindheit und SCHUTZWÜRDIGKEIT des Kindes. Wer sexuelle Gewalt gegen Kinder (gut, sie nennen es nicht „Gewalt“) nicht von sich aus völlig unangemessen und unangebracht hält, hat für mich seinen Vertrauensbonus absolut verspielt.
Deshalb ist es für mich heute auch unerträglich und bestenfalls heuchlerisch, dass sich ein Volker Beck, dessen damalige Aussagen die damaligen Täter_innen geschützt und ideologisch unterstützt haben, in die Reihen derjenigen einreiht, die DAMALS Opfer eben genau jener Täter_innen geworden sind.
Hier der Beitrag von Volker Beck von 1988 (Volker Beck: „Das Strafrecht ändern?: Plädoyer für eine realistische Neuorientierung der Sexualpolitik“ in: Angelo Leopardi (Hg.): Der pädosexuelle Komplex, Foerster, Berlin 1988):
(Zitatanfang) „Als Etappenziel kann hier nur eine Versachlichung der Diskussion um das Problem der Pädosexualität vorgeschlagen werden. Als strafrechtliche Perspektive wäre hier z.B. eine Novellierung ins Auge zu fassen, die einerseits das jetzige „Schutzalter“ von 14 Jahren zur Disposition stellt […] oder auch eine Strafabsehensklausel. […] Eine Strafabsehensklausel, wäre sie durchgesetzt, würde eine tatsächliche Auseinandersetzung vor Gericht, und, wenn die Bewegung stark genug ist, in der Öffentlichkeit um die Frage einer eventuellen Schädigung eines Kindes durch sexuelle Kontakte mit einem Erwachsenen ermöglichen. […] Wer für die Lebenssituation der pädohilen Menschen etwas erreichen will, muß diese Diskussion mit Aufklärung und Entmythologisierung vorbereiten […] Eine Entkriminalisierung der Pädosexualität ist angesichts des jetzigen Zustandes ihrer globalen Kriminalisierung dringend erforderlich […] Allein eine Mobilisierung der Schwulenbewegung für die rechtlich im Gegensatz zur Pädosexualität völlig unproblematische Gleichstellung von Homo- und Heterosexualität […] wird das Zementieren eines sexual-repressiven Klimas verhindern können – eine Voraussetzung, um eines Tages den Kampf für die zumindest teilweise Entkriminalisierung der Pädosexualität aufnehmen zu können.“ (Zitatende)