Liebe Kolleg_innen, Mitstreiter_innen, Freund_innen
wir möchten euch herzlich einladen, am 22. September nach Berlin zu kommen, um gemeinsam mit uns und vielen anderen gegen den Papstbesuch auf die Strasse zu gehen.
Wir, d.h. Tauwetter, Anlaufstelle für Männer, die als Junge sexuell missbraucht wurden, und die Frauenselbsthilfe und Beratung Wildwasser Berlin organisieren auf der Demonstration anlässlich des Papstbesuches einen
Block der Gesichtslosen – als Block von Betroffenen sexualisierter Gewalt und solidarischen Menschen.
Die Idee ist, dass wir in dem Block weiße Masken tragen, deshalb der Name „Block der Gesichtslosen“. So wollen wir mehrere Dinge erreichen:
- Wir wollen auf die zahllosen Betroffenen sexueller Gewalt durch u.a. die Institution katholische Kirche aufmerksam machen, die bisher nicht sichtbar sind.
- Wir wollen der Tabusisierung von Missbrauch in Institutionen und Familien etwas entgegen setzen.
- Wir sind als Gruppe sichtbar, aber nicht auf Einzelschicksale reduzierbar.
Wir werden den Anlass des Papstbesuches gemeinsam und mit anderen nutzen, um unseren Unmut über die Institution katholische Kirche auf die Strasse zu tragen.
Unmut über
- patriarchale, hierarchische Strukturen
- dogmatische Denkstrukturen
- Strukturen, die sexualisierte Gewalt produzieren
- das Wegschauen und Vertuschen bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
- das Decken von Gewalttätern durch die Kirche
Wir haben den Block so gedacht, dass alle ihre eigenen Transparente und Forderungen mitbringen, es wird nichts zentral vorgegeben. Gerade die Organisationen unter euch sind eingeladen, eigene Aufrufe zu schreiben, um auch so noch einmal eigene Akzente zu setzen. Der gemeinsame Aufruf von uns befindet sich im Anhang (dort ist auch der Text eines zweiten von Wildwasser). Es wird ein Leittransparent geben, ohne Logos von Organisationen o.ä., auf dem stehen soll: „Block der Gesichtslosen: Betroffene sexualisierter Gewalt und solidarische Freund_innen. Gegen sexualisierte Gewalt. Non absolvimus vos!“
Die zentrale Klammer und das, was den Block zusammenbindet sollen die weißen Masken sein, aber natürlich sind auch alle eingeladen, die keine Maske tragen wollen.
Die ersten Reaktionen, die wir auf diese Idee bekommen haben, sind positiv. Es wäre das erste Mal, dass Betroffene öffentlich auf die Strasse gehen und für ihre Interessen demonstrieren.
Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr euch an dem Block beteiligen würdet. Falls es noch Fragen gibt (oder ihr gedruckte Exemplare unseres Aufrufs haben wollt, Plakate sollen folgen) meldet euch. Bittet verbreitet diese Mail und / oder den Aufruf auch an andere, die es interessieren könnte.
Die Demonstration soll um 16:00 Uhr am Brandenburger Tor beginnen. Sie wird von einem breiten Bündnis getragen, in dem sich sowohl Schwangerschaftsberatungen, wie Lesben- und Schwulenverbände oder Aids-Hilfen und andere beteiligen. Der Block ist mit der Demoorganisation abgesprochen und wir werden im Vorfeld auch noch mit der Polizei wegen der Genehmigung der Masken reden. Wenn es klappt machen wir am Vorabend der Demonstration noch eine Veranstaltung zu katholischer Kirche und sexualisierter Gewalt, das können wir aber noch nicht versprechen.
Infos zur Demonstration allgemein und zu anderen Aktivitäten findet ihr unter http://derpapstkommt.lsvd.de und http://whatthefuck.blogsport.de
Alles Gute, noch einem schönen Sommer und hoffentlich bis im September
Thomas Schlingmann
Tauwetter, Anlaufstelle für Männer, die als Junge sexuell missbraucht wurden
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Tauwetter,
Anlaufstelle für Männer,
die als Junge sexuell missbraucht wurden
Gneisenaustr. 2a
10961 Berlin
mail@tauwetter.de
www.tauwetter.de
Informations- und Beratungsstelle
beratung@tauwetter.de
030 / 693 80 07, dienstags 17.00 – 18:00, donnerstags 17.00 – 19:00 Uhr
Selbsthilfebereich
selbsthilfe@tauwetter.de
030 / 816 19 114, donnerstags 17:00 – 19:00 Uhr
Super Sache! Da könnte ich grad mal wieder die weissen Masken von V-wie Vendetta rauskramen, passt so gut hehehehe…
Eigentlich keine schlechte Idee – das mit dem „gesichtslosen Block“ – zumindest im Hinblick auf die Hintergrundidee, sexuelle Gewalt gegen Kinder nicht auf Einzelschicksale reduzieren zu lassen. Vorausgesetzt, es gibt einen „Block“, bzw. eine „Masse“, mit der sich das kommunizieren lässt. Sonst wirds peinlich und der Schuss geht nach hinten los (bloß wenige…).
Denn schwieriger ist vermutlich die Darstellung der großen Zahl an Betroffenen (was ja auch ein Hintergrundgedanke sein soll); bislang hatte ich noch nicht mal von dieser Veranstaltung gehört gehabt, und vermutlich geht es vielen Betroffenen so. Es bleibt also fraglich, wie viele dann letztlich wirklich anreisen können um eine „Masse“ darzustellen.
Was mir aber absolut schleierhaft ist, ist, wie durch eine Demo ANLÄSSLICH DES PABSTBESUCHS der „Tabuisierung von Missbrauch in Institutionen und FAMILIEN etwas entgegen“ gesetzt werden soll??? Zumal der ganze Aufruf immer wieder sehr stark einseitig Bezug auf die katholische Kirche nimmt. Beispiele: Aufruf in Lateinischer Sprache („Non absolvimus vos!“) + evtl. am Vorabend der Demonstration noch eine Veranstaltung zu katholischer Kirche und sexualisierter Gewalt.
Sorry, aber für mich klingt das wieder nach einer Veranstaltung mit der üblichen Schere, die leider offenbar auch im Kopf der Betroffenen nicht auszurotten ist. Mit schöner RETHORISCHER Regelmäßigkeit wird zwar an jeden Aufruf, jede Aussage (nicht nur Betroffener, aber eben auch) hinzugefügt, dass man „auch“ den „Missbrauch in Familien“ thematisieren wolle, aber letztlich bleiben das Lippenbekenntnisse. TATSÄCHLICH geht es dann doch immer wieder nur um die Kirchen und die Institutionen.
Ich weiß auch nicht, wie das aufzulösen ist; es liegt ja u.a. auch an den Familienbetroffenen selbst, die – obwohl in der Überzahl – noch immer schweigen. Aber sie haben eben auch nicht die Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsherstellung wie Institutions- oder Kirchenopfer sie jetzt endlich doch eher haben (aufgrund der veröffentlichten Fälle).
Jedenfalls stört mich das auch wieder an diesem Aufruf. Es ist toll, dass Betroffene aufstehen und demonstrieren. Aber es befremdet mich immer wieder, wie sehr auch Betroffene selbst die „Familienbetroffenen“ aus dem Sichtfeld verlieren. Und irgendwie fehlt mir persönlich das Vertrauen, dass das diesmal wirklich ALLE meint…. Es gab doch schon so häufig Aufrufe zur „Bundesvereinigung“ Betroffener….
Ich finde es schon gut, dass bei solchen Gelegenheiten nun eine Art Regelmässigkeit reikommen soll.
Jedoch erachte ich es als enorm wichtig einen Tag zu finden, wo an jeder drossen Kirche/Dom Veranstaltungen stattfinden.
Aber das sagte ich ja bereits öfters. Uhnd ausserdem sollten bei derartigen Veranstaltungen forderungen laut werden nach Räumlichkeiten wo sich die betroffenen von kirchlicher Gewalt zuerst „organisieren“ können um dann andere mit ins Boot holen zu können oder wieauchimmer,,,,
@ raschida
Wieso nur die „betroffenen von kirchlicher Gewalt“???
Schere im Kopf.
Ich sage es ungern, aber ist es nicht so, dass das Tragen von weissen Masken gegen das Vermummungsverbot verstösst?
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Anmerkung von Norbert Denef:
„Wir haben unsere Juristen gefragt. Das Vermummungsverbot untersagt den Teilnehmern von Demonstrationen, ihr Gesicht zu verdecken oder Gegenstände mitzuführen, die dazu bestimmt sind, das Gesicht zu verdecken und damit die Feststellung der Identität zu verhindern. In Deutschland ist das gemäß § 17a Abs. 2 Versammlungsgesetz geregelt und die Zuwiderhandlung wird gemäß § 27 Abs. 2 bzw. § 29 Abs. 2 mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe unter Strafe gestellt. Beim Papstbesuch sind hier sicher keine Ausnahmen zu erwarten.“
Die u.a. katholischen Kinderschänder bekommen keine Strafe, aber ein Demonstrant der gegen die kriminellen Machenschaften des Papstes u. der Kirche demonstriert, mit einer weissen Maske vorm Gesicht, muß mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr rechnen – das ist absurd !
Das der Papst im Bundestag reden darf, zeigt auf welcher Seite die Regierung steht. Wieso darf ein Straftäter im Bundestag Reden halten?
Lili meint sicher die weiße Farbe,denn die ist tatsächlich erlaubt.Bei einer Demo darf man sich das Gesicht weiß malen…bei der roten Farbe sieht das anders aus.
Ich für meinen Teil zeige mein Gesicht,denn das habe ich doch gerade erst nach über 50 Jahren getan….ich werde da nichts mehr rauf tun — akzeptiere aber selbstverständlich die anderen Menschen in ihrem Denken…und Fühlen – muss aber so nicht unter ihnen wandeln.Liza
Währe es dann nicht ne Idee ,das Gesicht einfach nur weiß anzumalen ?
Ist dann nicht vermummt , aber mehr unkentlich .
für mich sind die Demos leider immer so weit weg .
Kann man sowas nicht auch in Düsseldorf , oder Kölner ecke machen ?
Mfg
Larissa
Klare Ansage: Vermummung …
Ein öffentliches outing würden wir Familienbetroffenen uns auch nicht „leisten“ können, weil eine wahr-haftig gerechte Gesetzgebung und auch immer noch ein wirksamer Schutz für Kinder fehlt. Und wer als Kind einmal versuchte Hilfe zu suchen, galt als Lügner/-in, als Nestbeschmutzer/-in, und hat dafür nicht nur verbal Prügel bezogen. Und daraus folgt eine Art „innere Emigration“ aus dem Ur-Gefühl Schutzlosigkeit …
Denn nicht einmal unsere Psychologen schaffen es, sich öffentlich mit uns solidarisch zu zeigen und diese gröbste Art von Gewalt gegen Kinder in demonstrativer Geschlossenheit vor dem Bundestag anzuprangern. – Fehlt ihnen die not-wendige Empathie, weil sie sich die durch ihre eigenen Eltern selbst erlittene Gewalt nicht eingestehen können?
Und mir scheint einmal mehr, da stimmt etwas nicht mit dem kirchlich tradierten Familienbild – zumindest müsste es GRUNDSÄTZLICH an diese veränderte Welt angepasst werden …
Weltweit verbreiteter sexualisierter Machtmissbrauch an Kindern erfordert weltweit zu vernetzende Rahmenbedingungen für Kinder.
In unserer globalisierten Gesellschaft werden nationale Gesetzgebungen immer heftiger an ihre Grenzen stoßen. Warum fordern wir nicht einen WELTGERICHTSHOF, der mit einem Welt-Ethikrat die Geschicke ALLER Kinder dieser Welt gerecht regeln könnte – gerade jetzt, da Kirchen und Staaten sich immer mehr verhaspeln …
Philosophen auf den Plan, um dieses „Zeitalter der Verantwortungslosigkeit“ zu beenden – denn das schaffen weder Politiker mit ihrem Parteienklüngel, noch kirchlich verweihräucherte Moralapostel!
@ doro
Weil hier schon eine Lobby ist und weil alle anderen ins boot geholt werden können.
Alles, was immer wieder durch die „Blume“ gesagt und getan wird prägt sich ein,,,
@ hildegard
ich freue mich immer wieder über deine Gedankengänge! So klar, so treffend! Zum Beispiel diesmal: Warum kommt vonseiten der PsychotherapeutInnen nicht schon SEIT JAHREN ein Aufschrei??? Ich frage mich das auch schon lange. Und meine persönliche Antwort ist nicht dazu geeignet, diesem Berufsstand zu vertrauen…
@ rasch(ida?)
Nein, alles das, was in Sachen sexuelle Gewalt gegen Kinder „durch die Blume“ gesagt wird, bleibt darin stecken. Im Falle von sexualisierter Gewalt an Kindern muss noch viel, viel deutlicher gesprochen werden! Sonst bleibt es in dem „Nebel“, der das Thema schon viel zu lange umgibt.
@Doro, soll ich´s sagen? Am Missbrauch wird auch Geld verdient!
Danke Doro! – ich denk‘ dasselbe oft bei Deinen Beiträgen. Freuen tut mich, dass es in diesem Forum GIFTFREI weiter wachsen kann, das Pflänzchen ‚Wahrheit‘, das da ans Licht will – und das braucht seine Zeit.
So lange wir dieses ‚Wachstum‘ auch GEWALTFREI zulassen können, bewegen wir uns im „grünen Bereich“, bleibt die ‚Blume‘ nicht im Knospenstadium stecken – zu viel von gewissen Substanzen wäre so schädlich wie zu wenig …
Aber ich bin zuversichtlich: die Nebel, sie werden sich lichten – irgendwie.
Ja,Michael Lehmann an sexualisierter Gewalt wird Geld verdient, wenn man allein die falschen Gutachten bedenkt……Gutachten in denen Leistungen abgerechnet wurden,obwohl „Gutachter“diese Leistungen nachweislich nicht erbrachten, dann ist das nichts anderes. Leider sind das keine Ausnahmen mehr ! Liza
@ doro
mit durch „die blume“ meinte ich auch ständige widerholungen . Somit wird immer wieder an wichtiges erinnert. Da hab mich vllt auch falsch ausgedrückt. Keinesfalls war damit gemeint alte Hemmungen aufrecht zu erhalten.
Aber nur wenn die Betroffenen in ein boot einsteigen können, fallen auch bei ihnen die Hemmungen. Somit würden sich regelmässige Aktionen an Kirchen vllt besser einprägen und wir könnten rascher der Öffentlichkeit klarmachen, dass wir alle für dasselbe da stehen.
Nämlich für die Zukunft unsere Kinder, die nur mit SCHUTZ LIEBE und GEBORGENHEIT zun sozialen Wesen werden, die natürlich agieren können dann.
So langsam dürfte ja klar geworden sein, dass Transparenz unentbehrlich ist für die gesellschaftliche Entwicklung. Nur wenn unsere Kinder ohne Geheimnisse aufwachsen nimmt ihre Seele keinen Schaden,,,,
Vorschlag, um dem Vermummungsverbot entgegen zu wirken.
die Maske am Hinterkopf anbringen.
Die damit verbundene Symbolik ist auch nicht verwerflich. Man würde uns Betroffene gerne anonym abhandeln. Doch wir haben alle ein Gesicht, das eben nicht verdeckt ist, sondern gezeichnet ist vom dem, was man uns angetan hat.
Zwei Gesichter: in der Öffentlichkeit eine Stastikzahl, bei der Institution Kirche am liebsten gar nicht vorhanden…
Und dennoch jeder von uns ist eine Persönlichkeit, die davon geprägt wurde. Unauslöschbar, individuell, ein Mahnmal – jedes einzelne Gesicht.
Nur so eine Idee
Danke fürs Lesen
Sarah Mohn
Mit diesem link könnt ihr die Reden des „Blocks der Gesichtlosen“ am Potsdammer Platz in Berlin bei der Papstdemo hören.
http://www.archive.org/details/SexualisierteGewaltVerantwortungVonPapstKircheUndHerrschaftsstrukturen