SPIEGEL ONILNE 9.07.2011
Die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Deutschland hat durch die Missbrauchsfälle schwer gelitten. Nun geben die Bischöfe eine in Europa beispiellose Untersuchung in Auftrag: Eine externe Einrichtung fahndet nach Verdachtsfällen – und bekommt nach SPIEGEL-Informationen Zugriff auf sämtliche Personalakten.
„Ein Verantwortlicher des Bistums Limburg teilte mir in einem Telefongespräch mit, dass jedes Bistum über zwei unterschiedliche Aktenarchivlager verfügt. Eines davon ist streng geheim, zu dem nur der Bischof oder ein von ihm Beauftragter Zugang hat…“
Zitat aus meinem Buch „Ich wurde sexuell missbraucht“, im Kapitel „Die Schweigeklausel“, s. Leseprobe…
Die katholische Erlebniswelt 05.02.2010
Gutachter: Kirche tut viel im Kampf gegen sexuellen Missbrauch
Essen (KNA) Der Essener Psychiater Norbert Leygraf bescheinigt der katholischen Kirche in Deutschland großes Engagement im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch durch Priester. So weit er die Problematik überblicken könne, reagiere die Kirche sehr gewissenhaft und schnell auf solche Vorwürfe. Es herrsche eher eine zu große Ängstlichkeit und Vorsicht, sagte der Mediziner vom Institut für Forensische Psychiatrie an der Universität Duisburg-Essen…
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Die Bischöfe geben eine „in Europa beispiellose Untersuchung in Auftrag“, was erst einmal interessant klingt, fast bin ich gewillt es fortschrittlich zu nennen, gerne würde ich es den Herrschaften glauben wollen. Doch bleibe ich sehr skeptisch, so wie DER SPIEGEL. Das jahrhundertalte Schweigekartell wird nicht einfach so über den Haufen geworfen. Es hat System und Bestand, weil es ein Machtinstrument ist. Die katholische Kirche fürchtet um ihre Macht, massenhaft kehren Menschen der römisch-katholischen Kirche den Rücken und treten aus diesem alten Glaubenskartell aus. Das macht der Kirche nehmend Angst, weil sie einfach ihre Macht verlieren könnte. Ich höre die Bischöfe schon zittern und sehe sie beten. Sie beten für sich selbst und wollen sich plötzlich ganz modern zeigen, Akten öffnen und renommierte Experten hinter die Fassade blicken lassen. Sehe ich weißen Rauch in Rom aufsteigen? Entschuldigen sie die Polemik, doch ohne die ist das alles schwer auszuhalten. Die Bischöfe wollen Applaus, sehen in ihrem Entschluss, die Akten zu öffnen, eine Kehrtwende, Modernität, Transparenz. Ich möchte es gerne glauben, und sie nicht immer wieder als die Prügelknaben im Regen stehen lassen, doch kritische Menschen können das nicht. Denn die Vorzeichen machen schon, bevor die Bischöfe ihre Untersuchung öffentlich erläutern wollen, sehr skeptisch. Die Stasi-Akten, verzeihen Sie mir den historischen nicht korrekten Vergleich, wurden in den Wirren der Wende frisiert und tausendfach entschärft. Warum soll es bei der katholischen Kirche anders sein? Genug Zeit hatten die Herrschaften dazu. Eine böse Unterstellung, ich weiß, aber sie drückt die Wut aus, mit der ich mittlerweile im Bezug auf diese Thema immer stärker ergriffen werde. Es ändert sich nichts. Norbert Denef deutet es in seinem Buch an, dass es offensichtlich zweierlei Aktenbestände gibt. Und der gepriesene psychiatrische Experte, der im Auftrag der Kirche Mitarbeiter, die verdächtigt werden, ein Sexualdelikt begangen zu haben, begutachtet, spricht davon, dass es in den „vergangenen acht Jahren“, so publiziert von der Katholische Nachrichtenagentur, „etwa 20 Fälle“ gegeben habe. 20 Fälle. Das ist, mit Verlaub, geradezu lächerlich. Weiterhin wird nur das zugegeben, was öffentlich ruchbar wird. Alles andere fällt unter den Tisch. Das war bisher so. Und das wird auch die „beispiellose Untersuchung“ nicht ändern. Aufklärung ist nicht wirklich gewollt. Diesem Eindruck kann ich mich leider nicht entziehen. Was soll denn in den Akten stehen? Wie trägt das wirklich zur Wahrheitsfindung bei? Die Kirche ist noch immer nicht auf dem richtigen Weg. Aufklärung ist modern, Kirche ist es leider nicht, weil die Aufklärung der Bischöfe nur allzu durchschaubar ist. Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, dass die meisten Fälle sexueller Gewalt in Familien passieren. Das ist richtig, darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Familie und Kirche als Keimzellen unserer Gesellschaft etwas gemeinsam haben: Im Schoß der Kirche und im Schoß der Familie sitzen Kinder in der Falle. Die Vertrautheit wird Kindern zum Verhängnis. Das ist beschämend. Für uns alle. 20 Fälle. Das Bundeskriminalamt geht von einer Dunkelziffer von jährlich 300.000 Fällen von sexueller Gewalt gegen Kinder aus. Möglich ist das, weil wir alle es zulassen. Sexuelle Gewalt hat viel mit mit Macht und Demütigung zu tun und mit dem Schweigen. Auch die Beichte trägt zum Schweigen bei, die Täter können sich ganz sicher sein. Sie haben die Macht, die Deutungshoheit und das Geld. Die Opfer haben das Nachsehen. Dafür schäme ich mich. Und dafür, dass über Menschen, die, weil sie es nicht mehr ausgehalten haben, mit dem Trauma und dem Schmerz zu leben, sich selbst getötet haben, niemand spricht. Auch das sind Betroffene, es sind mehr als wir alle glauben. Opfer sexualisierter Gewalt tragen den Tod in sich. Und viel zu viele Täter tragen weiter die Soutane.
Eine reine Alibiveranstaltung. Das KFN ist übrigens wegen vorangegangener, teils Studien v. kompetenten Instituten widersprechenden Studien, mehrfach in die Kritik gekommen…
Siehe dazu:
http://www.heise.de/tp/artikel/33/33564/1.html
http://www.heise.de/tp/artikel/25/25486/1.html
Und der amtierende Chef?
Nun… http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Pfeiffer#Wissenschaftliche_Arbeit
http://www.123recht.net/article.asp?a=1482&ccheck=1
Da könnten sich die Herren ja gleich „Experten“ aus ner beliebigen Dorfkneipe und/oder Fans v. Erich von Däniken holen. Die haben auch alle Fantasy… 😉
Sehr geehrter Herr Denef,
ich habe eine Bemerkung zu Ihrem gestrigen Eintrag:
Nach der Anzeige des sexuellen Missbrauchs gegen einen Pfarrer (2002), erklärte uns persönlich der Personalchef der Diözese, ein Domkapitular, in einem Gespräch, dass schon einiges gegen den Pfarrer vorliegt. Er verwies dabei auf die Personalakte. In einem weiteren Gespräche 4 Jahre später mit dem Missbrauchsbeauftragte der Diözese erklärte uns dieser, auf unsere Frage, ob es einen Eintrag in die Personalakte gab, folgendes:
“Es wird in unserer Diözese ein doppelte Personalakte geführt. In die eine Personalakte kann „jeder“ Einsicht nehmen. In die andere Personalakte kann nur der Erzbischof und er (der Missbrauchsbeauftragte der Diözese) Einsicht nehmen. Dieser ist in einem Tresor verschlossen.” (Zitat Ende)
Der Pfarrer wurde trotz meiner Anzeige 3 Jahre später zum Dekan befördert! Begründet wurde dies, da man Zitat „keinen andern Dummen für die Aufgaben gefunden hat“.
„Opfer sexualisierter Gewalt tragen den Tod in sich.“ Welch ein schrecklicher Satz, und wie klar auf den Punkt gebracht. Nach Jahrzehnten noch drohen der Schmerz und die Finsternis. Das bleibt wohl.
Die Rechtsanwältin Marion Westphal, die die Akten der Erzdiözese München und Freising der Jahre 1945 bis 2009 untersucht hat sagt: „Es kam zu umfangreichen Aktenvernichtungsaktionen“. Es ist davon auszugehen, dass das in den anderen Diözesen genauso war. Die untersuchen jetzt noch ein paar Restakten. Viel Lärm um nichts. Was wollen Sie denn damit sagen? Schaut her, so schlimm war es gar nicht.
Auch die Akten über das Verhalten der KK im zweiten Weltkrieg liegen im Vatikan unter Verschluss. Ich bin davon überzeugt, dass darin offenbar würde, was das für ein armseliger Haufen ist.