netzwerkB Pressemitteilung: Eine menschenwürdige Entschädigung und eine Abschaffung der Verjährungsfristen wäre ein wirksamer Beitrag zur Prävention (als PDF herunter laden)
70 Betroffene von sexualisierter, physischer und psychischer Gewalt an der Klosterschule Ettal erhalten auf Beschluss von Kreisen aus der Organisation, die die Täter beschäftigte, durchschnittlich 10.000 Euro.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,784784,00.html
Die Therapiekosten und die Anwaltskosten der Opfer sollen darin mitenthalten sein. Hier bekommen also Dritte mehr als die Opfer selbst.
Therapien können manchmal helfen, aber in aller Regel nicht heilen. Zerbrochenes Glas kann man ebenso wenig einfach zusammenkleben wie eine beschädigte Kinderseele. Einen Gebrauchsgegenstand kann man kurz reparieren lassen, aber bei einem lebenden Wesen ist das viel schwerer, wenn nicht oftmals unmöglich. Die von sexualisierter Gewalt und sonstiger physischer und psychischer Gewalt betroffenen Menschen müssen auch für das entschädigt werden, was man ihnen nicht zurückgeben kann.
Durchschnittlich 10.000 Euro bleiben schlichtweg ein Almosen, über das man zum Beispiel in den USA fassungslos und ablehnend nur den Kopf schüttelt. Zurecht. Die Hauptkosten bleiben in Deutschland und Österreich weiter dem Staat und der Gesellschaft, der Familie und dem Opfer selbst aufgelastet. Mit diesen Beträgen wird der Mensch in der Gesellschaft auf den Wert eines einfachen Gebrauchsgegenstandes herabgewürdigt. Das Leid eines lebenslang geschädigten Menschen wird mit dem Pastorengehalt von acht Wochen gleichgesetzt.
Der Schaden an einem Menschen insbesondere durch Gewalt ist in Deutschland und Österreich verharmlost und unterdimensioniert.
Der Deutsche Bundestag wird aufgefordert, den Wert von Gesundheit, Leben und Lebensglück eines Menschen neu zu bemessen und zugleich auch die Aufhebung der Verjährungsfristen durchzuführen. Dies würde gleichermaßen dazu beitragen, dass der Schutz für Kinder und Jugendliche, Schutzbefohlene und Hilfebedürftige, sowie andere potentielle Opfer in Zukunft wirklich ernster genommen werden.
Eine menschenwürdige Entschädigung und eine Abschaffung der Verjährungsfristen wäre ein wirksamer Beitrag zur Prävention.
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netzwerkB.org (Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt) ist eine unabhängige Interessenvertretung. Wir setzen uns für die Rechte Betroffener ein, indem wir das gesellschaftliche Schweigen brechen, über Ursachen und Auswirkungen sexualisierter Misshandlung informieren, beraten und uns für konkrete Veränderungen stark machen.
netzwerkB bittet darum an Betroffene die netzwerkB-Kontaktdaten weiterzugeben sowie die Kontakt-Email (info@netzwerkb.org) und Website (www.netzwerkB.org) zu veröffentlichen.
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Für Journalisten-Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Nobert Denef, Vorsitzender
Telefon: +49 (0)4503 892782
Mobil: +49 (0)163 1625091
Wurde schon mal darüber nachgedacht, wieviel den Opfern von diesem Betrag noch selbst bleibt, wenn sie die Therapie von diesem Geld bezahlt haben?
Wir in netzwerkB schlagen vor, die Beträge für Entschädigungen und die Kosten für Therapien getrennt voneinander zu verhandeln.
Wir unterstützen im übrigen den Gedankengang, physische, sexuelle und psychische Gewalt in einem einzigen Zusammenhang zu sehen, ausdrücklich.
Viele Mitglieder von netzwerkB haben alle diese Erfahrungen in einem einzigen Zusammenhang gemacht.
Wir wollen die Opfer von Gewalt hier nicht spalten, sondern vereinen. Wir werden auch weiter daran arbeiten, dass Opfer von Gewalt eines Tages wirklich menschenwürdig entschädigt werden.
Norbert Denef