Ich suche Betroffene, die einen Kuraufenthalt im Hebelhaus in Badenweiler erlebt haben. Zeitraum: Ende 60er Jahre.
Über Information von anderen Betroffenen würde ich mich sehr freuen.
Jegliche Kontaktaufnahme wird vertraulich behandelt unter: info@netzwerkbplus.de
Ich war 1968 im Alter von 9 Jahren im Hebelhaus.
Meine Erinnerungen daran sind nur negatiev.Wir mußten uns morgens
alle nackt in einem Keller zum duschen aufstellen.DieDusche bestand aus eiskaltem Wasser.Es gab keine Trennnung von Mädchen und Jungens.
Das schlimmste war aber für mich, als ich beim Mittagsschlaf mich einmal im Bett hingesetzt habe, mußte ich den Rest der Zeit in einer dunklen Besenkammer einpesperrt verbringen.Ich hatte in meinem ganzen Leben nie wieder soviel Angst .Danach mußte ich zur ,ich denke es war die Oberin, in ein Zimmer mit einer Nonne und ich weiß heute nicht mehr was passiert ist.Vielleicht ist es für mich besser so.
Dieses alles ist über 40 Jahre her, aber vergessen habe ich nichts.
Auch ich kann mich fast nur an negative Dinge erinnern. Ich war ein schwächliches Kind und deshalb 1965 mit 12 Jahren im Hebelhaus. Ich erinnere mich an folgende Dinge:
Es galt das Recht des Stärkeren. Ein anderes Kind zog öfter meine Trainingshose auf der Treppe herunter, so dass ich entblößt vor den anderen Kindern und der jungen Betreuerin (ca. 16 Jahre) stand. Diese grinste nur.
Nachts wurden wir geweckt und mussten in einem großen Raum in eine Badewanne und dort gesüßten Pfefferminztee trinken. Die Schwestern schauten zu.
Ich habe die Schwestern nur autoritär strafend in Erinnerung, kann mich aber an keine konkreten Dinge besinnen.
Damals habe ich jeden Donnerstag das neue Micky-Maus-Heft gelesen. Das war mir so wichtig, dass meine Mutter es mir zuschickte. Das Heft wurde jedoch eingezogen und ich bekam es erst nach der Kur zurück.
Das einzig Positive war, dass wir vor dem Einschlafen jeweils zu einem anderen Kind unter die Bettdecke krochen und dort aus einem Indianerbuch vorgelesen bekamen.
Ich war ca. 1964 mit ca. 4 Jahren in Badenweiler für ein ganzes Jahr auf Kur. Das Haus wurde von Nonnen geleitet. Ich weiß jedoch nicht, ob es sich dabei um das Hebelhaus handelte. Es war schrecklich. Ich erinnere mich z.B. daran, dass ich zu Weihnachten ein Paket meiner Eltern mit einem Schokoladen-Nikolaus erhalten hatte. Dieser wurde zunächst unerreichbar für mich beiseite gestellt, später wurde er unter allen anderen Kindern verteilt. Ebensolches geschah mit dem roten Zuckerosterhasen. Desweiteren gab es einmal zu Mittag eine Suppe, die mir nicht geschmeckt hatte. Folglich habe ich beim Essen getrödelt. Da hat man mir kurzerhand den nächsten Gang in den noch nicht geleerten Suppenteller gegeben. Dabei handelte es sich um Rote Beete. Ich habe danach jahrzehntelang keine Rote Beete mehr angerührt. Ansonsten habe ich nur noch dunkle Momentaufnahmen in meinem Gedächtnis. Und immer ein ganz schlechtes Gefühl, wenn ich an die Zeit denke. Wer weiß, was da noch so alles passiert ist….
Mit 6 oder 7 Jahren wurde ich von meinen Eltern für 4 Wochen wegen Schwäche 1970/71 mit Zug ins Heim geschickt. Ich hatte starkes Heimweh und durfte nicht auf der Postkarte an meine Eltern darauf hinweisen. Ich habe viel geweint, mir wurde der Stoffhund weggenommen, dabei riss das Ohr ab, weil ich es festhielt. Morgens vor dem Frühstück mußten wir um das Haus laufen, dann gab es Frühstück, was wir aufessen mußten. An erzwungene Mittagsruhe kann ich mich auch erinnern.
Auf anraten eines Arztes wurde ich 1955 mit 6 Jahren, vor der Einschulung zur Kur in das besagte Heim geschickt. Die Treppe zum Schlafraum durften wir nur mit den Händen hinter dem Kopf begehen. Es gab ca. 20 eiserne Gitterbetten in einem Raum. Freitags gab es Fischsuppe mit borstigen Schwartestücken. Mußte gegessen werden. An Zeiten des spielens kann ich mich nicht erinnern.Die Schwestern waren sehr herzlos.Mit Windpocken und Mumps kam ich in die Krankenbaracke. Es war sehr kalt und ich habe mich nachts einmal eingenäßt.Ich weiß nicht mehr wie lange ich in dem nassen Bett lag, die Schimpftiraden habe ich nur noch ansatzweise in Erinnerung, der Rest ist gelöscht. Das Päckchen meiner Mutter, sowie eine Postkarte habe ich nur gezeigt bekommen und war dann einfach weg. Die Kur war geschenkt, ich kam schwächlicher nach Hause. Mich würde nur interessieren, was für einen Träger diese Haus hatte.
Hallo, mein Name ist Hubert Bäuerle und Sie haben eine Schilderung von mir veröffentlicht. Bitte entfernen Sie diese wieder, da ich mir mittlerweile ziemlich sicher bin, dass mein Aufenthalt nicht im Hebelhaus Badenweiler, sondern im Schloss Friedenweiler war. Ich bitte dies zu entschuldigen.
Helga Sch. Ergänzung zu meinem Schreiben vom 23.01.21
Nach der Sendung im SWR – „Verschickungskinder“ wurde mir schlagartig bewußt, warum ich in meiner Kinderzeit so war, wie ich war u. sich wie ein roter Faden durch mein Leben zieht. Vor der Kur ein fröhliches „Sonnenkind“, nachher schüchtern, ohne Selbstwertgefühl. Im Hebelhaus gab es Lieblingskinder, andere wurden wegen Nichtigkeiten abgekanzelt, gedemütigt, klein gemacht, was mir auch wiederfuhr. Am Nikolausabend saß ich im Krankenbett, im halbdunklen Zimmer. Eine Tante u. der Nikolaus standen am Bett. Ich versuchte panisch ein Weihnachtslied zu singen – die Beiden haben nur gelacht. Während der Schulzeit war ich massiv verstockt, stur, mit Angst vor der Lehrerin verbunden. Gute Leistungen wurden nicht belohnt, was in „Schule schwänzen“ ausuferte. Dazu Konzentrationsprobleme. Meine Eßstörungen ließen meine Mutter verzweifeln. Selbst heute habe ich noch Probleme vor Leuten frei zu sprechen. Könnte ja etwas falsches sagen. Dank dieses Films im SWR kann ich jetzt doch beginnen mich wieder zu finden und zu öffnen. Leider kann ich nicht mehr mit meinen Eltern darüber reden.
Ich war 1964 mit 10 Jahren im Hebelhaus. Ich war über den Nikolaustag dort, insgesamt 6 Wochen. Ich hatte furchtbares Heimweh, habe oft geweint. Die Briefe und die Pakete, die ich bekommen habe, wurden mir wohl vollständig ausgehändigt, aber ob sie geöffnet waren, weiß ich nicht mehr. Das Essen war grässlich, wir mussten am Tisch sitzen bleiben, bis der Teller leer war. Einmal war ich noch alleine im Raum, die anderen waren schon in den Betten zum Mittagsschlaf, mit 10 Jahren! Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als die kalten Kartoffeln mit der kalten, glitschigen Soße zu vermatschen und den Teller mit „ich habe gekotzt“ in die Küche zu bringen. Von da an hat „Tante Heidi“ mich in Ruhe gelassen… Das Meiste hab ich verdrängt, es wohl zu furchtbar dort in dem Caritas-Heim!
Ergänzung zu meinem Kommentar:
Manchmal kam eine Ärztin, um uns zu untersuchen. Ich glaube, sie hieß Blechschmidt oder so ähnlich. Nachdem sie mit mir fertig war, musste ich in Unterwäsche mit den Kleidern im Arm raus auf den kalten Gang und mich dort anziehen. Dann wurde ich wieder rein gerufen und die „Ärztin“ hat mit mir geschimpft, weil ich immer mehr abgenommen habe, dabei war ich doch zum Aufpäppeln dort…
Zu meiner Person: ich bin Jahrgang 1950, geb. in Bad Schwartau / Schleswig-Holstein. Als Kind war ich klein und schmächtig. Als 10-jähriger Steppke mit rd. 25kg wurde ich deshalb im Sommer 1960 im Übergang von der Volksschule zum Gymnasium über die AOK nach Badenweiler in den Schwarzwald verschickt. Aus der Erinnerung weiß ich, es war ein großes, herrschaftliches Gebäude, und es wurde geleitet von Ordensschwestern/Nonnen. Waren es 4 Wochen? Oder 6? Gefühlt war es eine Ewigkeit und eine schlimme Zeit!
Als 10-Jähriger gehörte ich eigentlich schon zu den größeren Kindern, aufgrund der Schmächtigkeit wurde ich den Kleinen zugeordnet – die erste Demütigung.
Untergebracht waren wir in einem großen Saal, an allen Wänden standen die Kinderbetten mit den Gitterstäben dicht bei dicht. Die Kindertoiletten im großen Waschraum waren ohne Tür, jeder konnte zusehen, wenn man seine Notdurft verrichtete, eine weitere Demütigung.
Ein Kind im Nachbarbett hatte sich nachts eingekotet, seine mit Kot beschmutzten Finder aber an den Stäben meines Bettes abgestrichen. Ich wurde übelst beschimpft und geohrfeigt. Dass mein Bett, Pyjama und Po sauber waren, wurde ignoriert.
Nachts war ein Toilettengang verboten, stattdessen standen in der Mitte des großen Saales einige Nachttöpfe
Regelmäßig wurden wir Kinder einem Arzt vorgeführt. Bevor wir den Untersuchungsraum betraten, wurden die Wangen „kräftig gerieben“, damit wir gesund aussahen
Meine Verzweiflung habe ich auf Postkarten geschrieben, wurde aber gezwungen, neu zu schreiben und mitzuteilen, dass es mir gut ginge.
Bei einem deftigen Eintopf habe ich den schwabbeligen Speck auf den Tellerrand geschoben. Eine „Schwester“ hat den Speck auf den Löffel getan, ihn mir in den Mund geschoben und mit der runden Löffelseite „nachgestopft“. Ich musste mich übergeben. Das Procedere begann von vorne – bis der Tellerinhalt in meinem Körper war. Dieses gequält werden und ausgeliefert sein hat sich tief in mich eingebrannt.
Einige Male sind die Schwestern mit uns zu einer Stelle gegangen, wo wir blau funkelnde Steine sammeln konnten, jedes Kind hatte dafür eine Käseschachtel. Zuhause angekommen, war zur großen Enttäuschung jedoch keine Schachtel im Koffer
Rückblickend war diese Zeit ein Martyrium für mich, ohnmächtig und hilflos der Willkür der Schwestern ausgeliefert.
Ergänzung zu meinem Schreiben vom 11.11.2019
Habe vor kurzem von uns „Verschleppungskindern“ erfahren, hoffe, das auch aufarbeiten zu können. An einer Kontaktaufnahme wäre ich interessiert. In der Zwischenzeit sind in mir Bilder aufgetaucht von weißen Schürzen der Nonnen, von Nachttöpfen in der Nacht, vergitterte Betten im Keller, Waschsaal, schmerzhafte Säuberung der Fingernägel und Nagelbetten, Mief von Großküche und Gängen, Liste von Namen mit Heimkehrer. Seither kein Vanillepudding, weniger reden, auch vor Gruppen, u.v.m.
Ich war 1967 für 6 Wochen mit meiner kleinen Schwester im Hebelhaus in Badenweiler. Sie war 5, ich war 7. Als erstes wurden wir getrennt und blieben für die Dauer des Aufenthalts in unterschiedlichen Gruppen. Ich habe sehr unter Heimweh gelitten. Postkarten nach Hause wurden zensiert. Ich erinnere mich an Wanderungen im Wald, an eiskalte Duschen am Morgen. An Jungen, die ein Pflaster über den Mund geklebt bekamen und in der Badewanne schlafen mussten. 6 Wochen voller Verzweiflung und Angst. Wir wurden krank und in einen Seitenflügel in Einzelzimmer verbracht. Dort gab es nichts und niemanden den ganzen Tag. Irgendwann haben meine Schwester und ich uns aus dem Zimmer gewagt und uns zufällig auf dem Flur getroffen. Wir haben getanzt vor Glück. Ein traumatisches Erlebnis, dass sicher unser Leben nachhaltig beeinflusst. Ein von Nonnen geführtes kirchliches Haus. Man sollte Kirche verbieten, monoteistische Religionen schaden.
Am Freitag, den 19. Mai 1967 war ich im „Hebelhaus.“
Das geht aus einer Postkarte hervor, die eine „Tante“ Margot
und eine Schwester Eva an meine Mutter geschrieben haben.
Der Text lautet folgendermaßen:
Liebe Frau Goretzky!
Nun hat ihr Roland noch die Mumps bekommen, und für seine Tabletten musste
unsere Ärztin auch ein neues Rezept schreiben. So möchte ich Sie doch um baldige
Zusendung des Krankenscheines bitten, wofür ich schon im Voraus danke.
Roland ist recht munter dabei, hatte die Mumps, die zur Zeit bei uns die Runde
macht nur sehr leicht, darf bereits wieder aufstehen und wird in ein paar Tagen schon
wieder hergestellt sein. So wird er mit den gesunden Kindern am Dienstag wieder
heimfahren können. Wir sind froh, dass Roland die ganze Kur ohne Anfall durchhielt.
Seien Sie herzlich gegrüßt von ihrer Schwester Eva.
Roland ist wieder bei uns in der Gruppe. Freundliche Grüße „Tante“ Margot.
Auf einer zweiten Karte heißt es:
Liebe Frau Goretzky!
Roland ist gut in Badenweiler angekommen. Er fühlt sich wohl und ist munter.
Viele Grüße sendet Ihnen Ihr Roland, sowie „Tante“ Margot
(Diese Karte ist ohne Datum)
Ich habe nur sehr, sehr vage Erinnerungen an das „Hebelhaus.“
Wir waren mit dem Auto gekommen. Ich schaue meinen Eltern nach.
Sie stehen auf einem Rasen, bleiben zurück, während ich zu
einem Eingang des Hauses geführt werde.
Es ist wie ein Garteneingang. Eine Flügeltür? Dahinter ist der Speisesaal. Die Kinder sitzen beim Essen.
Ich bin zu spät, werde an der Kopfseite platziert und fühle mich vollkommen verloren.
Einmal geht nachts im Schlafsaal plötzlich das Licht an. Alles ist sehr hell. Schwestern kommen rein,
und es herrscht ein großes Tohuwabohu.
Am Freitag, den 19. Mai 1967 war ich im Hebelhaus. Damals gab es eine „Tante Margot“ und eine Schwester Eva, wenn ich den Text, der sehr klein beschriebenen Postkarte, richtig entziffere. Die Karte ging an meine Eltern. Sie lautete folgendermaßen:
Liebe Frau Goretzky! Nun hat ihr Roland noch die Mums bekommen und für seine Tabletten musste unsere Ärztin auch ein neues Rezept ausschreiben. So möchte ich Sie doch um baldige Zusendung eines Krankenscheins bitten, wofür ich schon im Voraus danke.
Roland ist recht munter dabei, hatte die Mums, die zur Zeit bei uns die Runde macht nur sehr leicht, darf bereits wieder aufstehen und wird in ein paar Tagen schon wieder hergestellt sein. So wird er mit den gesunden Kindern am Dienstag wieder heim fahren können.
Wir sind froh, dass Roland die ganze Kur ohne Anfall durchhielt. Seien Sie herzlich gegrüßt von ihrer Schwester Eva
Am Rand der Karte steht noch: Roland ist wieder bei uns in der Gruppe. Freundliche Grüße, Tante Margot
Auf einer zweiten Postkarte heißt es: Liebe Frau Goretzky! Roland ist gut in Badenweiler angekommen. Er fühlt sich wohl und ist munter.
Viele Grüße senden Ihnen Ihr Roland und Tante Margot. (Diese Karte ist ohne Datum)
Ich habe nur sehr, sehr vage Erinnerungen. Ich schaue meinen Eltern nach. Sie stehen auf einem rasen, bleiben zurück, während ich zu einem Eingang des Hauses geführt werde. Es ist wie ein Garteneingang. Eine Flügeltür? Dahinter ist der Speisesaal. Die Kinder sitzen beim Essen. Bin zu spät, werde an der Kopfseite platziert und fühle mich vollkommen verloren. Einmal geht nachts im Schlafsaal plötzlich das Licht an. Alles ist sehr hell, Schwestern kommen herein, und es herrscht ein großes Tohuwabohu.