Verein “Missbrauch in Ahrensburg” und netzwerkB – Pressekonferenz Nordelbisches Kirchenamt, 18.05.2011

von Gertrud Tammena

Wooowh – die Fassade ist abgerissen! Dass wir das noch erleben können, befanden wir einstimmig. Foto v. l. Anselm Kohn (MIA), Gertrud Tammena (ehemaliges evangelisches Kirchenmitglied) und Norbert Denef (netzwerkB).

Da lag es offen und unverschleiert vor den Kameras, Augen, Kopfhörern, Mikros zahlreicher Pressevertreter: Das tabuisierte Thema sexualisierter Gewalt – und es war ein evangelischer Bischof, der sich betroffen und intensiv mit der Realität von Missbrauch und Vergewaltigungen anvertrauter Kinder und heranwachsender Jugendliche in den geschützten Räumen von Kirche, Familie, JVA, Schule  seit einem Jahr zunehmend auseinandersetzen muss, stellvertretend für die Kircheninstanzen auf Gemeinde-, Kirchenkreis-, Landeskirchenamtsebene ; und stellvertretend für ihre Leserschaft sind es engagierte Journalisten, die hier klare und nachbohrende Fragen stellen, und hier das Menschenrecht und göttliche Gebot auf  körperliche und seelische Unversehrtheit einfordern.

Bischof Ulrich verdeutlichte, dass der Umgang mit diesen Existenzen zerstörenden Nöten ein bleibendes Kirchenthema geworden ist und sein wird, ein Muss als Prüfstein christlichen Auftrages. Insofern ist die Fassade mittels Tränen, Wut, 1000fachem Mut, Überwindung und Kraftverausgabungen abgebrochen, aber die Trümmer müssen weiterhin gesichtet um abgetragen zu werden, damit Neuaufbau beginnen und wachsen kann. Dazu gehört ein Klima der angstfreien Offenlegung auch eigener Versäumnisse und Verfehlungen von all denen, die beiseite gestanden, in ihrer Courage ohnmächtig versagt haben, um die eigentlichen (Mit-) Täter/innen zum Eingeständnis zu bringen.

Es bleibt ein Thema: auch wenn Ulrich postuliert: „Täter haben in der Kirche keinen Platz“ – es gab sie, gibt sie, wird sie geben und nur ein veröffentlichender Umgang, eine Selbstehrlichkeit, die gegenseitige Verantwortung, Mitteilung und Supervision kann und wird dem Einhalt geben können – vor allem aber das offene zugehende nachfragende annehmende verantwortungsvolle Gespräch mit konsequenten Handlungen. Es darf keine Beleidigung mehr sein, wenn Distanz und Nähe von in Verantwortung Stehenden hinterfragt und ausgeleuchtet wird: es bedeutet einen Zugewinn des Miteinanders und Füreinanders. Das hoffe ich aus solchen Prozessen.

Bleiben wir alle dran, verstörend, provokant, stellvertretend, ansprechbar, sensibel  und solidarisch – für das, was wir nicht Kirche sondern Reich Gottes auf Erden nennen – füreinander – für Dich – für mich – für unsere Gemeinschaft und unsere Schützlinge.

Kirche tut ein bisschen Buße